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Unterhaltspflicht bei nicht miteinander verheirateten Eltern


Unterhaltspflicht bei nicht miteinander verheirateten Eltern

Die Unterhaltspflicht bei nicht miteinander verheirateten Eltern beschreibt die rechtliche Verpflichtung der Elternteile, für den Unterhalt ihres gemeinsamen Kindes oder Kinder Sorge zu tragen, auch wenn zwischen ihnen keine Ehe besteht. Das deutsche Unterhaltsrecht kennt grundsätzlich keinen Unterschied in der Unterhaltspflicht zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern. Im Folgenden werden die rechtlichen Rahmenbedingungen, Voraussetzungen, Arten des Unterhalts sowie Besonderheiten und Durchsetzungsmöglichkeiten der Unterhaltspflicht bei nichtehelichen Eltern detailliert erläutert.


Rechtliche Grundlagen der Unterhaltspflicht

Gesetzliche Verankerung

Die maßgeblichen rechtlichen Regelungen zur Unterhaltspflicht finden sich in den §§ 1601 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach sind sowohl verheiratete als auch nicht verheiratete Eltern grundsätzlich unterhaltspflichtig gegenüber ihrem gemeinsamen Kind. Das Abstammungsrecht (§§ 1591 ff. BGB) regelt, wer als Mutter und Vater eines Kindes gilt. Die Tatsache, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht, bleibt für die Verpflichtung zum Kindesunterhalt ohne Belang.

Grundsatz der Gleichstellung

Mit der Reform des Kindschaftsrechts 1998 und der nachfolgenden Reformen wurde die rechtliche Gleichstellung von ehelichen und nichtehelichen Kindern gewährleistet (Art. 6 Abs. 5 GG). Die Unterhaltsansprüche des Kindes bestehen damit unabhängig vom Familienstand der Eltern in gleicher Weise.


Arten der Unterhaltspflicht

Kindesunterhalt

Anspruchsberechtigung

Anspruch auf Kindesunterhalt besteht für jedes minderjährige Kind sowie für volljährige privilegierte Kinder (bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, sofern sie sich in allgemeiner Schulausbildung befinden und im Haushalt eines Elternteils leben), unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind.

Höhe und Bemessung

Die Höhe des Kindesunterhalts richtet sich nach dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils und ist in der sogenannten Düsseldorfer Tabelle näher konkretisiert. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt (meist der betreuende Elternteil), erfüllt seine Unterhaltspflicht in der Regel durch Pflege und Erziehung (Betreuungsunterhalt), während der andere Elternteil die Barunterhaltspflicht erfüllt.

Unterhalt an die betreuende Mutter oder Vater (Betreuungsunterhalt)

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Unterhaltspflicht besteht in der Zahlung von Betreuungsunterhalt an den Elternteil, der das gemeinsame Kind überwiegend betreut (meist die Mutter, möglich aber auch der Vater). Die rechtliche Grundlage hierfür bildet § 1615l BGB. Der nicht betreuende Elternteil ist zur Zahlung von Betreuungsunterhalt verpflichtet, wenn und soweit der betreuende Elternteil wegen der Kindesbetreuung ganz oder teilweise keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Der Anspruch besteht mindestens für die Dauer von drei Jahren nach Geburt des Kindes und kann im Einzelfall verlängert werden, wenn dies aus kindbezogenen oder elternbezogenen Gründen erforderlich ist.

Voraussetzungen und Dauer

Der Betreuungsunterhalt setzt voraus, dass das Kind vom betreuenden Elternteil nichtehelich geboren wurde und zu diesem Zeitpunkt keine Ehe mit dem anderen Elternteil bestand. Die Dauer orientiert sich primär am Kindeswohl sowie an der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit für den betreuenden Elternteil.


Berechnung und Durchsetzung der Unterhaltspflicht

Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens

Zur Berechnung des Unterhalts ist das bereinigte Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen maßgeblich. Hierzu zählen sämtliche Einkünfte abzüglich berücksichtigungsfähiger Abzüge, wie etwa berufsbedingte Aufwendungen oder Zahlungsverpflichtungen gegenüber weiteren unterhaltsberechtigten Personen.

Rangfolge der Unterhaltsberechtigten

Die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten ist insbesondere bei mehreren Kindern aus unterschiedlichen Beziehungen relevant. Minderjährige Kinder sowie privilegiert volljährige Kinder stehen stets im ersten Rang, sodass deren Unterhaltsansprüche vorrangig erfüllt werden müssen.

