Begriff und Einordnung
Die Verbreitung jugendgefährdender oder pornographischer Schriften bezeichnet das Anbieten, Weitergeben oder anderweitige Zugänglichmachen von Inhalten, die die Entwicklung Minderjähriger beeinträchtigen können oder pornographischen Charakter haben. Der historische Begriff „Schriften“ umfasst nicht nur gedruckte Werke, sondern auch Bilder, Tonträger, Datenträger sowie digitale Inhalte in Fernsehen, Streaming, sozialen Netzwerken und auf Webseiten. Regelungsziele sind der Schutz von Kindern und Jugendlichen, die Wahrung der Menschenwürde und die Abwehr schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzungen.
Der Themenbereich ist an der Schnittstelle von Strafrecht, Jugendmedienschutz und Medienaufsicht verortet. Er betrifft Einzelpersonen, Anbieter von Inhalten, Plattformbetreiber, Händler und Veranstalter gleichermaßen, unabhängig davon, ob Inhalte offline oder online verbreitet werden.
Tatobjekte: Was gilt als jugendgefährdend oder pornographisch?
Pornographische Inhalte
Pornographische Inhalte sind Darstellungen, die in eindeutiger Weise auf sexuelle Erregung ausgerichtet sind. Zu unterscheiden ist zwischen allgemein zulässiger Pornografie unter Erwachsenen und Formen, die wegen ihres Inhalts ausnahmslos unzulässig sind.
Einfache Pornografie
Darstellungen einvernehmlicher Sexualität zwischen Erwachsenen ohne Herabwürdigung, Gewaltbezug oder Zwang gelten als einfache Pornografie. Sie ist für Erwachsene grundsätzlich erlaubt, darf Minderjährigen jedoch nicht zugänglich gemacht werden und nicht öffentlich sichtbar sein.
Verbotene Pornografie
Unzulässig sind insbesondere Darstellungen, die Gewalt, Zwang, Ausbeutung, Tiere oder Minderjährige betreffen, auch wenn diese nur scheinbar, virtuell oder als Simulation auftreten. Herstellung, Besitz und Verbreitung derartiger Inhalte sind regelmäßig untersagt; bereits der Umgang ohne Weitergabe kann strafbar sein.
Jugendgefährdende Inhalte
Jugendgefährdend sind Inhalte, die die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen können. Dazu zählen etwa drastische Gewaltdarstellungen, verrohende Inhalte, die Verharmlosung von Kriminalität oder Drogenkonsum sowie bestimmte extremistische Inhalte. Zuständige Stellen können Inhalte in Listen führen und deren Anbietung und Bewerbung erheblich beschränken. Solche Inhalte dürfen Minderjährigen nicht zugänglich gemacht werden; für Erwachsene gelten Vertriebs- und Werbebeschränkungen.
Tathandlungen: Was bedeutet Verbreiten?
Verbreiten meint jedes Handeln, das darauf gerichtet ist, Inhalte einem größeren oder nicht mehr überschaubaren Personenkreis oder bestimmten Empfängern zugänglich zu machen. Das kann sowohl entgeltlich als auch unentgeltlich, physisch oder digital, öffentlich oder innerhalb geschlossener Gruppen erfolgen. Typische Handlungen sind:
- Verkaufen, Verschenken, Vermieten, Vorführen oder Auslegen von Trägermedien
- Hochladen in frei zugängliche Bereiche, Posten in Foren, Gruppen oder Kanälen
- Bereitstellen per Download- oder Streaming-Link, auch in Messengern
- Werbung und Ankündigungen, die auf entsprechende Inhalte aufmerksam machen
Neben dem aktiven Verteilen kann auch das öffentliche Zugänglichmachen relevant sein, wenn Inhalte jederzeit abrufbar bereitstehen. Die Präsentation in der Öffentlichkeit, in Schaufenstern, auf Plakaten oder auf allgemein zugänglichen Profilen fällt ebenfalls darunter.
