Begriff und Definition: Tantieme
Die Tantieme ist ein variabler, erfolgsabhängiger Anteil am Gewinn eines Unternehmens, der insbesondere an Führungskräfte, Organe (wie Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder), aber auch an Gesellschafter, Aufsichtsräte oder sonstige Dritte ausgezahlt wird. Die Tantieme stellt eine erfolgsorientierte Vergütungsform dar und unterscheidet sich dadurch grundlegend von fixen Gehaltsanteilen. Der Begriff wird in unterschiedlichen rechtlichen Zusammenhängen verwendet und hat insbesondere im Handels- und Gesellschaftsrecht Bedeutung.
Rechtsgrundlagen und Erscheinungsformen der Tantieme
Handelsrechtliche Grundlagen
Das Handelsgesetzbuch (HGB) regelt die Möglichkeit der Gewährung von Tantiemen an die Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft (§ 87 AktG) oder an Geschäftsführer einer GmbH (§ 35 GmbHG in Verbindung mit § 87 AktG). Die konkrete Ausgestaltung und Zulässigkeit richten sich maßgeblich nach den jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen und den individuellen Vereinbarungen im Anstellungsvertrag oder Gesellschaftsvertrag.
Aktiengesellschaft (AG)
Für Vorstandsmitglieder einer AG gibt § 87 Aktiengesetz (AktG) vor, dass die Vergütung einschließlich erfolgsbezogener Bestandteile wie die Tantieme vom Aufsichtsrat festgelegt wird. Restriktionen ergeben sich aus dem Angemessenheitsgrundsatz, der Unternehmensinteressen und die langfristige Entwicklung berücksichtigen soll.
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Auch bei GmbHs kann eine Tantieme gezahlt werden, sofern dies durch Gesellschaftsvertrag, Gesellschafterbeschluss oder Geschäftsführeranstellungsvertrag vorgesehen ist. Maßgeblich ist auch hier die Angemessenheit nach § 87 Abs. 1 AktG analog sowie das steuerliche Fremdvergleichsprinzip, insbesondere bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern.
Vertragsgestaltung der Tantieme
Die genaue Ausgestaltung der Tantieme wird regelmäßig vertraglich vereinbart. Wichtige Regelungen betreffen dabei:
- Bezugsgröße (z. B. Jahresüberschuss, Bilanzgewinn, operativer Gewinn)
- Berechnungszeitraum (meist Geschäftsjahr)
- Auszahlungsmodalitäten und Fälligkeit
- Regelungen beim Ausscheiden während des Geschäftsjahres
- Rückforderungsmöglichkeiten bei späteren Bilanzkorrekturen
Tantieme im Steuerrecht
Tantiemen und deren steuerliche Behandlung sind wesentlich bei der Ausgestaltung relevant:
Ertragsteuerliche Behandlung
Tantiemen zählen als Bestandteil der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) beim Empfänger. Bei der Gesellschaft stellen sie grundsätzlich Betriebsausgaben dar, sofern sie betrieblich veranlasst und angemessen sind.
Lohnsteuer und Sozialversicherung
Die Auszahlung von Tantiemen unterliegt der Lohnsteuerpflicht und ggf. der Sozialversicherung, soweit Sozialversicherungspflicht besteht. Die Bemessung kann komplex sein, wenn nachträgliche Korrekturen der zugrundeliegenden Bezugsgröße (z. B. durch Bilanzänderungen) erfolgen.
Angemessenheitsprüfung
Insbesondere bei Gesellschafter-Geschäftsführern prüft die Finanzverwaltung, ob die Gesamtausstattung (Fixgehalt, Tantieme und sonstige Leistungen) einem Fremdvergleich standhält. Bei Überschreiten der Angemessenheitsgrenze kann eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegen.
Gesellschaftsrechtliche Aspekte der Tantieme
Tantieme bei Fremdorganschaften
Bei konzernangehörigen Gesellschaften kann eine Tantieme auch an Organmitglieder von Mutter- oder Tochtergesellschaften gezahlt werden. Dies erfordert klare vertragliche Regelungen und kann Auswirkungen auf die steuerliche Anerkennung haben.
Wettbewerbsverbot und Rückforderungsklauseln
Bei Pflichtverletzungen oder Ausschlussgründen (z. B. grobe Pflichtverletzung, Verstoß gegen Wettbewerbsverbote) kann im Vertrag geregelt werden, dass bereits gezahlte Tantiemen anteilig vom Empfänger zurückzuerstatten sind.
Offenlegungspflichten
In börsennotierten Gesellschaften besteht gemäß § 285 Nr. 9 HGB und § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB eine Pflicht zur Offenlegung der Gesamtbezüge der Organmitglieder, worunter auch die Tantiemen fallen.
Tantieme im Arbeitsrecht
Abgrenzung zu anderen Vergütungsarten
Die Tantieme ist von anderen variable Vergütungen wie Boni, Prämien und Provisionen abzugrenzen. Maßgebliches Zuordnungskriterium ist die primäre Kopplung an den Unternehmenserfolg.
