Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Familienrecht»Tagespflegeperson

Tagespflegeperson


Tagespflegeperson: Rechtslage und Definition

Die Tagespflegeperson ist ein zentraler Begriff im deutschen Sozial- und Familienrecht, insbesondere im Kontext der Kindertagesbetreuung. Als Tagespflegeperson wird eine natürliche Person bezeichnet, die gemäß § 23 ff. SGB VIII Kinder in ihrem Haushalt, im Haushalt der Erziehungsberechtigten oder in anderen geeigneten Räumlichkeiten gegen Entgelt betreut. Die Tätigkeit der Tagespflegeperson ist rechtlich geregelt und unterliegt besonderen Voraussetzungen und Pflichten.

Begriffliche Abgrenzung und rechtliche Verankerung

Definition nach SGB VIII

Gemäß § 22 Absatz 1 SGB VIII (Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe) umfasst die Kindertagespflege die Förderung von Kindern in einer Tagespflegestelle. Eine Tagespflegeperson übernimmt die Betreuung, Förderung und Erziehung von Kindern außerhalb der institutionellen Betreuung, etwa von Kindertagesstätten. Die Tätigkeit wird meist selbstständig ausgeübt, kann aber auch im Rahmen einer Anstellung erfolgen.

Historische Entwicklung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Tagespflegeperson wurden mit dem Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK) 2005 sowie durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) maßgeblich geprägt und erweitert. Die Novellierungen zielten auf die professionelle Ausgestaltung und Qualitätssicherung der Kindertagespflege.

Qualifikation und Eignung

Persönliche Eignung

Nach § 43 SGB VIII ist die Erlaubnis zur Kindertagespflege an die persönliche Eignung der Tagespflegeperson gebunden. Dazu zählen insbesondere:

  • Mindestalter von 18 Jahren
  • Nachweis der gesundheitlichen Eignung
  • Einwandfreier Leumund (Führungszeugnis)
  • Motivation und Bereitschaft zur kontinuierlichen Fortbildung

Fachliche Qualifikation

Zu den Anforderungen gehören pädagogische Grundkenntnisse, die durch Qualifizierungskurse nachgewiesen werden müssen. Die Inhalte der Qualifikation werden durch landesrechtliche Regelungen und Empfehlungen der zuständigen Jugendämter bestimmt. In der Regel sind mindestens 160 Unterrichtseinheiten pädagogischer und rechtlicher Inhalte zu absolvieren.

Fortbildungspflicht

Tagespflegepersonen sind zur kontinuierlichen Fortbildung und Teilnahme an weiterbildenden Maßnahmen verpflichtet, um die Qualität der Betreuung sicherzustellen.

Erlaubnisverfahren

Erteilung der Pflegeerlaubnis

Für die Betreuung von mehr als fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern ist gemäß § 43 SGB VIII eine Pflegeerlaubnis erforderlich, die vom örtlichen Jugendamt erteilt wird. Die Erlaubnis umfasst eine Prüfung der persönlichen und fachlichen Eignung sowie der räumlichen Gegebenheiten.

Befristung und Widerruf

Die Pflegeerlaubnis wird in der Regel befristet ausgestellt und kann bei Wegfall der Voraussetzungen widerrufen werden. Gründe können etwa ein Wegfall der Eignung, Verstöße gegen rechtliche Auflagen oder Veränderungen in den Betreuungsverhältnissen sein.

Arbeitsverhältnis und rechtliche Stellung

Selbstständige und abhängige Beschäftigung

Tagespflegepersonen arbeiten zumeist selbstständig auf Honorarbasis. In Einzelfällen ist jedoch auch eine Anstellung beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe möglich. Die Abgrenzung erfolgt nach sozialversicherungsrechtlichen Kriterien, zu denen das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie das Bundessozialgericht richtungsweisende Entscheidungen getroffen haben.