Abgrenzungen: Besitz, Privatgebrauch, Produktion
Der bloße Besitz von einfacher Pornografie durch Erwachsene ist grundsätzlich zulässig; die Weitergabe an Minderjährige oder die öffentliche Zurschaustellung ist es nicht. Besitz und Verbreitung bestimmter schwerwiegender Inhalte sind unabhängig vom Alter verboten. Die Herstellung pornographischer Inhalte ist unter Erwachsenen bei Einvernehmlichkeit nicht per se untersagt; bei verbotenen Inhalten ist bereits die Produktion unzulässig. Das bloße Empfangen ohne Weitergabe kann je nach Art des Inhalts ebenfalls verboten sein.
Adressaten: Minderjährige und Erwachsene
Maßgeblich ist oft die Frage, wer Zugang erhält. Minderjährige dürfen weder mit Pornografie noch mit jugendgefährdenden Inhalten in Kontakt kommen. Gegenüber Erwachsenen sind einfache pornographische Inhalte zulässig, soweit sie nicht öffentlich verbreitet werden und Zugangsbeschränkungen beachtet werden. Für bestimmte jugendgefährdende Inhalte gelten auch im Erwachsenenbereich Vertriebs- und Werbebeschränkungen.
Online- und Plattformkontexte
Im Internet treffen sowohl Inhaltanbieter als auch Plattformen besondere Prüf- und Schutzpflichten. Erforderlich sind verlässliche Schutzmaßnahmen, die Minderjährigen den Zugang wirksam verwehren; einfache Altersabfragen oder Warnhinweise genügen in der Regel nicht. Betreiber können für das Bereitstellen, Bewerben oder mangelnde Zugangsbeschränkungen verantwortlich sein. Uploader und Administratoren tragen Mitverantwortung, etwa durch Auswahl von Sichtbarkeitseinstellungen oder durch Unterlassen der Entfernung problematischer Inhalte nach Hinweis.
Bei grenzüberschreitenden Angeboten kommt es auf die tatsächliche Abrufbarkeit in Deutschland und die Ausrichtung an hiesige Nutzer an. Nationale Aufsichtsstellen können mit ausländischen Anbietern kooperieren und Maßnahmen anordnen, etwa Entfernung oder Sperrung von Inhalten.
Schuldform, Versuch und Teilnahme
In der Regel ist Vorsatz erforderlich; bedingter Vorsatz kann genügen, wenn jemand die Zugänglichmachung zumindest billigend in Kauf nimmt. Fahrlässigkeit kann relevant werden, wenn offensichtliche Schutzpflichten missachtet werden. Auch der Versuch des Verbreitens kann sanktioniert sein. Teilnahmehandlungen wie Anstiftung oder Unterstützung sind ebenfalls erfasst, wenn sie die Verbreitung ermöglichen oder fördern.
Rechtsfolgen
Rechtsfolgen reichen je nach Schwere von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen. Erschwerend wirken etwa die Einbeziehung Minderjähriger, gewerbsmäßiges Handeln, organisierte Strukturen oder massenhafte Verbreitung. Daneben kommen Einziehung von Datenträgern, Geräten oder Erlösen, Sperr- und Löschanordnungen, sowie Auflagen für den weiteren Betrieb von Angeboten in Betracht. Werbung für derartige Inhalte kann gesondert untersagt und sanktioniert werden.
Aufsichts- und Verwaltungsrechtliche Ebene
Jugendmedienschutz und Rundfunkaufsicht überwachen Inhalte in Rundfunk, Streaming und Telemedien. Selbstkontrollinstitutionen vergeben Altersfreigaben und unterstützen Anbieter bei der Einstufung. Behörden führen Listen jugendgefährdender Medien; hieraus folgen weitreichende Beschränkungen für Vertrieb und Werbung. Bei Verstößen können Anordnungen ergehen, Inhalte zu entfernen, Angebote anzupassen oder den Zugang technisch zu beschränken.
Grenzen durch Kunst, Wissenschaft, Lehre und Berichterstattung
Ausnahmen können für Kunst, Wissenschaft, Forschung, Lehre und Berichterstattung bestehen. Solche Ausnahmen gelten nicht grenzenlos: Der Schutz von Minderjährigen hat Vorrang, und verbotene Inhalte bleiben untersagt. Wo Ausnahmen greifen, sind sorgfältige Kontextualisierung und wirksame Abschirmung gegenüber Minderjährigen maßgeblich.
