Begriff und rechtliche Einordnung der Schiedsklausel
Eine Schiedsklausel ist eine vertragliche Bestimmung, mittels derer die Vertragsparteien vereinbaren, etwaige Streitigkeiten aus dem jeweiligen Vertragsverhältnis nicht vor ordentlichen Gerichten auszutragen, sondern diese durch ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen. Die Schiedsklausel stellt damit eine Vereinbarung zur außergerichtlichen Streitbeilegung dar, die sowohl im nationalen als auch im internationalen Wirtschaftsverkehr eine herausragende Bedeutung besitzt.
Schiedsklauseln finden sich häufig in Verträgen mit grenzüberschreitendem Bezug, insbesondere in handelsrechtlichen, gesellschaftsrechtlichen und lieferbezogenen Vertragswerken. Hauptziel einer Schiedsklausel ist es, eine schnellere sowie vertraulichere Lösung potenzieller Konflikte zu ermöglichen und eine international anerkannte und durchsetzbare Entscheidung herbeizuführen.
Gestaltung und Inhalt einer Schiedsklausel
Formale Anforderungen
Die Wirksamkeit einer Schiedsklausel setzt voraus, dass die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form erfolgt. Gemäß § 1031 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) muss eine Schiedsabrede schriftlich getroffen werden. Die Schriftform ist ebenfalls eingehalten, wenn die Schiedsvereinbarung in einem zwischen Parteien ausgetauschten Schreiben, insbesondere per E-Mail, enthalten ist. Auch eine elektronische Form ist seit der Reform der ZPO zulässig.
Die Schiedsklausel kann als eigenständige vertragliche Regelung, meist als Klausel innerhalb eines umfassenderen Vertrags, oder als separater Schiedsvertrag ausgestaltet sein.
Materielle Anforderungen und Mindestinhalte
Eine wirksame Schiedsklausel sollte folgende Regelungspunkte enthalten:
- Genaue Bezeichnung der Parteien
- Bestimmung, welche Streitigkeiten der Schiedsklausel unterliegen (z. B. „alle Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag“)
- Das zuständige Schiedsgericht oder die benannte Schiedsinstitution (z. B. Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit [DIS], International Chamber of Commerce [ICC])
- Anzahl und Auswahl der Schiedsrichter
- Ort des Schiedsverfahrens (Schiedsort)
- Sprache des Verfahrens
- Ggf. anwendbares Recht
Eine unklare oder unvollständige Schiedsklausel birgt das Risiko von Streitigkeiten bereits über die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens und kann die Wirksamkeit der Schiedsklausel beeinträchtigen.
Rechtswirkungen der Schiedsklausel
Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit
Durch Vereinbarung einer wirksamen Schiedsklausel verpflichtet sich jede Partei, auf die Anrufung staatlicher Gerichte bezüglich der abgedeckten Streitigkeiten zu verzichten. Gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO hat ein staatliches Gericht bei Anhängigkeit einer Klage zu prüfen, ob ein Schiedsverfahren vereinbart wurde, und verweist den Rechtsstreit regelmäßig an das Schiedsgericht, sofern die Schiedsklausel wirksam und umfassend ist.
Bindungswirkung und Ausnahmen
Die Bindungswirkung der Schiedsklausel erfasst grundsätzlich nur die Parteien der Vereinbarung und kann Dritte nur unter bestimmten Voraussetzungen erfassen (z. B. bei Rechtsnachfolge). Gemäß § 1030 Abs. 1 ZPO können die Parteien grundsätzlich über alle vermögensrechtlichen Ansprüche ein Schiedsverfahren vereinbaren. Nicht schiedsfähig sind insbesondere Ansprüche im Bereich des Statusrechts und bestimmte familienrechtliche oder arbeitsrechtliche Streitigkeiten, die besonderer staatlicher Kontrolle unterliegen.
Schiedsfähigkeit
Die Schiedsfähigkeit bezeichnet die Möglichkeit, eine Streitigkeit dem Schiedsverfahren zuzuführen. In Deutschland sind nach § 1030 Abs. 1 ZPO alle vermögensrechtlichen Ansprüche schiedsfähig. Ausschlaggebend ist hierbei der wirtschaftliche Gehalt des Rechtsverhältnisses. Nicht schiedsfähig sind z. B. Streitigkeiten über Ehesachen oder elterliche Sorge.
