Sicherungsabrede
Die Sicherungsabrede stellt ein zentrales Element im Bereich der Kreditsicherheiten und des Zivilrechts dar. Sie bezeichnet ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft, durch das zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer die Zwecke, Modalitäten und den Umfang einer Sicherungsbestellung festgelegt werden. Die Sicherungsabrede dient als rechtliche Grundlage dafür, dass dingliche Rechte – etwa Pfandrechte, Sicherungsübereignungen oder Sicherungsabtretungen – nicht isoliert, sondern in einer vertraglich bestimmten Funktion zur Sicherung einer Forderung bestellt werden.
Wesen und Bedeutung der Sicherungsabrede
Die Sicherungsabrede gleicht einem schuldrechtlichen Vertrag, der die Verknüpfung zwischen der Bestellung eines Sicherungsrechts und dem zu sichernden Anspruch, z. B. einem Darlehensrückzahlungsanspruch, regelt. Sie bildet das „Innenverhältnis“ zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer und grenzt dieses von dem „Außenverhältnis“, also vom dinglichen Sicherungsrecht, ab.
Funktion der Sicherungsabrede
- Bestimmung des Sicherungszwecks: Legt fest, welche konkreten Forderungen durch das Sicherungsmittel abgesichert werden.
- Umfang der Sicherung: Definiert, bis zu welcher Höhe und für welche Ansprüche das Sicherungsrecht besteht (z. B. nur für eine Einzel- oder auch für künftige Forderungen wie bei einer Globalzession).
- Rechte und Pflichten: Regelt Rechte und Pflichten beider Parteien, insbesondere wie mit der Sicherheit im Einzelfall (z. B. bei Tilgung der Forderung) zu verfahren ist.
- Rückgewähranspruch: Bestimmt, unter welchen Bedingungen und wie eine Rückübertragung der Sicherheit nach Erlöschen des Sicherungszwecks zu erfolgen hat.
Rechtsnatur und Abgrenzung
Die Sicherungsabrede ist als schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft zu qualifizieren. Im Unterschied dazu steht das Verfügungsgeschäft, durch das das tatsächliche Sicherungsrecht, etwa ein Pfandrecht oder eine Sicherungsübereignung, begründet wird.
Unterscheidung: Sicherungsabrede und Sicherungsvertrag
Es existiert in der Praxis eine enge Verbindung zwischen der Sicherungsabrede und einem Sicherungsvertrag. Während der Begriff Sicherungsvertrag das gesamte schuldrechtliche Verhältnis inklusive Nebenabreden umfasst, fokussiert die Sicherungsabrede speziell auf die Bestimmung des Sicherungszwecks.
Inhalt und Ausgestaltung
Typische Inhalte
Eine Sicherungsabrede sollte insbesondere folgende Aspekte klar definieren:
- Zu sichernde Forderung/Forderungen: Gegenwärtige oder zukünftige Forderungen, ggf. im Rahmen einer sogenannten „Wechsel- oder Globalzession“.
- Sicherungsmittel: Klarstellung, ob es sich z. B. um eine Sicherungsübereignung, Pfandrechte, Bürgschaften oder Grundschulden handelt.
- Sicherungszweck: Explizite Zweckbindung der Sicherheit zugunsten der gewählten Forderung(en).
- Rückübertragungsanspruch/Rückgewähr: Regelungen zur Rückübertragung des Sicherungsgutes nach Tilgung oder Wegfall der gesicherten Forderung.
- Verwertung der Sicherheit: Voraussetzungen und Verfahren zur Inanspruchnahme und Verwertung der Sicherheit bei Eintritt des Sicherungsfalls.
- Informations- und Mitteilungspflichten: Vereinbarungen über Benachrichtigungspflichten oder Informationsrechte bei Veränderungen der gesicherten Forderung.
Form
Die Sicherungsabrede unterliegt grundsätzlich keiner besonderen Form; sie kann mündlich oder schriftlich getroffen werden. Aus Beweis- und Klarstellungsgründen empfiehlt sich regelmäßig die schriftliche Fixierung, insbesondere im unternehmerischen oder kreditrechtlichen Kontext.
Bedeutung im Kontext von Sicherungsrechten
Verhältnis zu dinglichen Sicherheiten
Dingliche Sicherheiten wie das Pfandrecht oder die Grundschuld entfalten ihre Wirkung im Außenverhältnis zu Dritten. Ihre Bestellung erfordert ein rechtmäßiges Sicherungsmotiv – genau dieses wird durch die Sicherungsabrede geschaffen. Bei fehlender oder nichtiger Sicherungsabrede kann das gewährte Sicherungsrecht unwirksam oder jedenfalls anders auszulegen sein.
