Legal Lexikon

Schulobst


Begriffsbestimmung und rechtlicher Rahmen des Schulobsts

Schulobst bezeichnet im rechtlichen Kontext Programme und Maßnahmen, mit denen Schüler*innen in Bildungseinrichtungen mit frischem Obst und Gemüse versorgt werden. Ziel ist die Förderung gesunder Ernährungsgewohnheiten und die Verbesserung der Ernährungssituation in Schulen. Schulobstprogramme unterliegen in Deutschland, aber auch auf europäischer Ebene, verschiedenen rechtlichen Vorgaben und werden insbesondere durch EU-Vorschriften, nationales Recht sowie landesspezifische Regelungen bestimmt.

Gesetzliche Grundlagen

Europäische Rechtsgrundlagen

Das zentrale rechtliche Fundament für das Schulobst stellt die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über gemeinsame Marktorganisationen für landwirtschaftliche Erzeugnisse dar. Kapitel II (Art. 23 und folgende) dieser Verordnung bildet die rechtliche Hauptgrundlage des „EU-Schulprogramms“, in dem die Förderung der Verteilung von Obst, Gemüse und Milch in Schulen geregelt ist.

Zentrale Elemente der EU-Regelungen umfassen:

  • Die Festlegung zulässiger Lebensmittel (Obst, Gemüse, trinkfertige Milch sowie bestimmte Milchprodukte),
  • Zielgruppen (in der Regel Kinder in Kindertagesstätten und allen allgemeinbildenden Schulen),
  • Förderbedingungen sowie
  • Kofinanzierungsvorschriften (Mitfinanzierung durch die Mitgliedstaaten).

Auch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/40 und Durchführungsverordnung (EU) 2017/39 regeln die näheren Bedingungen für Zulassung, Beantragung, Berichtswesen und Kontrolle.

Nationale Rechtsgrundlagen in Deutschland

Auf nationaler Ebene erfolgt die Umsetzung des EU-Schulprogramms durch die jeweiligen Bundesländer und auf Grundlage des Marktorganisationsgesetzes (MOG). Die Bundesländer sind für die Durchführung, Auswahl der zu beliefernden Bildungseinrichtungen, Ausschreibung der Lieferleistungen sowie Kontrolle und Berichtspflichten zuständig. Die genauen landesrechtlichen Ausgestaltungen richten sich nach den jeweiligen Schulgesetzen und den Verwaltungsvorschriften des jeweiligen Bundeslandes.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) koordiniert die Mittelbereitstellung und überwacht die Umsetzung des Programms in Kooperation mit den zuständigen Landesministerien.

Zulassung und Auswahl von Anbietern

Zentrale rechtliche Anforderungen bestehen auch für die Auswahl der Lieferanten. Die Lieferung von Schulobst und -gemüse unterliegt in aller Regel den Vorschriften der Vergabeordnungen, insbesondere dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), der Vergabeverordnung (VgV) und weiteren spezifischen Vergaberichtlinien der Länder. Vergabeverfahren müssen transparent, diskriminierungsfrei und wettbewerbsorientiert erfolgen.

Weitere relevante Rechtsquellen

Neben EU- und Landesrecht sind weitere Regelungen einschlägig:

  • Lebensmittelsicherheitsrecht, insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (Lebensmittel-Basisverordnung) sowie
  • Hygiene- und Kennzeichnungsvorschriften nach der Lebensmittelhygiene-Verordnung (EG) Nr. 852/2004,
  • Naturschutzrechtliche Vorgaben, sofern regionale oder saisonale Ware bevorzugt wird.

Rechtliche Voraussetzungen für Schulobstprogramme

Anspruchsberechtigte und Teilnahme

Teilnahmeberechtigt sind in der Regel Schülerinnen und Schüler öffentlicher und privater allgemeinbildender Schulen einschließlich Vorschuleinrichtungen. Die genaue Auswahl hängt von der Verfügbarkeit der Mittel und der länderspezifischen Priorisierung ab. Die Teilnahme seitens der Schulen ist meist freiwillig, jedoch an bestimmte Bedingungen gebunden (z.B. pädagogische Begleitmaßnahmen).

Verpflichtungen der Bildungseinrichtungen

Schulen verpflichten sich, im Rahmen der Programmdurchführung folgende Mindestanforderungen einzuhalten:

  • Umsetzung pädagogischer Begleitmaßnahmen (z.B. Informationsveranstaltungen zum Thema gesunde Ernährung),
  • Organisation der Verteilung und korrekte Lagerung des Obsts,
  • Nachweis- und Berichtspflichten gegenüber Aufsichts- und Kontrollbehörden.

