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Sorgeerklärung


Rechtliche Einordnung der Sorgeerklärung

Die Sorgeerklärung ist ein zentrales Instrument des deutschen Familienrechts, das insbesondere im Zusammenhang mit dem Sorgerecht für Kinder nicht miteinander verheirateter Eltern Anwendung findet. Sie regelt das gemeinsame Sorgerecht beider Elternteile für ihr Kind und ermöglicht es damit auch dem nicht mit der Mutter verheirateten Vater, am Sorgerecht teilzuhaben. Im Folgenden werden die gesetzlichen Grundlagen, das Verfahren, die Wirkungen sowie die Beendigung und Anfechtung einer Sorgeerklärung umfassend dargestellt.


Gesetzliche Grundlagen

Definition und Bedeutung

Eine Sorgeerklärung ist eine rechtsverbindliche Willenserklärung beider Elternteile im Sinne des § 1626a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), mit welcher das gemeinsame Sorgerecht für ein minderjähriges Kind begründet wird. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn die Eltern des Kindes zum Zeitpunkt der Geburt nicht miteinander verheiratet sind, da in diesem Fall das alleinige Sorgerecht zunächst bei der Mutter liegt.

Rechtsgrundlage

Die zentrale Vorschrift für die Sorgeerklärung ist § 1626a BGB. Demnach haben Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, die Möglichkeit, durch eine übereinstimmende Erklärung gegenüber dem Jugendamt oder einem Notar das gemeinsame Sorgerecht zu begründen.


Voraussetzung und Inhalt der Sorgeerklärung

Form und Verfahren

Die Sorgeerklärung muss öffentlich beurkundet werden. Dies ist beim Jugendamt oder bei einem Notar möglich. Eine privatschriftliche Erklärung, beispielsweise per Brief, E-Mail oder insofern nicht öffentlich beurkundet, ist nicht rechtswirksam. Die Beurkundung ist auch unabhängig voneinander möglich, beide Erklärungen entfalten erst mit dem Vorliegen der zweiten Erklärung Rechtswirkung.

Erforderliche Unterlagen

Für die Abgabe einer Sorgeerklärung sind folgende Unterlagen vorzulegen:

  • Personalausweise oder Reisepässe beider Elternteile
  • Geburtsurkunde oder Geburtsbescheinigung des Kindes
  • ggf. Meldebescheinigung

Persönliche Anwesenheit

Beide Elternteile müssen die Sorgeerklärung jeweils persönlich unterzeichnen. Die persönliche Vorsprache beim Jugendamt bzw. Notar ist zwingend notwendig und kann nicht durch Bevollmächtigte erfolgen.


Wirkungen der Sorgeerklärung

Rechtsfolgen

Mit wirksamer Sorgeerklärung erhalten Mutter und Vater das gemeinsame Sorgerecht für ihr Kind. Dies umfasst alle Bereiche der elterlichen Sorge, insbesondere:

  • Personensorge (z. B. Aufenthaltsbestimmungsrecht, Gesundheitsfürsorge)
  • Vermögenssorge (z. B. Verwaltung und Verfügung über das Vermögen des Kindes)
  • Vertretung des Kindes in rechtlichen Angelegenheiten

Beide Eltern müssen fortan wichtige Entscheidungen gemeinsam treffen und sich gegenseitig abstimmen.

Zeitpunkt der Wirksamkeit

Die Sorgeerklärung entfaltet ihre Wirkung ab dem Zeitpunkt, zu dem beide Erklärungen beim zuständigen Jugendamt oder Notar eingegangen sind.

Geltung auch für zukünftige Kinder

Die Sorgeerklärung wirkt grundsätzlich nur für das Kind, für das sie abgegeben wurde, und nicht für weitere gemeinsame Kinder. Für jedes Kind muss eine eigene Erklärung erfolgen.


Anfechtung und Widerruf der Sorgeerklärung

Unwiderruflichkeit

Die Sorgeerklärung ist unwiderruflich. Ein einseitiger Rücktritt oder Widerruf ist rechtlich ausgeschlossen. Änderungen im Sorgerecht nach einer erteilten Sorgeerklärung sind nur über ein familiengerichtliches Verfahren möglich, wenn dies dem Kindeswohl dient (z. B. vollständiger oder teilweiser Entzug des Sorgerechts nach §§ 1666, 1671 BGB).