Einseitige Änderung der Tantieme
Eine Änderung der Tantiemeregelung ist ein Eingriff in das vertragliche Vergütungsgefüge und bedarf grundsätzlich einer einvernehmlichen Anpassung des Anstellungsvertrags.
Tantieme im internationalen Kontext
In anderen Rechtsordnungen (z. B. im angloamerikanischen Raum) finden sich vergleichbare Vergütungsformen unter Begriffen wie „Profit Share“ oder „Director’s Bonus“, die aber je nach Gesellschaftsform und Vertragsgestaltung von den deutschen Regelungen abweichen können.
Praxisfragen und Rechtsprechung zur Tantieme
Berechnung und Streitpunkte
Immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen sind die Berechnung der Bezugsgröße für die Tantieme (vor oder nach Steuern, Sondereinflüssen, Rückstellungen) und die Frage, inwieweit Tantiememinderungen nachträglich zulässig sind.
Rückforderung wegen Bilanzänderungen
Nachträgliche Bilanzberichtigungen können Rückforderungsansprüche der Gesellschaft begründen, soweit die Tantieme auf einer früher fehlerhaft ausgewiesenen Bilanz bezogen wurde.
Streit um Angemessenheit
Zur Angemessenheit der Tantieme existiert umfangreiche Rechtsprechung, insbesondere zu der Frage, welche Vergütungshöhen noch marktüblich und angemessen im Sinne der Gesellschaft und der steuerlichen Anerkennung sind.
Bedeutung und Zwecke der Tantieme
Die Tantieme dient vorrangig der Motivation von Führungskräften und Organmitgliedern durch Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg. Ihr rechtlicher Rahmen sichert sowohl die Interessen der Gesellschaft als auch den Empfänger, etwa durch Transparenz, Nachvollziehbarkeit und klare Leistungsanreize.
Literaturhinweise und Quellen
- Handelsgesetzbuch (HGB)
- Aktiengesetz (AktG)
- Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)
- Einkommensteuergesetz (EStG)
- Bundesfinanzhof (BFH) Rechtsprechung zur Angemessenheit der Geschäftsführervergütung
- Kommentarwerke zu HGB und AktG
Hinweis: Die rechtlichen Rahmenbedingungen rund um die Tantieme können sich infolge gesetzlicher Änderungen weiterentwickeln. Für verbindliche und aktuelle Aussagen empfiehlt sich die Konsultation aktueller Gesetzestexte und Rechtsprechungsquellen.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird die rechtliche Anspruchsgrundlage für Tantiemen geregelt?
Die rechtliche Anspruchsgrundlage für Tantiemen findet sich in verschiedenen Gesetzen, abhängig vom jeweiligen Schaffensbereich und Rechtsgebiet. Im Urheberrecht sind Tantiemen als Vergütungsansprüche für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke in den §§ 32 ff. UrhG (Urheberrechtsgesetz) geregelt. Dort ist festgelegt, dass Urheber für jede Nutzung ihres Werks eine angemessene Vergütung fordern dürfen. Bei anderen Leistungsschutzrechten, etwa im Bereich der ausübenden Künstler (§ 73 UrhG), bestehen ebenfalls Ansprüche auf angemessene Vergütung. Im Verlagswesen, insbesondere im Verlagsvertrag, ist die Tantiemenregelung in den §§ 30 ff. VerlG (Verlagsgesetz) gesetzlich normiert. Darüber hinaus können arbeits-, dienst- und gesellschaftsrechtliche Bestimmungen maßgeblich sein, etwa bei Geschäftsführern, Vorständen oder Vertriebsmitarbeitern, bei denen Tantiemeregelungen arbeits- oder dienstvertraglicher Natur sind und durch das BGB (insbesondere §§ 611a, 612, 649 BGB) geregelt werden. Verträge oder Tarifverträge können die Anspruchsregelungen ergänzen oder konkretisieren, dürfen dabei jedoch nicht gegen zwingendes Recht verstoßen.
Welche Ansprüche bestehen bei unvollständiger oder verspäteter Auszahlung von Tantiemen?
Kommt es zur unvollständigen oder verspäteten Auszahlung von Tantiemen, stehen dem Berechtigten verschiedene rechtliche Ansprüche zu. Zunächst kann der Anspruch auf die vollständige Zahlung der vereinbarten oder gesetzlich zustehenden Tantieme geltend gemacht werden. Diese ergibt sich aus dem jeweiligen Vertrag oder dem Gesetz, wie z. B. dem UrhG bei Urhebern oder dem BGB im Arbeitsrecht. Wird die Auszahlung verspätet geleistet, können Verzugszinsen gemäß § 288 BGB verlangt werden, sofern eine Mahnung erfolgt ist oder eine Zahlungsfrist verstrichen ist. Darüber hinaus besteht gegebenenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz, falls durch die Verzögerung ein konkreter Vermögensschaden entstanden ist. Im Wege der Klage kann die Auszahlung der geschuldeten Tantieme gerichtlich durchgesetzt und Zwangsvollstreckung betrieben werden. Falls Tantiemen über eine Verwertungsgesellschaft (z. B. GEMA, VG Wort) abgerechnet werden, bestehen zusätzlich Ansprüche auf ordnungsgemäße Abrechnung und Transparenz nach § 32d UrhG.
