Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Vertragsrecht»Schriftformklausel

Schriftformklausel


Begriff und Bedeutung der Schriftformklausel

Eine Schriftformklausel bezeichnet eine vertragliche Vereinbarung, nach der sämtliche Erklärungen, Änderungen oder Ergänzungen eines Vertrages nur wirksam sind, wenn sie schriftlich abgegeben werden. Hauptzweck der Schriftformklausel ist es, Rechtssicherheit und Beweisbarkeit für die Parteien zu schaffen. Durch eine entsprechende Formulierung im Vertrag wird ausgeschlossen, dass Nebenabsprachen oder nachträgliche Änderungen mündlich vereinbart werden können, sofern die Schriftformklausel wirksam vereinbart wurde.

Rechtliche Einordnung und Funktion

Funktion der Schriftformklausel

Die Schriftformklausel dient insbesondere zur Wahrung der Beweissicherheit und der Klarheit der vertraglichen Beziehungen. Sie soll verhindern, dass Abreden verändert werden, ohne dass dies klar dokumentiert und für beide Parteien nachvollziehbar ist. Die vereinbarte Schriftform bezieht sich dabei ausschließlich auf die Vertragsparteien, Dritten kommt in der Regel keine unmittelbare Wirkung zu.

Arten der Schriftformklausel

Einfache Schriftformklausel

Die einfache Schriftformklausel verlangt für Änderungen und Ergänzungen des Vertrages lediglich die schriftliche Abfassung, ohne weitergehende Anforderungen.

Doppelte Schriftformklausel (qualifizierte Schriftformklausel)

Die doppelte Schriftformklausel – auch als qualifizierte Schriftformklausel bezeichnet – erstreckt die Formbedürftigkeit selbst auf die Änderung oder die Aufhebung der Schriftformklausel selbst. Übliche Formulierung: „Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages einschließlich dieser Schriftformklausel bedürfen der Schriftform.“

Schriftform im rechtlichen Sinne

Die „Schriftform“ im Sinne des § 126 BGB erfordert die eigenhändige Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur (§ 126a BGB). Eine formlose E-Mail genügt grundsätzlich nicht dem Schriftformerfordernis, während Telefax und pdf-Dokumente regelmäßig als ausreichend erachtet werden, sofern eine Unterschrift erkennbar ist.

Wirksamkeit und Rechtsfolgen der Schriftformklausel

Gesetzliche Schranken

In bestimmten Fällen sieht das Gesetz selbst die Schriftform zwingend vor (z. B. bei Mietverträgen über Wohnraum länger als ein Jahr, § 550 BGB). Schriftformklauseln dürfen solche gesetzlich verbindlichen Formvorgaben nicht aufheben oder abändern.

Abdingbarkeit der Schriftformklausel

Nach § 127 Abs. 2 BGB gilt, dass die von den Parteien vereinbarte vertragliche Schriftform, sofern dies nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, durch eine ebenfalls formlose Einigung aufgehoben oder geändert werden kann. Auch mündliche oder konkludente Änderungen sind somit möglich, wenn die Parteien diesen Willen klar zum Ausdruck bringen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (z. B. BGH, Urteil v. 14.06.2006, XII ZR 40/04) ist auch eine doppelte Schriftformklausel nicht „unüberwindbar“: Durch individuelle Parteivereinbarung kann die Schriftformklausel aufgehoben oder unterlaufen werden, sofern ein solcher Wille nachweisbar ist.

Bedeutung für Allgemeine Geschäftsbedingungen

Schriftformklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Sie dürfen keine unangemessene Benachteiligung der Vertragsgegenseite darstellen. Gleichwohl können sie grundsätzlich wirksam vereinbart werden, sofern sie ausreichend transparent und verständlich formuliert sind.

Beweisrechtliche Auswirkungen

Beweislastverteilung

Durch die Schriftformklausel wird im Streitfall vermutet, dass nur schriftlich niedergelegte Vereinbarungen die Vertragsbeziehungen bestimmen. Mündlich getroffene Nebenabreden müssen in diesem Fall vomjenigen bewiesen werden, der sich darauf beruft. Das Fehlen eines schriftlichen Nachweises führt in der Regel dazu, dass behauptete Nebenabreden als nicht existent behandelt werden.

Grenzfälle und Praxistipps

Ausnahme: Individualvereinbarung

Individualabreden gemäß § 305b BGB haben Vorrang vor vorformulierten Schriftformklauseln. Wenn Parteien nachweislich eine individuelle, von der Schriftform abweichende Absprache getroffen haben, geht diese der Schriftformklausel vor.

