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Verleumdung


Begriff und rechtliche Einordnung der Verleumdung

Die Verleumdung ist im deutschen Recht ein Straftatbestand, der dem Schutz der persönlichen Ehre dient. Sie umfasst die widerrechtliche und vorsätzliche Behauptung oder Verbreitung einer unwahren Tatsache über eine andere Person, wodurch deren Ruf oder öffentliches Ansehen erheblich beeinträchtigt werden kann. Verleumdung ist insbesondere im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt und von verwandten Delikten wie Beleidigung und übler Nachrede abzugrenzen.


Gesetzliche Regelung im Strafgesetzbuch (StGB)

§ 187 StGB – Tatbestand der Verleumdung

Gemäß § 187 StGB macht sich strafbar, wer wider besseres Wissen eine unwahre Tatsache über eine andere Person behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, diese Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Kernmerkmal der Verleumdung ist das vorsätzliche Handeln mit dem Wissen um die Unwahrheit der Behauptung.

Der Gesetzestext lautet:

„Wer wider besseres Wissen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche geeignet ist, einen anderen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“


Tatbestandsmerkmale

Subjektiver Tatbestand

Ein wesentliches Erfordernis für die Strafbarkeit wegen Verleumdung ist das Vorsatzmerkmal. Der Täter muss die Unwahrheit der behaupteten Tatsache positiv kennen, also „wider besseres Wissen“ handeln. Fahrlässigkeit oder bloße Zweifel an der Wahrheit reichen nicht aus.

Objektiver Tatbestand

  • Behauptung oder Verbreitung: Unter Behauptung versteht man das Aufstellen einer Tatsache als wahr, unter Verbreiten das Weitergeben einer bereits von anderen aufgestellten Tatsachenbehauptung.
  • Tatsachen: Nur höchstpersönliche oder objektiv überprüfbare Sachverhalte sind erfasst; bloße Meinungsäußerungen genügen nicht.
  • Unwahrheit: Der nachweisliche Gegensatz zur Realität ist Voraussetzung.
  • Eignung zur Herabwürdigung: Die geäußerte Behauptung muss geeignet sein, das Ansehen oder den Kredit der Person zu schädigen.

Abgrenzung zu verwandten Delikten

Unterschied zur üblen Nachrede (§ 186 StGB)

Im Unterschied zur Verleumdung ist bei der üblen Nachrede das Wissen um die Unwahrheit der behaupteten oder verbreiteten Tatsache kein Erfordernis. Es reicht aus, eine nicht erweislich wahre Tatsache zu behaupten oder zu verbreiten.

Abgrenzung zur Beleidigung (§ 185 StGB)

Die Beleidigung umfasst Kundgaben der Missachtung oder Nichtachtung einer anderen Person und betrifft auch Werturteile (Meinungsäußerungen), die unwahr oder herabwürdigend sind, jedoch keine Tatsachenbehauptungen voraussetzen.


Strafbarkeit und Rechtsfolgen

Strafmaß

Die Verleumdung wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Erfolgt die Verleumdung öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften, erhöht sich das Strafmaß auf bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

Strafantrag und Verfolgung

Verleumdung ist grundsätzlich ein Antragsdelikt. Das bedeutet, die Strafverfolgung erfolgt in der Regel erst bei Vorliegen eines Strafantrags des Verletzten, es sei denn, die Strafverfolgungsbehörde sieht ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung.


Formen und Beispiele der Verleumdung

Klassische Fallkonstellationen

Typische Fälle sind etwa die vorsätzliche Verbreitung falscher Gerüchte über die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens, bewusst unwahre Behauptungen über strafbares Verhalten einer Person oder falsche Anschuldigungen im zwischenmenschlichen Bereich.

Verleumdung in Medien und sozialen Netzwerken

Im digitalen Zeitalter ist der Straftatbestand auch auf Veröffentlichungen in Online-Medien, Foren und sozialen Netzwerken anwendbar. Die Verbreitung via Internet erfüllt die Voraussetzungen der Begehung „durch Schriften“ und kann im Sinne einer öffentlichen Verleumdung strafschärfend wirken.


