Verfügungsbeschränkungen der Ehegatten
Allgemeine Definition und Bedeutung
Verfügungsbeschränkungen der Ehegatten bezeichnen rechtliche Einschränkungen hinsichtlich der Verfügungsmöglichkeiten von Ehepartnern über bestimmte Vermögensgegenstände, insbesondere im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Diese Beschränkungen dienen dem Schutz des gemeinsamen Vermögens und dem Interesse beider Ehegatten, indem einzelne Vermögensentscheidungen eine Mitwirkung oder Zustimmung des anderen Ehegatten erfordern.
Rechtliche Grundlage
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Die maßgeblichen Regelungen zu den Verfügungsbeschränkungen der Ehegatten finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dort insbesondere in den §§ 1365 bis 1369. Diese Vorschriften gehören zum Familienrecht und konkretisieren die Vermögensbeziehungen der Ehegatten während des bestehenden Güterstandes.
Güterstand und Bedeutung für die Verfügungsmacht
Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bleibt das Vermögen der Ehegatten grundsätzlich getrennt (§ 1363 BGB). Allerdings bestehen für bestimmte Verfügungen über das Vermögen oder einzelne Vermögensgegenstände besondere Beschränkungen, um das Vermögen beider Ehegatten vor leichtfertigen oder einseitigen Dispositionen zu schützen.
Einzelne Verfügungsbeschränkungen im Überblick
Verfügungen über das Gesamtvermögen (§ 1365 BGB)
Nach § 1365 BGB kann ein Ehegatte über sein Vermögen im Ganzen nur verfügen, wenn der andere Ehegatte zustimmt. Unter „Vermögen im Ganzen“ wird der wesentliche Teil des Vermögens verstanden, sodass nach der Rechtsauffassung der Vermögensbestand insgesamt erheblich beeinträchtigt wird. Die Zustimmung ist erforderlich, um massive Vermögensverschiebungen zu verhindern, die sich auch auf den anderen Ehegatten auswirken würden.
Zustimmungserfordernis
Die Zustimmung kann sowohl vor als auch nach der Verfügung erfolgen. Liegt sie nicht vor, ist die Verfügung schwebend unwirksam. Der andere Ehegatte kann die Zustimmung verweigern, wenn sein eigenes Interesse oder das Interesse der ehelichen Lebensgemeinschaft betroffen ist.
Rechtsfolgen bei fehlender Zustimmung
Liegt keine wirksame Zustimmung vor, ist die Verfügung zunächst unwirksam und kann durch nachträgliche Zustimmung geheilt werden (§ 1365 Abs. 2 BGB). Im Fall der endgültigen Verweigerung bleibt die Verfügung dauerhaft unwirksam.
Verfügungen über Haushaltsgegenstände (§ 1369 BGB)
Haushaltsgegenstände, die dem gemeinsamen Leben dienen, dürfen nur mit Zustimmung beider Ehegatten veräußert, belastet oder in ihrem Bestand verändert werden. § 1369 BGB schützt damit die Wohnungseinrichtung sowie im Hausstand genutzte Gegenstände – unabhängig davon, wem sie gehören.
Anwendungsbereich
Umfasst sind alle zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, beispielsweise Möbel, Haushaltsgeräte oder Unterhaltungselektronik. Ausgeschlossen sind Gegenstände, die ausschließlich dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten dienen.
Schutzmechanismus
Wird ohne Zustimmung verfügt, ist die Verfügung unwirksam, es sei denn, der andere Ehegatte genehmigt sie nachträglich. Ein gutgläubiger Erwerb Dritter ist grds. ausgeschlossen.
Verfügungsbeschränkungen im Zusammenhang mit gemeinsamer Verwaltung (§ 1357 BGB)
Im Rahmen der sogenannten „Schlüsselgewalt“ kann jeder Ehegatte Rechtsgeschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie alleine vornehmen, allerdings haftet auch der andere Ehegatte hierfür mit (§ 1357 BGB). Die Schlüsselgewalt stellt somit in gewissem Maße eine Ausnahme von der Verfügungsbeschränkung dar, begründet zugleich aber eine besondere Mitverantwortung innerhalb des Rahmens des Familienbedarfs.
