Legal Lexikon

Tratte


Begriff und rechtliche Einordnung der Tratte

Die Tratte ist ein im Handelsrecht verankertes Wertpapier, das insbesondere im internationalen Handelsverkehr eine entscheidende Rolle spielt. Im deutschen Recht ist die Tratte insbesondere in den Artikeln des Wechselgesetzes (WG) geregelt und bezeichnet einen gezogenen Wechsel. Sie verpflichtet den Bezogenen (Zahlungspflichtigen), auf Anweisung des Ausstellers (Trassanten) eine bestimmte Geldsumme an einen Begünstigten (Trassaten) zu zahlen. Die Tratte unterscheidet sich damit von anderen Wertpapieren, wie etwa dem eigenen Wechsel (Solawechsel), bei dem Aussteller und Schuldner identisch sind.

Grundstruktur und Beteiligte einer Tratte

Eine Tratte stellt eine zweiseitige Anweisung des Ausstellers (Trassanten) an den Bezogenen dar, zu einem bestimmten Zeitpunkt eine in der Tratte bezeichnete Zahlung an einen bestimmten Dritten (Trassaten) oder dessen Order zu leisten. Die zentralen beteiligten Parteien sind:

  • Trassant: Der Aussteller, der die Zahlungsanweisung erteilt.
  • Bezogener (Bezogner): Die zur Zahlung angewiesene Person, üblicherweise Schuldner des Trassanten.
  • Trassat: Diejenige Person, an die bezahlt werden soll, meist der Zahlungsempfänger.

Der Bezogene nimmt seine Verpflichtung erst durch Annahme (Akzept) der Tratte an. Bis zur Annahme ist der Bezogene zu keinerlei Leistung verpflichtet.

Rechtliche Grundlagen der Tratte

Wechselgesetz – Regelungen zur Tratte

Die rechtlichen Grundlagen der Tratte sind im deutschen Wechselgesetz (WG) kodifiziert, das wiederum auf den Genfer Wechselrechtsvereinbarungen basiert. Die wesentlichen Vorschriften zur Tratte finden sich primär in den §§ 1-7 WG und regeln insbesondere Form, Übertragbarkeit, Annahme und Einlösung der Tratte.

Formvorschriften

Für die Gültigkeit einer Tratte bestehen zwingende gesetzliche Mindestanforderungen. Nach Art. 1 WG muss eine Tratte folgende Pflichtangaben enthalten:

  • Die Bezeichnung als Wechsel im Text der Urkunde
  • Eine unbedingte Zahlungsanweisung
  • Namen des Bezogenen
  • Fälligkeitstermin der Zahlung
  • Zahlungsort
  • Name des Zahlungsempfängers (Trassat)
  • Angabe des Ausstellungstags und -orts
  • Unterschrift des Trassanten

Fehlt eine dieser Angaben, ist die Tratte grundsätzlich ungültig, es sei denn, das Wechselgesetz sieht Ausnahmen vor (etwa gilt eine fehlende Fälligkeitsangabe als Sichtwechsel).

Akzept und Verpflichtung des Bezogenen

Die rechtliche Schuldverpflichtung des Bezogenen entsteht erst durch Annahme („Akzept“) der Tratte. Vor Annahme obliegt die Zahlungspflicht ausschließlich dem Trassanten. Mit Akzeptierung verpflichtet sich der Bezogene im Umfang der Tratte zur Zahlung an den Berechtigten.

Das Akzept bedarf der Schriftform, wird in der Regel auf der Tratte selbst vermerkt und muss eigenhändig unterzeichnet sein (Art. 25, 26 WG).

Übertragbarkeit der Tratte

Die Tratte ist als Wertpapier grundsätzlich übertragbar (Art. 11 ff. WG). Die Übertragung erfolgt durch Indossament, also durch eine auf der Rückseite angebrachte Übertragungsverfügung des bisherigen Berechtigten an einen neuen Inhaber. Dadurch können Zahlungsansprüche aus einer Tratte im Rechtsverkehr unkompliziert weitergegeben werden.