Geltendmachung und Titulierung des Unterhalts

Der Anspruch kann direkt zwischen den Elternteilen einvernehmlich geregelt oder über eine Jugendamtsurkunde tituliert werden. Kommt eine Einigung nicht zustande, besteht die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung. Das Jugendamt unterstützt bei der Durchsetzung von Kindesunterhalt, insbesondere bei minderjährigen Kindern.


Besonderheiten und weitere rechtliche Aspekte

Rückwirkende Durchsetzung

Kindesunterhalt kann rückwirkend geltend gemacht werden, wenn der Unterhaltsberechtigte den Pflichtigen zuvor zur Auskunft aufgefordert oder zur Zahlung aufgefordert hat. Eine Rückforderung für weiter zurückliegende Zeiträume ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Verpflichtungserklärung und Anerkennung der Vaterschaft

Für die Begründung der Unterhaltspflicht beim Vater muss die Vaterschaft rechtlich anerkannt sein. Dies erfolgt entweder durch Anerkennung nach § 1592 Nr. 2 BGB oder durch gerichtliche Feststellung. Ohne diese Feststellung besteht keine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung.

Dynamisierung des Unterhaltstitels

Ein gerichtlich oder durch das Jugendamt festgelegter Unterhaltstitel kann dynamisch ausgestaltet sein, was bedeutet, dass er sich künftig – etwa entsprechend der Veränderungen der Düsseldorfer Tabelle – anpasst, ohne dass eine erneute Anpassung des Titels erforderlich wird.


Zusammenfassung

Die Unterhaltspflicht bei nicht miteinander verheirateten Eltern ist ein zentrales Element des deutschen Familienrechts. Sie sichert den Lebensunterhalt des Kindes und – im Rahmen des Betreuungsunterhalts – auch des Elternteils, der das Kind überwiegend betreut. Das Kind steht dabei im Mittelpunkt; sein Anspruch auf Unterhalt ist unabhängig vom Familienstand der Eltern. Im Fall von Konflikten oder Uneinigkeiten zwischen den Eltern bieten gesetzlich geregelte Durchsetzungsmechanismen einen rechtlichen Rahmen zur Wahrung der Unterhaltsansprüche.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist bei nicht miteinander verheirateten Eltern zu Unterhalt verpflichtet?

Bei nicht miteinander verheirateten Eltern bleibt die Unterhaltspflicht in erster Linie beim leiblichen, rechtlich als Vater festgestellten sowie bei der Mutter des Kindes bestehen. Beide Elternteile sind gesetzlich verpflichtet, für den Unterhalt des gemeinsamen Kindes aufzukommen (§ 1612a BGB). In der Praxis bedeutet dies, dass derjenige Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt und der keinen sogenannten „Naturalunterhalt“ leistet, grundsätzlich barunterhaltspflichtig ist. Der betreuende Elternteil erfüllt seine Pflicht in der Regel durch die Erbringung der täglichen Versorgung, Unterkunft, Ernährung und Betreuung des Kindes. Die Höhe des zu leistenden Unterhalts richtet sich insbesondere nach dem Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils, dem Alter des Kindes und den Sätzen der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle. Eine Unterscheidung nach Ehestatus der Eltern erfolgt nicht, das Kindeswohl steht im Vordergrund. Die Verpflichtung zur Zahlung besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob eine elterliche Sorge oder ein Umgangsrecht wahrgenommen wird.

Wie wird der Kindesunterhalt bei unverheirateten Eltern berechnet?

Die Berechnung des Kindesunterhalts bei nicht verheirateten Eltern erfolgt analog zu verheirateten Eltern im Wesentlichen gemäß der Düsseldorfer Tabelle, wobei das unterhaltsrelevante Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils maßgeblich ist. Hierbei werden unter anderem das Nettoeinkommen aus abhängiger oder selbstständiger Tätigkeit, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einnahmen berücksichtigt. Bestimmte Beträge wie berufsbedingte Aufwendungen, ehebedingte Schulden oder unter Umständen der Kindesunterhalt für andere Kinder können abgezogen werden. Das ermittelte bereinigte Nettoeinkommen wird dann in die entsprechende Stufe der Düsseldorfer Tabelle eingeordnet. Die Höhe des Unterhalts ist dabei auch altersabhängig gestaffelt (z. B. 0-5 Jahre, 6-11 Jahre, 12-17 Jahre, ab 18 Jahre). Zusätzlich wird das staatliche Kindergeld in der Regel zur Hälfte auf den Barunterhalt angerechnet (§ 1612b BGB).

Welche Ansprüche bestehen während der Schwangerschaft und nach der Geburt gegenüber dem Vater?

