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Überweisungsvertrag, Überweisungsauftrag


Überweisungsvertrag und Überweisungsauftrag

Der Begriff Überweisungsvertrag sowie der damit verbundene Überweisungsauftrag bezeichnen wesentliche Rechtsverhältnisse im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Die rechtlichen Grundlagen dieser Begriffe sind insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 675c ff. BGB) geregelt. Der nachstehende Beitrag gibt eine umfassende Übersicht zu Definition, Inhalt und rechtlicher Ausgestaltung des Überweisungsvertrags und Überweisungsauftrags.


Definition und Bedeutung

Überweisungsvertrag

Ein Überweisungsvertrag ist ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen dem Kontoinhaber (Auftraggeber) und dem kontoführenden Zahlungsdienstleister (in der Regel eine Bank), mit dem der Kontoinhaber seine Bank beauftragt, einen bestimmten Geldbetrag zu Lasten seines Kontos auf das Konto eines Dritten (Empfänger) zu übertragen. Dieser Vertrag bildet die Grundlage für die Durchführung der Überweisung und bestimmt die Rechte und Pflichten beider Parteien.

Überweisungsauftrag

Der Überweisungsauftrag ist die konkrete Weisung des Kontoinhabers an seine Bank zur Ausführung einer bestimmten Überweisung. Er enthält alle erforderlichen Angaben (z. B. Empfänger, IBAN, BIC/SWIFT, Betrag, Verwendungszweck) und bildet die Willenserklärung des Zahlungspflichtigen zur Durchführung der Transaktion.


Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Überweisungsvertrag und Überweisungsauftrag finden sich insbesondere in folgenden Vorschriften:

  • §§ 675c ff. BGB (Zahlungsvertrag)
  • § 780 BGB (Schuldversprechen)
  • § 788 BGB (Schuldanerkenntnis)
  • Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)
  • SEPA-Verordnung (EU) Nr. 260/2012

Vertragsparteien

  • Auftraggeber/Zahler: Der Inhaber des Zahlungskontos, von dem die Überweisung ausgeführt werden soll.
  • Zahlungsdienstleister des Auftraggebers (Bank): Die Bank, welche die Überweisung im Auftrag des Zahlungspflichtigen ausführt.
  • Empfänger/Gläubiger: Derjenige, auf dessen Konto die Überweisung gutgeschrieben werden soll.

Zustandekommen des Überweisungsvertrags

Vertragsabschluss

Das Zustandekommen eines Überweisungsvertrags setzt einen Antrag des Auftraggebers (z. B. durch Ausfüllen eines Überweisungsformulars oder Online-Banking-Eingabe) und die Annahme durch die Bank voraus. In der Praxis erfolgt die Annahme oftmals konkludent, indem die Bank mit der Ausführung der Überweisung beginnt. Die Bedingungen des Zahlungsdiensterahmenvertrags fließen in das Vertragsverhältnis mit ein.

Form des Auftrags

Der Überweisungsauftrag kann in Schriftform (z. B. Belegüberweisung) oder elektronischer Form (z. B. Online-Banking) erteilt werden. Die technische und organisatorische Gestaltung richtet sich nach den Vorgaben der jeweiligen Bank und gesetzlichen Bestimmungen.


Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Pflichten des Auftraggebers

  • Deckung des Kontos: Der Auftraggeber muss sicherstellen, dass das Konto die erforderliche Deckung für die Ausführung der Überweisung aufweist.
  • Korrekte Angaben: Die Richtigkeit und Vollständigkeit der für die Überweisung erforderlichen Daten müssen gewährleistet sein.
  • Legitimation: Der Auftraggeber muss sich gegenüber der Bank ordnungsgemäß legitimieren.

Pflichten des Zahlungsdienstleisters

  • Ordnungsgemäße Ausführung: Die Bank ist verpflichtet, die Überweisung nach den Weisungen des Auftraggebers auszuführen.
  • Fristenwahrung: Die Bank muss die gesetzlichen und vertraglich vereinbarten Ausführungsfristen einhalten (je nach Zahlungsart und Bestimmungsland).
  • Informationspflicht: Der Zahlungsdienstleister hat den Auftraggeber über die Ausführung und etwaige Rückgaben der Überweisung zu informieren.

Haftungsfragen und Risiken

Fehlerhafte Ausführung

Bei fehlerhafter Ausführung (z. B. Überweisung an ein falsches Konto, Nichtausführung, Doppelbuchung) haftet die Bank grundsätzlich nach den Vorgaben der §§ 675u ff. BGB, sofern ihr ein Verschulden zur Last gelegt werden kann. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Bank über Unstimmigkeiten unverzüglich zu informieren.

