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Verlobungsgeschenke


Rechtliche Betrachtung von Verlobungsgeschenken

Verlobungsgeschenke sind im deutschen Recht ein in Rechtsprechung und Literatur intensiv behandeltes Themenfeld. Die rechtliche Einordnung beschäftigt sich mit der Frage, wie Geschenke, die anlässlich einer Verlobung gemacht werden, rechtlich zu bewerten sind und welche Folgen sich insbesondere bei einer Auflösung der Verlobung ergeben.

1. Begriff und Bedeutung von Verlobungsgeschenken

Verlobungsgeschenke sind Zuwendungen, die aus Anlass einer ausgesprochenen Verlobung zwischen den Verlobten selbst oder durch Dritte (meist Angehörige und Freunde) gemacht werden. Sie sind Ausdruck der besonderen Beziehung und dienen oftmals dazu, den Eintritt in eine zukünftige eheliche Lebensgemeinschaft zu feiern oder zu unterstützen. Typische Verlobungsgeschenke sind Schmuck (insbesondere der Verlobungsring), Haushaltsgegenstände, finanzielle Zuwendungen oder geschenkte Immobilien.

2. Rechtliche Grundlagen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

2.1 Schenkungsrechtliche Einordnung (§§ 516 ff. BGB)

Verlobungsgeschenke stellen rechtlich regelmäßig Schenkungen im Sinne der §§ 516 ff. BGB dar. Eine Schenkung liegt vor, wenn jemand einem anderen aus seinem Vermögen etwas unentgeltlich zuwendet und beide Seiten sich über die Unentgeltlichkeit einig sind. Bei Verlobungsgeschenken steht die Unentgeltlichkeit im Vordergrund, auch wenn der Schenkungszweck mit der bevorstehenden Eheschließung verknüpft ist.

2.2 Rückforderung nach Auflösung der Verlobung (§ 1301 BGB)

Ein zentrales Thema ist die Rückforderung von Verlobungsgeschenken, falls die Verlobung gelöst wird. Dafür regelt § 1301 BGB ausdrücklich, dass Geschenke, die „mit Rücksicht auf die Verlobung gemacht worden sind“, bei Auflösung der Verlobung zurückverlangt werden können, sofern nicht ein besonderer Rechtsgrund der Rückgabe entgegensteht.

Zeitpunkt und Art der Auflösung

Die Verlobung kann einvernehmlich, durch einseitige Entschließung oder etwa durch den Tod eines Verlobten enden. Die Rückforderung ist bei einer einvernehmlichen Auflösung, beim Rücktritt von der Verlobung oder bei schuldhafter Auflösung durch einen Verlobten möglich, sofern das Geschenk explizit im Hinblick auf die Verlobung gemacht wurde.

Umfang der Rückforderung

Es sind ausschließlich solche Geschenke rückforderbar, die in Ansehung der Verlobung gemacht wurden. Allgemeine Geschenke oder reine Freundschaftsgaben ohne Bezug zur Verlobung unterliegen nicht dem Rückforderungsrecht.

2.3 Unterscheidung zwischen Verlobungsgeschenken und Brautgaben

Verlobungsgeschenke sind strikt von den früher gebräuchlichen sogenannten Brautgaben zu unterscheiden. Während Brautgaben regelmäßig mit aufschiebender Bedingung der Eheschließung geleistet wurden, fehlt es bei Verlobungsgeschenken an dieser Zweckbindung. Der Erhalt des Geschenks ist damit nicht (unmittelbar) an das Zustandekommen der Ehe gebunden.

3. Rückabwicklung im Fall der Verlobungsauflösung

3.1 Voraussetzungen der Rückforderung

Eine Rückforderung nach § 1301 BGB ist möglich, wenn

  • Die Zuwendung ausdrücklich oder erkennbar mit Blick auf die Verlobung gemacht wurde,
  • Die Verlobung wirksam aufgelöst wurde,
  • Kein besonderer Rechtsgrund entgegensteht (z. B. Erfüllung einer sittlichen Pflicht),
  • Das Geschenk noch vorhanden oder herausgegeben werden kann.

3.2 Rechtsfolgen der Rückforderung

Im Regelfall kommt es zur Rückgabe des Geschenks. Ist das Geschenk nicht mehr vorhanden (z. B. Geld wurde ausgegeben), ist nach den Regeln des Wegfalls der Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) Wertersatz zu leisten, sofern das Geschenk nicht nur irrtümlich als Verlobungsgeschenk angesehen wurde.

3.3 Ausschluss der Rückforderung

Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn das Geschenk als Belohnung für einen besonderen Verdienst oder aus Anlass eines Jubiläums unabhängig von der Verlobung gemacht wurde. Ebenfalls ausgeschlossen ist die Rückforderung häufig, wenn beide Parteien schuldhaft zur Auflösung der Verlobung beigetragen haben.