Anfechtung

Die Anfechtung einer Sorgeerklärung ist nur unter engen Voraussetzungen möglich, etwa bei nachweislicher Täuschung, Drohung oder Irrtum über dessen Bedeutung im Sinne der grundsätzlich im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Anfechtungsrechte (§§ 119 ff. BGB).


Besonderheiten im internationalen Kontext

Sorgeerklärung bei Auslandsbezug

Hat das Kind oder haben die Eltern eine ausländische Staatsangehörigkeit oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, kann die Anerkennung und Wirksamkeit der Sorgeerklärung im Ausland oder bei Auslandsbezug abweichen oder zusätzliche Anforderungen erfordern. In solchen Fällen ist die Anerkennung der Sorgerechtsentscheidung gemäß internationalen familienrechtlichen Bestimmungen, insbesondere der Brüssel-IIa-Verordnung oder des Haager Übereinkommens, zu prüfen.


Verfahrensrechtliche und praktische Hinweise

Unentgeltlichkeit beim Jugendamt

Die Vornahme der Sorgeerklärung beim Jugendamt erfolgt in der Regel kostenfrei; beim Notar fallen dagegen Gebühren an.

Registereintrag und Bescheinigung

Nach Beurkundung wird die Sorgeerklärung im Sorgeregister erfasst und eine Bescheinigung hierüber ausgestellt. Die Sorgeerklärung kann bei jedem deutschen Jugendamt abgegeben werden, eine örtliche Zuständigkeit besteht nicht.


Ende des gemeinsamen Sorgerechts

Durch Entscheidung des Familiengerichts

Die Aufhebung des gemeinsamen Sorgerechts ist ausschließlich durch gerichtlichen Beschluss möglich, etwa wenn das Kindeswohl dies erfordert. Gründe können erhebliche Konflikte zwischen den Eltern oder schwerwiegende Kindeswohlgefährdungen sein.


Bedeutung in der Praxis

Die Sorgeerklärung ist ein unkompliziertes und effektives familienrechtliches Instrument, um väterliche Sorge auch für nicht verheiratete Väter sicherzustellen. Sie trägt maßgeblich zur Gleichstellung beider Elternteile im Sorgerecht bei und ist ein gewichtiger Baustein des modernen Kindschaftsrechts.


Literatur und weiterführende Quellen

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 1626 ff.
  • Gesetz über die Beurkundung der Geburt eines Kindes (Personenstandsgesetz)
  • Informationen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
  • Leitfäden der Jugendämter

Hinweis: Der vorliegende Artikel beschreibt die Sorgeerklärung nach deutschem Recht. Andere Rechtsordnungen können abweichende Regelungen dazu haben.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Abgabe einer Sorgeerklärung erfüllt sein?

Für die Abgabe einer Sorgeerklärung gelten nach deutschem Recht bestimmte Voraussetzungen. Gemäß § 1626a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) können nicht miteinander verheiratete Eltern gemeinsam Sorgeerklärungen abgeben, um die gemeinsame elterliche Sorge für ihr Kind zu begründen. Beide Elternteile müssen zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung volljährig und voll geschäftsfähig sein. Die Erklärung muss öffentlich beurkundet werden, was bei jedem Jugendamt oder einem Notar möglich ist. Entscheidend ist, dass beide Elternteile zustimmen und die Erklärung persönlich abgeben; eine Vertretung durch Dritte ist ausgeschlossen. Darüber hinaus darf das Kind zum Zeitpunkt der Abgabe noch nicht volljährig sein. Auch muss bei der Mutter ein bestehendes Sorgerecht vorliegen, da ansonsten keine Übertragung auf beide Elternteile erfolgen kann. Besondere rechtliche Hindernisse, etwa ein laufendes familiengerichtliches Verfahren bezüglich des Sorgerechts, können im Einzelfall die Abgabe ausschließen.

Welche Auswirkungen hat die Sorgeerklärung auf die elterliche Sorge?

