Begriff und Bedeutung des Strafmakels
Der Begriff Strafmakel bezeichnet im deutschen Recht die negative Auswirkung, die eine strafrechtliche Verurteilung auf die gesellschaftliche Stellung, das Ansehen und die (zivil-)rechtlichen Befugnisse einer Person hat. Dieser Begriff ist weder eine unmittelbare Rechtsfolge eines Strafurteils noch ein messbarer oder zeitlich exakt begrenzter Begriff. Vielmehr handelt es sich um eine sozial und rechtlich relevante Folge der Bestrafung, durch die die betroffene Person oftmals mit Vorurteilen, Einschränkungen und weitergehenden Diskriminierungen belastet ist. Im weiteren Sinne wird unter dem Strafmakel auch das wirtschaftliche und soziale Stigma verstanden, das sich aus einer strafgerichtlichen Verurteilung ergeben kann.
Abgrenzung und Systematik
Der Strafmakel unterscheidet sich von den unmittelbaren strafrechtlichen Sanktionen wie Freiheitsstrafe, Geldstrafe oder Nebenstrafen. Während diese konkrete, nach Gesetz normierte Folgen sind, beschreibt der Strafmakel die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf die Rechtsstellung und Gesellschaftsrolle des Verurteilten. Er ist eng verknüpft mit dem Begriff der öffentlichen Ehrenrechte, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie dem Zugang zu bestimmten Berufen oder gesellschaftlichen Positionen.
Historische Entwicklung des Strafmakels
Strafmakel im klassischen Verständnis
Der Strafmakel hatte im klassischen Strafrecht eine ausgeprägte Bedeutung. In älteren Gesetzgebungen war der Verlust des „Ehre“ oder bürgerlicher Rechte eine direkte Nebenfolge vieler Strafen. Das öffentliche Prangerstehen, der Verlust des Wahlrechts, der Ausschluss aus bestimmten Berufen oder die Aberkennung der Amtsfähigkeit waren typische strafrechtliche Nebenfolgen.
Wandel im modernen Recht
Mit zunehmender Betonung der Resozialisierung und des Individualrechts der verurteilten Person verlor der Strafmakel als gesetzlich gewollte Repression an Bedeutung. Das moderne Strafrecht versucht, den negativen Folgen einer Verurteilung, insbesondere hinsichtlich dauerhafter gesellschaftlicher Stigmatisierung, entgegenzuwirken. Die Wiedereingliederung Straffälliger wird heute als ein zentrales Ziel gesehen.
Rechtliche Auswirkungen des Strafmakels
Strafmakel und Verlust öffentlicher Ehrenrechte
Zu den klassischen Auswirkungen des Strafmakels zählt der Verlust oder die Einschränkung öffentlicher Ehrenrechte. Hierzu können u. a. folgende Rechte zählen:
- Passives und aktives Wahlrecht
- Rechte zur Bekleidung öffentlicher Ämter
- Stimm- und Versammlungsrechte
- Ehrengerichtsbarkeit und Beamtenrechte
Bestimmte Verurteilungen können explizit zum Verlust oder zur Aberkennung dieser Rechte führen, siehe § 45 ff. Strafgesetzbuch (StGB) (Verlust der Amtsfähigkeit, des Wahlrechts und des Stimmrechts).
Auswirkungen im Berufsleben
Der Strafmakel wirkt sich besonders auf das Berufsleben aus. Eine strafrechtliche Verurteilung kann der Einstellung oder der Ausübung bestimmter Berufe oder Tätigkeiten entgegenstehen. Besonders betroffen sind Tätigkeiten im öffentlichen Dienst sowie Berufe mit besonderer Vertrauensstellung (beispielsweise im Sicherheitsgewerbe, Transport- oder medizinischen Bereich). Zudem verlangen zahlreiche Arbeitgeber die Vorlage eines Führungszeugnisses, in dem bestimmte Vorverurteilungen und deren Tilgungsfristen aufgeführt sind.
