Begriff und Bedeutung der Verleumdung
Verleumdung bezeichnet das Verbreiten oder Behaupten von bewusst unwahren Tatsachen über eine Person oder ein Unternehmen gegenüber Dritten, wodurch deren Ansehen erheblich beeinträchtigt werden kann. Gemeint sind konkrete Behauptungen, die objektiv überprüfbar sind und sich als falsch erweisen, wobei die äußernde Person um die Unwahrheit weiß. Ziel des rechtlichen Schutzes ist die persönliche Ehre und das soziale Geltungsinteresse Betroffener.
Wesentliche Merkmale
Unwahre Tatsachenbehauptung
Im Mittelpunkt steht eine Tatsachenbehauptung, also eine Aussage mit greifbarem Wirklichkeitsbezug. Sie unterscheidet sich von Meinungen, Wertungen oder reiner Kritik. Verleumdung setzt eine inhaltlich falsche Tatsache voraus.
Reputation und Drittwirkung
Die Äußerung muss gegenüber Dritten erfolgen oder für Dritte bestimmt sein. Nur dann kann das gesellschaftliche Ansehen der betroffenen Person oder Organisation beeinträchtigt werden.
Vorsatz: Wissen um die Unwahrheit
Erforderlich ist, dass die äußernde Person die Unwahrheit kennt und die falsche Tatsache trotzdem verbreitet oder behauptet. Bloße Fahrlässigkeit oder Zweifel genügen für Verleumdung nicht.
Abgrenzung zu anderen Äußerungen
Tatsachenbehauptung versus Meinung
Meinungen, Werturteile, Kritik und Einschätzungen sind grundsätzlich von Tatsachenbehauptungen zu unterscheiden. Meinungen sind vom Schutz der freien Rede umfasst, solange sie nicht die Grenze zur Schmähung überschreiten und ohne behauptete Tatsachen auskommen. Verleumdung liegt nur bei falschen Tatsachen vor.
Unterschied zu übler Nachrede
Üble Nachrede betrifft die Verbreitung ehrenrühriger Tatsachen, deren Wahrheit nicht nachgewiesen werden kann. Verleumdung geht darüber hinaus: Es handelt sich um bewusst falsche Tatsachen. Der zusätzliche Vorwurf liegt im Kennen der Unwahrheit.
Unterschied zu Beleidigung
Beleidigung erfasst herabsetzende Werturteile ohne Tatsachenbezug (zum Beispiel Schimpfwörter). Verleumdung setzt eine falsche Tatsachenbehauptung voraus und ist von bloßen Wertungen abzugrenzen.
Kritik, Satire und Zuspitzung
Auch scharfe Kritik oder satirische Überzeichnung kann zulässig sein, sofern sie erkennbar wertend ist. Verleumdung beginnt dort, wo bewusst unwahre Tatsachen als wahr dargestellt und verbreitet werden.
Rechtliche Einordnung und Interessenabwägung
Schutz der persönlichen Ehre
Verleumdung verletzt das Ansehen einer Person oder eines Unternehmens. Geschützt wird der gute Ruf als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. der Unternehmenspersönlichkeit.
Meinungs- und Kommunikationsfreiheit
Der Schutz vor Verleumdung steht im Spannungsverhältnis zu Meinungs-, Presse- und Kommunikationsfreiheit. In jedem Einzelfall erfolgt eine Abwägung: Je stärker der Tatsachenbezug und die Erkennbarkeit der Unwahrheit, desto gewichtiger fällt die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsschutzes ins Gewicht.
Öffentliches Informationsinteresse
Bei Angelegenheiten von erheblichem öffentlichen Interesse sind Berichterstattung und Kritik besonders bedeutsam. Dies rechtfertigt jedoch keine bewusste Verbreitung falscher Tatsachen.
Erscheinungsformen und typische Konstellationen
Alltagskommunikation
Verleumdung kann in Gesprächen, Briefen oder E-Mails erfolgen, sobald Dritte erreicht werden. Auch Andeutungen oder „Insider“-Mitteilungen können geeignet sein, den Ruf zu schädigen.
Medien und Öffentlichkeit
Veröffentlichungen in Presse, Rundfunk und anderen Medien entfalten regelmäßig eine besondere Breitenwirkung. Fehlende Sorgfalt bei der Prüfung von Tatsachen kann, wenn die Unwahrheit bewusst ist, zur Verleumdung führen.
Digitale Verbreitung
Im Internet verbreiten sich Aussagen rasch und dauerhaft. Beiträge in sozialen Netzwerken, Blogs, Foren, Bewertungsportalen oder Messengerdiensten können Verleumdungen darstellen, wenn bewusst falsche Tatsachen in Umlauf gesetzt werden. Auch die Weiterverbreitung bekanntermaßen falscher Inhalte kann rechtlich bedeutsam sein.
Mehrpersonen- und Unternehmensbezug
Verleumdung kann sich gegen Einzelpersonen, Personengruppen mit hinreichender Bestimmbarkeit sowie gegen Unternehmen richten. Je konkreter die Identifizierbarkeit, desto eher ist eine individuelle Betroffenheit gegeben.
Rechtsfolgen
Strafrechtliche Konsequenzen
Verleumdung ist strafbar. In Betracht kommen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen. In vielen Konstellationen setzt die Verfolgung die Mitwirkung der betroffenen Person voraus. Bei einer erheblichen öffentlichen Verbreitung ist eine gesteigerte Ahndung möglich.