Unautorisierte Überweisung

Wird eine Überweisung ohne Autorisierung des Kontoinhabers ausgeführt (z. B. durch Phishing), haftet regelmäßig die Bank, es sei denn, der Kontoinhaber hat grob fahrlässig gehandelt.

Widerruf, Rückruf und Storno

Ein Überweisungsauftrag ist widerruflich, solange die Überweisung noch nicht ausgeführt wurde. Nach Ausführung kann ein Rückruf der Überweisung nur noch erfolgen, wenn der Empfänger der Rückbuchung zustimmt oder besondere Umstände dies rechtfertigen.


Kosten und Entgelte

Die Erhebung von Entgelten für Überweisungen richtet sich nach dem jeweils geltenden Preis- und Leistungsverzeichnis der Bank sowie den gesetzlichen Vorschriften. Innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) regelt die EU-Preisverordnung die Kostengleichstellung für grenzüberschreitende Zahlungen in Euro.


Sonderformen des Überweisungsauftrags

Dauerüberweisung

Hiermit kann der Auftraggeber wiederkehrende Zahlungen mit festem Betrag und regelmäßigen Ausführungsterminen anweisen.

Sammelüberweisung

Bei der Sammelüberweisung werden mehrere Einzelüberweisungen zusammengefasst und in einer Buchung gebündelt.

Express-Überweisung

Für besonders schnelle Überweisungen werden von zahlreichen Banken Express- oder Echtzeitüberweisungen angeboten.


Überweisungsvertrag im europäischen und internationalen Kontext

Mit der Einführung des SEPA-Standards (Single Euro Payments Area) wurde der rechtliche und technische Rahmen im europäischen Zahlungsverkehr vereinheitlicht. Internationale Überweisungen unterliegen darüber hinaus weiteren gesetzlichen und bankaufsichtlichen Vorgaben.


Zusammenfassung

Der Überweisungsvertrag und der Überweisungsauftrag stellen zentrale Vertragsverhältnisse im Zahlungsverkehr dar. Sie regeln die Beziehungen zwischen Kontoinhaber und Bank und gewährleisten die Durchführung nationaler und internationaler Überweisungen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dienen dem Schutz beider Parteien, fördern Sicherheit und Effizienz des Zahlungsverkehrs und setzen klare Standards für Haftung und Abwicklung.


Siehe auch

  • Zahlungsdiensterahmenvertrag
  • SEPA-Überweisung
  • Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)
  • Zahlungsdienstleistungen
  • Bankrecht

Häufig gestellte Fragen

Wer ist Vertragspartner beim Überweisungsvertrag?

Beim Überweisungsvertrag handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, das zwischen dem Auftraggeber der Überweisung (meistens der Kontoinhaber, auch Überweisender genannt) und der kontoführenden Bank besteht. Vertragspartner sind ausschließlich diese beiden Parteien. Der Empfänger der Überweisung sowie dessen Bank nehmen keine unmittelbare Rolle als Vertragspartner im Überweisungsvertrag ein, auch wenn sie durch die Überweisung begünstigt werden bzw. an der Ausführung der Zahlung beteiligt sind. Aus rechtlicher Sicht ist der Überweisungsvertrag ein sogenannter Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß §§ 675c ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), der vor allem auf die ordnungsgemäße und fristgerechte Ausführung der Überweisung durch die Bank abzielt. Eine vertragliche Beziehung zum Zahlungsempfänger entsteht erst mit der Gutschrift auf dessen Konto.

Welche Pflichten ergeben sich aus dem Überweisungsvertrag für die Bank?

Aus dem Überweisungsvertrag ergeben sich für die Bank zentrale Leistungspflichten, insbesondere die ordnungsgemäße Ausführung des Überweisungsauftrags entsprechend den Weisungen des Auftraggebers. Die Bank hat zu gewährleisten, dass die Überweisung nach den gesetzlichen Regelungen und banküblichen Standards durchgeführt wird, insbesondere im Hinblick auf Ausführungsfristen, Sicherheit und Sorgfalt. Dazu gehört beispielsweise die Prüfung, ob der Überweisungsauftrag formell korrekt und ausreichend gedeckt ist. Weiterhin ist die Bank verpflichtet, den Zahlungsvorgang nach Art. 87 ff. Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) sowie nach § 675n ff. BGB so zu gestalten, dass Fehler, Unregelmäßigkeiten oder Missbrauch möglichst ausgeschlossen werden. Zudem bestehen Informationspflichten, etwa hinsichtlich der Ausführung oder Nichtausführung eines Überweisungsauftrags und der anfallenden Gebühren.

Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Überweisungsvertrages?

