Begriff und Rechtsnatur von „Soft“
Der Begriff „Soft“ findet im deutschen Recht keine eigenständige Definition, wird jedoch in verschiedenen rechtlichen Zusammenhängen verwendet. Insbesondere ist „Soft“ als Bestandteil von zusammengesetzten Begriffen wie „Software“ oder „Soft Law“ von Bedeutung. Die Verwendung des Begriffs „Soft“ bezieht sich häufig auf eine Abgrenzung gegenüber „Hard“, also in der Regel auf eine Unterscheidung zwischen verbindlichen und unverbindlichen Regelungen oder zwischen physischen und immateriellen Gütern. Ziel dieses Artikels ist es, die verschiedenen rechtlichen Aspekte des Begriffs „Soft“ umfassend darzustellen.
Soft Law
Definition und Abgrenzung
Der Ausdruck „Soft Law“ bezeichnet Normen, Standards oder Regelwerke, die mangels rechtlicher Verbindlichkeit nicht als „Hard Law“ (bindendes Recht) gelten, jedoch dennoch Einfluss auf die Rechtswirklichkeit entfalten. Im Gegensatz zu staatlich festgelegten Gesetzen, Verordnungen oder Satzungen handelt es sich beim Soft Law um Regelungen, die keine unmittelbare rechtliche Bindungskraft besitzen, aber von Gerichten, Behörden und Privaten beachtet werden können.
Formen von Soft Law
Soft Law kann sich etwa aus folgenden Elementen zusammensetzen:
- Leitlinien
- Empfehlungen
- Kodizes („Codes of Conduct“)
- Absichtserklärungen (Memoranda of Understanding)
- Standards und Normen internationaler Organisationen
Rechtswirkungen von Soft Law
Obwohl Soft Law keine unmittelbare rechtliche Verbindlichkeit entfaltet, kann es mittelbar Einfluss auf die Rechtssetzung, Rechtsanwendung und Rechtsfortbildung nehmen. So können Soft-Law-Regeln etwa als Auslegungshilfe für unbestimmte Rechtsbegriffe dienen oder in Sachverhaltsbewertungen beratend herangezogen werden. Sie können weiterhin die Grundlage für die Ausgestaltung von Verträgen und unternehmensinternen Richtlinien bilden.
Soft Law im Völkerrecht und Europarecht
Im Völkerrecht und im europäischen Recht hat Soft Law wegen der häufigen Unverbindlichkeit internationaler Übereinkünfte und Absichtserklärungen besondere praktische Bedeutung. Organisationen wie die Europäische Union nutzen Soft Law häufig in Form von Empfehlungen, Leitlinien oder Mitteilungen, um die Harmonisierung des Binnenmarktes voranzutreiben, ohne sofort formelles Sekundärrecht zu erlassen.
Bindungswirkung von Soft Law
Eine rechtliche Bindungswirkung kann Soft Law indirekt entfalten:
- Selbstbindung der Verwaltung: Behörden können sich durch die wiederholte Anwendung von Soft-Law-Regeln faktisch binden.
- Transformation in Hard Law: Elemente des Soft Law können durch spätere Rechtssetzung verbindlich werden.
- Vertragliche Vereinbarungen: Soft Law kann durch Aufnahme in Verträge oder Satzungen mittelbare Bindungswirkung entwickeln.
Soft als Bestandteil von Immaterialgüterrechten
Software
Der Begriff „Soft“ findet sich insbesondere im Kontext der „Software“, welche gemäß § 69a ff. UrhG dem Schutz als Computerprogramm unterliegt. Software stellt ein immaterielles Gut dar und unterfällt damit den Vorschriften des Urheberrechts. Die Besonderheiten des Softwarerechts umfassen etwa die Fragen des Erwerbs, der Nutzung sowie die Abgrenzung gegenüber „Hardware“ (physische Komponenten).
Rechtliche Einordnung
Software wird nach deutschem Recht als Werk eigener Art geschützt, sofern sie das Ergebnis einer eigenen geistigen Schöpfung ist. Besondere Schutzbestimmungen sichern dem Rechteinhaber umfassende Verwertungs- und Nutzungsrechte, einschließlich der Lizenzierung, des Vertriebs sowie des Schutzes vor unbefugter Vervielfältigung.
