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Schließung von Freizeiteinrichtungen


Begriff und Bedeutung: Schließung von Freizeiteinrichtungen

Die Schließung von Freizeiteinrichtungen bezeichnet die behördlich angeordnete oder gesetzlich geregelte vorübergehende oder dauerhafte Untersagung des Betriebs von Anlagen, Veranstaltungsorten oder Betrieben, die primär dem Freizeitvergnügen, der Erholung oder Unterhaltung der Allgemeinheit dienen. Zu diesen Einrichtungen zählen unter anderem Schwimmbäder, Fitnessstudios, Kinos, Museen, Sporthallen, Freizeitparks, Spielhallen sowie Sport- und Kulturstätten. Die Schließung erfolgt überwiegend auf Grundlage von Gesetzen, Verordnungen oder Allgemeinverfügungen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere im Kontext des Infektionsschutzes, aber auch aufgrund anderer Rechtsgründe, etwa baurechtlicher oder gewerberechtlicher Natur.


Rechtliche Grundlagen für die Schließung von Freizeiteinrichtungen

Infektionsschutzrechtliche Vorschriften

Infektionsschutzgesetz (IfSG)

Im deutschen Recht stellt das Infektionsschutzgesetz (IfSG) zentrale Rechtsgrundlagen für die Anordnung der Schließung von Freizeiteinrichtungen zum Schutz der Bevölkerung vor übertragbaren Krankheiten dar. Die Eingriffsbefugnisse der Behörden, insbesondere die im Rahmen von § 28 IfSG vorgesehenen Maßnahmen, ermöglichen beispielsweise unter bestimmten Voraussetzungen das Verbot oder die Einschränkung des Betriebs solcher Einrichtungen. Während der COVID-19-Pandemie bildeten diese Vorschriften die maßgebliche rechtliche Basis für weitreichende Schließungsanordnungen.

Verhaltensermächtigungen der Behörden

Örtliche Gesundheitsbehörden können durch Maßnahmen nach dem IfSG beispielsweise Anordnungen treffen, die auf eine vollständige oder teilweise Schließung von öffentlichen oder privaten Freizeiteinrichtungen hinauslaufen. Zu beachten ist dabei stets das Verhältnismäßigkeitsprinzip: Grundrechtseingriffe – etwa in die Berufsfreiheit, Eigentumsgarantie oder allgemeine Handlungsfreiheit – müssen im Rahmen der Stufenprüfung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt werden können.

Weitere gesetzliche Grundlagen

Ordnungsrecht und Gefahrenabwehr

Neben dem Infektionsschutz können auch ordnungsrechtliche Vorschriften, wie Polizeigesetze der Bundesländer oder allgemeine Gefahrenabwehrgesetze, den rechtlichen Rahmen zur Schließung von Freizeitanlagen darstellen, insbesondere wenn von der Einrichtung eine akute Gefahrenlage für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht (beispielsweise wegen baulicher Mängel oder Sicherheitsdefiziten).

Gewerberechtliche Vorschriften

Das Gewerberecht sieht vor, dass der Betrieb bestimmter Freizeiteinrichtungen, insbesondere bei Verstößen gegen Vorschriften oder Mangels der erforderlichen Zuverlässigkeit, vorübergehend oder dauerhaft untersagt werden kann. Dies betrifft insbesondere Spielhallen, Vergnügungsstätten und ähnliche Einrichtungen (§ 33c Gewerbeordnung ff.).

Baurechtliche Aspekte

Baurechtliche Bestimmungen, etwa das Bauordnungsrecht, können Schließungen anordnen, wenn Anlagen oder Räume entgegen geltenden Vorschriften genutzt werden oder von ihnen Gefahren ausgehen, die mit sonstigen Maßnahmen nicht abgewendet werden können.


Verfahren und Umsetzung der Schließung von Freizeiteinrichtungen

Verwaltungsverfahren

Anordnung und Bekanntgabe

Die Schließung wird durch Verwaltungsakt, Allgemeinverfügung oder individuell adressierten Bescheid angeordnet. Die Bekanntgabe richtet sich nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und der Verwaltungszustellungsgesetze der Länder. Bei überregionalen Maßnahmen erfolgt die Umsetzung vielfach durch Rechtsverordnungen.

