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Schlechterfüllung, -leistung


Schlechterfüllung (Schlechtleistung) im Rechtssystem

Die Schlechterfüllung, auch Schlechtleistung genannt, bezeichnet die nicht vertragsgemäße Erbringung einer geschuldeten Leistung im Rahmen eines Schuldverhältnisses. Sie ist ein zentraler Begriff vor allem im Zivilrecht, insbesondere im deutschen Schuldrecht, und hat weitreichende Rechtsfolgen für die Vertragsparteien. Neben ihrer Bedeutung im allgemeinen Vertragsrecht spielt Schlechterfüllung auch in verschiedenen besonderen Schuldverhältnissen, wie z. B. im Kaufrecht, Dienstvertragsrecht und Werkvertragsrecht, eine wesentliche Rolle.

Begriff und rechtliche Einordnung

Definition Schlechterfüllung

Unter Schlechterfüllung wird die teilweise Erfüllung eines Anspruchs unter Abweichung von der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit verstanden. Dabei erhält der Gläubiger zwar die Leistung dem Grunde nach, allerdings nicht in der vereinbarten Form, Qualität oder Vollständigkeit. Die Schlechterfüllung unterscheidet sich somit von der Nichterfüllung (Nichtleistung) und der verspäteten Leistung (Verzug).

Rechtsgrundlagen

Die gesetzlichen Grundlagen zur Schlechterfüllung finden sich vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Hierzu gehören insbesondere:

  • § 280 BGB – Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
  • § 281 BGB – Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung
  • § 434 BGB – Sachmangel beim Kaufvertrag
  • § 633 BGB – Sach- und Rechtsmangel beim Werkvertrag

Weitere Regelungen ergeben sich aus den Vorschriften zu einzelnen Schuldverhältnissen sowie dem Allgemeinen Teil des BGB.

Arten und Erscheinungsformen der Schlechterfüllung

Schlechterfüllung bei gegenseitigen Verträgen

Die Schlechterfüllung kann grundsätzlich bei jedem Austauschverhältnis, in dem eine Leistung gegen eine Gegenleistung zu erbringen ist, auftreten. Insbesondere betrifft sie Sachleistungen (wie beim Kauf einer Sache), Werkleistungen (etwa im Bauvertrag) oder Dienstleistungen.

Beispiel:
Wird bei einem Kfz-Kauf ein vertraglich zugesicherter Tempomat nicht eingebaut, liegt eine Schlechterfüllung vor, da dem Käufer nicht die vereinbarte Ausstattung geliefert wird.

Schlechterfüllung bei Geldforderungen

Im Hinblick auf Geldschulden ist die Schlechterfüllung möglich, wenn z. B. mit einem falschen Betrag bezahlt oder in einer nicht vereinbarten Währung geleistet wird.

Rechtsfolgen der Schlechterfüllung

Mangelbegriffe und Maßgeblicher Zeitpunkt

Ob eine Schlechterfüllung vorliegt, bemisst sich am objektiven und – falls vereinbart – subjektiven Mangelbegriff. Im Kauf- und im Werkvertragsrecht wird dabei auf den Zeitpunkt der Übergabe bzw. der Abnahme abgestellt.

Rechte des Gläubigers

Im Falle der Schlechterfüllung stehen dem Gläubiger verschiedene gesetzliche Rechte zu:

Nacherfüllung

Der Gläubiger kann nach § 439 BGB (Kaufrecht) oder § 635 BGB (Werkvertragsrecht) zunächst die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder die Lieferung einer mangelfreien Sache (Ersatzlieferung) verlangen.

Rücktritt und Minderung

Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Nacherfüllung nicht nach, kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern.

Schadensersatz

Neben oder statt der Nacherfüllung kann Schadensersatz geltend gemacht werden, wenn die weiteren Voraussetzungen – insbesondere Vertretenmüssen des Schuldners (§ 280, § 281 BGB) – vorliegen.

Aufwendungsersatz

Hat der Gläubiger im Hinblick auf die mangelhafte Leistung vergeblich Aufwendungen getätigt, kann hierfür Ersatz nach § 284 BGB verlangt werden.

Besonderheiten der Beweislast

Regelmäßig muss der Gläubiger im Streitfall die mangelhafte Erfüllung beweisen. Im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs gilt zu Gunsten des Verbrauchers die Vermutung, dass ein innerhalb von zwölf Monaten ab Gefahrübergang auftretender Mangel bereits bei Gefahrübergang bestanden hat (§ 477 BGB).

