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Strafvorbehalt

Strafvorbehalt: Bedeutung und Grundidee

Der Strafvorbehalt ist ein Instrument des Strafrechts, bei dem das Gericht eine Person wegen einer Straftat verurteilt, jedoch die Verhängung einer Geldstrafe zunächst nur vorbehält. Zugleich erhält die verurteilte Person eine ausdrückliche Verwarnung. Bewährt sich die Person innerhalb einer festgelegten Zeit und erfüllt vorgegebene Auflagen oder Weisungen, wird die vorbehaltene Strafe am Ende nicht verhängt. Kommt es hingegen zu Verstößen oder zu einer neuen Straftat, kann das Gericht die vorbehaltene Geldstrafe ganz oder teilweise festsetzen.

Rechtliche Einordnung und Zweck

Der Strafvorbehalt verbindet Schuldfeststellung und Erziehungs- bzw. Warnfunktion. Er steht zwischen einer bloßen Verwarnung ohne Strafe und einer sofort vollstreckbaren Geldstrafe. Ziel ist es, auf weniger gravierende Straftaten flexibel zu reagieren, die Wiedereingliederung zu fördern, erneute Straftaten zu verhindern und zugleich den Unrechtsgehalt der Tat deutlich zu machen. Dieses Instrument wird bevorzugt eingesetzt, wenn die Schuld nicht hoch wiegt, Wiedergutmachung möglich ist und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass bereits die Verwarnung und die Auflagen ausreichen, um künftige Taten zu verhindern.

Voraussetzungen für einen Strafvorbehalt

Ein Strafvorbehalt kommt typischerweise nur in Betracht, wenn die Tat vom Gewicht her im unteren bis mittleren Bereich liegt und die Gesamtumstände eine günstige Prognose erlauben. Das Gericht prüft insbesondere:

  • Persönliche Umstände der betroffenen Person (z. B. Vorleben, berufliche und soziale Einbindung).
  • Art, Anlass und Folgen der Tat sowie das Nachtatverhalten (z. B. Einsicht, Schadensausgleich).
  • Ob bereits die Verwarnung, die Androhung der Strafe und flankierende Auflagen ausreichen, um künftige Straftaten zu vermeiden.

Besondere Bedeutung hat die Frage, ob Wiedergutmachung möglich ist und ob die Aussichten bestehen, dass die Person die Bewährungszeit beanstandungsfrei durchläuft.

Inhalt und Ausgestaltung des Strafvorbehalts

Verwarnung

Die Verwarnung ist der ausdrückliche gerichtliche Tadel, der das Unrecht der Tat verdeutlicht. Sie bildet das pädagogische Kernstück des Strafvorbehalts.

Vorbehaltene Strafe

Vorbehalten wird regelmäßig eine Geldstrafe. Deren Höhe orientiert sich daran, was ohne Strafvorbehalt als angemessen gegolten hätte. Die Strafe wird nicht sofort festgesetzt, sondern nur für den Fall eines Bewährungsversagens bereitgehalten.

Bewährungszeit

Das Gericht bestimmt eine Bewährungszeit, die üblicherweise in einem überschaubaren Zeitraum liegt. In dieser Zeit muss sich die verurteilte Person straffrei und bewährungsgeeignet verhalten. Nach Ablauf der Bewährungszeit entscheidet das Gericht, ob die vorbehaltene Strafe entfällt.

Auflagen und Weisungen

Zur Stützung der Bewährung können Auflagen und Weisungen erteilt werden. Häufige Inhalte sind:

  • Wiedergutmachung: Ausgleich des entstandenen Schadens.
  • Zahlung eines Geldbetrags an die Staatskasse oder an eine gemeinnützige Einrichtung.
  • Erbringung gemeinnütziger Leistungen.
  • Verhaltensbezogene Weisungen, etwa die Teilnahme an Kursen (z. B. soziale Trainingsmaßnahmen) oder die Beachtung bestimmter Kontakt- oder Näherungsregeln.

Auflagen dienen in erster Linie der Kompensation und Verantwortungsübernahme, Weisungen zielen auf künftiges straffreies Verhalten.

Ablauf im Verfahren

Der Strafvorbehalt wird durch gerichtliche Entscheidung angeordnet. Das Gericht trifft den Schuldspruch, spricht die Verwarnung aus, behält die Strafe vor, setzt die Bewährungszeit fest und bestimmt etwaige Auflagen oder Weisungen. Die Staatsanwaltschaft und die betroffene Person können prozessuale Rechte wahrnehmen, einschließlich der Möglichkeit, gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel einzulegen. Während der Bewährungszeit erfolgt die Erfüllung der Auflagen nachweislich; bei Bedarf kann das Gericht nachträgliche Entscheidungen zur Anpassung oder Beurteilung treffen.