Dauer und Befristung

Die Maßnahme kann befristet oder unbefristet ausgesprochen werden. Befristete Schließungsanordnungen sind mit einer Frist zur Wiedereinsetzung oder einer Verlängerungsoption ausgestattet. Eine unbefristete Schließung setzt regelmäßig voraus, dass die für den Weiterbetrieb erforderlichen Voraussetzungen dauerhaft nicht geschaffen werden können.

Rechtsmittel und Rechtsschutz

Gegen die Schließungsanordnung stehen den Betroffenen Rechtsmittel zur Verfügung: Klagen auf Aufhebung oder einstweiligen Rechtsschutz können bei den zuständigen Verwaltungsgerichten eingereicht werden (§ 80 Abs. 5 VwGO). Innerhalb des gerichtlichen Eilverfahrens wird regelmäßig insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme überprüft.


Betroffene Grundrechte und verfassungsrechtliche Einordnung

Eingriffe in die Grundrechte

Durch die Schließung von Freizeiteinrichtungen werden regelmäßig mehrere grundrechtlich geschützte Positionen berührt:

  • Berufsfreiheit (Art. 12 GG): Betreiber:innen sind in der Ausübung ihres Berufs eingeschränkt.
  • Eigentumsgarantie (Art. 14 GG): Im Fall längerer oder dauerhafter Schließungen können Substanzwert und Nutzungsmöglichkeiten des Eigentums beeinträchtigt werden.
  • Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG): Nutzer:innen werden in ihrer Freizeitgestaltung und Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
  • Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG): Hiervon betroffen sind vor allem Veranstaltungsstätten.

Verhältnismäßigkeits- und Zweckmäßigkeitsprüfung

Im Rahmen einer Schließungsanordnung ist stets eine Abwägung zwischen infektionsschutzrechtlichen bzw. ordnungsrechtlichen Interessen der Allgemeinheit und den Grundrechten der Betreiber:innen und Besucher:innen vorzunehmen. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung umfasst die Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme bezogen auf das verfolgte Schutzgut.


Öffnungsperspektiven, Auflagen und Ausnahmen

Stufenmodelle und Lockerungen

Gesetzgebende oder vollziehende Gewalt kann Öffnungen unter Auflagen gestatten, insbesondere in Abhängigkeit von aktuellen Gefahrenlagen (z.B. Infektionszahlen, Sicherheitsrisiken). Denkbar sind gestufte Lockerungsmodelle, bei denen zunächst Teilbereiche oder unter Beachtung spezifischer Hygienekonzepte wieder geöffnet werden können.

Sonderregelungen

Einrichtungen von besonderem öffentlichen Interesse (z.B. Reha-Sportzentren, Bildungseinrichtungen) können von Schließungsanordnungen ganz oder teilweise ausgenommen werden. Dies erfolgt regelmäßig auf Basis besonderer gesetzlicher oder verwaltungsbehördlicher Regelungen.


Schadensersatz, Entschädigung und Ausgleichsansprüche

Staatliche Unterstützungsleistungen

Bei Schließungen im Zusammenhang mit allgemeinen Gefahrabwehrmaßnahmen oder insbesondere pandemiebedingten Maßnahmen können die betroffenen Betreiber:innen Anspruch auf staatliche Unterstützungsprogramme haben. Diese sind, je nach Rechtsgrundlage und politischer Entscheidung, als Existenzsicherungszuschüsse, Überbrückungshilfen oder steuerliche Erleichterungen ausgestaltet.

Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz

§ 56 IfSG regelt Entschädigungsansprüche bei Tätigkeitsverboten und Schließungen. Allerdings sind anspruchsberechtigt regelmäßig nur Personen, gegen die ein explizites Tätigkeitsverbot oder Quarantäne verhängt wurde. Betreiber:innen freiwillig oder pauschal geschlossener Einrichtungen müssen im Einzelfall prüfen, ob ein konkreter Entschädigungsanspruch besteht. In der Praxis ist dieser Anspruch vielfach beschränkt.