Vertragsverhältnis

Die rechtlichen Beziehungen zwischen Tagespflegeperson, Erziehungsberechtigten und Jugendamt werden zumeist durch Betreuungsverträge geregelt. Diese enthalten Vereinbarungen über Betreuungszeiten, Vergütung, Pflichten, Haftung und Kündigung.

Vergütung und Sozialversicherung

Vergütungsanspruch

Tagespflegepersonen erhalten laut § 23 SGB VIII eine laufende Geldleistung, die sich in verschiedene Bestandteile gliedert:

  • Aufwandserstattung (Sachkosten für die Betreuung)
  • Förderungsleistung (Entlohnung für Erziehungsarbeit)
  • Sozialversicherungszuschüsse (Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung)
  • Zuschüsse zur Unfallversicherung

Die Höhe der Leistungen ist im Wesentlichen Ländersache und wird von den Jugendämtern auf Grundlage landesrechtlicher Bestimmungen und kommunaler Satzungen festgelegt.

Sozialversicherungsrechtlicher Status

Tagespflegepersonen unterliegen unter bestimmten Voraussetzungen der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherungspflicht. Die Beiträge werden anteilig von den Jugendämtern übernommen. Die Unfallversicherung ist gemäß SGB VII verpflichtend, Sozialversicherungsbeiträge werden in Abhängigkeit vom jährlichen Einkommen berechnet.

Schutz- und Sorgfaltspflichten

Haftung und Versicherung

Tagespflegepersonen haften grundsätzlich für Schäden, die im Rahmen der Betreuungsleistung entstehen. Es besteht eine gesetzliche Unfallversicherung für die betreuten Kinder und die Tagespflegeperson. Der Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung wird empfohlen.

Kindeswohl und Datenschutz

Die Sicherstellung des Kindeswohls steht im Zentrum der Tätigkeit. Tagespflegepersonen sind gesetzlich verpflichtet, den Schutzauftrag bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung zu erfüllen (§ 8a SGB VIII). Zudem gelten umfangreiche Datenschutzregelungen nach DSGVO und SGB VIII.

Kontrolle und Aufsicht

Die Tätigkeit von Tagespflegepersonen unterliegt der fortlaufenden Aufsicht durch das Jugendamt. Regelmäßige Hausbesuche, Evaluationen und Beratungsgespräche sollen die Einhaltung rechtlicher Vorgaben und Qualitätsstandards gewährleisten.

Zusammenfassung

Die Tagespflegeperson ist eine rechtlich umfassend geregelte Funktion im Bereich der Kindertagesbetreuung. Die Tätigkeit setzt die Erfüllung strenger persönlicher und fachlicher Anforderungen voraus und ist eng an das Tätigwerden mit einer Pflegeerlaubnis geknüpft. Rechte und Pflichten der Tagespflegeperson sind im SGB VIII sowie in ergänzenden Landes- und Kommunalregelungen detailliert ausgestaltet. Die Rolle der Tagespflegeperson erfordert neben Fachkompetenz ein hohes Maß an sozialer Verantwortung und Integrität im Umgang mit Kindern und deren Familien.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen muss eine Tagespflegeperson erfüllen?

Eine Tagespflegeperson muss gemäß § 43 SGB VIII (Sozialgesetzbuch, Achtes Buch) eine ausdrückliche Pflegeerlaubnis vom zuständigen Jugendamt besitzen, sofern mehr als ein Kind außerhalb des Haushalts der Erziehungsberechtigten länger als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt betreut wird und die Betreuung länger als drei Monate andauert. Diese Pflegeerlaubnis kann nur erteilt werden, wenn die Tagespflegeperson mindestens 21 Jahre alt ist, über einen Hauptschulabschluss sowie ausreichende Deutschkenntnisse verfügt und die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit nachgewiesen werden. Zudem sind ein einwandfreies erweitertes polizeiliches Führungszeugnis sowie ein Nachweis über einen Erste-Hilfe-Kurs am Kind erforderlich. Die Eignung wird durch fachliche Qualifizierungen – in der Regel mindestens 160 Stunden Grundqualifizierung nach dem DJI-Curriculum – sowie durch regelmäßige Fortbildungen und Teilnahme an pädagogischer Beratung sichergestellt. Zudem müssen Tagespflegepersonen gesundheitlich in der Lage sein, Kinder zu betreuen, was durch ein ärztliches Attest nachgewiesen wird. Die Räumlichkeiten, in denen die Betreuung stattfindet, müssen den Anforderungen des Kindeswohls entsprechen, was dem Schutz, der Förderung und Entwicklung des Kindes dient und durch regelmäßige Überprüfungen des Jugendamtes kontrolliert wird.