Rechtsfolgen und Wirkungen

Bei erfolgreicher Bewährung

Wer sich in der Bewährungszeit bewährt und die Auflagen ordnungsgemäß erfüllt, muss die vorbehaltene Strafe nicht verbüßen. Die Androhung bleibt folgenlos; der Fall gilt damit als erledigt.

Bei Verstößen oder neuer Straftat

Kommt es zu einem Verstoß gegen Auflagen oder Weisungen oder zu einer neuen Straftat, prüft das Gericht, ob die vorbehaltene Strafe ganz oder teilweise zu verhängen ist. Dabei werden Art und Gewicht des Verstoßes, der Stand der Auflagenerfüllung und die Gesamtentwicklung während der Bewährungszeit berücksichtigt. Unabhängig davon wird eine neue Straftat gesondert verfolgt und geahndet.

Abgrenzung zu verwandten Instrumenten

Geldstrafe ohne Vorbehalt

Bei einer regulären Geldstrafe wird die Strafe sofort festgesetzt und ist vollstreckbar. Beim Strafvorbehalt wird die Strafe nur angedroht und kann bei Bewährung entfallen.

Bewährungsstrafe (ausgesetzte Freiheitsstrafe)

Die Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung betrifft eine Freiheitsstrafe, die unter Auflagen und Bewährung nicht vollstreckt wird. Der Strafvorbehalt bezieht sich demgegenüber auf eine vorbehaltene Geldstrafe in Verbindung mit einer Verwarnung.

Einstellung gegen Auflagen im Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren

Die Einstellung gegen Auflagen beendet das Verfahren ohne Schuldspruch, wenn die Auflagen erfüllt werden. Beim Strafvorbehalt liegt hingegen ein Schuldspruch vor; die Strafe wird lediglich vorbehalten.

Verwarnung ohne Strafvorbehalt

Eine bloße Verwarnung ohne Vorbehalt kommt bei sehr geringem Unrecht in Betracht und enthält keine angedrohte Strafe. Der Strafvorbehalt ergänzt die Verwarnung um die Möglichkeit, bei Bewährungsversagen eine Geldstrafe zu verhängen.

Typische Anwendungsbereiche

Der Strafvorbehalt findet sich vor allem bei weniger schwerwiegenden Delikten, häufig in Bereichen mit gut überschaubarem Schaden oder ohne gravierende Folgen, etwa im Vermögens- und Verkehrsbereich. Er eignet sich besonders für Fälle mit günstiger Zukunftsprognose, in denen Wiedergutmachung möglich ist und eine klare Verhaltensorientierung durch Auflagen sinnvoll erscheint.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Strafvorbehalt in einfachen Worten?

Das Gericht verurteilt eine Person und warnt sie, behält aber eine Geldstrafe nur für den Fall vor, dass sich die Person in einer Bewährungszeit nicht bewährt oder Auflagen nicht erfüllt.

Ist der Strafvorbehalt eine Verurteilung?

Ja. Es liegt ein Schuldspruch vor. Die Besonderheit besteht darin, dass die Strafe nicht sofort festgesetzt wird, sondern nur vorbehalten bleibt.

Wie lange dauert die Bewährungszeit beim Strafvorbehalt?

Die Bewährungszeit wird vom Gericht festgelegt und ist auf einen überschaubaren Zeitraum angelegt. Währenddessen müssen straffreies Verhalten und die Einhaltung der Auflagen nachweisbar sein.

Welche Auflagen sind beim Strafvorbehalt möglich?

Typisch sind Schadenswiedergutmachung, Zahlungen an die Staatskasse oder an gemeinnützige Einrichtungen, gemeinnützige Leistungen sowie verhaltensbezogene Weisungen wie die Teilnahme an Kursen oder die Beachtung bestimmter Kontaktregeln.

Was passiert, wenn Auflagen verletzt werden oder eine neue Straftat begangen wird?

Das Gericht prüft dann, ob die vorbehaltene Geldstrafe ganz oder teilweise zu verhängen ist. Eine neue Straftat wird unabhängig davon gesondert geahndet.

Worin unterscheidet sich der Strafvorbehalt von einer Bewährungsstrafe?

Beim Strafvorbehalt wird eine Geldstrafe vorbehalten und eine Verwarnung ausgesprochen. Bei der Bewährungsstrafe wird eine Freiheitsstrafe ausgesprochen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

Hat der Strafvorbehalt Eintragungsfolgen?

Es handelt sich um eine Entscheidung mit Schuldfeststellung, die registerrechtlich erfasst werden kann. Ob und wie sich dies in Auskünften zeigt, hängt von gesetzlichen Vorgaben und den Umständen des Einzelfalls ab.

Kann man gegen einen Strafvorbehalt vorgehen?

Gegen die gerichtliche Entscheidung stehen die üblichen prozessualen Rechtsmittel im Strafverfahren zur Verfügung. Deren Umfang richtet sich nach Art und Inhalt der Entscheidung.