Schutzwirkungen und Rechtsfolgen
Schutz des Familienvermögens
Die Verfügungsbeschränkungen sollen verhindern, dass ein Ehegatte ohne die Mitwirkung des anderen das gemeinschaftliche Lebensfundament gefährdet. Dies betrifft sowohl das Gesamtvermögen als auch das gemeinsam genutzte Inventar.
Rechte und Pflichten der Ehegatten
Beide Ehegatten sind verpflichtet, Rücksicht auf das Vermögen des jeweils anderen zu nehmen. Sie müssen größere Verfügungen absprechen und genehmigen, um die gemeinsame wirtschaftliche Basis zu sichern.
Gutgläubiger Erwerb Dritter
Im Fall von Verfügungen ohne die erforderliche Zustimmung ist ein gutgläubiger Erwerb von Haushaltsgegenständen nicht möglich. Beim Vermögen im Ganzen gilt gemäß § 1366 BGB eine vergleichbare Regel. Dadurch wird Dritten ein erhöhter Prüfungsmaßstab auferlegt, wenn mit einem verheirateten Veräußerer Verträge abgeschlossen werden.
Ausnahmen und Sonderregelungen
Gütertrennung und Gütergemeinschaft
Bei Vereinbarung der Gütertrennung entfallen die meisten Verfügungsbeschränkungen, da jeder Ehegatte alleine über sein Vermögen verfügen kann. In der Gütergemeinschaft hingegen bestehen für das Gesamtgut besondere Vorschriften, etwa die gemeinsame Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens (§§ 1421 ff. BGB).
Eingetragene Lebenspartnerschaften
Für eingetragene Lebenspartnerschaften finden seit der Gesetzesänderung im Jahre 2005 die entsprechenden Vorschriften zu Verfügungsbeschränkungen in den §§ 8 bis 9 LPartG Anwendung, die den Regelungen der Ehe angeglichen sind.
Verfügungsbeschränkungen nach Beendigung des Güterstands
Mit Beendigung des Güterstandes, etwa durch Scheidung oder den Tod eines Ehegatten, entfallen die beschriebenen Verfügungsbeschränkungen. Während des laufenden Güterauseinandersetzungsverfahrens sind bestimmte Verfügungen allerdings beschränkt, soweit dies zum Schutz des Anspruchs auf Zugewinnausgleich erforderlich ist.
Rechtsprechung und Praxis
Zahlreiche gerichtliche Entscheidungen beschäftigen sich mit der Reichweite und Auslegung der Verfügungsbeschränkungen, insbesondere hinsichtlich der Frage, wann eine Verfügung das „Vermögen im Ganzen“ betrifft oder wie „Haushaltsgegenstand“ konkret zu definieren ist. Die Rechtsprechung orientiert sich hierbei regelmäßig am Schutzgedanken des Familienvermögens.
Zusammenfassung
Verfügungsbeschränkungen der Ehegatten dienen dem Schutz des ehelichen Vermögens sowie der wirtschaftlichen Existenzgrundlage der Familie. Gesetzlich geregelt sind sie vor allem für die Zugewinngemeinschaft, gelten aber auch bei gemeinsamer Haushaltsführung und teilweise bei anderen Güterständen. Rechtlich sichern sie ab, dass keine einschneidenden Vermögensdispositionen ohne wechselseitige Zustimmung erfolgen, und stärken so den Vermögensschutz innerhalb der Ehe.
Verwandte Begriffe: Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung, Eheliches Güterrecht, Haushaltsgegenstände, Schlüsselgewalt
Häufig gestellte Fragen
Welche Arten von Verfügungsbeschränkungen bestehen für Ehegatten bezüglich des gemeinschaftlichen Vermögens?
Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft unterliegen Ehegatten bestimmten Verfügungsbeschränkungen gemäß den §§ 1365 ff. BGB. Grundsätzlich kann jeder Ehegatte über sein eigenes Vermögen verfügen, jedoch bestehen Ausnahmen hinsichtlich des sogenannten „Vermögens im Ganzen“ (§ 1365 BGB) und bei Gegenständen des gemeinsamen Haushalts (§ 1369 BGB). Die Verfügung über das Vermögen im Ganzen – also die Übertragung oder Belastung fast des gesamten Vermögens eines Ehegatten – bedarf der Zustimmung des anderen Ehegatten. Dies soll den Ehepartner davor schützen, dass der andere durch eine unüberlegte Vermögensverfügung dessen wirtschaftliche Lebensgrundlage gefährdet. Zudem können beide Ehegatten im Rahmen von Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen über gemeinschaftliches Eigentum, insbesondere an Immobilien, Verbindlichkeiten eingehen, die ebenfalls der Zustimmung bedürfen. Gleiches gilt für die Entnahme wesentlicher Haushaltsgegenstände, um einen einseitigen Verlust gemeinsamer Lebensgrundlagen zu verhindern. Diese gesetzlichen Einschränkungen sind zwingend und können nicht durch Vertrag aufgehoben werden.
Was ist unter dem „Vermögen im Ganzen“ zu verstehen und wie wird der Umfang bestimmt?
Das „Vermögen im Ganzen“ bezeichnet nahezu das gesamte Vermögen eines Ehegatten. Eine Verfügung betrifft dieses, wenn nach dem Vollzug der Rechtsgeschäfts der Ehegatte wirtschaftlich nahezu entblößt wäre, d. h. sein verbleibendes Vermögen nur einen geringen Bruchteil des bisherigen Werts ausmacht. Maßgeblich ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, bei der alle Vermögenswerte (beispielsweise Immobilien, Bankguthaben, Wertpapiere, Schmuck, Kfz usw.) saldiert werden, wobei bestehende Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind. Die Rechtsprechung zieht eine Grenze bei einem verbleibenden Restvermögen von etwa 10 bis 15 Prozent; liegt der Wert darunter, handelt es sich um eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen. Einzelne Gegenstände von erheblichem Wert – insbesondere Immobilien – können bereits für sich eine solche Verfügung darstellen, sofern keine erheblichen weiteren Vermögenswerte hinzutreten. Die Beurteilung ist stets einzelfallabhängig.
Unter welchen Voraussetzungen ist die Zustimmung des Ehegatten für Verfügungen über gemeinsames Vermögen erforderlich?
Die Zustimmung des anderen Ehegatten ist insbesondere in drei Fällen zwingend erforderlich:
- Verfügung über das Vermögen im Ganzen (§ 1365 BGB): Wie oben erläutert, darf ein Ehegatte ohne Einwilligung des anderen nicht über nahezu sein gesamtes Vermögen verfügen.
- Verfügung über Haushaltsgegenstände (§ 1369 BGB): Der Ehegatte darf über im gemeinsamen Haushalt genutzte Gegenstände nur mit Zustimmung des anderen verfügen, gleich wem diese im Eigentum stehen.
- Verfügungen über gemeinsames Immobilienvermögen: Bei der Veräußerung, Belastung oder Teilung einer im Miteigentum stehenden Immobilie ist die Mitwirkung beider Ehegatten notwendig.
Ein Fehlen der Zustimmung macht das Rechtsgeschäft grundsätzlich schwebend unwirksam; der Dritte kann nachträglich die Genehmigung verlangen.
Welche Rechtsfolgen treten ein, wenn eine erforderliche Zustimmung nicht erteilt wird?
Wird eine Verfügung ohne die gesetzlich geforderte Zustimmung des anderen Ehegatten vorgenommen, so ist das Rechtsgeschäft gemäß § 1366 BGB schwebend unwirksam. Das bedeutet, das Geschäft entfaltet keine rechtlichen Folgen, bis die Zustimmung nachträglich (Genehmigung) oder vorab (Einwilligung) erteilt wird. Wird sie endgültig verweigert, bleibt das Geschäft unwirksam. Handelt es sich um Immobilien, kann der Mangel der Zustimmung auch im Grundbuch eingetragen werden, was die Rechtsklarheit für Dritte erhöht. Für Verträge mit Dritten ergibt sich somit eine erhebliche Unsicherheit im Hinblick auf die Wirksamkeit – insbesondere beim Erwerb von Immobilien, Wertgegenständen oder ähnlichen Vermögenswerten.