Staatlicher und privater Bereich
Nicht allein staatliche Maßnahmen können den Strafmakel aufrechterhalten. Auch im privaten Bereich – etwa bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche – spielt der Strafmakel eine Rolle. Gesellschaftliche Ablehnung oder Misstrauen folgen oftmals schon dann, wenn eine strafrechtliche Verurteilung bekannt wird, ungeachtet späterer gesetzlicher Regelungen zur Tilgung oder Rehabilitierung.
Tilgung und Dauer des Strafmakels
Eintragung im Bundeszentralregister und Führungszeugnis
Eine wesentliche Rolle für die Dauer des Strafmakels spielen die Eintragungen im Bundeszentralregister (§§ 4 ff. BZRG) und deren Auskunft in das Führungszeugnis (§§ 30 ff. BZRG). Dort werden Verurteilungen vermerkt und nach Ablauf bestimmter Fristen gelöscht (tilgungsreif gemacht), sofern keine weiteren Straftaten begangen wurden.
Tilgungsfristen
Die Tilgungsfristen betragen in der Regel 3, 5, 10, 15 oder im Einzelfall auch mehr Jahre, je nach Art und Höhe der Strafe. Nach der Tilgung dürfen diese Straftaten im normalen Rechtsverkehr nicht mehr zum Nachteil des Betroffenen verwendet werden. Dennoch können sie in Sonderfällen weiterhin für hoheitliche Entscheidungen relevant bleiben (etwa bei einer erneuten Strafverfolgung).
Rehabilitation und Resozialisierung
Das deutsche Recht kennt zahlreiche Instrumente zur Rehabilitation und Resozialisierung. Hierzu zählt etwa das Recht auf Resozialisierung nach Verbüßung einer Strafe sowie die Möglichkeit, auf gerichtlichem Wege die Rückgabe bestimmter Rechte oder eine beschleunigte Löschung im Register zu beantragen. Mit der Tilgung aus dem Bundeszentralregister soll der Strafmakel rechtlich beseitigt werden; gesellschaftlich bleibt er jedoch gelegentlich länger bestehen.
Strafmakel im internationalen Rechtsvergleich
Deutschland und andere Rechtsordnungen
Während der Begriff des Strafmakels im deutschen Recht keine exakte gesetzliche Definition besitzt, existiert er in ähnlich gelagerter Form auch in anderen Rechtsordnungen. Viele Staaten regeln, in welcher Weise Straftäter nach Verbüßung ihrer Strafe in die Gesellschaft reintegriert und von weitergehenden negativen Folgen freigestellt werden sollen.
Europäische Entwicklungen
Im Rahmen internationaler Übereinkommen und europäischer Regelungen gewinnt insbesondere das Recht auf gesellschaftliche Wiedereingliederung nach Verbüßung einer Strafe an Bedeutung. Ziel ist, ungerechtfertigte soziale Ausgrenzung und Diskriminierung zu vermeiden. Verschiedene Gesetze und Rechtsprechungen berücksichtigen heute, dass der Strafmakel nicht über die eigentliche Strafsanktion hinaus wirken soll.
Strafmakel und Datenschutz
Offenbarungspflicht und Verschwiegenheit
Ein zentrales rechtliches Thema im Zusammenhang mit dem Strafmakel ist die Frage, inwieweit eine Person verpflichtet ist, Vorstrafen offen zu legen oder ob Dritte zur Auskunft über Verurteilungen befugt sind. Das Datenschutzrecht, insbesondere nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie dem Bundesdatenschutzgesetz, schützt personenbezogene Daten einschließlich solcher über Vorstrafen vor unbefugter Weitergabe.
Rechtliche Grenzen der Offenheit
Auskunft über Vorstrafen darf grundsätzlich nur in gesetzlich geregelten Fällen (zum Beispiel gegenüber bestimmten Arbeitgebern, Behörden oder Gerichten) eingefordert werden. Unbefugte Offenbarung kann zivilrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Literatur und Quellen
- Strafgesetzbuch (StGB)
- Bundeszentralregistergesetz (BZRG)
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
- Literatur: Fischer, Strafgesetzbuch und Kommentar ; Miebach, Strafprozessrecht ; Schünemann, Resozialisierung und Strafmakel.
