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Unterhaltspflicht gegenüber dem nichtehelichen Kind

Unterhaltspflicht gegenüber dem nichtehelichen Kind: Begriff und Grundlagen

Die Unterhaltspflicht gegenüber dem nichtehelichen Kind bezeichnet die rechtliche Verantwortung der Eltern, den Lebensbedarf ihres Kindes zu sichern – unabhängig davon, ob die Eltern miteinander verheiratet sind oder waren. Maßgeblich ist allein die Elternschaft. Beide Eltern sind verpflichtet, entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zum Unterhalt beizutragen. Dabei wird zwischen Betreuung und Barleistungen unterschieden.

Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder

Nichteheliche Kinder sind ehelichen Kindern gleichgestellt. Herkunft und Familienstand der Eltern haben auf den Anspruch des Kindes keinen Einfluss. Das Kind hat Anspruch auf Unterhalt, der sich am Kindeswohl und an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern orientiert.

Entstehung der Pflicht und Feststellung der Elternschaft

Die Unterhaltspflicht entsteht mit der Geburt des Kindes. Voraussetzung für die Barunterhaltspflicht eines Elternteils ist die rechtliche Feststellung der Elternschaft. Diese erfolgt durch Anerkennung oder gerichtliche Klärung. Steht die Elternschaft fest, besteht die Pflicht rückwirkend ab dem Zeitpunkt, zu dem Unterhalt verlangt werden kann oder der Verpflichtete in Verzug geraten ist.

Umfang des Kindesunterhalts

Natural- und Barunterhalt

Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, erfüllt die Unterhaltspflicht regelmäßig durch Betreuung, Pflege, Erziehung und die Deckung des täglichen Lebensbedarfs (Naturalunterhalt). Der andere Elternteil leistet im Regelfall Barunterhalt. Umgang und Unterhalt sind rechtlich unabhängig voneinander.

Regelbedarf, Mehrbedarf und Sonderbedarf

Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf des Kindes. Dazu zählen Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Bildung, Gesundheitsvorsorge sowie ein dem Alter angemessener Freizeit- und Teilhabebedarf. Neben dem laufenden Regelbedarf gibt es Mehrbedarf (dauerhafte, regelmäßig anfallende zusätzliche Kosten, etwa Kinderbetreuung) und Sonderbedarf (außergewöhnliche, unregelmäßige, unvorhersehbare Kosten, etwa einmalige hohe Ausgaben). Mehr- und Sonderbedarf werden gesondert berücksichtigt und anteilig nach Leistungsfähigkeit verteilt.

Kindbezogene Leistungen und Anrechnung

Öffentliche Leistungen für Kinder werden in der Unterhaltsbemessung grundsätzlich berücksichtigt, um Doppelförderungen zu vermeiden. Üblich ist eine bedarfsmindernde Anrechnung solcher Leistungen zugunsten des Barunterhaltspflichtigen und zum Vorteil des Kindes.

Höhe und Berechnung

Leistungsfähigkeit und Eigenbedarf

Die Höhe des Barunterhalts richtet sich nach der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils. Dabei wird ein angemessener Eigenbedarf berücksichtigt, damit die eigene Lebensführung nicht unterschritten wird. Minderjährige und bestimmte noch in allgemeiner Schulausbildung befindliche volljährige Kinder genießen dabei besonderen Vorrang.

Einkommensermittlung

Für die Bemessung werden sämtliche regelmäßigen Einkünfte herangezogen. Dazu zählen Erwerbseinkommen, Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit, Kapitaleinkünfte, Mieten sowie geldwerte Vorteile. Übliche Abzüge sind insbesondere Steuern, Sozialabgaben, angemessene Altersvorsorge sowie berufsbedingte Aufwendungen. Einmalige Zahlungen können auf einen angemessenen Zeitraum verteilt werden. Vermögenseinsatz kann eine Rolle spielen, wenn dadurch die Leistungsfähigkeit in zumutbarer Weise erhöht werden kann.

Leitlinien und Altersstufen

Zur Orientierung dienen anerkannte unterhaltsrechtliche Leitlinien, die den Bedarf des Kindes häufig in Altersstufen und nach Einkommensgruppen staffeln. Regionale Unterschiede sind möglich. Zusätzlich wird die Anzahl weiterer Unterhaltsberechtigter berücksichtigt; die Mittel des Pflichtigen werden anteilig verteilt.

Wechselmodell und erweitertes Umgangsmodell

Bei annähernd hälftiger Betreuung (Wechselmodell) leisten beide Eltern Betreuungs- und Barunterhalt anteilig, orientiert an ihren Einkommensverhältnissen. Bei ausgeweiteten Umgangszeiten ohne annähernde Gleichverteilung kann der Barunterhalt gemindert sein; entscheidend sind Betreuungslasten und tatsächliche Bedarfsdeckung.

Dauer und Rangfolge

Dauer der Pflicht

Die Unterhaltspflicht besteht, bis das Kind wirtschaftlich selbständig ist. Das umfasst regelmäßig die erste berufsqualifizierende Ausbildung. Unterhalt während einer Ausbildung setzt einen zielstrebigen, den Fähigkeiten entsprechenden Ausbildungsweg voraus. Unterbrechungen, Neuausrichtungen oder ein Studium werden nach den Umständen des Einzelfalls bewertet.

