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Unterhaltssachen

Unterhaltssachen: Begriff, Bedeutung und Abgrenzung

Unterhaltssachen sind Verfahren und Regelungsbereiche, die Geld- oder Naturalunterhalt zwischen Familienangehörigen betreffen. Sie umfassen die Festsetzung, Änderung, Durchsetzung und Beendigung von Unterhaltsansprüchen, insbesondere für Kinder, getrennt lebende oder geschiedene Ehegatten sowie in gerader Linie verwandte Personen. Zuständig sind in der Regel die Familiengerichte. Unterhalt kann durch Vereinbarungen, behördliche oder notarielle Urkunden sowie durch gerichtliche Entscheidungen verbindlich festgelegt werden.

Im Mittelpunkt steht die Sicherung des Lebensbedarfs einer berechtigten Person nach deren Bedarf und der Leistungsfähigkeit der verpflichteten Person. Neben der materiellen Frage „Wie hoch ist der Unterhalt?“ spielen in Unterhaltssachen verfahrensrechtliche Aspekte (Zuständigkeit, Beweis, vorläufiger Rechtsschutz) sowie Durchsetzungsfragen (Zwangsvollstreckung, internationale Anerkennung) eine wesentliche Rolle.

Arten des Unterhalts

Kindesunterhalt

Minderjährige Kinder

Minderjährige haben vorrangigen Anspruch auf Unterhalt. Der betreuende Elternteil erfüllt den Unterhalt meist durch Pflege und Erziehung (Naturalunterhalt), der andere Elternteil leistet Barunterhalt. Maßgeblich sind der Bedarf des Kindes, das unterhaltsrelevante Einkommen der Eltern und anerkannte Leitlinien der Gerichte. Kindergeld wird regelmäßig anteilig berücksichtigt. Zusätzliche Positionen wie Mehrbedarf (laufend, z. B. Kindergartenbeiträge) und Sonderbedarf (ungewöhnlich hoch und unregelmäßig, z. B. notwendige Klassenfahrten) können gesondert geltend gemacht werden. Bei hoher Betreuungsbeteiligung beider Eltern (Wechselmodell) kann sich die Verteilung von Unterhaltslasten verändern.

Volljährige Kinder

Volljährige erhalten Unterhalt, wenn sie sich in allgemeiner Schulausbildung oder einer angemessenen Berufsausbildung befinden und ihren Bedarf nicht selbst decken. Sie sind grundsätzlich selbst für ihren Unterhalt verantwortlich und müssen eigenes Einkommen, Ausbildungsvergütung oder vergleichbare Leistungen anrechnen lassen. Bei volljährigen Schülern im Haushalt eines Elternteils können Besonderheiten gelten. Der Bedarf orientiert sich an Lebenssituation und Ausbildungsweg; Wohnkosten können den Bedarf erhöhen, wenn ein eigener Haushalt besteht.

Ehegattenunterhalt

Trennungsunterhalt

Nach der Trennung besteht bis zur Scheidung die Möglichkeit eines Unterhaltsanspruchs, wenn ein Ehegatte seinen angemessenen Bedarf nicht aus eigenem Einkommen decken kann und der andere leistungsfähig ist. Der Bedarf orientiert sich regelmäßig am zuletzt gelebten ehelichen Lebensstandard. Erwerbstätigkeitspflichten können sich je nach Situation stufenweise verdichten.

Nachehelicher Unterhalt

Nach der Scheidung kommt Unterhalt in Betracht, wenn Eigenverantwortung nicht oder nicht vollständig möglich oder zumutbar ist. Gründe können Kinderbetreuung, Krankheit, Erwerbslosigkeit, Aufstockungsbedarf bei geringem Einkommen oder Ausbildung sein. Der Anspruch kann befristet oder der Höhe nach begrenzt werden. Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse oder eigenständige Sicherung können zur Anpassung führen.

Betreuungsunterhalt

Wer ein gemeinsames Kind betreut, kann Unterhalt beanspruchen, wenn Erwerbstätigkeit wegen Betreuung nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Der Umfang richtet sich nach Alter des Kindes, Betreuungsorganisation und Zumutbarkeit.