Zusammenfassung:
Der Begriff Strafmakel beschreibt die rechtlichen und gesellschaftlichen Folgen einer strafrechtlichen Verurteilung abseits der eigentlichen Strafe. Er ist geprägt von sozialen Stigmatisierungen, beschränkten Rechten und beruflichen Einschränkungen, deren Dauer und Ausmaß im Wesentlichen durch gesetzliche Regelungen zur Tilgung und Rehabilitation begrenzt werden sollen. Das Recht schützt die Betroffenen vor einer dauerhaften Benachteiligung, deren vollständige Beseitigung gesellschaftlich jedoch nur bedingt gelingt.
Häufig gestellte Fragen
Wie wirkt sich ein Strafmakel auf das berufliche Fortkommen aus?
Ein Strafmakel kann erhebliche Auswirkungen auf die berufliche Entwicklung einer Person haben. Arbeitgeber sind insbesondere bei sensiblen Tätigkeiten oder im öffentlichen Dienst häufig verpflichtet, ein polizeiliches Führungszeugnis einzuholen und die darin enthaltenen Eintragungen zu berücksichtigen. Auch privatwirtschaftliche Unternehmen behalten sich in vielen Fällen vor, Bewerber mit strafrechtlicher Vergangenheit von bestimmten Positionen auszuschließen, insbesondere wenn Vertrauensstellung oder Umgang mit sensiblen Daten gefragt sind. Rechtlich dürfen allerdings nur tatsächlich einschlägige und noch nicht getilgte Vorstrafen im Bewerbungsprozess berücksichtigt werden. Ist der Strafmakel im Führungszeugnis entfernt oder getilgt, dürfen daraus grundsätzlich keine Nachteile mehr entstehen. Allerdings besteht gerade in kleinen Branchen durchs „Hörensagen“ weiterhin das Risiko, dass ein früherer Strafmakel unweigerlich das berufliche Fortkommen behindert. Die Rehabilitation und das staatliche Ziel, Wiedereingliederung zu fördern, stehen dem entgegen, finden aber nicht immer lückenlos praktische Anwendung.
Welche Rolle spielt das Bundeszentralregister im Zusammenhang mit Strafmakeln?
Das Bundeszentralregister ist das zentrale behördliche Verzeichnis für strafrechtliche Entscheidungen in Deutschland. Hier werden sämtliche rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteile, Strafbefehle, bestimmte ausländische Verurteilungen sowie gerichtliche Maßnahmen bezüglich strafbarer Handlungen registriert. Ein Eintrag im Bundeszentralregister stellt somit den formalen Strafmakel dar. Entscheidend ist, ob und wann eine getroffene strafrechtliche Entscheidung in das Führungszeugnis übernommen wird, da nicht jeder Registereintrag automatisch im Führungszeugnis erscheint. Insbesondere geringfügige Verurteilungen bleiben häufig außen vor. Die Tilgungsfristen regeln, wie lange ein Eintrag im Register verbleibt, je nach Delikt, Strafe und weiteren Umständen. Nach Ablauf der Tilgungsfrist wird der Eintrag gelöscht und darf ab dann weder für behördliche noch für private Zwecke berücksichtigt werden.
Welche Tilgungsfristen gibt es für Eintragungen im Zusammenhang mit Strafmakeln?
Für Eintragungen im Bundeszentralregister gelten unterschiedliche Tilgungsfristen gemäß § 46 BZRG (Bundeszentralregistergesetz). Die Dauer der Fristen richtet sich nach der Art und Schwere der Verurteilung: Bei Geldstrafen und Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten beträgt die Tilgungsfrist meist drei Jahre. Bei Freiheitsstraßen bis zu einem Jahr und zur Bewährung ausgesetzt, beträgt sie üblicherweise fünf Jahre. Für schwerere Delikte sind Tilgungsfristen zwischen zehn und zwanzig Jahren vorgesehen. Widerrufene Bewährungen, weitere Verurteilungen oder besondere Maßnahmen wie nachträgliche Sicherungsverwahrung können die Tilgungsfristen verlängern oder Tilgungen ausschließen. Die Frist beginnt stets nach Rechtskraft des Urteils. Nach Ablauf der Tilgungsfrist wird der Eintrag aus dem Register gelöscht, wodurch auch der rechtliche Strafmakel entfällt.