Elektronische Kommunikation

Die Bedeutung elektronischer Kommunikationswege nimmt zu. E-Mails und digitale Dokumente können unter bestimmten Voraussetzungen die Anforderungen an die Schriftform erfüllen, sofern sie eine qualifizierte elektronische Signatur enthalten (§ 126a BGB). Ohne diese Voraussetzungen genügen sie der Schriftform jedoch nicht.

Unwirksamkeit in bestimmten Vertragskonstellationen

Insbesondere in Arbeitsverträgen können Schriftformklauseln nach § 309 Nr. 13 BGB unwirksam sein, wenn sie Änderungen und Nebenabreden ausschließlich in Schriftform zulassen und die Textform (§ 126b BGB) ausschließen. Dies ist zum Schutz der Vertragsparteien gesetzlich geregelt.

Internationaler Vergleich

Schriftformklauseln sind auch in anderen Rechtsordnungen bekannt, etwa als „entire agreement clause“ im angloamerikanischen Rechtsraum. Ihre Durchsetzbarkeit kann im internationalen Kontext unterschiedlich beurteilt werden, was insbesondere bei grenzüberschreitenden Verträgen zu beachten ist.

Zusammenfassung

Die Schriftformklausel ist ein wichtiges Instrument zur Sicherung von Rechtssicherheit und Beweisbarkeit vertraglicher Beziehungen. Ihre Wirksamkeit unterliegt sowohl gesetzlichen als auch vertraglichen Schranken. Auch doppelte Schriftformklauseln können durch ausdrücklich gewollte Individualvereinbarungen abgeändert oder aufgehoben werden. Wesentliche Bedeutung kommt der Schriftformklausel insbesondere in Bereichen wie dem Mietrecht, Arbeitsrecht und bei langfristigen Vertragsverhältnissen zu. Die Beachtung gesetzlicher Vorgaben sowie aktuelle Entwicklungen, etwa zur elektronischen Kommunikation, ist bei der Verwendung von Schriftformklauseln unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Welche Bedeutung hat die Schriftformklausel in Verträgen?

Die Schriftformklausel regelt, dass Änderungen oder Ergänzungen eines Vertrages nur wirksam sind, wenn sie schriftlich erfolgen und von den Vertragsparteien unterzeichnet werden. Dadurch soll gewährleistet werden, dass Vertragsinhalte sowie spätere Modifikationen klar dokumentiert sind und ein einheitlicher Nachweis erbracht werden kann, was vereinbart wurde. Im rechtlichen Kontext dient die Schriftformklausel vor allem der Rechtssicherheit und Beweisbarkeit im Streitfall: Mündliche Nebenabreden oder nachträgliche Absprachen bleiben regelmäßig unbeachtlich, sofern sie nicht in der vorgeschriebenen Form festgehalten wurden. Dies kann für sämtliche Vertragsarten von Bedeutung sein, etwa für Miet-, Arbeits- oder Kaufverträge. Die Einhaltung der Schriftform ist dabei nicht nur eine reine Förmlichkeit, sondern häufig eine Wirksamkeitsvoraussetzung, wenn sie explizit vereinbart wurde.

Kann eine Schriftformklausel auch nachträglich geändert oder aufgehoben werden?

Eine einmal vereinbarte Schriftformklausel kann grundsätzlich auch selbst abbedungen, also abgeändert oder aufgehoben werden. Nach der sogenannten „Umgehungstheorie“ der Rechtsprechung muss allerdings die Änderung oder Aufhebung wiederum schriftlich erfolgen, sofern die ursprüngliche Klausel dies fordert. Die Formvorgabe gilt, bis sie ihrerseits wirksam aufgehoben wurde. In Ausnahmefällen können Gerichte jedoch auch konkludente oder mündliche Abweichungen anerkennen, etwa wenn sich beide Parteien einvernehmlich und dauerhaft nicht an die Schriftform halten und dies nachweisbar mit Billigung beider Seiten geschieht. Dennoch sollte stets beachtet werden, dass ein solcher Nachweis in der Praxis oft schwer zu führen ist, weshalb von einer mündlichen Änderung trotz Schriftformklausel regelmäßig abzuraten ist.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat ein Verstoß gegen die Schriftformklausel?