Sicherungs- und Haftungsfunktion

Die Tratte übernimmt häufig eine Sicherungsfunktion im Geschäftsverkehr. Sie dokumentiert eine bestehende Zahlungsverpflichtung und erweitert die Haftung durch Einbeziehung weiterer Wechselbeteiligter (Trassant, Indossant, Akzeptant). Die Haftung dieser Beteiligten ist grundsätzlich solidarisch: Jeder Inhaber kann die Zahlung von jedem früheren Wechselverpflichteten einfordern.

Funktionen und praktische Bedeutung der Tratte

Tratte im internationalen Handelsverkehr

Die Tratte kommt besonders im internationalen Waren- und Dienstleistungsverkehr zum Einsatz. Sie ermöglicht eine zuverlässige Zahlungsabwicklung, da der Bezogene erst nach Erhalt und Prüfung der Ware die Tratte akzeptiert. Oftmals wird die Tratte mit zusätzlichen Sicherungsinstrumenten wie Akkreditiven oder Dokumenteninkassi kombiniert, um Zahlungsausfälle weiter zu minimieren.

Unterscheidung zu verwandten Wertpapieren

Von Bedeutung ist die Abgrenzung der Tratte zum Solawechsel. Beim eigenen Wechsel stellt der Aussteller eine Zahlung an den Träger aus, ohne dass ein Bezogener involviert ist. Bei der Tratte hingegen besteht ein Dreipersonenverhältnis.

Praktische Anwendung und Risiken

Verwendet wird die Tratte beispielsweise als Zahlungsmittel, bei Kreditgewährung oder als Sicherungsinstrument für Warenlieferungen. Risiken ergeben sich insbesondere bei Rückgriffansprüchen bei Nichtzahlung (Protest, Regress) sowie bei Formmängeln, die zur Nichtigkeit der Tratte führen können.

Erlöschen, Einlösung und Verjährung der Tratte

Einlösung und Rückgriff

Mit Fälligkeit der Tratte kann der Träger Zahlung vom Bezogenen verlangen. Zahlt der Bezogene nicht, stehen dem Erwerber umfangreiche Rückgriffsrechte gegen Trassant und Indossanten zu. Voraussetzung ist neben der fristgemäßen Vorlage der Tratte regelmäßig ein Zahlungsprotest.

Verjährungsfristen

Ansprüche aus einer Tratte verjähren nach Art. 70 WG grundsätzlich in drei Jahren seit dem Fälligkeitstag. Für Rückgriffsforderungen gegenüber Indossanten und Trassanten gelten abweichende kürzere Fristen (ein Jahr bzw. sechs Monate).

Tratte im Vergleich zum Scheck

Die Tratte ist in Funktionsweise und Struktur dem Scheck ähnlich, allerdings bestehen wesentliche Unterschiede. Eine Tratte ist auf Kredit gerichtet (Zahlung künftig), während der Scheck ein Zahlungsmittel auf Sicht ist.

Zusammenfassung

Die Tratte ist ein zentraler Baustein des Wechselrechts, der eine effiziente und rechtssichere Zahlungsabwicklung im nationalen und internationalen Handelsverkehr ermöglicht. Sie wird durch strenge gesetzliche Vorschriften geregelt, ist als Wertpapier im Umlauf leicht übertragbar und bietet umfassende Sicherungs- und Haftungsmechanismen für alle Beteiligten. Im geschäftlichen Alltag bleibt die Tratte insbesondere aufgrund ihrer Flexibilität, Übertragbarkeit und rechtlichen Sicherheit ein bedeutendes Instrument im Zahlungs- und Kreditverkehr.

Häufig gestellte Fragen

Wer haftet bei einer nicht akzeptierten Tratte?