4. Besonderheiten bei Drittgeschenken

4.1 Geschenke von Familienangehörigen und Dritten

Werden Verlobungsgeschenke durch Dritte (z. B. Eltern eines Verlobten) gemacht, kann sich ein eigenes Rückforderungsrecht dieser Schenkenden ergeben. Auch hier ist § 1301 BGB anwendbar, sofern das Geschenk eigens für das Brautpaar in Ansehung der Verlobung gemacht wurde. Rechtsprechung und Literatur betonen die Notwendigkeit des erkennbaren Zuwendungszwecks.

4.2 Gemeinschaftsgeschenke

Häufig werden Verlobungsgeschenke gemeinschaftlich an beide Verlobte gemacht. Im Fall der Auflösung der Verlobung ist in diesen Fällen eine Rückabwicklung regelmäßig auf beide Beschenkte zu gleichen Teilen zu beziehen, es sei denn, die Geschenkgeber haben eine andere Regelung vereinbart.

5. Steuerrechtliche Aspekte von Verlobungsgeschenken

5.1 Schenkungssteuer

Verlobungsgeschenke unterliegen grundsätzlich der Schenkungssteuer, sofern die Freibeträge der Schenkungssteuer überschritten werden. Besonders bei wertvollen Geschenken (z. B. Immobilienübertragungen) sind steuerliche Aspekte von erheblicher Bedeutung.

5.2 Bewertung der Schenkung

Für die Bemessung der steuerlichen Belastung ist der tatsächliche Wert des Geschenks zum Zeitpunkt der Zuwendung maßgeblich. Dies kann bei Auflösung der Verlobung und Rückübertragung von Bedeutung sein, sollte der Wert des Geschenks erheblich variieren.

6. Internationale Aspekte

Im internationalen Kontext kann die rechtliche Behandlung von Verlobungsgeschenken abweichend geregelt sein. Nach deutschem internationalem Privatrecht ist das anzuwendende Recht in der Regel das des Staates, in dem die Verlobung stattgefunden hat, es sei denn, es wurde ausdrücklich ein anderes Rechtsstatut vereinbart.

Literatur und Rechtsprechung

Die rechtliche Beurteilung der Verlobungsgeschenke stützt sich auf zahlreiche Entscheidungen insbesondere der höheren Zivilgerichte sowie auf umfassende Literatur zum Familienrecht und Schenkungsrecht.


Zusammenfassung:
Verlobungsgeschenke sind rechtlich als Schenkungen zu qualifizieren, die insbesondere bei einer Auflösung der Verlobung nach § 1301 BGB zurückgefordert werden können. Die genauen Voraussetzungen der Rückforderung, die Unterscheidung zu anderen Schenkungen und die steuerlichen Konsequenzen sind in der Praxis regelmäßig strittig und unterliegen einer differenzierten rechtlichen Bewertung.

Häufig gestellte Fragen

Können Verlobungsgeschenke zurückgefordert werden, wenn die Verlobung gelöst wird?

Im deutschen Recht können Verlobungsgeschenke gemäß § 1301 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) grundsätzlich zurückgefordert werden, wenn die Verlobung ohne Eheschließung gelöst wird. Dies betrifft sowohl Geschenke, die die Verlobten einander gemacht haben, als auch solche, die von Dritten, etwa Eltern oder engen Verwandten, übergeben wurden. Die Rückforderung erfolgt unter der Voraussetzung, dass die Geschenke im Hinblick auf die zukünftige Ehe übergeben wurden, das heißt, sie wurden in der Erwartung überlassen, dass die Verbindung tatsächlich in eine Ehe mündet. Dabei spielt es keine Rolle, aus welchem Grund die Verlobung aufgehoben wurde, es sei denn, der Rückforderung stehen Grundsätze von Treu und Glauben entgegen, zum Beispiel wenn die Rückgabe für den Beschenkten eine unzumutbare Härte bedeuten würde oder das Geschenk im täglichen Gebrauch verbraucht wurde.

Unterliegen Verlobungsgeschenke der Schenkungssteuer?

Verlobungsgeschenke sind grundsätzlich als Schenkungen nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) anzusehen. Damit können sie der Schenkungssteuerpflicht unterliegen, sofern sie gewisse Freibeträge überschreiten. Bis zu einem Betrag von 20.000 Euro pro Person und Schenkendem bleiben Zuwendungen an Verlobte steuerfrei, Geschenke von Eltern an die eigenen Kinder profitieren sogar von einem Freibetrag bis zu 400.000 Euro. Zu beachten ist aber, dass das Finanzamt insbesondere bei hochwertigen oder ungewöhnlich großen Geschenken einen steuerlichen Sachverhalt prüft. Für spezifische Gegenstände, wie z. B. Schmuck oder Immobilien, sind besondere Bewertungsgrundsätze zu beachten, und es bestehen gegebenenfalls Anzeigepflichten gegenüber dem Finanzamt.

Welche rechtlichen Anforderungen gibt es an die Rückforderung von Verlobungsgeschenken?

