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Unterfrachtführer


Begriff und rechtliche Einordnung des Unterfrachtführers

Der Begriff Unterfrachtführer bezeichnet im Transport- und Speditionsrecht eine Partei, die vom Hauptfrachtführer beauftragt wird, einen Teil oder die gesamte vertraglich vereinbarte Beförderung von Gütern durchzuführen. Der Unterfrachtführer schließt keinen Vertrag direkt mit dem Absender, sondern handelt im Auftrag des Frachtführers, der dem Absender gegenüber tritt. Die rechtliche Position des Unterfrachtführers ist im nationalen wie internationalen Frachtrecht bedeutsam und unterliegt spezifischen Regelungen.


Definition und Abgrenzung

Der Unterfrachtführer übernimmt den Transport aufgrund eines Frachtvertrages zwischen ihm und dem Hauptfrachtführer. Der Hauptfrachtführer bleibt Vertragspartner des Absenders und ist für die ordnungsgemäße Durchführung des Transports gegenüber diesem verantwortlich. Der Unterfrachtführer hingegen hat keine vertragliche Beziehung zum Absender und haftet rechtlich grundsätzlich nur gegenüber dem Hauptfrachtführer.

Abzugrenzen ist der Unterfrachtführer insbesondere von:

  • Subunternehmern im allgemeinen zivilrechtlichen Sinn, die außerhalb eines Frachtvertrages tätig werden
  • Spediteuren, die als „Spediteur im Selbsteintritt“ eigene Frachtführerleistungen erbringen
  • Sammelladungsspediteuren, die Teilleistungen bündeln

Rechtsgrundlagen

Deutsches Recht

Handelsgesetzbuch (HGB)

Im deutschen Recht sind die wesentlichen Vorschriften über Frachtverträge und damit auch zu Unterfrachtführern in §§ 407 ff. HGB geregelt. Nach § 407 Absatz 1 HGB ist der Frachtführer zur Beförderung verpflichtet. Der Frachtführer darf nach § 408 Absatz 1 HGB zur Ausführung des Transports weitere Frachtführer heranziehen. Diese werden als Unterfrachtführer bezeichnet. Der Hauptfrachtführer trägt weiterhin die Verantwortung gegenüber dem Absender.

Wichtige rechtliche Aspekte in Bezug auf den Unterfrachtführer sind:

  • Erlaubnis zur Untervergabe (§ 408 HGB)
  • Haftungsverteilung und Regressmöglichkeiten (§§ 428, 437 HGB)
  • Rechte im Rahmen der Haftungskette (Regressrechte, Regressverzicht)

Haftung des Unterfrachtführers

Im Verhältnis zum Hauptfrachtführer haftet der Unterfrachtführer grundsätzlich so, wie es im Hauptfrachtvertrag vereinbart ist, insbesondere nach den Vorgaben des HGB. Die Haftungsregelungen umfassen insbesondere:

  • Sachschäden an den Transportgütern
  • Lieferfristüberschreitungen
  • Verlust der Güter

Der Unterfrachtführer kann nur haftbar gemacht werden von seinem Auftraggeber, dem Hauptfrachtführer. Eine unmittelbare Haftung gegenüber dem Absender besteht nur in Ausnahmefällen, etwa im Rahmen der Drittschadensliquidation.

Internationales Frachtrecht

CMR-Übereinkommen

Für grenzüberschreitende Transporte innerhalb der Vertragsstaaten der CMR (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr) gelten eigene Bestimmungen. Artikel 3 CMR stellt ausdrücklich klar, dass der Frachtführer für die Handlungen und Unterlassungen seines Personals und jeder sonstigen Person, deren er sich zur Durchführung der Beförderung bedient (hierzu gehört auch der Unterfrachtführer), wie für eigenes Verhalten haftet.

Sonderfälle und Regress

Bei Eintritt eines Schadens wird im internationalen Recht der Unterfrachtführer oftmals im Innenverhältnis vom Hauptfrachtführer in Regress genommen, wenn dieser seinerseits gegenüber dem Absender regresspflichtig wurde.


