Legal Lexikon

Überweisung


Begriff und rechtliche Grundlagen der Überweisung

Eine Überweisung ist im rechtlichen Sinne ein Vorgang, bei dem ein Zahlungspflichtiger (Überweisender bzw. Auftraggeber) seine Bank anweist, einen bestimmten Geldbetrag vom eigenen Konto auf das Konto eines Zahlungsempfängers bei derselben Bank oder einer anderen Bank zu übertragen. Die Überweisung zählt zu den bargeldlosen Zahlungsverkehrsmitteln und unterliegt in Deutschland und Europa spezifischen gesetzlichen Regelungen.

Definition der Überweisung

Die Überweisung ist eine unbare Zahlungsform, die als sogenannter Zahlungsauftrag durch das Kreditinstitut des Auftraggebers ausgeführt wird. Mit der Überweisung erlischt in der Regel gemäß § 362 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Geldschuld, sobald der geschuldete Betrag dem Empfängerkonto gutgeschrieben wurde.

Rechtlicher Charakter der Überweisung

Rechtlich setzt sich die Überweisung aus mehreren Schuldverhältnissen zusammen:

  • Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und Zahlungsdienstleister: Dieses Verhältnis ist durch einen sogenannten Zahlungsdiensterahmenvertrag geregelt, der auf Grundlage des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) und der Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) gestaltet wird.
  • Außenverhältnis zwischen Überweisendem und Zahlungsempfänger: Nach § 675f BGB schuldet letztlich der Überweisende dem Zahlungsempfänger das Geld, jedoch gilt die Schuld meist erst dann als erfüllt, wenn der Empfänger über den Betrag verfügen kann (Erfüllungswirkung).
  • Interbankenverhältnis: Besteht, wenn zwei unterschiedliche Kreditinstitute beteiligt sind, geregelt durch Abkommen und Regelwerke, u.a. von der Deutschen Kreditwirtschaft.

Gesetzliche Bestimmungen zur Überweisung

Europäische Rechtsgrundlagen

Für grenzüberschreitende und nationale Überweisungen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) gilt die EU-Zahlungsdiensterichtlinie (Payment Services Directive, PSD2), welche durch das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) sowie das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) konkretisiert wird.

Zu den wichtigsten gesetzlichen Vorgaben zählen:

  • Transparenz- und Informationspflichten (§§ 675a ff. BGB)
  • Haftungsregelungen (§§ 675u ff. BGB)
  • SEPA-Überweisungen nach EU-Verordnung Nr. 260/2012

Nationale Regelungen

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Widmet sich im Abschnitt über Zahlungsdienste umfassend den Rechten und Pflichten bei Überweisungen.
  • Handelsgesetzbuch (HGB): Regelt, inwieweit Handelsgeschäfte durch Überweisungen abgewickelt werden können.
  • Bank- und Zahlungsdiensterecht: Normiert u.a. Fristen und Konditionen für Ausführungszeiten, Widerrufsmöglichkeiten sowie Rückgabepflichten.

Ablauf einer Überweisung und rechtliche Pflichten

Erteilung des Überweisungsauftrags

Die Ausführung einer Überweisung setzt einen Zahlungsauftrag voraus, der nach § 675f BGB von einer berechtigten Person abgegeben werden muss. Der Auftraggeber haftet dabei für Richtigkeit und Vollständigkeit der im Überweisungsträger gemachten Angaben.

Ausführungsfristen

Gemäß § 675s Abs. 1 BGB müssen Euro-Überweisungen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums grundsätzlich spätestens am nächsten Geschäftstag nach Auftragseingang ausgeführt werden. Bei beleghafter Überweisung verlängert sich die Frist um einen weiteren Geschäftstag.

Widerruf und Korrektur von Überweisungen

Ein Widerruf eines Überweisungsauftrags ist nur bis zu dem Zeitpunkt möglich, an dem der Auftrag nicht „unwiderruflich“ geworden ist (§ 675p BGB). Nach Einlieferung der Überweisung zur Ausführung kann ein Widerruf grundsätzlich nicht mehr erfolgen. Im Falle einer Fehlüberweisung besteht unter Umständen ein Bereicherungsanspruch nach §§ 812 ff. BGB gegenüber dem unberechtigt Begünstigten.

Haftung bei fehlerhaften oder nicht autorisierten Überweisungen

Für nicht autorisierte Überweisungsvorgänge, beispielsweise durch Missbrauch von Zugangsdaten, regelt § 675u ff. BGB die Haftung der Kreditinstitute. In der Regel müssen fehlerhafte Beträge dem Zahler unverzüglich erstattet werden. Der Zahler haftet bei grob fahrlässigem Verhalten bis zu einem Betrag von 50 Euro, in Ausnahmefällen kann eine weitergehende Haftung bestehen.

Überweisungsarten im rechtlichen Kontext

Einzelüberweisung

Hierbei handelt es sich um einmalige Zahlungsaufträge eines bestimmten Betrags an einen bestimmten Empfänger.