Die Mutter hat gegenüber dem leiblichen Vater des Kindes, auch wenn keine Ehe oder Lebenspartnerschaft besteht, einen Anspruch auf Unterhalt vor und nach der Geburt des Kindes, den sogenannten Betreuungsunterhalt (§ 1615l BGB). Dieser setzt ein, wenn die Mutter infolge der Schwangerschaft oder aufgrund der Pflege und Erziehung des Kindes daran gehindert ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Anspruch besteht regelmäßig ab sechs Wochen vor der Entbindung bis mindestens drei Jahre nach Geburt des Kindes. In Ausnahmefällen (etwa bei besonderem Betreuungsbedarf des Kindes) kann der Anspruch auch länger gelten. Die Höhe orientiert sich am bisherigen Lebensstandard der Mutter und an der finanziellen Leistungsfähigkeit des Vaters. Zusätzlich sind Schwangerschaftsbedingte Mehrkosten sowie Kosten im Zusammenhang mit der Entbindung zu ersetzen.

Muss der Unterhalt bei nicht verheirateten Eltern gerichtlich festgelegt werden?

Eine gerichtliche Festlegung des Unterhalts ist grundsätzlich nicht zwingend erforderlich. Eltern können sich außergerichtlich auf die Höhe und Zahlung des Unterhalts einigen. Um jedoch den Anspruch verbindlich und vollstreckbar zu machen, ist es ratsam, eine sogenannte „Unterhaltsurkunde“ beim Jugendamt kostenfrei errichten zu lassen. Kommt eine Einigung zwischen den Eltern nicht zustande oder wird der Unterhalt nicht freiwillig gezahlt, kann der unterhaltsberechtigte Elternteil den Kindesunterhalt gerichtlich einklagen. Das Gericht prüft dann die Anspruchsberechtigung sowie die Höhe des Unterhalts und erlässt einen Unterhaltstitel, der als Vollstreckungsgrundlage dient.

Wie ist zu verfahren, wenn der Unterhaltspflichtige seine Unterhaltszahlungen verweigert oder nicht leisten kann?

Verweigert ein Elternteil die Unterhaltszahlungen oder ist nachweislich nicht leistungsfähig, kann der betreuende Elternteil beim zuständigen Jugendamt einen sogenannten Unterhaltsvorschuss beantragen (§§ 1 ff. Unterhaltsvorschussgesetz, UVG). Dabei springt der Staat zunächst für den ausstehenden Unterhalt ein und zahlt einen monatlichen Vorschuss an den berechtigten Elternteil aus. Das Jugendamt versucht in der Folge, den gezahlten Betrag vom Unterhaltsschuldner zurückzuholen. Parallel besteht gegebenenfalls die Möglichkeit, die Unterhaltsansprüche gerichtlich durchzusetzen oder bekannte Vermögenswerte und Einkommensquellen pfänden zu lassen. Es ist jedoch zu beachten, dass der Unterhaltsvorschuss nicht in voller Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs geleistet wird und zeitlich begrenzt ist.

Welche Bedeutung hat das gemeinsame Sorgerecht für die Unterhaltspflicht?

Das gemeinsame oder alleinige Sorgerecht beeinflusst die Unterhaltspflicht grundsätzlich nicht unmittelbar. Für die Unterhaltspflicht ist allein entscheidend, wer das Kind hauptsächlich betreut und wer nicht. Der barunterhaltspflichtige Elternteil bleibt unabhängig vom Sorgerecht verpflichtet, Kindesunterhalt zu zahlen. Das Sorgerecht begründet also keine zusätzliche oder geringere Unterhaltsverpflichtung, sondern regelt vielmehr Fragen der Erziehung, des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Pflege. Auch ohne Sorgerecht muss der Vater dem Kind gegenüber unterhaltspflichtig sein, sofern er offiziell als rechtlicher Vater festgestellt wurde.

Welche weiteren Unterhaltsansprüche können neben dem Kindesunterhalt bei nicht verheirateten Eltern entstehen?

Neben dem klassischen Kindesunterhalt kann es weitere unterhaltsrechtliche Ansprüche geben. Hierzu zählt insbesondere der sogenannte Betreuungsunterhalt für die Mutter gemäß § 1615l BGB, sofern sie wegen der Schwangerschaft oder Pflege des Kindes nicht arbeiten kann. Auch der Anspruch auf Ersatz der Kosten aus Anlass der Schwangerschaft oder Entbindung (§ 1615l Abs. 2 BGB) fällt darunter. Anders als bei geschiedenen Eheleuten gibt es allerdings keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt zwischen den Eltern, wenn keine Ehe vorliegt. Auch ein Auskunftsanspruch über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse für die Berechnung des Unterhalts besteht grundsätzlich (§ 1605 BGB). Eventuelle Mehrbedarfe des Kindes, etwa bei Behinderung oder krankheitsbedingtem Mehraufwand, sind ebenfalls regelbar.