Missbrauch oder Zweckentfremdung können zum Ausschluss vom Programm führen und die Rückforderung gewährter Beihilfen nach sich ziehen.

Anforderungen an Produkte und Lieferungen

Rechtlich vorgeschrieben ist, dass die belieferten Produkte den europäischen Vorgaben zu Qualität, Hygiene und Herkunft entsprechen müssen. Die Priorisierung von saisonalen und regionalen Produkten wird von der EU ausdrücklich befürwortet, eine Verpflichtung besteht jedoch nur im Rahmen der jeweiligen Ausschreibungsbedingungen.

Kontroll- und Sanktionsmechanismen

Die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben wird durch:

  • Regelmäßige Vor-Ort-Kontrollen,
  • Stichprobenartige Überprüfungen von Lieferscheinen und Rechnungen,
  • Meldepflichten bei Abweichungen

überwacht. Bei Feststellung von Mängeln drohen Rückforderungen der Beihilfen, Ausschluss aus dem Programm sowie weitere verwaltungsrechtliche Konsequenzen.

Finanzierung und Fördermodalitäten

EU- und nationale Kofinanzierung

Die Finanzierung des Schulobstprogramms erfolgt zu einem erheblichen Teil aus EU-Mitteln. Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, einen Eigenanteil an der Finanzierung zu leisten (Kofinanzierung). Die Höhe des EU-Anteils und der nationale Kofinanzierungssatz variieren je nach Mitgliedstaat und Region.

Zuwendungsrechtliche Vorschriften

Die Abwicklung der Fördermittel unterliegt dem allgemeinen Haushaltsrecht und den Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder hinsichtlich Zuwendungen. Ausgaben müssen zweckentsprechend verwendet und gemäß der Vorgaben nachgewiesen werden.

Datenschutzrechtliche Anforderungen

Im Rahmen der Durchführung von Schulobstprogrammen werden teilweise personenbezogene Daten verarbeitet (z.B. zur Bestimmung der Teilnahmeberechtigung). Es gelten daher die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie die ergänzenden nationalen Datenschutzgesetze.

Zusammenfassung

Das Schulobst stellt ein rechtlich umfassend geregeltes Förderinstrument im schulischen Alltag dar. Grundlage ist vorrangig das Unionsrecht, ergänzt durch nationale und landesspezifische Regelungen, vergaberechtliche Vorschriften sowie Bestimmungen zum Lebensmittelsicherheits-, Datenschutz- und Zuwendungsrecht. Die strikte Einhaltung dieser Vorgaben durch alle Beteiligten ist Voraussetzung für die erfolgreiche und rechtssichere Durchführung der Programme zur Verbesserung der Schulverpflegung und zur Förderung einer gesunden Ernährung im Kindes- und Jugendalter.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist nach geltendem Recht für die Umsetzung des Schulobstprogramms verantwortlich?

Die Verantwortung für die Umsetzung des Schulobstprogramms in Deutschland liegt grundsätzlich bei den einzelnen Bundesländern. Die rechtliche Grundlage bildet dabei die EU-Verordnung Nr. 1308/2013, welche durch nationale Rechtsakte und Förderrichtlinien der Länder konkretisiert wird. Jedes Bundesland bestimmt daher eine zuständige Behörde, meistens das jeweilige Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft oder Bildung. Diese Behörden sind für die Antragsbearbeitung, Auswahl der teilnehmenden Schulen, Kontrolle der Lieferanten und Einhaltung der Programmvorgaben verantwortlich. Schulen müssen sich nach den Vorgaben der jeweiligen Länder anmelden. Die Umsetzung vor Ort unterliegt gesetzlichen Qualitätsstandards sowie der prüfbaren Dokumentationspflicht, damit die Fördermittel sachgerecht verwendet werden.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten bei der Beschaffung und Verteilung von Schulobst?

Die Vergabe von Schulobst unterliegt dem europäischen und deutschen Vergaberecht. Lieferanten von Obst und Gemüse werden regelmäßig im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen gemäß der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) bzw. seit 2016 nach der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) ausgewählt. Hierbei sind insbesondere Transparenz, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung zu beachten. Darüber hinaus sind Lebensmittelhygienevorschriften gemäß der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 zwingend einzuhalten. Während der Verteilung an die Schüler müssen die Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes sowie Vorgaben zur Lebensmittelsicherheit und -kennzeichnung eingehalten werden. Die förderrechtlichen Anforderungen an die Portionsgrößen, zulässigen Obst- und Gemüsesorten und Begleitmaßnahmen sind Bestandteil der jeweils gültigen Förderrichtlinien des Bundeslandes.

Welche datenschutzrechtlichen Aspekte müssen beim Schulobstprogramm berücksichtigt werden?