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Überweisungsvertrages umfassen das Vorliegen eines wirksamen Angebots und einer Annahme, üblicherweise in Form des erteilten Überweisungsauftrags und der konkludenten Annahme durch die Bank (durch Entgegennahme und Bearbeitung). Dazu muss der Auftraggeber verfügungsberechtigt über das Zahlungskonto sein und der Überweisungsauftrag muss alle nach § 675f BGB erforderlichen Angaben (z.B. Kontonummer, IBAN, Betrag, Empfänger) enthalten. Zudem muss ausreichende Deckung auf dem Zahlungskonto vorhanden sein, da ansonsten die Bank den Auftrag ablehnen kann. Der Überweisungsvertrag wird regelmäßig als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter geschlossen; besondere Formvorschriften sind nicht einzuhalten, sodass auch eine elektronische Übertragung möglich ist.

Wann haftet die Bank bei fehlerhafter oder nicht ausgeführter Überweisung?

Die Haftung der Bank bei fehlerhafter oder nicht ausgeführter Überweisung richtet sich nach den §§ 675u ff. BGB. Führt die Bank den Überweisungsauftrag nicht oder nicht korrekt (z.B. an einen falschen Empfänger oder mit fehlerhaftem Betrag) aus, ist sie verpflichtet, dem Auftraggeber den fehlgeleiteten oder nicht ausgeführten Betrag zu erstatten und gegebenenfalls entstandene Verzugs- oder Folgeschäden zu ersetzen. Eine Haftungsbefreiung kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Bank nachweisen kann, dass sie die Sorgfaltspflichten vollumfänglich beachtet und kein eigenes Verschulden vorliegt – beispielsweise im Falle missverständlicher Angaben des Auftraggebers. Besondere Regelungen bestehen bei nicht autorisierten Überweisungen (etwa durch Betrug), hier haftet die Bank in der Regel bis zu einem Betrag von 50 Euro, sofern keine grobe Fahrlässigkeit des Auftraggebers vorliegt.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen bei Rücknahme oder Widerruf eines Überweisungsauftrages?

Ein Überweisungsauftrag kann grundsätzlich nur bis zu dem Zeitpunkt widerrufen werden, zu dem er von der Bank als „entgegengenommen“ gilt (§ 675p BGB). Im Regelfall ist der Widerruf danach ausgeschlossen und die Bank zur Ausführung verpflichtet, es sei denn, es handelt sich um einen Fehler oder eine Doppelbeauftragung. Die Einzelheiten zum Zeitpunkt der Unwiderruflichkeit hängen von der konkret vereinbarten Ausführungsfrist und Übermittlungsmethode ab. Nach Ausführung des Auftrags ist eine Rückholung der Überweisung nur dann möglich, wenn der Zahlungsempfänger zustimmt oder ein offensichtlicher Fehler (z.B. fehlerhafte Angabe des Empfängers) vorliegt und der Empfänger unrechtmäßig bereichert ist. Der Auftraggeber hat zudem bei fehlerhafter Ausführung Anspruch auf Unterstützung der Bank bei der Rückforderung.

Wie ist das Verhältnis zwischen Überweisungsvertrag und allgemeinem Kontovertrag?

Der Überweisungsvertrag ist in der Regel als Einzelgeschäft zu verstehen, das auf den Rahmenvertrag – den allgemeinen Kontovertrag – aufbaut. Das Konto stellt die Grundlage dar, auf der Überweisungen möglich sind. Der Kontovertrag regelt die generellen Pflichten und Rechte zwischen Kontoinhaber und Bank, während der Überweisungsvertrag jeweils eine konkret erteilte Zahlungsanweisung betrifft. Rechtlich sind beide Verträge getrennt voneinander zu behandeln, wobei der Überweisungsvertrag stets einen bestehenden Kontovertrag voraussetzt. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Bank sowie die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften (wie das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz und das BGB) finden auf beide Vertragsverhältnisse Anwendung.

Welche Rolle spielt das Verschulden des Auftraggebers bei Fehlüberweisungen?

Im Falle einer Fehlüberweisung (z.B. Eingabe einer falschen IBAN) spielt das Verschulden des Auftraggebers eine entscheidende Rolle bei der rechtlichen Beurteilung möglicher Ansprüche. Hat der Auftraggeber einen Überweisungsauftrag fehlerhaft ausgefüllt oder die Zugangsdaten fahrlässig behandelt, so kann er die Bank grundsätzlich nicht für Schäden haftbar machen, die aus dem eigenen Verschulden entstanden sind (§ 675v BGB). Bei grob fahrlässigem Verhalten des Auftraggebers kann die Bank eine Haftungsfreistellung verlangen und insbesondere Regressansprüche bei wiederholten Sicherheitsverstößen durchsetzen. Umgekehrt muss die Bank nachweisen, dass der Fehler klar dem Auftraggeber zuzurechnen ist, andernfalls bleibt sie in der Haftung. Dem Auftraggeber obliegt die Pflicht, die Angaben vor dem Absenden sorgfältig zu überprüfen.