Gefahr der Übersicherung
Ein häufiges rechtliches Problem ist die sogenannte Übersicherung, das heißt, dass die Sicherheit die Forderung erheblich übersteigt. Die Sicherungsabrede kann hier Korrektive vorsehen, etwa in Form von Freigabeklauseln, die den Sicherungsnehmer bei Übersicherung zur (Mit-)Freigabe von Sicherheiten verpflichten.
Typische Anwendungsbeispiele
Sicherungsübereignung
Bei einer Sicherungsübereignung überträgt der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer das Eigentum an einer beweglichen Sache. Die zugrundeliegende Sicherungsabrede regelt den Umfang, Sicherungszweck, Gebrauch und Rückgabe des Sicherungsguts.
Sicherungsabtretung (Zession)
Dabei werden zur Sicherung von Ansprüchen Forderungen an den Sicherungsnehmer abgetreten. Die Sicherungsabrede fixiert, welche Forderungen betroffen sind und wie künftige Änderungen der gesicherten Forderungen behandelt werden.
Grundschuld
Im Fall der dinglich gesicherten Grundschuld wird die Sicherungsabrede benötigt, um die Nutzung der Grundschuld als Kreditsicherheit für bestimmte Forderungen und deren Rückgewähr nach Tilgung zu regeln.
Rechtsprechung und Gesetzeslage
Zahlreiche gerichtliche Entscheidungen haben den Umfang, die Auslegung und die Rückabwicklung von Sicherungsabreden vertieft. Besonders relevant sind hierbei Mechanismen der Rückgewähr und der Abwägung bei Übersicherung (§ 138 BGB – Sittenwidrigkeit bei Übersicherung, § 242 BGB – Grundsatz von Treu und Glauben).
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) kennt keine ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen zur Sicherungsabrede, wohl aber zur Bestellung dinglicher Sicherheiten und deren Rückabwicklung. Die Sicherungsabrede ist daher das maßgebliche Instrument zur Bestimmung der schuldrechtlichen Beziehungen im Rahmen der Sicherheitenbestellung.
Bedeutung in der Praxis
In der finanziellen Praxis sind Sicherungsabreden unerlässlich, um Rechtssicherheit und Transparenz bei der Verwendung von Sicherheiten zu gewährleisten. Sie sind insbesondere im Bankwesen, bei Unternehmensfinanzierungen und im privaten Kreditwesen ein elementarer Bestandteil standardisierter Verträge.
Zusammenfassung
Die Sicherungsabrede ist das zentrale schuldrechtliche Fundament für die Bestellung und Handhabung von Sicherungsrechten. Sie definiert den Sicherungszweck, regelt die Rechte und Pflichten der Beteiligten und ist für die Wirksamkeit und ordnungsgemäße Abwicklung von Sicherungsrechten unverzichtbar. Im Hinblick auf die hohe praktische Bedeutung kommt der sorgfältigen Gestaltung und Auslegung der Sicherungsabrede im Rechtsverkehr größte Bedeutung zu.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Wirksamkeit einer Sicherungsabrede?
Eine Sicherungsabrede ist grundsätzlich ein schuldrechtlicher Vertrag, durch den sich Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer darauf einigen, dass ein Sicherungsmittel (etwa Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung, Bürgschaft oder Grundschuld) als Sicherheit für eine bestimmte Forderung dient. Für die Wirksamkeit muss die Sicherungsabrede formfrei geschlossen werden können, sofern nicht das Sicherungsmittel selbst eine Form erfordert (z.B. Schriftform bei Bürgschaften nach § 766 BGB oder notarielle Beurkundung bei Grundstücksgeschäften nach § 311b BGB). Die Parteien müssen sich über die zu sichernde Forderung, den Sicherungszweck und die Art des Sicherungsmittels einig sein. Die Sicherungsabrede darf nicht gegen gesetzliche Verbote, insbesondere gegen das Umgehungsverbot oder das Wucher- und Sittenwidrigkeitsverbot (§§ 134, 138 BGB), verstoßen und muss transparent und verständlich formuliert sein. Im unternehmerischen Geschäftsverkehr sind daneben die Grenzen des AGB-Rechts (§§ 305 ff. BGB) zu beachten, da Sicherungsabreden häufig formularmäßig verwendet werden.
In welchem Verhältnis steht die Sicherungsabrede zur gesicherten Forderung (dem Sicherungszweck)?
Die Sicherungsabrede steht in einem akzessorischen Verhältnis zur gesicherten Forderung, sie legt fest, für welche Forderung und in welchem Umfang das Sicherungsmittel haftet. Dabei kann die Sicherungsabrede unterschiedlich definiert sein: Sie kann entweder auf eine Einzel- oder eine umfassende Zwecksicherungsabrede (z.B. alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen zwischen den Parteien) gerichtet sein. Kommt es zur Änderung oder Wegfall der gesicherten Forderung, wirkt sich dies auch auf die Sicherungsabrede sowie auf das Sicherungsrecht aus (z.B. Rückübertragungspflicht des Sicherungsgegenstands bei vollständigem Forderungsausgleich). Besteht Unsicherheit oder Streit über den Sicherungszweck, gilt der Grundsatz der „streng akzessorischen Auslegung“, d.h., Zweifelsfragen gehen zulasten des Sicherungsnehmers.