Verfahren nach Vereinbarung einer Schiedsklausel
Einleitung des Schiedsverfahrens
Nach Auftreten eines Streits wird das Verfahren gemäß den Bestimmungen der Schiedsklausel eingeleitet. Entweder ist ein direktes Schiedsgericht bestimmt, oder die Parteien orientieren sich an den Regularien einer bestimmten Schiedsinstitution. Die Verfahrensordnung (z. B. DIS, ICC, UNCITRAL) bestimmt Details wie Fristen, Rechte und Pflichten der Parteien, Beweiserhebung und Entscheidungsfindung.
Ablauf und Charakteristika
Charakteristisch für Schiedsverfahren sind:
- Vertraulichkeit und Nichtöffentlichkeit des Verfahrens
- Flexibilität in der Verfahrensgestaltung
- Schnelligkeit und Effizienz im Vergleich zu staatlichen Gerichtsverfahren
- Möglichkeit, Schiedsrichter mit besonderem branchenspezifischen Fachwissen zu bestimmen
Entscheidung und Vollstreckbarkeit
Schiedsspruch
Das Schiedsgericht erlässt am Ende des Verfahrens den sogenannten Schiedsspruch. Dieser steht gemäß § 1055 ZPO einem rechtskräftigen Urteil eines staatlichen Gerichts gleich. Ein Schiedsspruch ist unanfechtbar mit Ausnahme der eng begrenzten Aufhebungsgründe nach § 1059 ZPO, z. B. bei Verfahrensfehlern oder fehlender Schiedsfähigkeit.
Vollstreckung des Schiedsspruchs
Die Durchsetzung eines Schiedsspruchs erfolgt durch Vollstreckbarerklärung (Exequaturverfahren) nach § 1060 ZPO durch das zuständige Oberlandesgericht. Internationale Schiedssprüche können aufgrund des New Yorker Übereinkommens von 1958 in mehr als 160 Staaten anerkannt und vollstreckt werden.
Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit oder Unbestimmtheit der Schiedsklausel
Eine unwirksame oder zu unbestimmte Schiedsklausel führt dazu, dass der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen ist. In diesem Fall können die Parteien ihre Ansprüche vor staatlichen Gerichten geltend machen. Die Unwirksamkeit kann sich insbesondere aus Verstößen gegen gesetzliche Formvorschriften oder die Schiedsfähigkeit der jeweiligen Streitigkeit ergeben.
Bedeutung und Praxisrelevanz der Schiedsklausel
Schiedsklauseln sind ein zentrales Instrument im internationalen Wirtschaftsverkehr. Sie erhöhen die Rechtssicherheit für Vertragsparteien unterschiedlichster Rechtskreise und bieten die Möglichkeit, Konflikte effizient und vertraulich zu lösen. Insbesondere bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten ist die internationale Vollstreckbarkeit ein maßgeblicher Vorteil, der die Beliebtheit der Schiedsklausel entscheidend prägt.
Literaturhinweise und Weblinks
- Zivilprozessordnung (ZPO), §§ 1025 ff.
- New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche
- DIS-Schiedsordnung
- ICC Arbitration Rules
(Für die Nutzung aktueller Quellen empfiehlt sich die Konsultation einschlägiger Rechtsdatenbanken und schiedsgerichtlicher Institutionen.)
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtliche Wirkung hat eine Schiedsklausel in einem Vertrag?
