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Schenkung, gemischte


Begriff und rechtliche Einordnung der gemischten Schenkung

Eine gemischte Schenkung ist ein Rechtsbegriff, der im deutschen Zivilrecht die unentgeltliche Zuwendung eines Vermögensvorteils beschreibt, bei der Leistung und Gegenleistung in einem Missverhältnis stehen, das überwiegend durch Freigebigkeit des Zuwendenden geprägt ist. Im Gegensatz zur reinen Schenkung, bei der keinerlei Gegenleistung erbracht wird, enthält die gemischte Schenkung Elemente des Schenkungsrechts (§ 516 BGB) sowie des entgeltlichen Vertrages (meist Kauf oder Tausch).

Gemischte Schenkungen stellen einen rechtlichen Grenzfall zwischen unentgeltlichen und entgeltlichen Verträgen dar und sind insbesondere in der Praxis des Gesellschafts-, Familien- und Erbrechts von grosser Bedeutung.


Tatbestandsmerkmale der gemischten Schenkung

Unentgeltlichkeit im rechtlichen Sinne

Kernmerkmal der Schenkung ist die Unentgeltlichkeit, d. h., der Zuwendende erwartet keine gleichwertige Gegenleistung. Bei der gemischten Schenkung wird dem zuwendenden Teil zwar eine Gegenleistung gewährt, diese bleibt aber deutlich hinter dem Wert der Zuwendung zurück. Die Schenkung ist anzunehmen, wenn das Motiv der Freigebigkeit im Vertragsverhältnis überwiegt.

Das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung

Ob eine gemischte Schenkung vorliegt, bedarf im Einzelfall einer wertenden Betrachtung. Entscheidend ist, ob zwischen Leistung und Gegenleistung ein erhebliches Missverhältnis besteht und die Differenz aus der Freigebigkeit des Leistenden resultiert. Ein geringfügiges Missverhältnis reicht dabei nicht aus; das Ungleichgewicht muss wesentlich sein (regelmäßig mindestens 50 % Differenz).

Zweiaktiges Geschäft oder einheitlicher Vertrag

Rechtlich wird die gemischte Schenkung als einheitlicher Vertrag behandelt, bestehend aus einem entgeltlichen und einem unentgeltlichen Teil mit jeweiliger Anwendung der einschlägigen Vorschriften. Es handelt sich im Ergebnis um ein teilentgeltliches Rechtsgeschäft. Zivilrechtlich ist von einer Gesamtbetrachtung auszugehen; beide Rechtsgeschäftstypen (z. B. Kauf und Schenkung) verschmelzen zu einem einheitlichen Geschäft.


Anwendungsbereiche der gemischten Schenkung

Praxisbeispiele

Typische Fälle einer gemischten Schenkung sind etwa der Verkauf einer Immobilie zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Preis an Angehörige oder die Übertragung von Wertpapieren, wenn der Erwerber lediglich einen symbolischen Betrag zahlt.

Bedeutung im Erbrecht

Im Erbrecht spielt die gemischte Schenkung eine wichtige Rolle, da sie beim Pflichtteilsergänzungsanspruch gem. § 2325 BGB relevant wird. Der Wert der gemischten Schenkung kann bei der Berechnung des Pflichtteils des enterbten Pflichtteilsberechtigten berücksichtigt werden, soweit der unentgeltliche Teil als Schenkung qualifiziert.

Relevanz im Steuerrecht

Auch im Steuerrecht – insbesondere bei der Schenkungsteuer – bedarf es der Abgrenzung zwischen Kauf und Schenkung. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt nur der freigebige Teil der Schenkungsteuer; der entgeltliche Teil wird nicht besteuert. Die Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs erfolgt durch die Bewertung der Zuwendung abzüglich der erbrachten Gegenleistung.


Rechtliche Behandlung und Besonderheiten

Formvorschriften gemischter Schenkungen

Wenn der schenkungsrechtliche Teil eines gemischten Vertrags formbedürftig ist (wie etwa bei der notariellen Beurkundung nach § 311b BGB bei Immobiliengeschäften), muss diese Form grundsätzlich für das gesamte Rechtsgeschäft gewahrt werden. Erfolgt die erforderliche Form nicht, ist der Vertrag insgesamt schwebend unwirksam.

Anfechtung und Rückabwicklung

Für die Rückabwicklung sowie für die Haftung und Anfechtung gelten sowohl die Regeln des Schenkungsrechts (etwa über die Möglichkeit des Widerrufs gemäß § 530 BGB) als auch die Vorschriften des entgeltlichen Geschäfts (z. B. etwaige Gewährleistungsrechte beim Kauf). Der Vertrauensschutz ist dabei jeweils auf den entgeltlichen bzw. unentgeltlichen Teil zu beziehen.