Welche Folgen hat eine unwirksame oder fehlende Sicherungsabrede für das Sicherungsrecht?
Fehlt es an einer wirksamen Sicherungsabrede, kann das eingeräumte Sicherungsrecht (etwa die Bestellung einer Grundschuld oder einer Sicherungsübereignung) seine schuldrechtliche Bindung verlieren und in bestimmten Fällen als „treuhänderisch gebunden“ oder sogar „fiduziarisch“ betrachtet werden. In der Praxis bedeutet das, dass der Sicherungsnehmer das Recht nur eingeschränkt ausüben kann, insbesondere nicht zum eigenen Vorteil verwerten darf. Eine fehlende oder mangelhafte Sicherungsabrede kann zu Ansprüchen des Sicherungsgebers auf Rückübertragung oder Herausgabe der Sicherheit führen. So wäre beispielsweise eine Sicherungsübereignung ohne zugrundeliegende Sicherungsabrede im Zweifel als bloße Treuhand zu behandeln, deren Zweckbindung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu rekonstruieren wäre.
Wie gestaltet sich die Rückübertragung oder Freigabe der Sicherheit bei Wegfall des Sicherungszwecks?
Sobald die gesicherte Forderung vollständig getilgt oder anderweitig erloschen ist, lebt der schuldrechtliche Herausgabeanspruch des Sicherungsgebers gemäß der Sicherungsabrede wieder auf. Der Sicherungsnehmer ist dann verpflichtet, das Sicherungsrecht (z.B. die Grundschuld) zurückzuübertragen oder das Sicherungsgut freizugeben und herauszugeben. Soweit die Parteien dies nicht geregelt haben, ergeben sich die Rückübertragungsansprüche aus ergänzender Vertragsauslegung und aus dem Sicherungsvertrag, teilweise auch aus dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) oder aus dem Bereicherungsrecht (§ 812 BGB). In bestimmten Fällen kann auch die sogenannte Zweckerklärung (insbesondere bei Banken) den genauen Ablauf der Freigabe normieren.
Welche Rolle spielen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) bei der Sicherungsabrede?
Viele Sicherungsabreden – vor allem im Bank- und Finanzierungswesen – werden in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellt. In solchen Fällen beurteilt sich die Wirksamkeit der Sicherungsabrede an den Maßstäben der §§ 305 ff. BGB. Unangemessene Benachteiligungen, Intransparenz sowie überraschende Klauseln können zur Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen oder ganzer Sicherungsabreden führen. Beispielsweise wurden in der Rechtsprechung zu Globalzessionsklauseln und umfassenden Zweckerklärungen häufig enge Transparenzanforderungen gestellt. Die Unwirksamkeit einzelner Basiselemente kann die gesamte Sicherungsabrede zu Fall bringen, mit erheblichen Folgen für die Durchsetzbarkeit der Sicherheit.
Kann eine Sicherungsabrede nachträglich geändert oder aufgehoben werden?
Grundsätzlich sind Änderungen oder Aufhebungen von Sicherungsabreden jederzeit einvernehmlich möglich. Die Parteien können den Sicherungszweck neu bestimmen, erweitern oder beschränken, wenn sie sich hierüber einig sind. Da die Sicherungsabrede ein schuldrechtlicher Vertrag ist, gelten dieselben Anforderungen wie bei anderen Vertragsänderungen (insbesondere ggf. Formvorschriften). Einseitige Änderungen sind hingegen – abgesehen von vertraglich eingeräumten Anpassungsrechten – nicht zulässig, da sie regelmäßig eine Zustimmung beider Parteien voraussetzen. Kommt es zum Wegfall der gesicherten Forderung oder zu anderen auflösenden Bedingungen, besteht eine Rückübertragungs- beziehungsweise Freigabepflicht.
Welche Bedeutung hat der sogenannte Sicherungszweck in der Auslegung von Sicherungsabreden?
Der Sicherungszweck ist das zentrale Auslegungskriterium bei Sicherungsabreden, insbesondere wenn es Streit um Reichweite oder Restbestand der Sicherheit gibt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Sicherungsabrede wegen ihrer weitgehenden Bindungswirkung und etwaiger Risiken für den Sicherungsgeber stets „streng akzessorisch“ auszulegen. Das bedeutet, dass unklare oder lückenhafte Regelungen zugunsten des Sicherungsgebers restriktiv interpretiert werden. Durch diese Rechtsfigur wird sichergestellt, dass die Interessen des Sicherungsgebers – etwa im Hinblick auf eine beschränkte Haftung – gewahrt bleiben und dass die Sicherheit nicht zu einem eigenständigen Vermögenswert des Sicherungsnehmers mutiert.