Verwandtenunterhalt

Elternunterhalt und weitere Verwandte in gerader Linie

Unterhaltspflichten können auch gegenüber Eltern oder Kindern außerhalb des Kernbereichs von Betreuung und Ehe bestehen. Dabei wird besonders geprüft, ob und inwieweit eine Inanspruchnahme zumutbar ist. Bestimmte Ansprüche haben Vorrang, andere treten dahinter zurück.

Unterhalt aus Anlass der Geburt

Nicht verheiratete Eltern können Ansprüche im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt haben, insbesondere zur Absicherung der wirtschaftlichen Situation der betreuenden Person in der Anfangszeit.

Grundprinzipien der Unterhaltsberechnung

Bedarf und Lebensstellung

Der Bedarf richtet sich nach der Lebensstellung der berechtigten Person. Bei Kindern ist das wirtschaftliche Leistungsvermögen der Eltern prägend. Bei Ehegatten knüpft der Bedarf an den während des Zusammenlebens geprägten Lebensstandard an.

Leistungsfähigkeit und Selbstbehalt

Unterhalt ist nur geschuldet, soweit nach Abzug eines Eigenbedarfs (Selbstbehalt) Leistungsfähigkeit besteht. Gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern können gesteigerte Erwerbsanstrengungen verlangt werden. Reicht das Einkommen nicht für alle Ansprüche, liegt ein Mangelfall vor; dann erfolgt eine Verteilung nach Rang und Quote.

Einkommensermittlung

Maßgeblich ist das unterhaltsrelevante Einkommen. Dazu gehören regelmäßig Erwerbseinkünfte, geldwerte Vorteile und bestimmte regelmäßige Leistungen. Abzugsfähig sind unter anderem berufsbedingte Aufwendungen und vorrangige Verbindlichkeiten im zulässigen Rahmen. Bei Selbständigen werden häufig längere Zeiträume betrachtet, um Schwankungen auszugleichen.

Anrechnung von Leistungen

Öffentliche Leistungen und Vorteile können bedarfs- oder einkommensmindernd zu berücksichtigen sein. Kindergeld wird bei Kindesunterhalt regelmäßig anteilig angerechnet. Eigene Einkünfte des Berechtigten mindern den Bedarf.

Mehr- und Sonderbedarf

Mehrbedarf umfasst regelmäßig wiederkehrende, atypische Ausgaben (z. B. besondere Förderung, Betreuungskosten), Sonderbedarf seltene, unvorhersehbare und außergewöhnlich hohe Aufwendungen. Beide Positionen können neben dem Tabellen- oder Regelbedarf beansprucht werden.

Befristung, Begrenzung, Verwirkung

Unterhaltsansprüche können zeitlich befristet oder der Höhe nach begrenzt sein, insbesondere wenn der Übergang zur Eigenverantwortung möglich ist. In Ausnahmefällen können Ansprüche verwirken, wenn ihr spätere Geltendmachung grob unbillig wäre.

Rangfolge der Ansprüche

Nicht alle Unterhaltsansprüche sind gleichrangig. Minderjährige und bestimmte volljährige Kinder stehen regelmäßig an erster Stelle. Erst danach folgen Ansprüche (frühere) Ehegatten und weitere Verwandte. Die Rangfolge entscheidet, wie begrenzte Mittel verteilt werden.

Mangelfall

Reicht die Leistungsfähigkeit nicht zur Deckung aller Ansprüche, werden vorrangige Ansprüche zuerst bedient und im Übrigen quotiert. Dabei gelten feste Prioritäten und Verteilungsmaßstäbe.

Verfahren in Unterhaltssachen

Zuständigkeit und Verfahrensart

Unterhaltssachen werden vor dem Familiengericht geführt. Für Kindesunterhalt besteht neben dem regulären Verfahren ein vereinfachtes Verfahren mit reduziertem Prüfungsumfang. Örtlich zuständig kann das Gericht am Wohnsitz der berechtigten oder verpflichteten Person sein; besondere Regeln gelten für grenzüberschreitende Fälle.

Vorläufiger Rechtsschutz

Zur Überbrückung dringlicher Situationen kann vorläufiger Unterhalt durch einstweilige Anordnung festgesetzt werden. Diese Regelung gilt bis zur endgültigen Entscheidung.

Auskunfts- und Belegpflicht

Zur Ermittlung des Unterhalts sind die Beteiligten verpflichtet, Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen und Belege vorzulegen. Wiederkehrende Aktualisierungen kommen in Betracht, wenn sich Umstände ändern oder ein gewisser Zeitraum verstrichen ist.