Verleumdung im Zivilrecht

Anspruch auf Unterlassung, Widerruf und Schadensersatz

Neben den strafrechtlichen Konsequenzen ergeben sich für Betroffene auch zivilrechtliche Ansprüche. Diese umfassen insbesondere:

  • Unterlassungsanspruch: Der Geschädigte kann verlangen, dass die ehrverletzende Behauptung nicht weiter verbreitet wird (vgl. §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB).
  • Widerrufsanspruch: Unter bestimmten Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf öffentliche Richtigstellung (Widerruf) der falschen Tatsachenbehauptung.
  • Schadensersatz: Für erlittene materielle und immaterielle Schäden können Ersatzansprüche, insbesondere auch Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts, geltend gemacht werden.

Rechte und Pflichten der Beteiligten

Privatklagedelikt

Die Verleumdung zählt zu den sogenannten Privatklagedelikten. Neben dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren kann das Opfer die Strafverfolgung durch eine Privatklage einleiten, sofern die Staatsanwaltschaft das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung verneint.

Aussageverweigerungsrechte und Gegendarstellung

Beschuldigte haben das Recht, zur Sache zu schweigen. Betroffene können neben der Strafanzeige zivile Schritte ergreifen und auf Gegendarstellung bestehen, insbesondere gegen Presseveröffentlichungen.


Rechtliche Besonderheiten bei Amtsträgern

Die Verleumdung von Amtsträgern im Zusammenhang mit deren Amtstätigkeit unterliegt zum Teil strengeren Regelungen, was deren strafrechtliche Schutzbedürftigkeit betrifft (z. B. § 188 StGB, üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens).


Verjährung

Die Verjährungsfrist für Verleumdung beträgt grundsätzlich drei Jahre (§ 78 StGB). Die Frist beginnt mit Beendigung der Tat zu laufen. Eine Unterbrechung oder Neubeginn der Verjährung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich.


Internationale Vergleiche

In vielen europäischen Rechtsordnungen existiert der Tatbestand der Verleumdung oder Diffamierung mit vergleichbarer Zielrichtung, wobei die konkrete Ausgestaltung, Strafandrohung und Abgrenzung zu anderen Ehrdelikten teils erheblich variieren.


Fazit

Verleumdung ist ein zentraler Straftatbestand zum Schutz der persönlichen Ehre und des guten Rufs. Sie setzt vorsätzliches Handeln mit Kenntnis der Unwahrheit der behaupteten Tatsache voraus und kann neben strafrechtlichen auch zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Insbesondere in digitalen Medien gewinnt der Tatbestand zunehmend an Bedeutung, da die Verbreitungsmöglichkeiten ehrverletzender Behauptungen exponentiell gestiegen sind. Die gesetzliche Regelung dient dem Ausgleich zwischen dem Schutz der persönlichen Ehre und dem Interesse an Meinungsfreiheit.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann wegen Verleumdung strafrechtlich belangt werden?

Grundsätzlich kann jede volljährige und mit Schuldfähigkeit ausgestattete Person für eine Verleumdung nach § 187 StGB strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Auch Juristische Personen wie GmbHs oder Vereine als solche sind zwar nicht unmittelbar strafbar, jedoch können die handelnden natürlichen Personen (etwa Geschäftsführer, Vereinsvorsitzende oder Mitarbeiter) belangt werden, falls sie sich der Verleumdung schuldig machen. Minderjährige zwischen 14 und 18 Jahren können im Rahmen des Jugendstrafrechts belangt werden, sofern die notwendige Einsichtsfähigkeit vorliegt. Zur Strafverfolgung ist regelmäßig ein Strafantrag der betroffenen Person erforderlich, es sei denn, ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung liegt vor.

Welche Strafen drohen bei Verleumdung nach deutschem Recht?

Das deutsche Strafgesetzbuch sieht für Verleumdung (§ 187 StGB) eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Liegt die Verleumdung in einer Schrift (auch online, z.B. in sozialen Netzwerken), durch Bild oder durch Verbreiten von Inhalten vor, ist dies als Qualifikationstatbestand anzusehen und kann ebenfalls entsprechend geahndet werden. In besonders schweren Fällen, etwa wenn die Verleumdung öffentlich, durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB) oder in einer Versammlung erfolgt, kann eine höhere Strafe verhängt werden. Das Strafmaß orientiert sich dabei auch am Ausmaß der Rufschädigung und den Folgen für das Opfer.