Mit der wirksamen Abgabe einer Sorgeerklärung begründen die Eltern die gemeinsame elterliche Sorge für ihr Kind. Dies wirkt sich auf sämtliche Bereiche der elterlichen Sorge aus, insbesondere auf die Personen- und Vermögenssorge sowie die gesetzliche Vertretung des Kindes. Das bedeutet, dass Entscheidungen über den Aufenthalt des Kindes, die medizinische Versorgung, die schulische Bildung und finanzielle Angelegenheiten nur noch gemeinsam getroffen werden dürfen. Die rechtliche Gleichstellung betrifft auch die Vertretung des Kindes gegenüber Dritten und Behörden. Wichtig ist, dass die alleinige Sorge der Mutter endet und ab Erklärung beide Eltern gleichermaßen verantwortlich sind. Die gemeinsame Sorge bleibt über die Trennung der Eltern hinaus bestehen, es sei denn, ein Familiengericht entzieht einem Elternteil das Sorgerecht oder es wird durch eine andere gerichtliche Entscheidung aufgehoben.

In welcher Form und bei welcher Stelle muss eine Sorgeerklärung abgegeben werden?

Eine Sorgeerklärung ist strikt an die Formvorschrift der öffentlichen Beurkundung gebunden. Sie muss persönlich und gleichzeitig entweder beim Jugendamt oder einem Notar abgegeben werden. Eine Erklärung per Brief, E-Mail oder Fax ist somit unwirksam. Beide Elternteile müssen anwesend sein und sich ausweisen können. Nach Beurkundung erhält das Elternpaar eine öffentliche Urkunde. Diese wird im Sorgeregister beim zuständigen Jugendamt eingetragen; ein Nachweis über die Registrierung kann auf Antrag ausgestellt werden. Die Erklärung ist nicht an einen Wohnsitz oder Geburtsort des Kindes gebunden und kann bei jedem Jugendamt in Deutschland erfolgen.

Kann eine Sorgeerklärung nachträglich widerrufen oder geändert werden?

Die Sorgeerklärung kann grundsätzlich nicht widerrufen werden. Nach ihrer wirksamen Abgabe ist die gemeinsame elterliche Sorge rechtlich etabliert und bleibt bestehen. Eine Änderung oder ein Entzug der gemeinsamen Sorge ist nur noch durch eine gerichtliche Entscheidung möglich, etwa wenn das Kindeswohl gefährdet ist oder einzelne Elternteile ihre elterlichen Pflichten schwerwiegend verletzen. Einvernehmliche Änderungen im Rahmen einer neuen Sorgeerklärung sind nicht vorgesehen. Lediglich durch Antrag beim Familiengericht kann eine Aufhebung oder Beschränkung der gemeinsamen Sorge erfolgen.

Welche Rolle spielt das Kindeswohl bei der Prüfung der Sorgeerklärung?

Das Jugendamt prüft im Rahmen seiner gesetzlichen Pflicht vorrangig die formalen Voraussetzungen der Sorgeerklärung, eine eigenständige Prüfung des Kindeswohls findet bei der Beurkundung nicht statt. Das Kindeswohl kann erst dann relevant werden, wenn Zweifel an der Eignung eines Elternteils bestehen oder bereits gerichtliche Verfahren zu Sorgerechtsfragen anhängig sind. In solchen Fällen hat das Familiengericht die Aufgabe, das Kindeswohl zu prüfen und ggf. die gemeinsame Sorge zu versagen oder einseitige Sorgerechte anzuordnen. Damit steht fest, dass die Sorgeerklärung selbst nicht automatisch auf Kindeswohlaspekte überprüft wird, diese aber in einem späteren Verfahren maßgeblich werden können.

Welche Bedeutung hat die Sorgeerklärung bei internationalen Sachverhalten?

Im internationalen Kontext – beispielsweise wenn einer oder beide Elternteile eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen oder das Kind im Ausland geboren ist – kann die Sorgeerklärung besondere Beachtung finden. Nach deutschem Recht bleibt die erklärte Sorge auch dann wirksam, wenn Eltern oder Kind das Land wechseln. Entscheidend ist, ob eine tatsächliche Verbindung zum deutschen Rechtsraum besteht, etwa durch gewöhnlichen Aufenthalt oder Staatsangehörigkeit. Für die Anerkennung im Ausland können länderspezifische Regelungen gelten; häufig wird eine Apostille oder Legalisation der deutschen Urkunde benötigt. Kommt das Kind in einem EU-Mitgliedstaat zur Welt oder lebt dort, können abweichende Sorgerechtsvorschriften greifen, sodass die deutsche Sorgeerklärung nicht immer automatisch akzeptiert wird. Hier empfiehlt sich eine rechtliche Beratung zu internationalen Kollisionsnormen und dem Haager Kinderschutzübereinkommen.