Vereinbarungen und Titel

Unterhalt kann durch schriftliche Vereinbarungen und beurkundete Erklärungen verbindlich festgelegt werden. Vollstreckbare Titel entstehen durch notarielle Urkunden, öffentliche Beurkundungen bei zuständigen Stellen oder gerichtliche Beschlüsse.

Abänderung und Beendigung

Ändern sich Bedarf oder Leistungsfähigkeit wesentlich, kann eine Anpassung erfolgen. Abänderungen betreffen laufende Zahlungen und können zu Erhöhungen, Reduzierungen oder Befristungen führen. Unterhalt endet, wenn die Anspruchsvoraussetzungen dauerhaft entfallen.

Verjährung, Rückstände und Rückwirkung

Unterhaltsrückstände unterliegen der Verjährung. Rückwirkende Forderungen sind nur in begrenztem Umfang möglich, etwa wenn rechtzeitig in Verzug gesetzt wurde oder eine besondere Ankündigung erfolgt ist. Laufende Titel können rückständige Beträge sichern.

Kosten und Verfahrenskostenhilfe

Die Kosten hängen vom Gegenstandswert ab und umfassen Gerichts- und Rechtsverfolgungskosten. Bei unzureichenden finanziellen Mitteln kommt staatliche Unterstützung in Betracht, die je nach Lage Ratenzahlungen oder Übernahme von Kosten vorsieht.

Durchsetzung und Vollstreckung

Zwangsvollstreckung aus Unterhaltstiteln

Liegt ein vollstreckbarer Titel vor, kann Unterhalt zwangsweise durchgesetzt werden. Besonderheiten gelten zugunsten von Unterhaltsgläubigern, etwa erleichterte Pfändungsvoraussetzungen und bevorzugte Behandlung.

Lohn- und Kontopfändung, weitere Maßnahmen

Durchsetzungsmittel sind insbesondere Lohn- und Kontopfändung, Auskunftspflichten Dritter sowie weitergehende Erzwingungsmaßnahmen. Rückstände können durch laufende und gesonderte Vollstreckungsschritte beigetrieben werden.

Strafrechtliche Folgen

Bewusstes und nachhaltiges Entziehen geschuldeter Unterhaltsleistungen kann strafrechtliche Konsequenzen haben. Voraussetzung ist eine objektive Leistungsfähigkeit und der Wille, sich der Pflicht zu entziehen.

Staatliche Unterstützungsleistungen

Bei ausbleibendem Kindesunterhalt bestehen staatliche Vorschuss- oder Ausfallleistungen mit eigenständigen Voraussetzungen und Rückgriffsmöglichkeiten gegenüber der verpflichteten Person.

Internationale Unterhaltssachen

Zuständigkeit bei Auslandsbezug

Besteht ein grenzüberschreitender Bezug, bestimmen internationale Regelwerke, welche Gerichte zuständig sind. Maßgeblich können der gewöhnliche Aufenthalt der beteiligten Personen oder Vereinbarungen über die Zuständigkeit sein.

Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen

Entscheidungen und Urkunden aus anderen Staaten werden je nach Staat und Regelwerk anerkannt und sind vielfach unmittelbar oder nach einem vereinfachten Verfahren vollstreckbar. Übersetzungen und Formvorschriften spielen eine wichtige Rolle.

Unterhalt über Grenzen hinweg

Für die grenzüberschreitende Geltendmachung stehen zentrale Behörden und standardisierte Verfahren zur Verfügung. Diese unterstützen bei der Übermittlung von Anträgen, der Beibringung von Auskünften und der Vollstreckung im Ausland.

Besondere Konstellationen

Wechselmodell und Betreuungsanteile

Bei annähernd hälftiger Betreuung kann sich die Struktur der Unterhaltspflichten verändern. Maßgeblich sind tatsächliche Betreuungsanteile, Bedarfe des Kindes und finanzielle Verhältnisse beider Eltern.

Patchworkfamilien

Neue Partnerschaften und weitere Kinder beeinflussen die Rangfolge und die Verteilung knapper Mittel. Vorrangige Ansprüche gehen vor; der Selbstbehalt ist zu beachten.

Selbständige und unregelmäßige Einkommen

Bei schwankenden Einkünften wird oft ein mehrjähriger Durchschnitt gebildet. Betriebliche Aufwendungen, Investitionen und private Entnahmen sind sorgfältig zu unterscheiden.