Zivilrechtliche Ansprüche

Ob und inwieweit ein Ersatz wirtschaftlicher Einbußen durch staatliche Schließungsverordnungen beansprucht werden kann, richtet sich nach allgemeinen Prinzipien des Staatshaftungsrechts. Teilweise greifen Entschädigungsregelungen des Polizeirechts, wenn eine Maßnahme im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit erfolgt.


Fazit

Die Schließung von Freizeiteinrichtungen ist ein vielschichtiger rechtsstaatlicher Eingriff mit umfangreicher rechtlicher Grundlage. Die konkrete Ausgestaltung und Durchführung unterliegen sowohl bundes- als auch landesrechtlicher Regelungen, unter Beachtung grundrechtlicher Schutzpositionen und gerichtlicher Überprüfbarkeit. Rechtliche Konflikte entstehen dabei insbesondere im Dreieck von Infektionsschutz, öffentlicher Sicherheit und wirtschaftlicher Betätigung, die eine differenzierte und stets verhältnismäßige Betrachtung erfordern.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen können die Schließung von Freizeiteinrichtungen begründen?

Die Schließung von Freizeiteinrichtungen wird im Regelfall durch gesetzliche oder behördliche Vorgaben auf Basis des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), landesrechtlicher Ausführungsgesetze oder Sondererlasse veranlasst. Insbesondere im Falle von Epidemien oder Pandemien, wie etwa während der COVID-19-Pandemie, dient § 28 IfSG als zentrale Rechtsnorm für weitreichende Maßnahmen, einschließlich Schließungsanordnungen. Darüber hinaus sind auf Landesebene spezifische Rechtsverordnungen möglich, die auf Grundlage von Allgemeinverfügungen durch die jeweiligen Landesregierungen oder Gesundheitsbehörden erlassen werden. Auch weitere Rechtsgrundlagen wie das Ordnungswidrigkeitengesetz, das Polizeigesetz der Länder oder Besonderheiten des Baurechts können – etwa bei Gefahrenabwehr oder zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung – für temporäre oder dauerhafte Schließungen herangezogen werden. Ausschlaggebend ist, dass eine hinreichende gesetzliche Ermächtigung vorliegen muss, ansonsten wäre eine Schließung rechtswidrig.

Inwieweit sind Betreiber von Freizeiteinrichtungen zur Einhaltung von Schließungsanordnungen verpflichtet?

Betreiber von Freizeiteinrichtungen sind kraft Gesetzes verpflichtet, behördliche Anordnungen zur Schließung unverzüglich umzusetzen. Die Missachtung entsprechender Anordnungen stellt in der Regel eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit Bußgeldern oder anderen Sanktionen geahndet werden, im Einzelfall sogar strafrechtliche Relevanz entfalten (z.B. nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG). Die Betreiber sind außerdem gehalten, sich über einschlägige Verlautbarungen und Allgemeinverfügungen fortlaufend zu informieren, um eine rechtzeitig Umsetzung zu gewährleisten. Die Pflicht zur Umsetzung kann nicht durch vertragliche Regelungen gegenüber Personal oder Gästen ausgeschlossen werden. Zudem besteht während der Dauer der Schließung regelmäßig ein Beschäftigungsverbot für Arbeitnehmer, soweit keine Ausnahmeregelungen (z.B. Arbeiten im Homeoffice, Wartung) bestehen.

Welche Rechte haben Betreiber bei einer angeordneten Schließung?

Betreiber von Freizeiteinrichtungen haben das Recht, gegen eine behördliche Schließungsanordnung Rechtsmittel einzulegen. In der Regel steht der Verwaltungsrechtsweg offen, sodass ein Widerspruch bei der zuständigen Verwaltungsbehörde eingelegt werden kann. Im Falle der Ablehnung kann sodann Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Zudem besteht die Möglichkeit, im Eilverfahren einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen, wodurch die aufschiebende Wirkung der Maßnahmen erreicht oder ausgelöst werden kann (§ 80 Abs. 5 VwGO). Zu beachten ist jedoch, dass je nach Gefährdungslage und Schwere des drohenden Schadens für die Allgemeinheit dem Infektionsschutz regelmäßig ein überwiegendes öffentliches Interesse eingeräumt wird, das zu einer Bestätigung der ergriffenen Maßnahmen durchs Gericht führen kann.