Wird eine Tratte durch den Bezogenen nicht akzeptiert, ergeben sich spezifische Haftungsfragen nach dem Wechselgesetz. Zunächst haftet der Aussteller der Tratte als primärer Schuldner, sofern der Bezogene die Annahme verweigert. Der Inhaber der Tratte hat daher das Recht, unmittelbar gegen den Aussteller (und gegebenenfalls gegen etwaige Indossanten und Bürgen) regressweise vorzugehen. Die Haftung des Ausstellers hat den Charakter einer Wechselbürgschaft. Im Falle einer Nichtakzeptierung muss der Tratte-Inhaber auch einen Protest wegen Nichtannahme erheben, um sich den Anspruch gegenüber den wechselmäßigen Verpflichteten – insbesondere Aussteller, Indossanten und Bürgen – zu sichern. Dieses Vorgehen ist gesetzlich geregelt (§ 45 Wechselgesetz, deutsches Recht). Unterlässt der Gläubiger den rechtzeitigen Protest, verliert er im Regelfall seine Ansprüche gegen diese Personen, behält jedoch (in der Regel) den Anspruch gegen den Hauptverpflichteten, wenn dessen Verbindlichkeit auf anderer vertraglicher Grundlage besteht. Die genauen Fristen für die Protesterhebung sind im Wechselgesetz geregelt und müssen streng eingehalten werden.

Inwiefern ist die Übertragbarkeit der Tratte durch Indossament rechtlich geregelt?

Die Tratte ist als Orderpapier ausgestaltet und damit grundsätzlich übertragbar. Die Übertragung erfolgt durch ein schriftliches Indossament auf der Urkunde selbst gem. § 13 ff. Wechselgesetz. Der Indossant haftet dabei für die Annahme und Zahlung der Tratte, es sei denn, das Indossament enthält den Vermerk „ohne Gewähr“ (ohne Rückgriff). Das Indossament muss unbedingt sein, eine teilweise Übertragung ist unzulässig. Die lückenlose Kette der Indossamente ist Voraussetzung für die Legitimation des jeweiligen Inhabers, der sich ggf. auf das Recht aus der Tratte berufen möchte. Jeder neue Inhaber wird durch das Indossament im Besitz der Rechte aus der Tratte, zugleich aber auch wechselrechtlich haftbar, falls er sie weiter indossiert.

Welche Besonderheiten bestehen hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen aus der Tratte?

Wechselrechtliche Ansprüche unterliegen speziellen Verjährungsfristen, die von den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften abweichen. Nach § 77 Wechselgesetz verjähren die Ansprüche gegen den Akzeptanten nach drei Jahren ab dem Tag der Fälligkeit der Tratte. Regressansprüche des Inhabers gegen den Aussteller und die Indossanten verjähren bereits nach einem Jahr ab dem Tag des Protests oder – falls ein Protest nicht erforderlich ist – ab dem Fälligkeitstag. Ansprüche zwischen den wechselmäßigen Verpflichteten, insbesondere zwischen Indossanten untereinander, verjähren in sechs Monaten ab der Befriedigung oder Inanspruchnahme. Die Fristen beginnen mit klar bestimmten Zeitpunkten und können durch Klageerhebung oder Schuldanerkenntnis unterbrochen werden.

Welche Formerfordernisse bestehen für die Ausstellung einer Tratte?

Die Ausstellung einer Tratte unterliegt strengen Formvorschriften, die im Wechselgesetz (§ 1 WG) abschließend geregelt sind. Eine Tratte muss zwingend bestimmte Bestandteile aufweisen, darunter: die Bezeichnung als Wechsel im Text, eine unbedingte Zahlungsanweisung, Name des Bezogenen, Fälligkeitsangabe, Zahlungsort, Name des Zahlungsempfängers, Ausstellungsdatum und -ort, sowie eigenhändige Unterschrift des Ausstellers. Das Fehlen einzelner Bestandteile kann je nach Art zum Verlust der Eigenschaft als Tratte führen. Allerdings gibt es gesetzlich vorgesehene Erleichterungen/Fiktionen, die in bestimmten Fällen das Fehlen einzelner Angaben heilen. Die Einhaltung der Formvorschriften ist Voraussetzung für die wirksame Geltendmachung wechselrechtlicher Ansprüche.

Wie erfolgt die rechtliche Absicherung des Tratte-Gläubigers im Insolvenzfall des Bezogenen?