Worin unterscheidet sich Verleumdung von übler Nachrede?

Beide Tatbestände schützen die Ehre und das Ansehen einer Person, unterscheiden sich jedoch im Vorsatz: Bei der Verleumdung behauptet oder verbreitet der Täter bewusst eine unwahre Tatsache, wissend um deren Unwahrheit, um ein anderes zu schädigen. Die üble Nachrede (§ 186 StGB) hingegen setzt nicht voraus, dass der Täter weiß, dass seine Behauptung falsch ist, es genügt, dass er diese Tatsache nicht beweisen kann. Während die üble Nachrede leichter strafbar ist, gilt die Verleumdung als schwerwiegendere Ehrverletzung mit entsprechend schwererem Strafrahmen.

Ist eine Verleumdung auch im Internet oder in sozialen Medien strafbar?

Ja, Verleumdungen, die im Internet, in sozialen Netzwerken oder durch andere digitale Kommunikationswege begangen werden, sind ebenso strafbar wie solche in der analogen Welt. Insbesondere „öffentliche Verleumdungen“ über Facebook, Twitter, Foren oder Blogs werden als besonders schwerwiegend angesehen, da die Rufschädigung aufgrund der potenziell unbegrenzten Verbreitung gravierender ist. Hier findet regelmäßig auch die Qualifikation des öffentlichen Verbreitens Anwendung, was strafverschärfend wirken kann. Die Beweissicherung gestaltet sich bei digitalen Fällen jedoch oft herausfordernder und es empfiehlt sich, entsprechende Inhalte zu dokumentieren und zu sichern.

Welche zivilrechtlichen Ansprüche bestehen im Falle einer Verleumdung?

Neben der strafrechtlichen Verfolgung stehen dem Opfer auch zahlreiche zivilrechtliche Ansprüche zur Verfügung. Dazu zählen insbesondere Unterlassungsansprüche, mit denen der Täter auf Unterlassung weiterer ehrverletzender Behauptungen in Anspruch genommen werden kann. Darüber hinaus können Ansprüche auf Geldentschädigung (Schmerzensgeld) bestehen, wenn durch die Verleumdung schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzungen eingetreten sind. Gegebenenfalls werden auch Widerrufs- und Gegendarstellungsansprüche geltend gemacht, um die Reputation des Geschädigten wiederherzustellen.

Kann eine Verleumdung auch zwischen Unternehmen oder anderen juristischen Personen relevant werden?

Auch Unternehmen, Vereine oder Institutionen können Opfer einer Verleumdung werden, wenn deren geschäftlicher oder beruflicher Ruf durch bewusst unwahre, ehrverletzende Tatsachenbehauptungen geschädigt wird. In solchen Fällen können ebenfalls straf- und zivilrechtliche Schritte eingeleitet werden. Neben klassischen Ehrverletzungen kommen oft auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche in Betracht, wenn die Verleumdung etwa zu einem wirtschaftlichen Nachteil oder Reputationsverlust führt.

Welche Voraussetzungen müssen für eine erfolgreiche Strafverfolgung vorliegen?

Für eine erfolgreiche Strafverfolgung wegen Verleumdung müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: Es muss konkret eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet worden sein; der Täter muss die Unwahrheit kennen und das Ziel verfolgt haben, den Betroffenen herabzuwürdigen oder dessen Ruf zu schädigen. Die Aussage muss gegenüber mindestens einer dritten Person geäußert worden sein; Selbstgespräche oder private Tagebucheinträge reichen nicht aus. Zudem ist regelmäßig ein Strafantrag durch das Opfer zu stellen, außer es besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Die Beweislast für die Unwahrheit der Behauptung liegt bei der Staatsanwaltschaft. Ein besonderes Augenmerk liegt auf einer sorgfältigen Beweissicherung, um die Erfolgsaussichten einer Anzeige zu erhöhen.