Sammelüberweisung

Mehrere Einzelüberweisungen werden gemeinsam zu einer Transaktion gebündelt und rechtlich ebenfalls als Einzelüberweisungen bewertet.

Terminüberweisung (Dauerauftrag)

Bei Termin- und Daueraufträgen erfolgt die Überweisung regelmäßig zu bestimmten Zeitpunkten, wobei für jede Ausführung die jeweiligen rechtlichen Maßgaben einzeln gelten.

SEPA-Überweisung

Seit der Einführung des SEPA-Verfahrens (Single Euro Payments Area) am 1. Februar 2014 gelten weitgehend harmonisierte Regelungen für Überweisungen in Euro innerhalb des SEPA-Raumes. Die rechtlichen Rahmenbedingungen ergeben sich aus der EU-Verordnung Nr. 260/2012 sowie den jeweiligen nationalen Durchführungsgesetzen.

Rechtsfolgen der Überweisung

Erfüllungswirkung

Im Schuldrecht ist maßgeblich, wann der Überweisende von der Geldforderung befreit wird. Nach § 362 BGB gilt die Forderung in der Regel als erfüllt, sobald der Betrag dem Konto des Zahlungsempfängers gutgeschrieben worden ist (sog. Gutschriftprinzip). Einzelvertraglich kann hiervon abgewichen werden.

Rückabwicklung und Rückforderung

Erfolgt eine Überweisung irrtümlich, zu Unrecht oder aufgrund einer Fehlbuchung, besteht ein gesetzlicher Rückforderungsanspruch nach § 812 BGB mit den entsprechenden Ausnahmen und Einschränkungen, insbesondere durch den Schutz des „Empfänger guten Glaubens“.

Datenschutz und Überweisung

Daten, die im Rahmen einer Überweisung verarbeitet werden, wie Name, IBAN, BIC, werden gemäß Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geschützt. Die Weitergabe der Daten an Dritte ist nur im Rahmen der Zweckbindung zulässig.

Strafrechtliche Aspekte der Überweisung

Die missbräuchliche Nutzung von Überweisungen kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, beispielsweise unter den Tatbeständen des Betrugs (§ 263 StGB), der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) oder des Computerbetrugs (§ 263a StGB).

Zusammenfassung

Die Überweisung ist ein zentraler Bestandteil des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und wird durch eine Vielzahl rechtlicher Normen und Vorgaben geregelt. Sie gewährleistet durch präzise gesetzliche Rahmenbedingungen einen sicheren und verlässlichen Zahlungsfluss zwischen den Beteiligten. Die rechtlichen Bestimmungen schaffen ein Gleichgewicht zwischen Schnelligkeit des Zahlungsverkehrs und Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Besonders in internationalen Zusammenhängen spielt die Harmonisierung durch europäische Vorgaben eine entscheidende Rolle. Die Überweisung unterliegt strengen Sorgfalts-, Erfüllungs- und Haftungsregelungen, um den Zahlungsverkehr effizient und rechtssicher auszugestalten.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Pflichten treffen die Bank bei der Ausführung einer Überweisung?

Die Bank ist als Zahlungsdienstleister gemäß § 675p BGB verpflichtet, eine ordnungsgemäß erteilte Überweisung unverzüglich und korrekt auszuführen. Dies umfasst insbesondere die Einhaltung von Ausführungsfristen gemäß § 675s BGB, die bei Inlandsüberweisungen einen Geschäftstag und bei grenzüberschreitenden Überweisungen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes höchstens vier Geschäftstage betragen dürfen. Die Bank muss zudem sicherstellen, dass die Überweisung ausschließlich bei ausreichender Deckung und nach Authentifizierung des Auftraggebers ausgeführt wird. Des Weiteren ist die Bank gemäß § 675v BGB zur Information verpflichtet und muss dem Kunden eine Bestätigung über den Ausführungsvorgang sowie die wesentlichen Informationen zur Überweisung zur Verfügung stellen. Sollte die Überweisung nicht zur Ausführung kommen, etwa aufgrund fehlerhafter Angaben oder fehlender Deckung, ist die Bank zur Information und gegebenenfalls zur Rückzahlung verpflichtet.

Wer haftet bei fehlerhafter Ausführung einer Überweisung?

Für Fehler bei der Ausführung von Überweisungen, wie z.B. eine Falschbuchung oder eine nicht erfolgte Gutschrift beim Empfänger, haftet grundsätzlich die Bank des Überweisenden gemäß § 675y BGB. Die Bank muss dann unverzüglich die ordnungsgemäße Ausführung der Überweisung veranlassen oder gegebenenfalls den Betrag zurückerstatten. Ausgenommen hiervon ist, wenn der Kunde selbst fehlerhafte Angaben (z. B. fehlerhafte IBAN) gemacht hat. In diesem Fall erlischt die Haftung der Bank (§ 675j Abs. 2 BGB), und sie ist lediglich zu einem „nach besten Bemühen“ bei der Rückholung verpflichtet. Schadensersatzansprüche können entstehen, wenn der Kunde durch die fehlerhafte Ausführung einen finanziellen Nachteil erleidet.