Soft Token / Soft Certificate
Im Bereich digitaler Authentifizierung wird zwischen „Soft Token“ (softwarebasierte Sicherheitslösungen z.B. für Zwei-Faktor-Authentifizierung) und „Hard Token“ (physische Komponenten wie Smartcards) unterschieden. Soft Token bzw. Soft Certificates unterliegen den gesetzlichen Regelungen zur IT-Sicherheit und Datensicherheit, insbesondere im Rahmen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie des IT-Sicherheitsgesetzes.
Soft im Vertragsrecht
Vertragsinhalte und Soft Skills
Im Vertragsrecht kann „Soft“ als Adjektiv verwendet werden, insbesondere zur Beschreibung „weicher“ oder nicht exakt definierter Vertragsinhalte, wie z. B.:
- Leistungsbeschreibungen („Soft Term“, „weich formulierte Vertragsklausel“)
- Anforderungen an sogenannte „Soft Skills“ bei Arbeitnehmern im Arbeitsvertrag
Verträge können weiche Regelungen enthalten, etwa Optionsrechte, unverbindliche Ziele oder Flexibilitätsklauseln. Die Auslegung solcher Klauseln folgt den allgemeinen Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB, wobei der erkennbare Parteiwille maßgeblich ist.
Soft in der Gesetzgebung und Rechtsprechung
Weiche und harte Gesetzgebung
Im deutschen Normsetzungsprozess spielt die Abgrenzung zwischen weichen (soft) und harten (hard) Regelungen eine Rolle, insbesondere bei der Formulierung von Verwaltungsvorschriften, Erlassen und Empfehlungen. Während Letztere eine interne Anweisung darstellen, die keine unmittelbare Außenwirkung für Bürger entfaltet, können sie gleichwohl faktisch prägend für die Verwaltungspraxis sein.
Gerichtliche Berücksichtigung
Gerichte können sich bei der Auslegung von Gesetzen oder unbestimmten Rechtsbegriffen auf Soft Law oder andere nicht verbindliche Regelwerke beziehen, etwa im Europarecht oder bei internationalen Sachverhalten. Die Berücksichtigung erfolgt im Rahmen der Methodenlehre und dient der Angleichung und Harmonisierung von Rechtsprechung.
Soft im Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht
Im Gesellschaftsrecht spielen Soft-Law-Instrumente wie Corporate-Governance-Kodizes eine Rolle. Diese Kodizes enthalten Empfehlungen und Anregungen, die von Unternehmen im Sinne der Risikosteuerung und Transparenz freiwillig umgesetzt werden können. Im Kapitalmarktrecht ist das Soft Law insbesondere im Zusammenhang mit „Comply or Explain“-Mechanismen verbreitet: Unternehmen werden verpflichtet anzugeben, ob und wie sie freiwillige Standards umsetzen.
Bedeutung von Soft Law in der Praxis
Der Stellenwert von Soft Law nimmt mit der zunehmenden internationalen Verflechtung und den rasanten technologischen Entwicklungen zu. Sowohl im nationalen Recht als auch auf europäischer und internationaler Ebene beeinflusst Soft Law die Auslegung von Rechtsnormen, die Vertragsgestaltung und die unternehmerische Praxis maßgeblich.
Zusammenfassung
Der Begriff „Soft“ besitzt in der Rechtswissenschaft zahlreiche Facetten und wird oftmals im Sinne einer Abgrenzung zu verbindlichen, hart ausgestalteten gesetzlichen Regelungen verstanden. Insbesondere im Rahmen von Soft Law, Immaterialgüterrechten, IT-Sicherheitsrecht, Vertragsrecht und Gesellschaftsrecht spielt der Begriff eine zentrale Rolle. Mit seiner Funktion als informelle, nicht verbindliche, aber rechtlich und tatsächlich wirkungsmächtige Regelungsstruktur ist das Soft Law ein prägendes Element moderner Rechtsordnungen und empfiehlt sich für eine differenzierte Betrachtung im rechtlichen Kontext.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist in Deutschland urheberrechtlich Schutzberechtigter von Software?