Erfolgt eine Änderung oder Ergänzung des Vertrags entgegen der vereinbarten Schriftform, ist diese grundsätzlich unwirksam. In der Regel bleibt dann die ursprüngliche vertragliche Vereinbarung bestehen, und eine nachträgliche, nicht schriftlich fixierte Vereinbarung entfaltet keine Rechtswirkungen. Daraus folgt: Anforderungen an die Schriftform sind strikt zu beachten, um Wirksamkeitsverluste oder den vollständigen Wegfall gewünschter Vertragsmodifikationen zu vermeiden. Allerdings ist zu differenzieren, ob die Klausel wirklich als Wirksamkeitsvoraussetzung (konstitutiv) oder lediglich als Ordnungsvorschrift (deklaratorisch) ausgestaltet ist. Nur im erstgenannten Fall führt der Formverstoß zur Unwirksamkeit. In bestimmten Ausnahmefällen kann auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Rolle spielen, wenn sich beispielsweise eine Partei treuwidrig auf die Formnichtigkeit beruft, nachdem sie einen formlosen Vertragsteil bereits vollständig vollzogen hat.

Sind elektronische Dokumente ausreichend, um die Schriftform einzuhalten?

Im deutschen Recht reicht zur Erfüllung der Schriftform grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift auf einer Urkunde (§ 126 BGB). Elektronische Dokumente oder eine bloße E-Mail genügen nur dann, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind (§ 126a BGB). Eine eingescannte Unterschrift oder ein einfacher Scan eines unterschriebenen Dokuments erfüllen die gesetzlichen Anforderungen an die Schriftform im Regelfall nicht. Somit ist bei Verwendung elektronischer Mittel besondere Sorgfalt geboten: Einfache elektronische Kommunikationswege reichen nur dann aus, wenn entweder vertraglich „Textform“ (§ 126b BGB) vereinbart wurde oder alle gesetzlichen Anforderungen an die elektronische Form erfüllt werden.

Kann die Schriftformklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eingeschränkt werden?

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt die Schriftformklausel einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB und wird insbesondere dann als problematisch angesehen, wenn sie Rechte von Verbrauchern unzulässig einschränkt. Beispielsweise hält der Bundesgerichtshof zu weit gefasste Schriftformklauseln, die auch die Abbedingung der Schriftform ausschließlich schriftlich zulassen, für unwirksam, sofern sie Verbraucher unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB). Insbesondere sogenannte „doppelte Schriftformklauseln“ unterliegen einer strengen Prüfung. In der Praxis empfiehlt es sich, die Verwendung solcher Klauseln bei Verträgen mit Verbrauchern oder bei Verwendung in AGB rechtlich genau zu prüfen und gegebenenfalls zu modifizieren.

Gibt es gesetzlich zwingende Schriftformerfordernisse, die durch eine Schriftformklausel ersetzt, aufgehoben oder abgeschwächt werden können?

Nein, gesetzlich vorgeschriebene Schriftformerfordernisse, wie sie beispielsweise für Grundstückskaufverträge (§ 311b BGB), Bürgschaften (§ 766 BGB) oder bestimmte arbeitsrechtliche Vereinbarungen gelten, können durch eine vertragliche Schriftformklausel weder abgeschwächt noch ersetzt werden. Eine vertragliche Schriftformklausel regelt nur den Umgang der Parteien untereinander und hat keinen Einfluss auf gesetzlich angeordnete Formerfordernisse, die immer einzuhalten sind, um Wirksamkeit zu erlangen. Ein Verstoß gegen eine gesetzlich angeordnete Schriftform führt in aller Regel zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, unabhängig davon, ob darüber hinaus auch eine individuelle Schriftformklausel vereinbart wurde.

Wie ist eine mündliche Vereinbarung bei bestehender Schriftformklausel rechtlich zu bewerten?

Bei Vorliegen einer Schriftformklausel sind rein mündliche Vereinbarungen grundsätzlich formunwirksam, sofern nicht der Vertrag ausdrücklich zulässt, dass auch mündliche Nebenabreden wirksam sein können. Nach ständiger Rechtsprechung ist für den Fall, dass beide Vertragsparteien die mündliche Vereinbarung freiwillig und vollumfänglich erfüllt haben, eine Berufung auf den Formmangel jedoch ggfs. treuwidrig. Dennoch gilt auch hier: Die Beweislast sowie das Risiko der Nichtanerkennung liegt bei der Partei, die sich auf die Wirksamkeit der mündlichen Änderungsabrede beruft. Insbesondere im geschäftlichen Verkehr ist die Berufung auf die formunwirksame Abrede in aller Regel wenig erfolgversprechend, wenn eine wirksame Schriftformklausel besteht.