Besondere Konstellationen
Unternehmenskommunikation und Werbung
Werbung für pornographische Angebote ist nur unter strengen Bedingungen zulässig. Öffentlichkeitswirksame oder an Minderjährige gerichtete Ansprachen sind ausgeschlossen. Auch Hinweise auf Bezugsquellen können als Bewerbung gelten.
Schulen, Vereine und Einrichtungen
In Einrichtungen mit Kindern und Jugendlichen gilt ein besonderer Schutzrahmen. Bereits das Zeigen oder Bereithalten einschlägiger Inhalte kann rechtswidrig sein, unabhängig vom Zweck.
Messengerdienste und private Gruppen
Weitergaben in Messengern oder Gruppen gelten als Verbreiten, wenn der Empfängerkreis nicht streng auf Erwachsene begrenzt ist oder wenn Minderjährige Zugang erlangen können. Die Größe oder „Privatheit“ einer Gruppe ändert daran nichts.
Import, Export und Reisen
Das Mitführen, Einführen oder Ausführen einschlägiger Datenträger oder Dateien kann Beschränkungen unterliegen. Bereits der grenzüberschreitende Abruf über digitale Geräte kann relevant sein, wenn Inhalte hier abrufbar werden.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet „Verbreiten“ im rechtlichen Sinn?
Verbreiten umfasst jedes Handeln, das Inhalte einem Personenkreis zugänglich macht, der über den rein privaten, engen Bereich hinausgeht. Dazu zählen Verkaufen, Verschenken, öffentliches Auslegen, Hochladen ins Netz, das Posten in Gruppen sowie das Bereitstellen von Links, wenn dadurch der Zugriff praktisch ermöglicht wird.
Dürfen Erwachsene pornographische Inhalte untereinander austauschen?
Der Austausch einfacher Pornografie ist zwischen Erwachsenen grundsätzlich erlaubt, solange keine Minderjährigen Zugang erhalten, die Inhalte nicht öffentlich sichtbar sind und bestehende Vertriebs- und Werbebeschränkungen eingehalten werden. Für bestimmte jugendgefährdende Inhalte gelten zusätzliche Einschränkungen.
Ist der Besitz pornographischer Inhalte strafbar?
Der Besitz einfacher Pornografie durch Erwachsene ist in der Regel erlaubt. Verboten ist der Besitz von Inhalten, die Gewalt, Zwang, Tiere oder Minderjährige betreffen; hier ist bereits die reine Bereithaltung unzulässig.
Welche Inhalte sind stets verboten, unabhängig vom Alter?
Unzulässig sind insbesondere Darstellungen, die Minderjährige betreffen, Zwang oder Gewalt ausstellen, Tiere einbeziehen oder in anderer Weise gravierend entwürdigend sind. Herstellung, Besitz, Verbreitung und Abruf solcher Inhalte sind untersagt.
Gilt das Recht auch für Inhalte aus dem Ausland?
Ja. Entscheidend ist, ob Inhalte in Deutschland abrufbar sind oder sich an hiesige Nutzer richten. Auch Anbieter ohne Sitz im Inland können Maßnahmen unterliegen, etwa Sperr- und Löschanordnungen.
Welche Verantwortung tragen Plattformbetreiber?
Plattformen müssen wirksame Schutzmechanismen vorhalten, jugendgefährdende Inhalte kennzeichnen und Minderjährigen den Zugang zu entsprechenden Bereichen verlässlich verwehren. Unterlassen sie gebotene Maßnahmen oder fördern die Verbreitung, kann dies zu Aufsichtsmaßnahmen und Sanktionen führen.
Reicht eine einfache Altersabfrage („Bist du 18?“) aus?
Eine bloße Selbstauskunft gilt nicht als verlässliche Alterskontrolle. Erforderlich sind Systeme, die das Alter mit angemessener Sicherheit feststellen und Minderjährigen den Zugang effektiv verhindern.
Ist das Verlinken auf einschlägige Inhalte bereits Verbreitung?
Das Setzen von Links kann als Zugänglichmachen gewertet werden, wenn dadurch der Zugriff auf die Inhalte praktisch ermöglicht und gefördert wird. Maßgeblich sind Reichweite, Kontext und die erkennbare Zielrichtung des Links.