Definition und Rechtsnatur der Sicherungstreuhand
Die Sicherungstreuhand ist eine besondere Form der Treuhand im deutschen Zivilrecht, bei der das Treuhandverhältnis zur Absicherung eines Anspruches oder Rechts dient. Der Sicherungstreuhand liegt eine rechtliche Konstruktion zugrunde, bei der das wirtschaftliche Interesse des Sicherungsgebers im Vordergrund steht, während dem Sicherungsnehmer das formelle Recht – in der Regel Eigentum oder eine sonstige Rechtsposition – zur Sicherung eingeräumt wird. Kennzeichnend ist, dass der Sicherungsnehmer das Recht nicht zur eigenen Nutzung, sondern ausschließlich zur Sicherung und ggf. zur Befriedigung aus dem Treugut im Sicherungsfall erhält.
Abgrenzung und Abgrenzungsmerkmale
Die Sicherungstreuhand ist von anderen Sicherungsformen abzugrenzen, etwa von der Sicherungsübereignung oder der Sicherungsabtretung. Zwar wird auch bei diesen Sicherheiten ein Recht zur Sicherung übertragen, doch steht beim Treuhandverhältnis zusätzlich das verpflichtende Gebot des Treuhänders im Vordergrund, das Treugut nur zu bestimmten Zwecken zu verwenden und den Treugeber vor nachteiligen Verfügungen und dem Verlust seines wirtschaftlichen Interesses zu schützen. Im Gegensatz zu institutionell geregelten Sicherheiten folgt die Sicherungstreuhand vor allem aus dem Vertragsrecht und basiert auf einem schuldrechtlichen Verhältnis, dem sogenannten Treuhandvertrag.
Die Vertragsstruktur der Sicherungstreuhand
Treuhandvertrag und Sicherungsabrede
Grundlage jeder Sicherungstreuhand ist ein Treuhandvertrag, in dem die dingliche oder obligatorische Rechtsposition des Treuhänders einschließlich der Sicherungsabrede und der Rückübertragungsverpflichtung geregelt wird. Regelmäßig verpflichtet sich der Treuhänder (Sicherungstreuhänder), das erhaltene Treugut (zum Beispiel Eigentum an einer Sache oder ein Forderungsrecht) nur zur Sicherung des Anspruchs zu nutzen und nach dem Erlöschen der gesicherten Forderung an den Treugeber zurückzuübertragen.
Vertragsparteien
Eine Sicherungstreuhand besteht typischerweise zwischen dem Sicherungsgeber (Treugeber) und dem Sicherungsnehmer (Treuhänder). Dabei kann auch eine weitere Partei beteiligt sein, beispielsweise bei Dreieckssicherungen, bei denen ein Dritter als Sicherungsnehmer eingesetzt wird.
Inhalt und Umfang der Treuhand
Der Sicherungstreuhandvertrag legt fest, welche Rechte und Pflichten den Parteien obliegen. Zentral ist das Verbot, das Treugut zum eigenen Vorteil zu verwenden. Die Befugnisse des Treuhänders sind in der Regel präzise geregelt und können in einer sogenannten Sicherungsvereinbarung konkretisiert werden.
Rechtliche Wirkungen der Sicherungstreuhand
Dingliche Rechtsübertragung bei der Sicherungstreuhand
Bei der Sicherungstreuhand werden häufig dingliche Rechte auf den Treuhänder zur Sicherung übertragen, etwa das Eigentum an beweglichen Sachen (Sicherungsübereignung in Treuhandform), die Abtretung einer Forderung oder die Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch zugunsten des Sicherungsnehmers. Der Treuhänder erwirbt das Recht nicht zu eigenem Zweck, sondern ausschließlich zur Ausübung der Sicherungsfunktion.
Schuldrechtliche Bindung und Rückübertragungsanspruch
Der Treugeber hat einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückübertragung des Treuguts nach Erfüllung oder Wegfall der gesicherten Forderung. Verletzungen der Sicherungsabrede begründen regelmäßig Schadensersatzansprüche.