Gibt es Ausnahmen von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen bei Ehegatten?
Ja, das Gesetz sieht bestimmte Ausnahmen vor. Keine Zustimmung ist beispielsweise erforderlich, wenn die Ehegatten einen anderen Güterstand, etwa Gütertrennung oder Gütergemeinschaft, vereinbart haben; insoweit gilt allein das zwischen ihnen individuell Vereinbarte. Weiterhin ist die Zustimmung entbehrlich bei Geschäften des täglichen Lebens, wie Einkäufen für den Haushalt, gewöhnlichen Kontoabhebungen oder ähnlichem. Auch jede Verfügung mit geringfügiger wirtschaftlicher Bedeutung – also bei erheblich untergeordneten Beträgen im Vergleich zum Gesamtvermögen – ist zustimmungsfrei. Das gilt ebenso für Schenkungen unter Lebenden im üblichen Rahmen (Gelegenheitsgeschenke).
Welche Bedeutung haben Verfügungsbeschränkungen im Fall der Ehescheidung?
Im Fall einer Ehescheidung gewinnen die Verfügungsbeschränkungen eine besondere Bedeutung, da sie den Schutz der Vermögensinteressen beider Ehepartner während des Trennungsjahres und im Scheidungsverfahren sicherstellen sollen. Bereits mit der Zustellung des Scheidungsantrags ergibt sich eine Sperre für bestimmte Vermögensverfügungen, um eine illoyale Verschiebung oder Schmälerung des Zugewinns zu verhindern. So sind gemäß § 1365 BGB weiterhin alle Verfügungen über das Vermögen im Ganzen der Zustimmung des anderen Ehegatten bedürftig. Zudem kann der Einzelne in Eilverfahren Auskunft oder Sicherungsanordnungen beantragen, falls eine Gefährdung des Ausgleichsanspruchs droht.
Kann ein Ehegatte seine Zustimmung zu einer Verfügung verweigern und welche Maßstäbe gelten hierbei?
Ein Ehegatte kann die Zustimmung grundsätzlich verweigern, wenn und soweit die Verfügung seine wirtschaftlichen Interessen oder die der Familie beeinträchtigen würde. Maßstab ist dabei das objektive Wohl der Familie und die Sicherung der gemeinsamen Lebensgrundlagen. Missbräuchliche Verweigerung – also ausschließlich mit Schädigungsabsicht – ist jedoch rechtsmissbräuchlich und wird im Streitfall gegebenenfalls durch das Familiengericht auf Antrag ersetzt. Das Gericht prüft sodann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, ob die Verweigerung gerechtfertigt ist. Insoweit besteht ein Abwägungsspielraum zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des veräußernden Ehegatten und den Schutzinteressen des anderen.
Welche Rolle spielen die Verfügungsbeschränkungen im Zusammenhang mit Gläubigern der Ehegatten?
Verfügungsbeschränkungen haben auch für Gläubiger relevante Auswirkungen. Will ein Gläubiger beispielsweise eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen eines Ehegatten betreiben, kann er auf Hindernisse stoßen, wenn das Vermögen im Ganzen betroffen ist. Fehlt die Zustimmung des anderen Ehegatten, ist etwa die Verfügung über Immobilien – selbst im Wege der Zwangsvollstreckung – nicht ohne weiteres möglich. Für Gläubiger erhöht sich dadurch das Risiko, insbesondere wenn Forderungen gegen nur einen Ehegatten bestehen. Sie sind daher gut beraten, sich vor Vertragsschluss über die vermögensrechtliche Situation zu informieren oder Sicherheiten zu verlangen. Die gesetzlichen Schutzvorschriften begrenzen somit nicht nur die Rechtshandlungen der Ehegatten untereinander, sondern berühren auch den Verkehrsschutz.