Kann eine Überweisung nachträglich widerrufen werden?

Nach § 675p Abs. 2 BGB ist eine erteilte und bereits bei der Bank eingegangene Überweisung grundsätzlich unwiderruflich. Ein Widerruf ist nur bis zum Zugang des Überweisungsauftrags bei der Bank möglich. Ausnahmen können dann bestehen, wenn die Überweisung zu einem bestimmten zukünftigen Termin ausgeführt werden soll (§ 675p Abs. 3 BGB); in diesem Fall kann bis zum Ende des Geschäftstages vor dem Ausführungszeitpunkt widerrufen werden. Nach der Ausführung kann der Auftraggeber nur in wenigen Ausnahmefällen, etwa bei offensichtlicher Falschausführung durch die Bank, auf eine Rückbuchung hoffen.

Was gilt rechtlich bei einer Überweisung auf ein falsches Konto?

Wird eine Überweisung auf ein falsches Konto getätigt, weil z.B. ein Zahlendreher in der IBAN vorlag, trägt der Auftraggeber grundsätzlich das Risiko für fehlerhafte Angaben (§ 675j Abs. 2 BGB). Die Bank ist verpflichtet, sich „nach besten Bemühen“ um eine Rückholung des Betrags zu bemühen, kann jedoch den Erfolg nicht garantieren. Sofern der Zahlungsempfänger das Geld nicht freiwillig zurückgibt, bleibt dem Auftraggeber nur der Zivilrechtsweg, z.B. durch eine ungerechtfertigte Bereicherungsklage (§ 812 BGB). Die Bank haftet in solchen Fällen nicht für den entstandenen Schaden.

Welche Rechtsfolgen hat die missbräuchliche Nutzung von Überweisungen?

Wird eine Überweisung ohne Wissen und Zustimmung des Kontoinhabers durchgeführt, spricht man vom Missbrauch. In diesem Fall hat der Kunde gemäß § 675u BGB das Recht auf Erstattung des überwiesenen Betrags durch seine Bank, es sei denn, er hat vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Sorgfaltspflichten verletzt, was wiederum zu einer Haftung bis maximal 50 Euro führen kann. Ist dem Kunden kein Vorwurf zu machen, haftet dieser nicht. Die Beweislast für die Authentifizierung sowie die ordnungsgemäße Ausführung der Überweisung liegt bei der Bank (§ 675w BGB).

Welche Fristen gelten für die Ausführung und Gutschrift einer Überweisung?

Nach §§ 675s und 675t BGB müssen Überweisungen im Europäischen Wirtschaftsraum in Euro spätestens einen Geschäftstag nach Auftragseingang ausgeführt sein („Eintagesregel“). Bei beleghaft eingereichten Überweisungen verlängert sich die Frist um einen Tag. Für Überweisungen in Fremdwährungen oder außerhalb des EWR können längere Fristen gelten; zu beachten sind hier die individuellen vertraglichen Vereinbarungen. Im Fall von Verzögerungen können Kunden Anspruch auf Schadenersatz gegenüber ihrer Bank geltend machen, sofern ihnen durch die verspätete Ausführung ein finanzieller Nachteil entstanden ist.

Was ist bei der Rückholung von Überweisungen aufgrund von Betrug oder Irrtum zu beachten?

Erkennt der Kunde nach der Ausführung der Überweisung, dass er Opfer eines Betrugs wurde oder sich geirrt hat, ist rechtlich zu unterscheiden: Einmal ausgeführte Überweisungen sind grundsätzlich unwiderruflich. Die einzige Möglichkeit zur Rückholung bietet § 675y Abs. 5 BGB: Die Bank des Empfängers ist verpflichtet, auf Anfrage des eigenen Kunden und der abgebenden Bank in zulässigem Umfang zu kooperieren und die Kontodaten des Empfängers an den Auftraggeber herauszugeben, damit dieser den Betrag notfalls zivilrechtlich zurückfordern kann. Eine Rückbuchungspflicht besteht für die Bank aber nicht.

Gibt es eine Verpflichtung zur Angabe eines Verwendungszwecks bei Überweisungen?

Rechtlich besteht keine Verpflichtung zur Angabe eines Verwendungszwecks. Der Verwendungszweck dient der Zuordnung des überwiesenen Betrags durch den Empfänger und hat keine rechtliche Relevanz für die Wirksamkeit des Überweisungsauftrags (§ 675f BGB). Bei Streitigkeiten über die Empfängerbestimmung oder die Zuordnung der Zahlung kann der Verwendungszweck jedoch als Indiz im Rahmen der zivilrechtlichen Beurteilung herangezogen werden. Die Wirksamkeit und die rechtlichen Pflichten der Banken werden durch den Verwendungszweck nicht beeinflusst.