Eine Schiedsklausel verpflichtet die Vertragsparteien dazu, etwaige Streitigkeiten aus dem betreffenden Vertragsverhältnis durch ein Schiedsgericht und nicht durch staatliche Gerichte entscheiden zu lassen. Die Schiedsklausel schließt für die erfassten Streitigkeiten den ordentlichen Rechtsweg grundsätzlich aus; Klagen vor staatlichen Gerichten sind in Bezug auf diese Streitigkeiten daher unzulässig, sofern keine Ausnahmetatbestände (z. B. nicht schiedsfähige Gegenstände) vorliegen. Die Schiedsklausel hat damit eine doppelte Wirkung: Zum einen begründet sie die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, zum anderen führt sie zur Unzuständigkeit der staatlichen Gerichte. Diese Wirkung entfaltet sie allerdings nur, wenn sie wirksam und eindeutig vereinbart wurde und den rechtlichen Anforderungen – etwa nach § 1031 ZPO (deutsches Recht) oder den einschlägigen internationalen Übereinkommen – entspricht. Gerichte müssen bei Vorliegen einer wirksamen Schiedsklausel das Verfahren in aller Regel aussetzen (§ 1032 ZPO) und prüfen lediglich, ob die Schiedsklausel nach formellen, in Ausnahmefällen auch nach materiellen Kriterien wirksam ist.
Welche Formerfordernisse muss eine Schiedsklausel erfüllen?
Die Wirksamkeit einer Schiedsklausel hängt von der Einhaltung bestimmter Formerfordernisse ab. Nach deutschem Recht (§ 1031 ZPO) muss eine Schiedsvereinbarung entweder als eigenständiger Vertrag (Schiedsvertrag) oder als Klausel im Hauptvertrag abgeschlossen werden und bedarf grundsätzlich der schriftlichen Form. Dies bedeutet, dass die Vereinbarung von beiden Parteien unterschrieben sein oder aus einem in Schriftform geführten Austausch von Erklärungen (z. B. Brief, Fax, E-Mail) hervorgehen muss. Im internationalen Handel ist die Formfreiheit gemäß internationalen Schiedsregeln oft weiter gefasst, wobei die New Yorker Konvention (Art. II) ebenfalls einen Nachweis in Schriftform verlangt, dieser aber großzügig ausgelegt wird. Bei elektronischen Erklärungen genügt die dauerhafte Aufzeichnung (z. B. E-Mail-Korrespondenz). Die fehlende Einhaltung der Formvorgaben kann zur Unwirksamkeit der Schiedsklausel und zur Eröffnung des ordentlichen Rechtswegs führen.
Welche Streitigkeiten sind von einer Schiedsklausel erfasst?
Schiedsklauseln können grundsätzlich alle vermögensrechtlichen Streitigkeiten zum Gegenstand haben, sofern sie schiedsfähig sind. Was unter Schiedsfähigkeit zu verstehen ist, regelt § 1030 ZPO: Grundsätzlich sind Streitigkeiten, über die ein Vergleich zulässig wäre, schiedsfähig. Hiervon ausgenommen sind insbesondere familienrechtliche Angelegenheiten, bestimmte arbeitsrechtliche Streitigkeiten, Statusfragen (z. B. Eheaufhebung), Insolvenzsachen sowie Angelegenheiten mit zwingendem staatlichem Eingriffsinteresse. Der Umfang der durch die jeweilige Schiedsklausel erfassten Streitigkeiten ergibt sich wiederum aus ihrem Wortlaut. Eine weit gefasste Klausel kann „alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag“ umfassen, während eng gefasste Vereinbarungen einzelne Ansprüche oder Teilbereiche ausklammern können. Bei Unklarheiten ist die Auslegung regelmäßig nach dem Willen der Parteien und dem Schutzzweck des Schiedsverfahrens vorzunehmen.
Welche Rolle spielt das anwendbare Recht für Schiedsklauseln?
Das anwendbare Recht beeinflusst maßgeblich die Auslegung, Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit von Schiedsklauseln. Zum einen gilt für die Form und Zulässigkeit der Schiedsvereinbarung vorrangig das Recht des Sitzes des Schiedsgerichts, es sei denn, die Parteien haben ausdrücklich ein anderes Recht bestimmt. Dies betrifft sowohl die materiellen Voraussetzungen (z. B. Schiedsfähigkeit des Streitgegenstands) als auch die formellen Anforderungen an die Schiedsklausel. Im internationalen Kontext können darüber hinaus die Regeln der New Yorker Konvention, die UNICITRAL-Modellgesetze und, je nach Parteienkreis, weitere internationale Abkommen Bedeutung erlangen. Diese verschiedenen Rechtsquellen können unterschiedliche Anforderungen an die Schiedsklausel stellen, gerade im Hinblick auf Formerfordernisse, Durchsetzbarkeit (insbesondere Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen) und das Verhältnis zu zwingenden nationalen Vorschriften.