Unterscheidung zur Treuhandeigenschaft bei der Insolvenz
Im Unterschied zu anderen dinglichen Sicherheiten ist das Treugut im Rahmen der Sicherungstreuhand regelmäßig dem Zugriff der Gläubiger des Treuhänders entzogen. Das sichere Treugut wird als sogenannte Aussonderungsmasse behandelt, sofern die rechtlichen Voraussetzungen eines echten Treuhandverhältnisses erfüllt sind (§ 47 InsO). Im Insolvenzfall des Treuhänders hat der Treugeber somit ein Aussonderungsrecht.
Typische Anwendungsbereiche der Sicherungstreuhand
Sicherungstreuhandverhältnisse finden in der Praxis vielfältige Verwendung. Einige der zentralen Anwendungsbereiche sind:
- Immobilienfinanzierung: Sicherung von Grundpfandrechten durch Treuhandkonstruktionen, um bei Nichteintritt des Sicherungsfalles eine unkomplizierte Rückübertragung zu gewährleisten.
- Forderungssicherung: Einräumung von Sicherungsrechten an Forderungen, insbesondere Forderungsabtretung zu Treuhandzwecken.
- Warenfinanzierung/Sicherungsübereignung: Sicherungsgeber übereignet bewegliche Sachen, beispielsweise Maschinen, im Wege der Sicherungstreuhand an den Sicherungsnehmer.
- Anwaltstreuhandkonten und Notartreuhandkonten: Verwaltung von Geldern durch eine Treuhandvereinbarung zur Sicherung der Interessen des Auftraggebers.
Abgrenzung der Sicherungstreuhand zu anderen Sicherheiten
Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung
Obwohl die Sicherungstreuhand mit der Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung strukturelle Ähnlichkeiten aufweist, zeichnet sie sich durch die zusätzliche schuldrechtliche Bindung des Sicherungsnehmers (Treuhänder) aus, die eine zweckgebundene Bindung des Treugutes an das Sicherungsinteresse mit sich bringt.
Treuhand und Treuhandkonstruktion
Von der Sicherungstreuhand zu unterscheiden ist die allgemeine Treuhand, bei der ebenfalls Rechte zur treuhänderischen Verwaltung übertragen werden, jedoch ohne dass eine Sicherungsabrede im Vordergrund steht.
Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen und Beendigung der Sicherungstreuhand
Verwirkung und Verwertung
Verstößt der Treuhänder gegen die Sicherungsabrede, etwa durch Verfügung über das Treugut zu eigenem Vorteil, kann der Treugeber Schadensersatz verlangen. Zudem ist in diesen Fällen eine außerordentliche Kündigung des Treuhandverhältnisses möglich, wodurch die sofortige Rückübertragung zu erfolgen hat.
Kommt es zum Sicherungsfall, etwa bei Nichterfüllung der gesicherten Forderung, ist der Treuhänder berechtigt, das Treugut zu verwerten. Die Modalitäten der Verwertung und deren Erlösverwendung sind regelmäßig vertraglich geregelt.
Beendigung und Rückübertragung
Mit vollständigem Erlöschen des Sicherungszwecks – beispielsweise durch Erfüllung der gesicherten Forderung – endet das Sicherungstreuhandverhältnis. Der Treuhänder ist verpflichtet, das Treugut an den Treugeber zurückzuübertragen. Diese Rückübertragungspflicht ist zentrales Element des Sicherungstreuhandverhältnisses.
Rechtsprechung und Literatur zur Sicherungstreuhand
Die Sicherungstreuhand ist vor allem durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geprägt und wurde vielfach im Zusammenhang mit der insolvenzrechtlichen Behandlung von Sicherungsgütern, der Durchsetzung von Aussonderungsrechten sowie Fragen der Verfügungsbefugnis und des Gutglaubensschutzes thematisiert. In der juristischen Literatur finden sich zahlreiche Abhandlungen zur Abgrenzung und rechtlichen Gestaltung der Sicherungstreuhand, insbesondere im Bereich des Bankrechts und der Kreditsicherung.