Welche gesetzlichen Regelungen gelten hinsichtlich der Transparenz und Abrechnung von Tantiemen?
Gemäß § 32d UrhG („Transparenzpflicht“) sind Vertragspartner des Urhebers verpflichtet, mindestens einmal jährlich Auskunft über die Nutzung der Werke und die hierdurch erzielten Erträge und Vorteile zu erteilen, die für die Berechnung der Tantieme maßgeblich sind. Diese Transparenzpflicht gilt auch für einige verwandte Schutzrechte (§ 49 UrhG, § 79 UrhG). Im Verlagsrecht besteht eine ähnliche Auskunftspflicht in § 16 VerlG, wonach der Verlag zur jährlichen Abrechnung der dem Urheber zustehenden Vergütung verpflichtet ist. Die gesetzlichen Regelungen sind zwingend und können nur eingeschränkt vertraglich abbedungen werden, insbesondere wenn der Urheber ein partiell schutzbedürftiges Vertragsteil ist. Darüber hinaus gewährt die Rechtsprechung einen Auskunftsanspruch auf Basis von Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn ohne diese Informationen die Höhe der Tantieme nicht überprüfbar ist. Auch Vergütungssysteme in Arbeits- und Dienstverträgen müssen transparent und nachvollziehbar ausgestaltet sein.
Können Tantiemen im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstvertrages wirksam ausgeschlossen werden?
Ein vollständiger Ausschluss von Tantiemen im Arbeits- oder Dienstvertrag ist nur dann wirksam, wenn diesem Ausschluss keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen und die Vertragsfreiheit nicht durch Vorschriften zum Schutz der schwächeren Vertragspartei (z. B. Arbeitnehmer, Urheber) beschnitten ist. Während im klassischen Arbeitsverhältnis grundsätzlich vereinbart werden kann, ob zusätzlich zum Festgehalt eine erfolgsabhängige Tantieme gezahlt wird, sind im Urhebervertragsrecht Mindestvergütungsansprüche zwingend vorgeschrieben (§ 32 UrhG). Ein gänzlicher Ausschluss dieser Ansprüche wäre daher im Bereich des Urheberrechts in der Regel unwirksam. Im gesellschaftsrechtlichen Kontext (z. B. Vorstände, Geschäftsführer) besteht gestalterischer Spielraum, solange die Regelungen nicht sittenwidrig oder überraschend sind und keine anderweitigen arbeits- oder gesellschaftsrechtlichen Schutzvorschriften verletzt werden. Relevant ist zudem der Gleichbehandlungsgrundsatz, etwa bei kollektiven Tantiemesystemen.
Welche steuerrechtlichen Vorschriften sind bei der Auszahlung von Tantiemen zu beachten?
Tantiemen gelten im steuerrechtlichen Sinne regelmäßig als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (etwa bei Urhebern und Künstlern, § 18 EStG) oder als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (bei Arbeitnehmern, Vorständen oder Geschäftsführern, § 19 EStG). Sie unterliegen der Einkommensteuer und sind vom Empfänger in der Steuererklärung als Einnahmen anzugeben. Bei Arbeitnehmern erfolgt die Besteuerung üblicherweise im Rahmen der Lohnabrechnung durch den Arbeitgeber mittels Lohnsteuerabzug. Bei selbständigen Urhebern oder Künstlern müssen Tantiemen selbst versteuert werden und ggf. Vorauszahlungen geleistet werden. Darüber hinaus fallen je nach Sachverhaltsgestaltung ggf. Umsatzsteuerpflichten an, insbesondere wenn der Tantiemenempfänger umsatzsteuerpflichtig ist. In bestimmten Fällen, z. B. bei Urhebereinkünften aus dem Ausland, können Doppelbesteuerungsabkommen einschlägig sein, die die Steuerpflichten modifizieren. Die genaue steuerliche Behandlung kann je nach individueller Vertragsgestaltung, Rechtsform und Sitz der Vertragsparteien variieren.
Welche Verjährungsfristen gelten für die Durchsetzung von Tantiemenansprüchen?
Die Verjährungsfristen für Tantiemenansprüche richten sich nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften, sofern keine spezialgesetzlichen Regelungen bestehen. In den meisten Fällen gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 BGB). Einige besondere gesetzliche Regelungen sehen abweichende Fristen vor, beispielsweise der Anspruch der Autoren gegen den Verlag auf jährliche Abrechnung gem. § 17 VerlG, wo Fristen von bis zu vier Jahren vorgesehen sein können. Eine etwaige Hemmung der Verjährung, z. B. durch Verhandlungen oder gerichtliche Geltendmachung, ist gemäß §§ 203 ff. BGB möglich. Es empfiehlt sich, die jeweiligen geltenden Fristen individuell zu prüfen.