Rangverhältnis mehrerer Unterhaltsberechtigter

Minderjährige Kinder und bestimmte noch allgemeinbildend beschulte volljährige Kinder haben einen besonderen Vorrang. In Mangelfällen, in denen das Einkommen nicht ausreicht, erfolgt eine Verteilung nach Rang und Quoten. Weitere unterhaltsberechtigte Kinder und frühere Partner werden erst im Anschluss berücksichtigt.

Sicherung, Durchsetzung und Anpassung

Titulierung und Auskunft

Unterhaltsansprüche können in einer Urkunde oder Entscheidung festgestellt (titulierter Unterhalt) und damit vollstreckbar gemacht werden. Beide Elternteile haben Auskunfts- und Belegpflichten zu den für die Berechnung maßgeblichen Einkünften und wirtschaftlichen Verhältnissen. Wiederholte Auskunft kann in angemessenen Abständen verlangt werden, um Änderungen zu erfassen.

Vollstreckung und Auslandsbezug

Bleibt die Zahlung aus, ist Zwangsvollstreckung möglich, etwa durch Lohn- oder Kontenpfändung. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ermöglichen internationale Abkommen die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen und Titel.

Änderung der Verhältnisse

Ändern sich Einkommen, Bedarf oder Betreuung, kann der Unterhalt angepasst werden. Das gilt auch für den Übergang vom minderjährigen zum volljährigen Kind, für Ausbildungsbeginn oder -ende, erhebliche Mehrkosten, Krankheit oder Erwerbslosigkeit. Titele und Vereinbarungen können entsprechend geändert werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

Besonderheiten beim nichtehelichen Kind

Unterhalt des betreuenden Elternteils

Unabhängig vom Kindesunterhalt kann der betreuende Elternteil in den ersten Lebensjahren des Kindes einen Unterhaltsanspruch zur Absicherung der Betreuung haben. Dieser Anspruch dient der Sicherung der Pflege und Erziehung des Kindes und kann sich bei besonderem Betreuungsbedarf verlängern. Die Höhe richtet sich nach Bedarf und Leistungsfähigkeit.

Fehlende oder ungeklärte Vaterschaft

Ist die Vaterschaft ungeklärt, besteht bis zur Feststellung keine fällige Barunterhaltspflicht des mutmaßlichen Vaters. Nach Feststellung kann Unterhalt für zurückliegende Zeiträume verlangt werden, sofern die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Adoption und neue Partnerschaften

Durch Adoption erlöschen regelmäßig die Unterhaltsbeziehungen zu den bisherigen Eltern und entstehen gegenüber den Adoptiveltern. Neue Lebenspartner eines Elternteils sind grundsätzlich nicht unterhaltspflichtig gegenüber dem Kind; die Unterhaltspflicht trifft weiterhin die leiblichen oder rechtlichen Eltern.

Häufig gestellte Fragen

Ab wann besteht die Unterhaltspflicht gegenüber dem nichtehelichen Kind?

Die Pflicht entsteht mit der Geburt. Für Barunterhalt ist die rechtliche Feststellung der Elternschaft erforderlich. Nach Feststellung kann Unterhalt ab dem Zeitpunkt verlangt werden, ab dem der Pflichtige in Verzug gesetzt wurde oder der Anspruch fällig war.

Wer schuldet Barunterhalt, wenn das Kind bei einem Elternteil lebt?

Der betreuende Elternteil erfüllt den Unterhalt meist durch Betreuung und Versorgung. Der andere Elternteil leistet den Barunterhalt, dessen Höhe sich nach Einkommen, Anzahl weiterer Unterhaltsberechtigter und dem Bedarf des Kindes richtet.

Wie wird die Höhe des Kindesunterhalts ermittelt?

Ausgangspunkt sind alle regelmäßigen Einkünfte des Pflichtigen nach Abzug üblicher Belastungen. Der Bedarf des Kindes wird altersabhängig und nach anerkannten Leitlinien bemessen. Öffentliche Leistungen für Kinder werden bedarfsdeckend berücksichtigt.

Wie lange besteht die Unterhaltspflicht?

Die Pflicht dauert bis zur wirtschaftlichen Selbständigkeit des Kindes. Sie umfasst in der Regel die erste berufsqualifizierende Ausbildung und kann während eines angemessenen Bildungswegs fortbestehen.

Welche Rolle spielt das Wechselmodell?

Bei nahezu hälftiger Betreuung leisten beide Eltern anteilig Bar- und Betreuungsunterhalt nach ihren Einkommensverhältnissen. Bei erweitertem Umgang ohne hälftige Betreuung kann der Barunterhalt angepasst werden.

Kann Unterhalt rückwirkend verlangt werden?

Rückwirkende Forderungen sind für Zeiträume möglich, in denen der Pflichtige in Verzug war oder zur Auskunft und Zahlung aufgefordert wurde. Allgemein gelten Verjährungsfristen und besondere Regeln für titulierte Ansprüche.

Was gilt, wenn die Vaterschaft zunächst ungeklärt ist?

Bis zur Feststellung besteht keine fällige Barunterhaltspflicht des mutmaßlichen Vaters. Nach Feststellung können Forderungen für zurückliegende Zeiträume geltend gemacht werden, soweit die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Wird Kindergeld auf den Unterhalt angerechnet?

Kindbezogene öffentliche Leistungen werden in der Regel bei der Bedarfsberechnung berücksichtigt, um eine sachgerechte Verteilung zugunsten des Kindes zu gewährleisten.