Schlechterfüllung in verschiedenen Vertragstypen

Schlechterfüllung im Kaufrecht

Im Kaufrecht steht das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit einer Kaufsache im Mittelpunkt. Die §§ 434 ff. BGB regeln die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen der Schlechterfüllung umfassend, insbesondere das Recht auf Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz.

Schlechterfüllung im Werkvertragsrecht

Im Werkvertragsrecht (§§ 631 ff. BGB) ist die mangelhafte Herstellung eines Werks maßgeblich. Typisch ist hier die Abnahme als maßgeblicher Zeitpunkt zur Feststellung der Mangelhaftigkeit. Ähnlich wie im Kaufrecht bestehen vorrangig Ansprüche auf Nacherfüllung.

Schlechterfüllung im Dienstvertragsrecht

Im Dienstvertragsverhältnis (§§ 611 ff. BGB) ist das Konzept der Schlechterfüllung schwieriger zu fassen, da ein konkreter Leistungserfolg meist nicht geschuldet wird. Dennoch kann eine nicht sachgemäß erbrachte Dienstleistung nach allgemeinen Regeln zu Schadensersatz oder Kündigung berechtigen.

Abgrenzung zu anderen Leistungsstörungen

Die Schlechterfüllung ist von anderen Leistungsstörungen wie der Unmöglichkeit (§ 275 BGB), dem Schuldnerverzug (§ 286 BGB) und der positiven Vertragsverletzung (frühere Rechtsfigur) zu unterscheiden. Kernmerkmal der Schlechterfüllung ist, dass eine Leistung zwar erbracht wird, sie aber in qualitativer Hinsicht nicht den vertraglichen Anforderungen genügt.

Verjährung von Ansprüchen bei Schlechterfüllung

Ansprüche wegen Schlechterfüllung unterliegen gesetzlichen Verjährungsfristen. Im Kaufrecht beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist für Sachmängel in der Regel zwei Jahre ab Ablieferung (§ 438 BGB), im Werkvertragsrecht ebenfalls zwei Jahre ab Abnahme (§ 634a BGB), mit Ausnahmen für Bauwerke und arglistige Täuschung.

Fazit

Die Schlechterfüllung ist ein zentraler Begriff im Zivilrecht und erfasst sämtliche Fälle der nur unzureichend erfüllten vertraglichen Leistungen. Die Regelungen dienen dem Schutz des Gläubigers, indem sie diverse Rechte wie Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung, Schadensersatz und Aufwendungsersatz gewähren. Die jeweiligen Rechtsfolgen sind jedoch streng an die gesetzlichen Vorgaben und Anforderungen des jeweiligen Vertragstyps gebunden. Eine sorgfältige Prüfung der konkreten Umstände, insbesondere des Vertragsinhalts und der maßgeblichen Zeitpunkte, ist bei der rechtlichen Beurteilung von Schlechterfüllung stets erforderlich.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte stehen dem Käufer bei Schlechterfüllung zu?

Wird eine vertraglich geschuldete Leistung mangelhaft erbracht, ergeben sich für den Käufer eine Reihe von Rechten aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 434 ff. BGB). Zunächst kann der Käufer nach § 439 BGB Nacherfüllung verlangen, d.h. entweder die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder die Lieferung einer mangelfreien Sache (Ersatzlieferung). Schlägt die Nacherfüllung fehl oder wird diese verweigert, hat der Käufer das Recht auf Rücktritt vom Vertrag oder Minderung des Kaufpreises gemäß § 441 BGB. Zusätzlich kann er unter den Voraussetzungen des § 280 BGB Schadensersatz verlangen, wenn ihm durch die Schlechterfüllung ein Schaden entstanden ist. Dabei ist zu beachten, dass der Käufer dem Verkäufer in der Regel zunächst eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen muss, bevor er weitergehende Rechte, wie Rücktritt oder Schadensersatz statt der Leistung, geltend machen kann.

Wann liegt bei einer Vertragsleistung eine Schlechterfüllung nach deutschem Recht vor?