Der urheberrechtliche Schutz von Software wird in Deutschland grundsätzlich durch das Urheberrechtsgesetz (UrhG) geregelt. Schutzberechtigter ist gemäß § 7 UrhG der tatsächliche Schöpfer der Software, also in der Regel der Programmierer oder das Entwicklerteam, welches den kreativen Schaffensprozess verantwortet. Wird Software jedoch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erstellt, gehen gemäß § 69b UrhG die vermögensrechtlichen Nutzungsrechte auf den Arbeitgeber über, sofern nichts anderes vertraglich vereinbart ist. In diesem Sinne bleibt der Arbeitnehmer zwar Urheber, der Arbeitgeber erhält jedoch die wirtschaftlichen Verwertungsrechte an der Software. Bei der Vergabe von Aufträgen an Dritte (z. B. Freelancern), ist die explizite vertragliche Regelung der Rechteübertragung essentiell, da ansonsten die Rechte beim Entwickler verbleiben können. Die Besonderheiten im internationalen Kontext, insbesondere bei Auftragsvergaben ins Ausland, bedingen eine genaue Prüfung, ob das deutsche Recht angewendet wird und wie die Rechtsübertragung konkret geregelt ist.
Welche Voraussetzungen müssen für den urheberrechtlichen Schutz von Software erfüllt sein?
Software ist nach deutschem Recht dann urheberrechtlich geschützt, wenn sie eine sogenannte „eigene geistige Schöpfung“ gemäß § 2 Abs. 2 UrhG darstellt. Dies bedeutet, dass ein gewisser Grad an Individualität und Kreativität vorliegen muss; ein bloßes Aneinanderreihen trivialer oder vorbekannter Programmcode-Segmente erfüllt diesen Schutz nicht. Zweckmäßige Programmierungen, Standardlösungen oder grundlegende Algorithmen sind vom Schutz ausgeschlossen. Der Schutz bezieht sich auf den Quellcode wie auch auf den Objektcode, aber nicht auf zugrundeliegende Ideen, mathematische Methoden oder Schnittstellen-Konventionen. Auch die Dokumentation und graphische Benutzeroberflächen können-sofern sie eigenständig schöpferisch sind-schutzfähig sein. Bestehen Zweifel am Vorliegen dieser Schöpfungshöhe, muss eine intensive Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung erfolgen.
Inwiefern ist das Reverse Engineering von Software nach deutschem Recht erlaubt?
Reverse Engineering ist im deutschen Recht grundsätzlich durch das Urheberrechtsgesetz (speziell § 69e UrhG) geregelt. Das Erstellen von Sicherungskopien, das Beobachten, Untersuchen oder Testen der Funktionsweise von Programmen zum Zweck der Interoperabilität, Fehlerbehebung oder Anpassung ist unter bestimmten Bedingungen gestattet, sofern dies im Rahmen der bestimmungsgemäßen Nutzung des Programms erfolgt. Die gewonnenen Erkenntnisse dürfen lediglich zur Herstellung der Interoperabilität genutzt werden und nicht zur Schaffung eines direkt konkurrierenden Produkts. Eine weitergehende Dekompilierung oder Nutzung von Codebestandteilen ist ausschließlich unter Beachtung der Schrankenregelungen erlaubt. Jegliche kommerzielle Nutzung der so gewonnenen Informationen außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Ausnahme kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen und zu zivil- wie auch strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Welche Haftungsrisiken bestehen beim Einsatz von Open-Source-Software?
Die Nutzung von Open-Source-Software birgt spezifische haftungsrechtliche Risiken. Typischerweise schließen viele Open-Source-Lizenzen explizit eine Gewährleistung oder Haftung für Schäden aus, was jedoch die Haftung des Nutzers für seine eigene Verwendung nicht berührt. Bei Verletzung von Lizenzbedingungen, wie der Verletzung von Copyleft-Klauseln (z. B. nicht Offenlegen von Modifikationen bei GPL-Software), drohen Abmahnungen, Unterlassungsansprüche oder Schadensersatzforderungen der ursprünglichen Rechteinhaber. Werden Open-Source-Komponenten in eigene Software integriert, müssen alle Lizenzpflichten exakt und nachweisbar eingehalten werden. Bei unsachgemäßer Nutzung kann es zudem zu Kompatibilitätsproblemen mit proprietären Elementen oder zum ungewollten „Open-Sourcen“ der eigenen Software kommen, sofern dies die Lizenz erfordert. Bei Weiterverteilung (insbesondere im kommerziellen Umfeld) empfiehlt sich immer eine penible Prüfung und Dokumentation der Lizenzkette.