Zivilrechtliche Ansprüche
Unabhängig von einer strafrechtlichen Bewertung kommen zivilrechtliche Ansprüche in Betracht, etwa auf Unterlassung, Widerruf und Berichtigung, Beseitigung rufschädigender Inhalte, Geldentschädigung bei schwerwiegenden Eingriffen sowie Ersatz materieller Schäden, sofern diese nachweisbar sind.
Korrektive in Medien und Öffentlichkeit
Im Medienkontext bestehen besondere Instrumente wie Richtigstellung oder Gegendarstellung, die der öffentlichen Korrektur falscher Tatsachenbehauptungen dienen. Ihre Voraussetzungen sind eigenständig geregelt.
Online-Plattformen und Verantwortlichkeit
Diensteanbieter und Plattformen können nach Kenntnis konkreter Rechtsverletzungen verpflichtet sein, rechtswidrige Inhalte zu entfernen. Die konkrete Verantwortlichkeit hängt von Art und Umfang der Mitwirkung sowie von zumutbaren Prüf- und Reaktionsmöglichkeiten ab.
Beweisfragen und Verfahren
Feststellung von Tatsachen und Unwahrheit
Maßgeblich ist die Unterscheidung zwischen Tatsachen und Meinungen. Bei Tatsachen wird geprüft, ob sie objektiv zutreffen. Der Verlauf der Kommunikation, Belege und Umstände spielen eine zentrale Rolle.
Kenntnisstand der Äußernden
Für Verleumdung ist wesentlich, ob die äußernde Person die Unwahrheit kannte. Ermittelt werden können Informationsquellen, Rechercheschritte, Vorwissen und der Kontext der Äußerung.
Beteiligung Dritter und Weiterverbreitung
Neben der ursprünglichen Quelle kann auch die Weitergabe bekanntermaßen falscher Tatsachen rechtlich relevant sein. Ebenso kann das „Zueigenmachen“ fremder Aussagen eine Rolle spielen.
Besonderheiten
Anonyme und pseudonyme Äußerungen
Auch anonyme Inhalte können als Verleumdung bewertet werden. Technische Spuren, Metadaten und Plattforminformationen können zur Zuordnung beitragen.
Grenzüberschreitende Sachverhalte
Bei internationaler Verbreitung stellt sich die Frage, welches Recht Anwendung findet und wo Ansprüche geltend gemacht werden können. Es gelten kollisionsrechtliche Regeln und Zuständigkeitsvorschriften.
Verjährung und Fristen
Verleumdungsbezogene Ansprüche und Verfolgung unterliegen zeitlichen Grenzen. Fristen beginnen regelmäßig mit der Kenntnis von Tat und Person oder mit Veröffentlichung, können aber je nach Anspruchsart unterschiedlich ausgestaltet sein.
Verstorbene und Dritte
Das Andenken Verstorbener wird gesondert geschützt. Angehörige können je nach Konstellation betroffen sein, wenn die Aussage mittelbar ihre eigene Ehre berührt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was unterscheidet Verleumdung von übler Nachrede?
Verleumdung setzt die bewusste Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung voraus. Bei übler Nachrede geht es um ehrenrührige Tatsachen, deren Wahrheit offen ist oder nicht bewiesen werden kann, ohne dass gesichert ist, dass die äußernde Person die Unwahrheit kannte.
Reicht eine beleidigende Meinung für Verleumdung aus?
Nein. Verleumdung erfordert eine falsche Tatsachenbehauptung. Reine Werturteile oder Meinungen ohne Tatsachenkern können eine Beleidigung sein, sind aber keine Verleumdung.
Kann ein Unternehmen verleumdet werden?
Ja. Auch Unternehmen oder sonstige Einheiten mit eigener Reputation können durch bewusst falsche Tatsachenbehauptungen in ihrem Ansehen geschädigt werden.
Ist Verleumdung auch im Internet strafbar?
Ja. Der Kommunikationskanal ist unerheblich. Online-Äußerungen, etwa in sozialen Netzwerken, Foren oder Bewertungsportalen, können Verleumdungen darstellen, wenn bewusst falsche Tatsachen verbreitet werden.
Zählt die Weiterverbreitung einer falschen Behauptung ebenfalls?
Die Weitergabe kann rechtlich relevant sein, insbesondere wenn die Unwahrheit bekannt ist oder sich aufdrängt und die Aussage als eigene übernommen wird.
Welche Rolle spielt die Meinungsfreiheit?
Meinungsfreiheit schützt Wertungen und öffentliche Debatten. Sie rechtfertigt jedoch nicht die bewusste Verbreitung falscher Tatsachen. Bei der Bewertung erfolgt stets eine Abwägung zwischen Kommunikationsfreiheit und Persönlichkeitsschutz.
Muss die Unwahrheit nachgewiesen werden?
Im Fokus steht, ob eine objektiv falsche Tatsache behauptet wurde und ob die äußernde Person dies wusste. Welche Seite was darzulegen oder zu beweisen hat, richtet sich nach dem jeweiligen Verfahrenstyp und den dort geltenden Regeln.
Gibt es Fristen zur Verfolgung von Verleumdung?
Ja. Sowohl strafrechtliche Verfolgung als auch zivilrechtliche Ansprüche unterliegen Verjährungs- und Ausschlussfristen. Deren Lauf richtet sich nach Kenntnisstand, Veröffentlichung und Art des Anspruchs.