Im Fall der Insolvenz des Bezogenen (meistens der Schuldner, bei dem die Tratte einzulösen wäre), hat der Gläubiger (Tratteninhaber) nach den wechselrechtlichen Vorschriften bestimmte Vorrechte. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass er seine Forderung als Wechselgläubiger analog § 45 InsO zur Tabelle anmelden und gesondert titulieren lassen kann. Die Anmeldung der Wechselforderung bei der Insolvenzverwaltung erfolgt unter Vorlage der Tratte sowie etwaiger Protesturkunden. Wechselrechtliche Besonderheiten (wie Vorrangregelungen, privilegierte Behandlung im Insolvenzverfahren) bestehen in Deutschland nicht mehr, sodass der Tratteninhaber die allgemeinen Gläubigerrechte genießt. Weiterhin besitzt der Inhaber ein Zurückbehaltungsrecht am Wechselpapier selbst, solange die Schuld nicht beglichen ist.

Welche rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen der Tratte und dem selbstschuldnerischen Wechsel (Solawechsel)?

Die Tratte ist ein gezogener Wechsel, bei dem der Aussteller den Bezogenen zur Zahlung anweist, während ein Solawechsel (Eigenwechsel) ein Versprechen des Ausstellers selbst zur unbedingten Zahlung darstellt. Im Wechselrecht ergibt sich daraus ein abweichendes Haftungsgefüge: Bei der Tratte ist der Aussteller zunächst nur rück-griffspflichtig, wenn der Bezogene die Annahme oder Zahlung verweigert, während beim Solawechsel einzig der Aussteller als Hauptschuldner haftet. Die Einziehungs- und Protestvorschriften, die für die Tratte maßgeblich sind, gelten für den Solawechsel sinngemäß, jedoch ohne das Erfordernis der Annahme durch einen Dritten. In der Praxis hat die Tratte vor allem Bedeutung im Waren- und Kreditverkehr, während der Solawechsel hauptsächlich bei Kreditgeschäften ohne Dritte Anwendung findet.

Was ist im Hinblick auf die Protesterhebung bei der Tratte aus rechtlicher Sicht besonders zu beachten?

Der Protest ist nach den §§ 44 ff. Wechselgesetz eine besondere Notifikation im Zusammenhang mit der Ablehnung der Annahme oder Zahlung der Tratte, die den Inhaber zum Regress gegen die wechselmäßig Verpflichteten berechtigt. Der Protest muss am Tag der Ablehnung oder spätestens am nächsten Werktag erhoben werden und bedarf einer öffentlichen Beurkundung durch einen Notar oder einen anderen hierzu ermächtigten Beamten. Für den ordentlichen Protest müssen bestimmte inhaltliche und formale Voraussetzungen beachtet werden (Angabe des Zahlungs- und Protestortes, genaue Beschreibung, Grund des Protestes, etc.). Die nicht fristgerechte oder formgerechte Erhebung des Protestes kann zum vollständigen Verlust der wechselrechtlichen Ansprüche gegen Aussteller, Indossanten und Bürgen führen. Hingegen bleibt der Anspruch gegen den Bezogenen (bei akzeptierter Tratte) bestehen. Auch Ersatzproteste oder Protestverzichterklärungen sind unter bestimmten Bedingungen rechtlich zulässig.

Welche Besonderheiten gelten bei der Einziehung einer Tratte im internationalen Rechtsverkehr?

Im internationalen Zahlungsverkehr gelten für die Tratte häufig die Bestimmungen des Genfer Wechselrechtsabkommens sowie ggf. kollisionsrechtliche Vorschriften des IPRG und der Brüssel Ia-VO. Der Ort der Ausstellung, Annahme oder Zahlung kann bezüglich Form, Fristen und Einziehungsmodalitäten unterschiedliche Konsequenzen haben. Es ist dabei stets zu prüfen, welchem nationalen Wechselrecht die Tratte unterliegt. Die Formvorschriften richten sich in der Regel nach dem Recht des Ausstellungsorts, während die Verpflichtungen des Bezogenen (z.B. Annahme, Zahlung) nach dem Recht des Zahlungsorts beurteilt werden. Im Streitfall entscheiden die Gerichte nach den kollisionsrechtlichen Grundsätzen, wobei die internationale Zuständigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung von Wechselurteilen grenzüberschreitende Besonderheiten aufweisen. Besondere Bedeutung kommt hierbei dem Haager Wechselrechtsübereinkommen zu, das bestimmte Aspekte vereinheitlicht hat.