Können Betreiber Entschädigungsansprüche aus einer Schließung geltend machen?

Ob Betreiber für wirtschaftliche Einbußen infolge einer Schließung entschädigt werden müssen, richtet sich nach den jeweils einschlägigen Rechtsgrundlagen. Im Infektionsschutzgesetz finden sich abschließende Regelungen zu möglichen Entschädigungsansprüchen (§ 56 ff. IfSG), die jedoch in erster Linie für Verdienstausfälle von Einzelpersonen (z.B. Arbeitnehmer mit Tätigkeitsverbot, Selbstständige) gelten. Die pauschale Betriebsentschädigung für Unternehmen ist nicht vorgesehen. Betreiber können jedoch im Einzelfall prüfen, ob Vorschriften des Staatshaftungsrechts, des allgemeinen Polizeirechts oder spezifische staatliche Hilfsprogramme greifen. Entsprechende Ansprüche müssen in der vorgegebenen Frist und Form geltend gemacht werden. Für pandemiebedingte Schließungen wurden in der Vergangenheit größtenteils Sonderprogramme (z.B. Überbrückungshilfen) geschaffen, die jedoch nicht Teil eines generellen Rechtsanspruchs sind.

Welche Anforderungen gelten für die behördliche Anordnung einer Schließung?

Behördliche Anordnungen zur Schließung müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen und eine hinreichende gesetzliche Grundlage besitzen. Die Maßnahme muss geeignet, erforderlich und angemessen im Verhältnis zum angestrebten Zweck sein; sie darf also nicht über das zur Gefahrenabwehr Notwendige hinausgehen (§ 28 IfSG i.V.m. dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz). Zudem besteht eine Begründungspflicht der zuständigen Behörde. In der Praxis bedeutet dies, dass Art, Umfang sowie Geltungsdauer der Anordnung konkret benannt und mit einer nachvollziehbaren Gefahrenprognose belegt werden müssen. Bei einer fehlenden oder mangelhaften Begründung besteht grundsätzlich die Möglichkeit, gegen die Anordnung Rechtsmittel einzulegen.

Wie werden die Betroffenen über die Schließung informiert?

Die Information der Betroffenen kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. In der Regel werden Schließungsanordnungen als Allgemeinverfügungen öffentlich bekannt gemacht, beispielsweise auf der Website der zuständigen Behörde, in lokalen Amtsblättern oder über Pressemitteilungen. In seltenen Fällen erfolgt eine individuelle Zustellung an den Betreiber. Maßgeblich ist die Bekanntgabe im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes, wodurch die Maßnahme rechtlich wirksam wird und Fristen zur Rechtsmittelwahrung zu laufen beginnen. Betreiber sind verpflichtet, sich eigenständig über die Rechtslage zu informieren, insbesondere bei Entwicklungen mit landes- oder bundesweiter Bedeutung.

Welche Pflichten bestehen nach der Wiedereröffnung?

Nach der behördlich angeordneten Wiedereröffnung haben Betreiber von Freizeiteinrichtungen darauf zu achten, dass sämtliche Auflagen, Hygiene- und Schutzkonzepte sowie Dokumentationspflichten eingehalten werden, wie sie in den jeweiligen Verordnungen oder Allgemeinverfügungen festgelegt sind. Dazu zählt beispielsweise die Einhaltung von Zugangsbeschränkungen, Nachweispflichten (z.B. Impf- oder Testnachweise), Kontaktnachverfolgung und verpflichtender Einsatz von Hygieneplänen. Die Nichteinhaltung kann, wie bei der Ursprungsanordnung, ordnungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Violations of these requirements may also lead to renewed closures or fines.