Welche Regelungen gelten beim Weiterverkauf gebrauchter Softwarelizenzen?
Der Europäische Gerichtshof hat im sogenannten „UsedSoft-Urteil“ (C-128/11) entschieden, dass der Weiterverkauf gebrauchter Software grundsätzlich zulässig ist, sofern die Lizenz ursprünglich innerhalb der Europäischen Union mit Zustimmung des Rechteinhabers in den Verkehr gebracht wurde. Der Ersterwerber muss jede eigene Kopie unbrauchbar machen, damit das Verbreitungsrecht nicht erschöpft wird. Die Weitergabe kann dabei unabhängig vom physischen Datenträger erfolgen, auch Downloads sind hiervon betroffen. Verträge, die einen Weiterverkauf ausschließen wollen, sind in diesem Zusammenhang in der Regel unwirksam, wenn sie dem EU-Recht widersprechen. Besondere rechtliche Herausforderungen bestehen bei Volumen- oder Mehrfachlizenzen, bei denen oftmals nicht eindeutig ist, ob ein anteiliger Verkauf zulässig ist. Lizenzbedingungen und technische Kontrollmechanismen müssen daher immer auf Rechtmäßigkeit geprüft werden.
Inwiefern ist Software als Patent schützbar?
Nach dem europäischen und deutschen Patentrecht sind Softwarelösungen als solche grundsätzlich nicht patentfähig. Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 PatG und Art. 52 (2) EPÜ sind Programme für Datenverarbeitungsanlagen „als solche“ vom Patentschutz ausgeschlossen. Allerdings kann Softwarepatentschutz erlangt werden, wenn die Software eine technische Lösung bereitstellt, das heißt, wenn sie in Kombination mit einer technischen Hardware relevante Neuerungen ernsthaft und über das reine Verarbeiten von Daten oder Geschäftsmodellen hinaus beeinflusst. Entscheidend ist die sogenannte „technische Lehre“, die aus dem Zusammenspiel von Software und Technik hervorgeht. Beispiele hierfür können neuartige Kommunikationsprotokolle oder sicherheitskritische Steuerungsmechanismen sein. Die Beantragung eines Patents muss dabei spezifisch auf diese technische Innovation eingehen; bloße Algorithmen, mathematische Formeln oder abstrakte Methoden bleiben von der Patentfähigkeit ausgeschlossen. Die Hürden im Patenterteilungsverfahren sind entsprechend hoch.
Was ist bei der arbeitsrechtlichen Nutzung betrieblicher Software durch Mitarbeiter zu beachten?
Die Nutzung betrieblicher Software durch Arbeitnehmer wird regelmäßig durch Lizenzverträge und interne Richtlinien geregelt. Arbeitgeber sind verpflichtet sicherzustellen, dass lediglich lizensierte Software genutzt wird und Lizenzbedingungen (z. B. Nutzerzahlen, Installationsorte, Nutzungsumfang) eingehalten werden. Verstöße durch Mitarbeiter können erhebliche Schadensersatzforderungen gegenüber dem Unternehmen auslösen. Arbeitnehmer sind gemäß Arbeitsvertrag zur Einhaltung der Vorgaben verpflichtet, bei Zuwiderhandlungen (z. B. Installation illegaler oder privater Software) drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung. Datenschutzrechtlich ist sicherzustellen, dass die Software keine unzulässigen Daten verarbeitet oder speichert. Bei der Einführung neuer Software müssen Arbeitnehmervertretungen (Betriebsrat) mit einbezogen und mögliche Mitbestimmungsrechte (etwa bei der Einführung von Überwachungssoftware) beachtet werden. Zudem sind regelmäßig IT-Sicherheitsrichtlinien zu erlassen, um Haftungsfallen zu vermeiden.