Die Rückforderung von Verlobungsgeschenken muss innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgen. Nach § 1301 BGB verjährt der Rückforderungsanspruch grundsätzlich nach drei Jahren ab dem Ende des Jahres, in dem die Verlobung aufgehoben wurde. Praktisch muss der Anspruchsteller beweisen können, dass ein Geschenk übergeben wurde und dieses explizit im Hinblick auf die geplante Eheschließung erfolgt ist. Problematisch ist das oftmals bei Geldbeträgen oder bei sogenannten Gelegenheitsgeschenken, da hier die Abgrenzung zu normalen Schenkungen schwierig sein kann. Die rechtliche Geltendmachung erfolgt zumeist außergerichtlich; für größere Werte kann eine Klage notwendig werden.

Gibt es Ausnahmen von der Rückforderungspflicht bei Verlobungsgeschenken?

Ja, es gibt Ausnahmen. Gemäß § 1301 BGB sind insbesondere „gewöhnliche Gelegenheitsgeschenke“ sowie Verbrauchsgüter, deren Rückgabe unmöglich oder unzumutbar wäre (etwa ein bereits konsumiertes Hochzeitessen), von der Rückforderung ausgeschlossen. Weiterhin kann eine Rückforderung ausgeschlossen sein, wenn der Beschenkte in besonderem Maße auf das Geschenk vertraut und deswegen Dispositionen getroffen hat – in solchen Fällen könnte aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Rückforderung als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Außerdem kann vertraglich bei der Übergabe eines Geschenkes explizit auf eine Rückforderung verzichtet werden.

Welche Rolle spielt das Verschulden an der Auflösung der Verlobung für die Rückforderung?

Für die Rückforderung von Verlobungsgeschenken kommt es grundsätzlich nicht darauf an, wer die Auflösung der Verlobung verschuldet hat (§ 1301 BGB ist verschuldensunabhängig ausgestaltet). Allerdings kann es in besonderen Einzelfällen nach Treu und Glauben dazu kommen, dass einem Rückforderungsanspruch entgegengehalten wird, dass ein Verschulden vorliegt, etwa wenn der Schenker durch grob treuwidriges Verhalten selbst die Basis für die Auflösung geschaffen hat. Grundsätzlich bleibt es aber bei einer neutralen Prüfung, ob ein Geschenk im Hinblick auf die Eheschließung erbracht wurde und ob es tatsächlich noch vorhanden und rückgabefähig ist.

Können Dritte (z. B. Eltern oder Freunde) ebenfalls Geschenke zurückverlangen?

Dritte, die Geschenke anlässlich der Verlobung gemacht haben, können diese ebenfalls nach § 1301 BGB zurückfordern, sofern die Schenkung explizit im Hinblick auf die geplante Eheschließung erfolgt ist. Auch hier gelten dieselben Grundsätze bezüglich der Rückforderung, Verjährung und der Unterscheidung zwischen üblichen Gelegenheitsgeschenken und eigentlichen Verlobungsgeschenken. Die Motivation der Schenkung – etwa, um die künftige Schwiegertochter oder den Schwiegersohn willkommen zu heißen – ist ebenfalls juristisch zu beleuchten. Streitfälle können daraus resultieren, wenn die Intention der Schenkung nicht klar dokumentiert ist.

Welche Beweislast besteht im Streitfall über Verlobungsgeschenke?

Im Streitfall trägt derjenige die Beweislast, der das Geschenk zurückfordert. Das heißt, er oder sie muss nachweisen, dass das Geschenk tatsächlich übergeben wurde, in welchem Zusammenhang dies geschah, und dass die Schenkung im Hinblick auf die geplante Eheschließung erfolgte. Bei Sachgeschenken, wie z. B. Schmuckstücken oder Fahrzeugen, ist dies mithilfe von Quittungen oder schriftlichen Schenkungsversprechen gut nachweisbar. Schwieriger ist es bei Bargeld oder Gelegenheitsgeschenken, bei denen oft Zeugenaussagen oder Indizien herangezogen werden müssen. Das Gericht entscheidet im Zweifelsfall anhand der Gesamtumstände.

Ist eine Rückforderung ausgeschlossen, wenn das Geschenk bereits verbraucht wurde?

Soweit das Geschenk verbraucht oder untergegangen ist, ist eine Rückforderung grundsätzlich ausgeschlossen. Dies betrifft insbesondere sogenannte Verbrauchsgeschenke (z. B. Einladungen zu einer Feier, gemeinsamer Urlaub, verbrauchte Geldbeträge). Lediglich bestehende und noch vorhandene Sachen können herausverlangt werden. Wenn aber ein Gegenstand zum Zweck der geplanten Ehe übergeben wurde, und dieser noch existiert (z. B. ein Auto oder teurer Schmuck), kann dieser rechtlich beansprucht werden. Die Grenze bildet hierbei die praktische Rückgabemöglichkeit und die Unzumutbarkeit einer Rückgabe im Einzelfall.