Zusammenfassung
Die Sicherungstreuhand stellt eine eigenständige Form der Sicherung dar, bei der das formelle Recht – meist Eigentum oder eine Forderung – treuhänderisch zur Besicherung eines Anspruchs übertragen wird. Sie ist durch eine strenge schuldrechtliche Bindung an das Sicherungsinteresse des Treugebers geprägt und bietet insbesondere im Insolvenzfall einen wirksamen Schutz vor dem Zugriff Dritter auf das Sicherungsgut. Aufgrund ihrer Flexibilität und rechtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten kommt der Sicherungstreuhand im Wirtschaftsleben, insbesondere im Bereich der Unternehmens- und Immobilienfinanzierung, eine große praktische Bedeutung zu.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Anforderungen müssen an den Sicherungsvertrag zwischen Treugeber und Treuhänder gestellt werden?
Der Sicherungsvertrag, welcher die Grundlage einer Sicherungstreuhand bildet, bedarf keiner besonderen Form, kann also sowohl schriftlich als auch mündlich abgeschlossen werden. Dennoch wird aus Gründen der Beweisbarkeit und Rechtssicherheit grundsätzlich die Schriftform empfohlen. Rechtlich zwingend ist das Vorliegen eines sogenannten Treuhandabrede, mit der der Treuhänder zur Ausübung bestimmter Rechte oder zur Verwaltung eines bestimmten Vermögensbestandteils verpflichtet wird. Wesentlich ist die genaue und eindeutige Bezeichnung des Sicherungszwecks im Vertrag, damit klar ist, welche Forderung oder welches Sicherungsinteresse abgesichert werden soll. Darüber hinaus dürfen im Sicherungsvertrag keine unzulässigen Klauseln enthalten sein, beispielsweise solche, die gegen das sogenannte „Verbot des pactum commissorium“ (§ 1229 BGB) verstoßen, also dem Treuhänder das endgültige Behaltendürfen des Sicherungsgutes nach Eintritt eines Sicherungsfalles versprechen. Ferner müssen die Rechte und Pflichten, insbesondere die Herausgabepflicht nach Sicherungsfall, der Umfang der Verwertungsbefugnisse und die Voraussetzungen der Inanspruchnahme klar geregelt sein. Auf eine sorgfältige Abwägung der Interessen beider Parteien ist in jedem Fall zu achten.
Gibt es Besonderheiten im Insolvenzfall des Treugebers oder Treuhänders?
Im Insolvenzfall des Treugebers gehört das Sicherungsgut grundsätzlich nicht zur Insolvenzmasse, da dieses rechtlich dem Treuhänder zusteht, der es jedoch treuhänderisch zu Gunsten des Sicherungsnehmers (des Treugebers oder Dritten) hält. Der Insolvenzverwalter des Treugebers kann daher grundsätzlich keinen Zugriff auf das Sicherungsgut nehmen, es sei denn, es liegt ein sogenannter Durchgriffsfall vor, beispielsweise wenn die Treuhandabrede als Umgehung enterbtler Gläubigerrechte anzusehen ist („gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung“ gemäß §§ 129 ff. InsO). Im Insolvenzfall des Treuhänders bleibt die Sonderzuordnung des Sicherungsguts zum Treugeber oder Sicherungsnehmer grundsätzlich bestehen („Trennungsprinzip“). Das Sicherungsgut ist aus der Insolvenzmasse auszusondern (§ 47 InsO). Entscheidend ist jedoch, dass das Sicherungsgut zu Gunsten des Treugebers klar identifizierbar und getrennt geführt wird, da andernfalls eine Zuordnung zur Insolvenzmasse nicht ausgeschlossen werden kann.
Welche Rechtsfolgen treten bei einer Übersicherung des Sicherungsnehmers ein?
Liegt eine Übersicherung vor, also wenn der Wert des treuhänderisch gehaltenen Sicherungsguts die gesicherte Forderung erheblich übersteigt, kann dies rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht im Fall der Übersicherung ein Rückforderungs- bzw. Freigabeanspruch des Treugebers hinsichtlich des überschießenden Sicherungsguts. Der Sicherungsnehmer hat dann das treuhänderisch gehaltene Sicherungsgut, das zur Befriedigung seines berechtigten Sicherungsinteresses nicht mehr erforderlich ist, auf Verlangen des Treugebers freizugeben. Ist die Treuhandgestaltung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) getroffen worden, kann bereits eine Sicherungsabrede, die zu einer anfänglichen oder nachträglichen Übersicherung führt, als unwirksam einzustufen sein (§§ 307 ff. BGB).