Welche Bedeutung hat das Führungszeugnis in Bezug auf den Strafmakel?
Das Führungszeugnis ist ein Auszug aus dem Bundeszentralregister, in dem bestimmte strafrechtliche Eintragungen aufgeführt werden. Für Privatpersonen ist entscheidend, dass nicht jede Verurteilung auch im sogenannten „einfachen Führungszeugnis“ erscheint. Geringfügige Verurteilungen oder bestimmte Jugendsanktionen werden unter bestimmten Bedingungen nicht aufgenommen. Das Führungszeugnis ist im Alltag die zentrale Auskunftsquelle über etwaige Strafmakel, insbesondere im Rahmen von Bewerbungsverfahren oder für behördliche Überprüfungen. Arbeitgeber erhalten oft nur das einfache oder erweiterte Führungszeugnis, während Behörden bei Bedarf ein „behördliches Führungszeugnis“ einsehen dürfen, das umfassender ist. Eine Rechtsverletzung liegt jedoch vor, wenn ein bereits getilgter Strafmakel gegen eine Person verwendet wird.
Inwieweit kann ein Strafmakel die Ausübung bestimmter Berufe ausschließen?
Für bestimmte Berufsgruppen sieht das Gesetz explizite Straflosigkeitsanforderungen oder besondere „Zuverlässigkeitsüberprüfungen“ vor. Dazu zählen unter anderem Rechtsanwälte, Ärzte, Beamte, Erzieher, Sicherheitsdienste und Personen im Luftverkehr. Liegt ein Strafmakel vor, insbesondere im Zusammenhang mit Vermögens-, Sexual- oder Gewaltdelikten, kann dies den Zugang zu bestimmten Berufen dauerhaft oder befristet versperren. Die jeweilige Berufszulassungsstelle prüft im Einzelfall die einschlägigen Registereinträge und entscheidet gegebenenfalls über die Ablehnung oder Rücknahme der Berufszulassung beziehungsweise der Erlaubnis zur Berufsausübung. In weniger reglementierten Berufen ist die Entscheidung über die Einstellung dem Arbeitgeber überlassen, der allerdings datenschutzrechtliche Vorgaben beachten und nach der Tilgung von Einträgen nicht mehr auf diese eingehen darf.
Ist es möglich, einen Strafmakel vorzeitig aus dem Register löschen zu lassen?
Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine vorzeitige Tilgung eines strafrechtlichen Eintrags im Bundeszentralregister möglich, die sogenannte „vorzeitige Tilgung auf Antrag“ gemäß § 47 BZRG. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt oder eine berufliche Rehabilitierung erschwert wird. Einer Löschung müssen sowohl die gesetzlichen Voraussetzungen – wie das Fehlen einschlägiger neuer Straftaten und eine ausreichende Zeitspanne seit dem Urteil – als auch eine positive Sozialprognose vorliegen. Über den Antrag entscheidet das Bundesamt für Justiz nach eigenem Ermessen. In der Regel bleiben die regulären Tilgungsfristen aber bindend.
Können sich Jugendliche und Heranwachsende Strafmakel schneller tilgen lassen?
Jugendliche und Heranwachsende, die nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) verurteilt wurden, profitieren in der Regel von verkürzten Tilgungsfristen und einer restriktiveren Eintragungspraxis. Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel (wie Arbeitsauflagen oder Jugendarrest) und viele Jugendstrafsachen werden meist nicht ins Führungszeugnis übernommen oder früher getilgt. Auch eine Eintragung ins Bundeszentralregister erfolgt im Vergleich zum Erwachsenenrecht seltener und wird oft bereits nach drei Jahren entfernt. Dies dient rechtlich dem Ziel der Resozialisierung und Reintegration junger Menschen. Tritt jedoch in der Zwischenzeit eine neue, einschlägige Straftat hinzu, wird die Tilgungsfrist für alle Einträge verlängert. Ein vollständig getilgter Strafmakel darf Jugendlichen rechtlich nicht mehr zum Nachteil gereichen.