Haftung und Gewährleistung

Im Hinblick auf Haftung und Gewährleistung ist festzuhalten, dass bei gemischten Schenkungen auf den entgeltlichen Teil die Gewährleistungsvorschriften aus Kauf- oder Werkvertragsrecht anzuwenden sind, während für den schenkungsrechtlichen Teil die eingeschränkte Haftung des § 521 BGB greift. Der Umfang der Gewährleistung richtet sich somit nach der rechtlichen Einordnung des jeweiligen Teils.


Abgrenzung zu ähnlichen Rechtsfiguren

Kauf mit unter dem Marktwert liegendem Preis

Nicht jede Veräußerung unter Wert stellt eine gemischte Schenkung dar. Liegt keine freigebige Zuwendung, sondern etwa der Wille zugrunde, einem Verwandten den Erwerb zu erleichtern, kann es sich um einen Kauf mit lediglich kleiner Gegenleistung handeln. Die Abgrenzung erfolgt nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB).

Unbenannte Zuwendungen und ehebezogene Zuwendungen

Zuwendungen zwischen Eheleuten, die nicht als klassische Schenkung gestaltet sind, können nach ständiger Rechtsprechung als sog. unbenannte oder ehebezogene Zuwendungen behandelt werden, mit abweichenden Rechtsfolgen, insbesondere bei Beendigung der Ehe.


Zusammenfassung und rechtliche Würdigung

Die gemischte Schenkung nimmt eine Sonderstellung im deutschen Zivilrecht ein, da sie Elemente des unentgeltlichen Schenkungsrechts mit solchen des entgeltlichen Vertragsrechts vereint. Für die rechtliche Behandlung entscheidend ist das Überwiegen des freigebigen Moments gegenüber der Gegenleistung. Relevanz entfaltet die gemischte Schenkung insbesondere im Erb-, Familien- und Steuerrecht, weshalb eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls hinsichtlich Vertragsauslegung, Formanforderungen und Pflichtteilsergänzung geboten ist. Die Beachtung der formellen und materiellen Anforderungen ist entscheidend, um Rechtsunsicherheiten und spätere Streitigkeiten zu vermeiden.


Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine gemischte Schenkung erfüllt sein?

Für das Vorliegen einer gemischten Schenkung sind rechtlich zunächst die Grundvoraussetzungen sowohl einer Schenkung (§ 516 BGB) als auch eines entgeltlichen Geschäfts zu beachten. Charakteristisch ist, dass bei einer gemischten Schenkung ein Geschäft teilweise als Schenkung und teilweise als entgeltliche Leistung erfolgt, wobei der unentgeltliche Teilüberhang für die Schenkung maßgeblich ist. Notwendig ist grundsätzlich eine Einigung der Parteien darüber, dass nur ein Teil der Leistung als Gegenleistung erbracht wird und der Wert der übrigen Leistung als unentgeltliche Zuwendung, also als Schenkung, gelten soll. Aus rechtlicher Sicht muss bei Immobilienübertragungen stets die notarielle Beurkundung gem. § 311b BGB vorliegen. Außerdem muss die Schenkungsabsicht des Zuwendenden jedenfalls bezüglich des unentgeltlichen Anteils eindeutig feststellbar sein, damit der Vorgang auch schenkungsrechtlichen Regelungen, wie etwa der Anzeigepflicht nach § 30 ErbStG sowie den Vorschriften zur Schenkungsanfechtung unterliegt. Letztlich ist der Schenkende im Hinblick auf den nicht entgeltlich empfangenen Teil auch durch die besonderen Widerrufs-, Rückforderungs- und Anrechnungsregelungen des Schenkungsrechts gebunden.

Wie erfolgt die steuerliche Behandlung einer gemischten Schenkung?

Steuerrechtlich ist bei der gemischten Schenkung ausschließlich der unentgeltliche, also schenkweise, Teil einer Steuerpflicht nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) zu unterwerfen. Demnach muss das gesamte Geschäft wertmäßig in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Anteil aufgeteilt werden. Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Verkehrswert und der hierfür erhaltenen Gegenleistung bildet die schenkungsteuerrechtlich relevante Berechnungsgrundlage. Die Bewertung erfolgt nach den für das jeweilige Wirtschaftsgut maßgeblichen Bewertungsregeln (§§ 12 ErbStG, 157 BewG). Der Erwerber ist verpflichtet, den Vorgang dem Finanzamt anzuzeigen. Eine sachgerechte und nachvollziehbare Wertermittlung beider Anteile, regelmäßig durch Gutachten oder Steuerberater, wird dringend angeraten, da bei unklaren Verhältnissen oft die gesamte Leistung als Schenkung behandelt wird und dies zu steuerlichen Nachteilen führen kann.