Welche Kontroll- und Informationsrechte stehen dem Treugeber während der Sicherungstreuhand zu?
Der Treugeber hat während der Laufzeit der Sicherungstreuhand weitgehende Kontroll- und Informationsrechte gegenüber dem Treuhänder. Diese umfassen in der Regel das Recht auf Einsicht in sämtliche Treuhandunterlagen und die Möglichkeit, jederzeit Auskunft über den Verbleib sowie die Verwertung des Sicherungsguts zu verlangen. In der Praxis wird dem Treugeber meist ein regelmäßiger Auskunftsanspruch eingeräumt, der häufig im Vertrag im Einzelnen geregelt ist. Fehlen vertragliche Regelungen, so sind nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) diejenigen Auskünfte zu erteilen, die für die Wahrnehmung der Interessen des Treugebers notwendig sind. Der Treugeber kann gegebenenfalls, sofern Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Sicherungsguts bestehen, auf Herausgabe klagen oder eine einstweilige Verfügung erwirken.
Wie ist die Verwertungsbefugnis des Treuhänders rechtlich ausgestaltet?
Die Verwertungsbefugnis des Treuhänders ist regelmäßig auf die Zweckerreichung des Sicherungsinteresses beschränkt. Das bedeutet, dass der Treuhänder das Sicherungsgut nur dann verwerten darf, wenn der Sicherungsfall – etwa die Nichtzahlung einer gesicherten Forderung – eingetreten ist. Die genauen Verwertungsmodalitäten müssen im Sicherungsvertrag geregelt sein, insbesondere ob und wie eine Androhung oder Fristsetzung zum Verwertungserfolg erforderlich ist (analog § 1234 BGB). Der Treuhänder muss sich streng an die im Vertrag vereinbarten Vorgaben halten und ist im Rahmen der Abwicklung zur ordnungsgemäßen Verwertung und zur zeitnahen Abrechnung verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann Schadensersatzansprüche des Treugebers nach sich ziehen.
Welche Risiken bestehen für den Treuhänder bei Pflichtverletzungen?
Bei Pflichtverletzungen im Rahmen der Sicherungstreuhand haftet der Treuhänder im Regelfall nach den Vorschriften des Auftragsrechts (§§ 662 ff. BGB) beziehungsweise nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (§§ 280 ff. BGB) auf Schadensersatz. Zu den relevanten Pflichtverletzungen zählen insbesondere unrechtmäßige Verfügungen über das Sicherungsgut, unzureichende Information des Treugebers oder die eigenmächtige Verwertung ohne Sicherungsfall. Im Falle einer schuldhaften Verletzung haftet der Treuhänder auf Ersatz des dem Treugeber entstandenen Schadens. Darüber hinaus kann bei besonders gravierenden Pflichtverletzungen unter Umständen auch eine strafrechtliche Relevanz bestehen, etwa wegen Untreue (§ 266 StGB).
Welches Recht findet Anwendung bei grenzüberschreitenden Sicherungstreuhandverhältnissen?
Bei grenzüberschreitenden Sicherungstreuhandverhältnissen ist zu unterscheiden zwischen dem auf den Sicherungsvertrag anwendbaren Vertragsstatut sowie den sachenrechtlichen Zuordnungen von Sicherungsgegenständen. Das anwendbare Vertragsrecht richtet sich grundsätzlich nach Rom-I-VO, d.h. nach der individuellen Rechtswahl der Parteien. Fehlt eine solche, bestimmt sich das Vertragsstatut nach dem Sitz des Treuhänders oder dem Ort, an dem die Treuhandleistung zu erbringen ist. Bei Sicherungsgütern, die dem Sachenrecht unterliegen (etwa Grundstücke, bewegliche Sachen), entscheidet das Belegenheitsprinzip: Es gilt das Recht des Landes, in dem sich das Sicherungsgut physisch befindet. In Konstellationen mit Wertpapieren oder Forderungen sind zudem die international-privatrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Staates zu beachten. Ein besonderes Augenmerk ist auf mögliche Anerkennungshindernisse oder kollidierende Vorschriften im Ausland zu legen.