Eine Schlechterfüllung liegt vor, wenn die erbrachte Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbracht wird und somit hinter den vereinbarten vertraglichen Anforderungen zurückbleibt. Maßgeblich ist dabei der Zustand der Kaufsache oder die Ausführung der Dienst- bzw. Werkleistung bei Gefahrübergang oder Abnahme. Im Kaufrecht muss die Ware frei von Sach- und Rechtsmängeln sein (§§ 434, 435 BGB). Im Werkvertragsrecht richtet sich die Bewertung nach der vereinbarten Beschaffenheit oder, sofern diese nicht bestimmt ist, nach der üblichen Beschaffenheit des Werks. Zu unterscheiden ist die Schlechterfüllung von der Nichtleistung (schlichte Nichterfüllung des Vertrags). Eine Schlechterfüllung kann unterschiedliche Erscheinungsformen haben, wie Mängel in der Qualität, Quantität oder in der Ausführung.

Welche Fristen gelten für die Geltendmachung von Ansprüchen wegen Schlechterfüllung?

Die Verjährungsfristen für Mängelansprüche wegen Schlechterfüllung sind im Wesentlichen in § 438 BGB (Kaufrecht) und § 634a BGB (Werkvertragsrecht) geregelt. Beim Kauf beweglicher Sachen beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist für Ansprüche wegen Sachmängeln zwei Jahre ab Ablieferung der Ware. Beim Werkvertrag beginnt die Frist grundsätzlich mit der Abnahme des Werks und beträgt in der Regel ebenfalls zwei Jahre, bei Bauwerken fünf Jahre. Im Falle eines arglistig verschwiegenen Mangels gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger vom Mangel Kenntnis erlangt hat.

Muss der Käufer dem Verkäufer immer zunächst eine Frist zur Nacherfüllung setzen?

Grundsätzlich ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung zu setzen (§ 323 Abs. 1, § 440 BGB). Erst wenn die Nacherfüllung nach Ablauf dieser Frist erfolglos bleibt, kann der Käufer weitere Rechte wie Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz statt der Leistung geltend machen. Eine Fristsetzung ist jedoch entbehrlich, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung endgültig und ernsthaft verweigert, die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist oder besondere Umstände vorliegen, die eine sofortige Geltendmachung weiterer Rechte rechtfertigen, etwa bei besonderen Vertrauensverlusten oder wenn die Nacherfüllung dem Käufer unzumutbar ist.

Wie unterscheidet sich die Schlechterfüllung im Werkvertragsrecht vom Kaufrecht?

Im Kaufrecht (§§ 434 ff. BGB) bezieht sich die Schlechterfüllung typischerweise auf Sach- und Rechtsmängel der gekauften Sache beim Gefahrübergang. Im Werkvertragsrecht (§§ 633 ff. BGB) wird auf das Werk als Leistungserfolg abgestellt; maßgeblich ist hier, dass das Werk die vereinbarte, sonst übliche Beschaffenheit aufweist und funktionstauglich ist. Im Werkvertragsrecht gelten zum Teil längere Verjährungsfristen (z.B. bei Bauwerken) und andere Modalitäten hinsichtlich der Abnahme, welche die Rechte des Bestellers bei Mängeln beeinflussen. Zudem kann der Werkunternehmer zur Selbstvornahme verpflichtet sein, wenn der Besteller auf eigene Kosten nachbessert (§ 637 BGB).

Welche Bedeutung hat die Beweislast im Rahmen der Schlechterfüllung?

Im Rahmen der Schlechterfüllung liegt die Beweislast grundsätzlich beim Käufer oder Besteller: Er muss darlegen und beweisen, dass ein Mangel vorliegt. Allerdings gibt es im Kaufrecht zugunsten des Verbrauchers eine Beweislastumkehr gemäß § 477 BGB: Zeigt sich innerhalb von zwölf Monaten nach Gefahrübergang (bei Verbrauchsgüterkauf, zuvor sechs Monate) ein Mangel, wird vermutet, dass dieser bereits bei Gefahrübergang vorlag. Im Werkvertragsrecht bleibt die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels beim Besteller, es sei denn, es handelt sich um einen Verbrauchervertrag mit besonderen Schutzvorschriften.

Welche Folgen hat eine unerhebliche Schlechterfüllung für Rücktrittsrechte?

Bei unerheblichen Mängeln oder einer unerheblichen Schlechterfüllung kann der Käufer nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB grundsätzlich nicht vom Vertrag zurücktreten. Der Gesetzgeber will damit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragen und verhindert, dass der Käufer bei geringfügigen Abweichungen die gesamte Vertragsabwicklung zunichtemachen kann. Allerdings bleiben Minderungsrechte und Ansprüche auf Nacherfüllung oder Schadensersatz bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen bestehen. Ob eine Erheblichkeit vorliegt, richtet sich nach Art, Umfang und Bedeutung des Mangels im Einzelfall.