Kann eine Schiedsklausel von einer Partei einseitig aufgehoben oder außer Kraft gesetzt werden?
Grundsätzlich ist eine einseitige Aufhebung oder Abänderung einer Schiedsklausel nicht möglich. Die Schiedsklausel ist eine vertragliche Vereinbarung, die für beide Parteien bindend ist und nur im gegenseitigen Einvernehmen geändert oder aufgehoben werden kann, sofern nicht ausdrücklich ein Rücktritts- oder Kündigungsrecht für einen der Vertragspartner vereinbart wurde. Eine Ausnahme hiervon kann sich allerdings ergeben, wenn die Voraussetzungen für die Anfechtung eines Vertrags vorliegen, beispielsweise wegen arglistiger Täuschung, Drohung oder sonstigem Willensmangel. Auch gerichtliche oder gesetzliche Eingriffe (z. B. aufgrund von Gesetzesänderungen oder zwingendem Vertragsrecht) können ausnahmsweise dazu führen, dass eine Schiedsklausel ihre Wirkung verliert. Im Grundsatz jedoch bleibt die Bindung bestehen, bis die Parteien übereinstimmend eine Änderung vereinbaren oder das Vertragsverhältnis insgesamt – einschließlich Schiedsklausel – einvernehmlich beenden.
Was geschieht, wenn eine Partei trotz Schiedsklausel vor ein staatliches Gericht zieht?
Wenn eine Partei trotz bestehender und wirksamer Schiedsklausel Klage vor einem staatlichen Gericht erhebt, ist das Gericht verpflichtet, die Schiedseinrede von der beklagten Partei zu prüfen. Wird diese Einrede (meist als „Schiedseinrede“ bezeichnet) rechtzeitig, also vor Eingang in die mündliche Verhandlung zur Hauptsache, geltend gemacht, muss das staatliche Gericht das Verfahren nach § 1032 ZPO aussetzen und an das Schiedsgericht verweisen, sofern die Schiedsklausel wirksam ist und der Streitgegenstand der Schiedsvereinbarung unterfällt. Geschieht dies nicht oder ist die Schiedsklausel nicht einschlägig, wird das Gericht das Verfahren fortführen. Die Prüfung erstreckt sich in der Regel nur auf formelle Wirksamkeit und offensichtliche Unwirksamkeitsgründe; inhaltliche Entscheidungsbefugnis verbleibt bei den Schiedsrichtern. Kommt es gleichwohl zu einem staatlichen Urteil, kann dieses wegen Verletzung der Schiedsabrede in einem späteren Vollstreckungsverfahren angreifbar sein.
Welche Auswirkungen hat eine unwirksame Schiedsklausel auf das Gerichtsverfahren?
Stellt ein staatliches Gericht fest, dass die Schiedsklausel unwirksam, nichtig oder nicht ausreichend bestimmt ist, bleibt der ordentliche Rechtsweg eröffnet. Das Gericht nimmt das Verfahren auf und entscheidet in der Sache. Die Unwirksamkeit kann sich dabei auf unterschiedliche Aspekte stützen, etwa mangelnde Form, Schiedsunfähigkeit des Streitgegenstands, Nichteinhaltung gesetzlicher Mindestanforderungen oder Sittenwidrigkeit. Die Beweislast für die Unwirksamkeit der Schiedsklausel trägt im Zweifel derjenige, der sich auf den ordentlichen Rechtsweg beruft, meist also der Kläger. Sobald die Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist, behandelt das Gericht den Rechtsstreit wie jeden anderen Zivilprozess – die Bindung an das Schiedsverfahren ist damit aufgehoben. Eventuell zwischenzeitlich geführte Schiedsverfahren können insoweit keine Sperrwirkung mehr entfalten.