Muss eine Tagespflegeperson sozialversicherungsrechtliche Pflichten beachten?

Tagespflegepersonen sind im Regelfall selbstständig tätig und unterliegen damit grundsätzlich der Pflicht zur Krankenversicherung sowie gegebenenfalls der Renten- und Unfallversicherung. Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sind Tagespflegepersonen, die mehr als 15 Stunden wöchentlich und länger als drei Monate Kinder gegen Entgelt betreuen, grundsätzlich rentenversicherungspflichtig. Sie müssen sich eigenständig bei der Deutschen Rentenversicherung melden und die entsprechenden Beiträge entrichten. Für die Unfallversicherung besteht nach § 2 Abs. 1 Nr. 9a SGB VII eine Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Unfallversicherung über die Unfallkasse des Bundeslandes, in dem die Tagespflegeperson tätig ist. Die Beiträge werden i. d. R. vom Jugendamt übernommen. Liegt ein sozialversicherungsrechtliches Angestelltenverhältnis (z. B. bei Anstellung in einer Großtagespflege) vor, gelten die üblichen sozialversicherungsrechtlichen Regelungen für Arbeitnehmer.

Unterliegt die Tätigkeit als Tagespflegeperson der Einkommensteuerpflicht?

Das Einkommen, das eine Tagespflegeperson aus ihrer Tätigkeit bezieht, stellt steuerpflichtige Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Tagespflegepersonen müssen eine jährliche Einkommensteuererklärung abgeben und ihre Einkünfte sowie die damit in Zusammenhang stehenden Ausgaben entsprechend nachweisen. Für laufende Sachaufwendungen, wie Spielmaterial oder Verpflegungskosten, sowie für laufende Betriebsausgaben, wie Miete, Strom oder Versicherungen, können entweder die tatsächlich nachgewiesenen Kosten oder alternativ eine Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 300 Euro pro Kind und Monat geltend gemacht werden (§ 3 Nr. 9 EStG, BMF-Schreiben). Darüber hinaus gelten steuerliche Freibeträge und Pauschalen für bestimmte Ausgaben. Die genaue steuerliche Behandlung kann fallbezogen variieren, daher empfiehlt sich eine professionelle steuerliche Beratung.

Welche rechtlichen Verpflichtungen bestehen bezüglich des Datenschutzes?

Tagespflegepersonen unterliegen dem Datenschutzrecht, insbesondere der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU sowie dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Sie dürfen personenbezogene Daten der Kinder und ihrer Erziehungsberechtigten – dazu zählen Name, Anschrift, Gesundheitsdaten, Notfallkontakte und Entwicklungsgespräche – nur erheben, speichern und nutzen, soweit dies zur Erfüllung des Betreuungsverhältnisses erforderlich ist. Die Tagespflegeperson hat sicherzustellen, dass unbefugte Dritte keinen Zugriff auf diese sensiblen Daten haben. Eine Aufklärung der Eltern über die Datenverarbeitung ist verpflichtend, ebenso wie die Einholung einer schriftlichen Einwilligungserklärung. Im Schadensfall bzw. bei Datenschutzverstößen können Bußgelder verhängt werden. Darüber hinaus sind alle Aufzeichnungen nach Ablauf des Betreuungsverhältnisses datenschutzkonform zu vernichten.

Welche gesetzlichen Regelungen gelten für die Aufsichtspflicht?