Welche Formerfordernisse sind für eine gemischte Schenkung zu beachten?

Für eine gemischte Schenkung gelten die entsprechenden Formerfordernisse sowohl für die entgeltlichen als auch für die schenkweisen Geschäftsteile. Besonders bei Grundstücksübertragungen ist die notarielle Beurkundung für das gesamte Geschäft zwingend erforderlich (§ 311b Abs. 1 BGB). Ein Verstoß gegen das Formerfordernis führt zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages. Auch in anderen Fällen (z.B. Gesellschaftsanteile) können besondere Formvorschriften greifen. Hinzu kommt, dass für Schenkungen die Annahme des Beschenkten erforderlich ist und diese, sobald Formvorschriften für einen Teil gelten, grundsätzlich auch den unentgeltlichen Teil erfassen. Missachtete Formvorgaben können nachträglich zu massiven rechtlichen Problemen, insbesondere hinsichtlich der Schenkungsteuer oder der Rückforderung, führen.

Kann eine gemischte Schenkung wegen Verarmung widerrufen werden?

Auch bei gemischten Schenkungen ist grundsätzlich der schenkweise Anteil dem Schenkungsrecht unterworfen. Hierzu zählt auch der Widerruf wegen Verarmung des Schenkers gemäß § 528 BGB. Der Widerruf ist allerdings nur in Bezug auf den schenkweise zugewandten Anteil möglich. Der entgeltliche Gegenleistungsanteil bleibt unberührt. Voraussetzung für einen erfolgreichen Widerruf ist, dass der Schenker nach der Ausführung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und dass der Wert des schenkweise übertragenen Teils zur Abwendung dieses Mangels erforderlich ist. Die Rückforderung richtet sich hierbei ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Wert des unentgeltlichen Anteils.

Wie wird bei einer gemischten Schenkung die Anrechnung im Erbfall behandelt?

Im Falle von Pflichtteilsergänzungsansprüchen nach § 2325 BGB sowie bei Anrechnung von Vorempfängen (§§ 2050 ff. BGB) ist bei gemischten Schenkungen ausschließlich der schenkweise gewährte Anteil zu berücksichtigen. Maßgeblich ist der Verkehrswert des Zugewendeten abzüglich der tatsächlich erbrachten Gegenleistung. Diese Anrechnungspflicht dient dazu, eine Gleichbehandlung der Pflichtteilsberechtigten oder der Miterben sicherzustellen. Der entgeltliche Anteil bleibt bei der Pflichtteilsergänzungsberechnung außer Ansatz. Eine genaue Dokumentation des entgeltlichen und schenkweisen Anteils ist deshalb essenziell, um spätere Streitigkeiten bei der Nachlassauseinandersetzung zu verhindern.

Welche Besonderheiten gelten bei Widerrufsmöglichkeiten aufgrund groben Undanks?

Auch für die gemischte Schenkung kann der Schenker den unentgeltlichen Teil wegen groben Undanks nach § 530 BGB widerrufen. Dabei richtet sich der Anspruch ausschließlich auf den geschenkten Anteil, nicht aber auf etwaige entgeltliche Leistungen. Geltend gemacht werden kann der Widerruf innerhalb eines Jahres ab Kenntnis des Widerrufsgrundes. Die gesetzlichen Voraussetzungen des groben Undanks müssen vorliegen, d.h. der Beschenkte muss sich einer schweren Verfehlung gegen den Schenker oder einen ihm nahe stehenden Angehörigen schuldig gemacht haben. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist strikt zwischen dem widerruflichen (schenkweisen) und nicht widerruflichen (entgeltlichen) Teil zu differenzieren.

Wer trägt die Beweislast für das Vorliegen einer gemischten Schenkung?

Die Beweislast für das Vorliegen und den Umfang einer gemischten Schenkung trifft in rechtlichen Auseinandersetzungen in erster Linie diejenige Partei, die sich auf das Vorliegen eines unentgeltlichen und eines entgeltlichen Teils beruft. Das bedeutet, wer die steuerlichen oder erb- bzw. schenkungsrechtlichen Folgen einer gemischten Schenkung für sich beansprucht oder abwenden möchte, muss gegebenenfalls die Wertverhältnisse und die dahingehenden Vereinbarungen zwischen den Parteien konkret darlegen und ggf. nachweisen (z.B. durch Verträge, Zahlungsnachweise, Gutachten). Gerichte nehmen ohne klaren Nachweis im Zweifel die für den Schenker nachteiligere Annahme (Gesamtschenkung) an.