Vertragsbeziehungen und Haftung

Vertragsverhältnis zwischen Hauptfrachtführer und Unterfrachtführer

Der Frachtvertrag zwischen Haupt- und Unterfrachtführer wird meist nach den Bedingungen des ursprünglichen Frachtvertrages ausgestaltet. Die Haftungsbeschränkungen des Hauptfrachtvertrages finden regelmäßig auch auf den Unterfrachtführer Anwendung, es sei denn, es ist etwas anderes vereinbart.

Rechtliche Stellung gegenüber Dritten

Der Unterfrachtführer steht außerhalb des originären Vertragsverhältnisses zwischen Absender und Hauptfrachtführer. Eine Direktklage ist nach deutschem Recht nur im Ausnahmefall möglich, z. B. bei ausdrücklicher Abtretung von Ansprüchen oder im Rahmen internationaler Regelungen.


Haftungskette und Regress im Schadensfall

Haftungskaskade

Kommt es zu einem Schaden am Transportgut, haftet zunächst der Hauptfrachtführer gegenüber dem Absender. Der Hauptfrachtführer kann danach im Rahmen des sogenannten Frachtführer-Rezesses wiederum den Unterfrachtführer in Anspruch nehmen, falls dieser den Schaden zu vertreten hat.

Regressverzicht

In manchen Vertragskonstellationen ist ein Regressverzicht vereinbart, um Haftungsketten zu verkürzen oder aufzuheben. Dies ist insbesondere im Rahmen von sogenannten Netzwerkverträgen verbreitet.


Pflichten und Rechte des Unterfrachtführers

Pflichten

  • Ordnungsgemäße und fristgerechte Beförderung der Güter
  • Beachtung besonderer Weisungen des Hauptfrachtführers
  • Erfüllung aller gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen an die Transportdurchführung
  • Meldung von Schadens- und Gefahrenlagen an den Hauptfrachtführer

Rechte

  • Anspruch auf vertraglich vereinbarte Vergütung
  • Geltendmachung des Frachtführerpfandrechts gemäß § 440 HGB im Verhältnis zum Hauptfrachtführer
  • Einwendungen nach den Regeln des Frachtrechts

Versicherungspflicht bei der Unterfrachtführung

Je nach Rechtsgebiet können gesetzliche oder vertragliche Verpflichtungen zur Haftpflicht-, Verkehrshaftungs- oder Frachtführerhaftpflichtversicherung bestehen. Eine ausreichende Deckung ist in der Praxis sowohl im nationalen als auch im internationalen Verkehr unerlässlich, um das finanzielle Risiko von Haftungsfällen zu minimieren.


Besondere Konstellationen

Mehrere Unterfrachtführer

Werden mehrere Unterfrachtführer eingesetzt, ist die Abgrenzung der Verantwortlichkeiten maßgeblich. Jeder Unterfrachtführer haftet grundsätzlich für jenen Transportabschnitt, der ihm anvertraut wurde.

Kurierspediteure und Paketdienste

Im Bereich der Express- und Paketdienstleistungen werden häufig gestaffelte Unterfrachtführer eingesetzt. Die hieraus resultierenden Rechtsbeziehungen und Haftungsfragen unterliegen in der Regel dem allgemeinen Frachtrecht, können jedoch branchentypisch abweichend geregelt sein.


Fazit

Der Unterfrachtführer ist eine im nationalen und internationalen Frachtrecht klar definierte Rechtsfigur, die in Transportketten eine zentrale Rolle einnimmt. Seine rechtliche Stellung ist insbesondere durch das jeweilige Vertragsverhältnis zum Hauptfrachtführer, die Haftungskaskade und die speziellen Vorschriften des HGB und der CMR geprägt. Im Schadensfall bestehen klar geregelte Haftungs- und Regressmechanismen. Für eine rechtssichere Gestaltung von Transportketten ist die präzise Regelung der Pflichten, Rechte und Haftungsumfang des Unterfrachtführers unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Pflichten und Verantwortlichkeiten treffen den Unterfrachtführer im Rahmen eines Speditionsvertrags?