Die Tagespflegeperson übernimmt während der vereinbarten Betreuungszeiten die Aufsichtspflicht gemäß § 832 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Sie ist rechtlich dazu verpflichtet, das Kind vor Gefahren zu schützen und für dessen Wohlergehen Sorge zu tragen. Umfang und Maß der Aufsicht richten sich nach Alter, Entwicklungsstand und individueller Situation des betreuten Kindes sowie nach der Gefahrenlage. Eine Verletzung der Aufsichtspflicht kann zu zivilrechtlichen (Schadensersatz) und strafrechtlichen Konsequenzen führen, insbesondere wenn der Tagespflegeperson eine Fahrlässigkeit oder grobe Pflichtverletzung nachgewiesen wird. Ergänzt wird dieser Schutz durch die obligatorische Haftpflichtversicherung, die jede Tagespflegeperson abschließen muss, um Schäden gegenüber Dritten abzusichern.

Welche Bestimmungen gelten zur Vertragsschließung mit Eltern?

Das Rechtsverhältnis zwischen Tagespflegeperson und den Erziehungsberechtigten der betreuten Kinder wird durch einen Betreuungsvertrag geregelt, der die Grundlagen der Betreuung verbindlich festlegt. Gesetzlich vorgeschrieben sind insbesondere Angaben zu Betreuungszeiten, Vergütung, Kündigungsfristen, Urlaubs- und Krankheitsregelungen, Vertretungsregelungen sowie Notfallmaßnahmen. Der Vertrag muss zudem Vereinbarungen zum Datenschutz, zu gesundheitlichen Aspekten (z. B. Impfstatus, Allergien) und zu Haftungsfragen enthalten. Für geförderte Tagespflegeverhältnisse ist der Abschluss eines solchen Vertrages Voraussetzung für Leistungen nach dem SGB VIII. Der Vertrag muss schriftlich erfolgen und von beiden Parteien unterzeichnet werden. Bei Unstimmigkeiten gilt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) als rechtliche Grundlage.

Inwiefern sind Tagespflegepersonen an das Kinderschutzgesetz gebunden?

Tagespflegepersonen sind gem. § 8a SGB VIII explizit an den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung gebunden. Sie sind verpflichtet, Anhaltspunkte für eine mögliche Kindeswohlgefährdung unverzüglich dem Jugendamt zu melden und mit diesem zu kooperieren. Das umfasst sowohl die Beobachtung als auch die Dokumentation von Auffälligkeiten im Verhalten oder im körperlichen Zustand des Kindes. Zudem gilt die Verpflichtung zur Teilnahme an vorgeschriebenen Kinderschutzschulungen. Eine Verschwiegenheitspflicht besteht grundsätzlich, diese tritt jedoch hinter dem Schutzauftrag bei akuter Gefahr zurück, was rechtlich durch die Zeugnisverweigerungsrechte nach § 203 StGB geregelt wird.

Welche Rechte und Pflichten bestehen im Rahmen einer Vertretungsregelung?

Tritt eine Tagespflegeperson krankheits- oder urlaubsbedingt aus, so sind gemäß SGB VIII und den jeweiligen landesrechtlichen Ausführungsgesetzen geeignete Vertretungsregelungen vorzusehen. Dies kann z. B. durch eine Vertretungskraft im Netzwerk der Kindertagespflege oder durch institutionelle Notfallbetreuung geschehen. Die Eltern sind über Vertretungsregelungen schriftlich zu informieren, und die Vertretungsperson muss dieselben rechtlichen Voraussetzungen wie die originäre Tagespflegeperson erfüllen (Pflegeerlaubnis, polizeiliches Führungszeugnis, Erste-Hilfe-Kurs, gesundheitliche Eignung usw.). Versäumt die Tagespflegeperson die rechtssichere Organisation der Vertretung, kann dies zu einem Entfall der Betreuungsleistung und im Einzelfall zu Haftungsansprüchen führen.