Im Rahmen der Teilnahme am Schulobstprogramm werden personenbezogene Daten von Schülern und Lehrkräften erfasst, etwa zur Ausgabe und Dokumentation. Daher sind die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einzuhalten. Es ist unbedingt erforderlich, eine Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung zu benennen (z.B. Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung oder Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse). Schulen sind verpflichtet, Betroffene über Art, Zweck und Dauer der Verarbeitung zu informieren und geeignete technische sowie organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Daten zu ergreifen. Die Weitergabe an Dritte, insbesondere Lieferanten oder externe Evaluatoren, ist nur zulässig, wenn dies datenschutzkonform erfolgt und durch einen Vertrag zur Auftragsverarbeitung abgesichert ist.

Inwieweit bestehen Haftungsrisiken für Schulen und deren Personal im Rahmen des Schulobstprogramms?

Das Haftungsrisiko für Schulen und ihr Personal besteht insbesondere, wenn durch Nachlässigkeit oder Missachtung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften Kontaminationen auftreten oder Allergiker nicht ordnungsgemäß informiert werden. Gemäß §§ 823 ff. BGB können im Schadensfall zivilrechtliche Ansprüche gegenüber dem Land oder der jeweiligen Schule entstehen. Lehrkräfte haften in der Regel nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz persönlich. Die Landeshaftung (Organhaftung) greift üblicherweise bei fahrlässigem Verhalten. Versicherungsrechtlich deckt die gesetzliche Schülerunfallversicherung Schadensfälle ab, dennoch ist eine genaue Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben (Lebensmittelhygiene, Aufsichtspflicht) entscheidend, um Haftungsfälle zu vermeiden.

Welche rechtlichen Grundlagen existieren für die Finanzierung durch EU-Mittel?

Die Finanzierung des Schulobstprogramms erfolgt auf Basis der EU-VO Nr. 1308/2013 und der delegierten Verordnungen sowie den Ko-Finanzierungsvorschriften der Mitgliedstaaten. Förderfähig sind nur Maßnahmen, die im Rahmen der jeweiligen nationalen Strategie und gemäß den aktuellen Förderrichtlinien beantragt, genehmigt und dokumentiert werden. Die Verwendung der Zuwendungen unterliegt dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit; nicht förderfähige Kosten, etwa private Aufwände oder unzulässige Lebensmittelsorten, sind zwingend auszuschließen. Im Rahmen der Mittelverwendung erfolgen regelmäßige Prüfvorgänge durch EU, Bund und Länder, bei Unregelmäßigkeiten drohen Rückforderungen und ggf. strafrechtliche Konsequenzen wegen Subventionsbetrugs (§ 264 StGB).

Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es für die begleitenden Maßnahmen zur Ernährungsbildung?

Begleitende Maßnahmen zur Ernährungsbildung sind gemäß den EU-rechtlichen Vorgaben (Art. 23 VO 1308/2013) verpflichtender Bestandteil des Schulobstprogramms. Sie sind in der Förderrichtlinie des jeweiligen Bundeslandes konkretisiert. Zu den Anforderungen zählen die inhaltliche Ausgestaltung unter Berücksichtigung pädagogischer Konzepte, Zugänglichkeit für alle teilnehmenden Schüler sowie Nachweis- und Dokumentationspflichten. Die Durchführung muss datenschutzkonform erfolgen und darf keine Werbung für bestimmte Marken oder Produkte enthalten (Werbeverbot gemäß Art. 23 Abs. 10 VO 1308/2013). Die Maßnahmen werden regelmäßig evaluiert und sind in ihrer Durchführung zu dokumentieren, damit die Förderfähigkeit bestätigt werden kann.

Welche besonderen Regelungen gelten für die Teilnahme privater Schulen am Schulobstprogramm?

Private Schulen sind im Grundsatz ebenfalls berechtigt, am Schulobstprogramm teilzunehmen, sofern sie die Vorgaben der jeweiligen Landesrichtlinien erfüllen. Voraussetzung ist der Nachweis, dass die Schule dem allgemeinbildenden Charakter entspricht und nicht primär gewerblich ausgerichtet ist. Die rechtlichen Verpflichtungen hinsichtlich Antragstellung, Dokumentation, Nachweisführung und Einhaltung aller förder-, lebensmittel- und datenschutzrechtlichen Vorschriften gelten in gleicher Weise wie für öffentliche Schulen. Prüf- und Kontrollrechte seitens der zuständigen Behörde müssen akzeptiert werden. Die Förderung richtet sich nach den gleichen Bedingungen und Abläufen wie im öffentlichen Bereich, etwa hinsichtlich Portionsgröße, Finanzierung und Begleitmaßnahmen.