Im rechtlichen Kontext unterliegt der Unterfrachtführer als (in der Regel) selbstständiger Unternehmer einer Vielzahl von Pflichten und Verantwortlichkeiten. Grundlegend trifft ihn die Verpflichtung, das ihm vom Hauptfrachtführer anvertraute Transportgut ordnungsgemäß sowie fristgerecht an den vereinbarten Empfänger zu befördern und auszuliefern. Der Unterfrachtführer haftet im Regelfall wie ein Frachtführer nach den einschlägigen Vorschriften des Handelsgesetzbuches (insbesondere §§ 407 ff. HGB). Seine Haftung schließt sowohl den Verlust, die Beschädigung als auch die verspätete Ablieferung des Gutes ein. Werden vom Unterfrachtführer weitere Subunternehmer beauftragt, bleibt er für deren Verschulden im Rahmen der sogenannten Erfüllungsgehilfenhaftung verantwortlich. Er ist zudem verpflichtet, die einschlägigen nationalen und internationalen Vorschriften (z. B. CMR bei grenzüberschreitenden Transporten) zu beachten und die Genehmigungen sowie Sicherungen vorzuhalten, die für die Durchführung des Transports vorgeschrieben sind (z. B. Konzessionen für Güterkraftverkehr). Seine Pflichten umfassen außerdem die Beachtung besonderer Vorschriften für bestimmte Güterarten, wie Gefahrgut oder lebende Tiere. Im Rahmen der Vertragsabwicklung hat der Unterfrachtführer eine sorgfältige Dokumentation zu führen, insbesondere über Transport- und Liefernachweise. Wird gegen die Vertragspflichten verstoßen, besteht eine Haftung auf Schadensersatz; vertragliche Haftungsbeschränkungen sind nur im gesetzlich zulässigen Rahmen möglich.

Inwieweit haftet der Unterfrachtführer gegenüber dem Hauptfrachtführer und dem Versender?

Die Haftung des Unterfrachtführers gegenüber dem Hauptfrachtführer richtet sich grundsätzlich nach dem zwischen beiden geschlossenen Frachtvertrag, wobei die zwingenden gesetzlichen Regelungen des HGB Vorrang haben können. Er haftet dem Hauptfrachtführer für die ordnungsgemäße und sachgerechte Durchführung des ihm übertragenen Transportauftrags. Dabei haftet er wie ein direkter Frachtführer für Schäden am Gut (z. B. Verlust, Beschädigung, Lieferfristüberschreitung), die während des von ihm ausgeführten Transportabschnitts auftreten. Eine unmittelbare Haftung gegenüber dem Versender oder dem Empfänger kann unter Umständen dann entstehen, wenn der Unterfrachtführer als Quasi-Frachtführer auftritt oder im Rahmen einer sogenannten Frachtführer-Kette (Konnossementsrecht) direkt in Anspruch genommen wird; ansonsten besteht eine Haftung primär im Innenverhältnis zum Hauptfrachtführer. Bei grenzüberschreitenden Transporten nach CMR kann, je nach den Umständen des Einzelfalles, auch eine unmittelbare Inanspruchnahme durch den Warenempfänger in Betracht kommen.

Welche besonderen gesetzlichen Regelungen sind bei der Beauftragung von Unterfrachtführern zu beachten?

Die Beauftragung von Unterfrachtführern unterliegt sowohl transportrechtlichen als auch gewerberechtlichen sowie sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten. Nach § 437 HGB darf ein Frachtführer grundsätzlich Unterfrachtführer einsetzen, sofern dies dem Vertrag nicht widerspricht oder dem Verlader nicht ausdrücklich vorenthalten wird. Bei Gefahrguttransporten, lebenden Tieren oder ähnlichen Sondergütern können spezielle Regelungen greifen (z. B. Nachweis besonderer Qualifikationen). Darüber hinaus sind bei Beauftragung von Unterfrachtführern zwingend die Vorschriften zur „Scheinselbständigkeit“ bzw. zur Sozialversicherungspflicht zu beachten. Im internationalen Güterkraftverkehr sind die Vorschriften der CMR sowie die jeweiligen nationalen Lizenz- und Zulassungspflichten (z. B. EU-Gemeinschaftslizenz, Straßenverkehrszulassungsrecht) zu berücksichtigen. Leiharbeits- und Schwarzarbeitsgesetzgebung können ebenso Relevanz entfalten, insbesondere im Hinblick auf Arbeitsbedingungen und Entlohnung.

In welchem Umfang darf der Unterfrachtführer das Transportgut an weitere Subunternehmer weitergeben?