Studierende, Zweitausbildung

Bei Ausbildungsunterhalt ist eine angemessene, zielstrebig verfolgte Erstausbildung maßgeblich. Besonderheiten gelten bei Ausbildungswechseln, Wartezeiten und Zweitausbildungen.

Neue Partnerschaft und Unterhalt

Zusammenleben oder Wiederheirat können Unterhaltsansprüche beeinflussen, insbesondere beim Ehegattenunterhalt. Einkommen des neuen Partners ist grundsätzlich nicht direkt maßgeblich, kann aber Lebenshaltungskosten verändern.

Begriffsabgrenzungen und verwandte Verfahren

Abgrenzung zu Sorgerecht, Umgang und Zugewinnausgleich

Unterhaltssachen sind von Sorge- und Umgangsfragen sowie güterrechtlichen Auseinandersetzungen zu unterscheiden. Gleichwohl werden diese Themen in der Praxis häufig gemeinsam verhandelt oder koordiniert.

Verbindung mehrerer Familiensachen

Familiengerichte können zusammenhängende Verfahren verbinden, um widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden und Sachverhalte einheitlich zu würdigen.

Rolle des Jugendamts und anderer Stellen

Bei Kindesunterhalt wirken öffentliche Stellen mit, etwa durch Beurkundung von Unterhaltsverpflichtungen, Unterstützung bei der Feststellung der Vaterschaft oder Auskunftserteilung in standardisierten Verfahren.

Häufig gestellte Fragen

Was umfasst der Begriff Unterhaltssachen?

Unterhaltssachen umfassen alle rechtlichen Fragen zu Anspruch, Festsetzung, Änderung, Beendigung und Durchsetzung von Unterhalt zwischen Familienangehörigen. Dazu zählen Kindesunterhalt, Unterhalt zwischen Ehegatten sowie Unterhalt zwischen Verwandten in gerader Linie.

Wer ist für Unterhaltssachen zuständig?

Zuständig ist das Familiengericht. Je nach Wohnsitz der Beteiligten und besonderen Umständen können unterschiedliche Gerichte örtlich zuständig sein. Bei Fällen mit Auslandsbezug greifen internationale Zuständigkeitsregeln.

Wie wird die Höhe des Unterhalts bestimmt?

Die Höhe richtet sich nach dem Bedarf der berechtigten Person und der Leistungsfähigkeit der verpflichteten Person. Grundlage ist das unterhaltsrelevante Einkommen, abzüglich eines Eigenbedarfs. Für Kinder orientieren sich Gerichte an abgestimmten Leitlinien und Tabellen.

Kann Unterhalt rückwirkend verlangt werden?

Rückwirkende Geltendmachung ist nur eingeschränkt möglich. In der Regel werden Unterhaltsbeträge ab dem Zeitpunkt geschuldet, ab dem der Anspruch hinreichend angekündigt oder in Verzug gesetzt wurde. Bereits entstandene Rückstände unterliegen der Verjährung.

Was passiert, wenn nicht gezahlt wird?

Besteht ein vollstreckbarer Titel, kann Zwangsvollstreckung betrieben werden, etwa durch Lohn- oder Kontopfändung. Zusätzlich kommen besondere Auskunftspflichten und in gravierenden Fällen strafrechtliche Folgen in Betracht.

Können Unterhaltsbeträge später angepasst werden?

Ja. Bei wesentlichen Änderungen der Einkommens- oder Bedarfslage kommt eine Anpassung in Betracht. Dies betrifft Erhöhungen, Reduzierungen, Befristungen oder die Aufhebung der Verpflichtung.

Welche Rolle spielt das Kindergeld beim Kindesunterhalt?

Kindergeld wird regelmäßig bedarfsdeckend angerechnet. Bei Barunterhalt mindert es den zu zahlenden Betrag anteilig; im Wechselmodell kann eine andere Verteilung erfolgen, abhängig von Betreuung und Einkommen.

Wie wirken sich Auslandsbezüge auf Unterhaltssachen aus?

Bei Auslandsbezug bestimmen internationale Regelwerke, welches Recht anwendbar ist und welches Gericht zuständig ist. Ausländische Entscheidungen und Urkunden werden häufig anerkannt und sind grenzüberschreitend vollstreckbar.