Rechtlich ist es dem Unterfrachtführer grundsätzlich gestattet, weitere Subunternehmer zu beauftragen, sofern dies im Hauptfrachtvertrag oder im Unterfrachtvertrag nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird. Die sogenannte Frachtführer-Kette ist zulässig, solange alle Beteiligten über die erforderlichen Qualifikationen, Zulassungen und Genehmigungen verfügen und keine gesetzlichen oder vertraglichen Verbote bestehen. Es ist jedoch zu beachten, dass der ursprüngliche Unterfrachtführer gegenüber dem Hauptfrachtführer für das gesamte Tun und Lassen seiner Subunternehmer wie für eigenes Handeln haftet (Erfüllungsgehilfenhaftung nach § 428 HGB). Häufig enthalten Vertragsklauseln Restriktionen zur Weitervergabe (z. B. Verbot der Weitervergabe ohne Zustimmung). Darüber hinaus ist hinsichtlich der sozialen Absicherung und eventueller Scheinselbstständigkeit besondere Sorgfalt geboten.

Welche Informationspflichten treffen den Unterfrachtführer im Rahmen des Gütertransports?

Der Unterfrachtführer ist verpflichtet, dem Hauptfrachtführer alle für die ordnungsgemäße Durchführung des Transports relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen. Hierzu zählt unter anderem die Meldung über den Verlauf und etwaige Zwischenfälle während des Transports, insbesondere bei außergewöhnlichen Ereignissen wie Schadenfällen oder Verzögerungen. Er muss Belege und Nachweise über An- und Ablieferung des Guts vorlegen können (z. B. Frachtbriefe, Ablieferungsquittungen). Im Fall gefährlicher Güter besteht eine Pflicht zur aktiven Information und Dokumentation gemäß Gefahrguttransportrecht. Ferner ist der Unterfrachtführer zur Kooperation bei der Abwicklung eventueller Schadensfälle und bei Ermittlungen durch Behörden verpflichtet. Bei internationalen Transporten kommen weitere Vorschriften zur Anwendung, wie die Benachrichtigungspflichten nach Artikel 14 CMR.

Welche Besonderheiten bestehen bei der Haftungsbegrenzung des Unterfrachtführers?

Für den Unterfrachtführer gelten die gleichen gesetzlichen Haftungsbegrenzungen wie für den Hauptfrachtführer, sofern im Vertrag keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden. Nach § 431 HGB ist die Haftung auf einen Betrag von 8,33 Sonderziehungsrechten (SZR) pro Kilogramm des beschädigten oder verlorenen Gutes begrenzt, sofern kein qualifiziertes Verschulden (z. B. Vorsatz, grobe Fahrlässigkeit) vorliegt. Für Verspätungsschäden ist die Haftung auf das Dreifache der Fracht begrenzt. Bei internationalen Transporten nach CMR gelten identische oder analoge Haftungshöchstgrenzen. Vertragliche Haftungserweiterungen oder -verkürzungen sind möglich, aber häufig durch zwingende gesetzliche Schranken begrenzt und nachprüfbar. Ein vollständiger Haftungsausschluss ist grundsätzlich unwirksam, sofern nicht ausdrücklich gesetzlich gestattet oder in Einzelfällen einschlägig.

Inwiefern ist der Unterfrachtführer in die Prozessführung bei streitigen Transportschäden einzubeziehen?

Der Unterfrachtführer kann im Rechtsstreit über Transportschäden seitens des Hauptfrachtführers als Anspruchsgegner in Anspruch genommen werden, insbesondere im Rahmen des Regresses, wenn der Hauptfrachtführer selbst vom Absender oder Empfänger erfolgreich auf Schadensersatz in Anspruch genommen wurde. Die Prozesstauglichkeit des Unterfrachtführers ist gegeben, sobald er aus dem Vertragsverhältnis als möglicher Schuldner einer Ersatzforderung gilt. Im Regressprozess wird geprüft, ob die Ursache für den geltend gemachten Schaden in dem von ihm ausgeführten Transportabschnitt lag. Er ist verpflichtet, im Prozess sämtliche transportrelevanten Dokumente und Nachweise vorzulegen und ggf. Angaben zu Subunternehmern, eingesetzten Fahrern sowie zum Transportweg zu machen. In bestimmten Fällen kann der Unterfrachtführer bei gleichzeitigen Klagen aus mehreren Vertragsverhältnissen auch als Nebenintervenient in Prozesse Dritter einbezogen werden.