Legal Lexikon

Samenspende


Begriff und rechtliche Einordnung der Samenspende

Die Samenspende bezeichnet im rechtlichen Sinne die freiwillige Überlassung von männlichen Samenzellen (Sperma) an Dritte zum Zweck der medizinisch unterstützten Fortpflanzung. Die Samenspende spielt eine zentrale Rolle bei der künstlichen Befruchtung, insbesondere wenn eine Unfruchtbarkeit des Partners vorliegt oder eine alleinstehende Person bzw. ein gleichgeschlechtliches Paar Kinderwunsch hat. Im deutschen Recht ist die Samenspende in mehreren Rechtsgebieten relevant, insbesondere im Familienrecht, dem Medizinrecht sowie dem Datenschutzrecht.

Rechtlicher Rahmen der Samenspende in Deutschland

Gesetzliche Grundlagen

Samenspende ist in Deutschland nicht explizit durch ein eigenständiges Gesetz geregelt. Die maßgeblichen Vorschriften ergeben sich insbesondere aus folgenden Gesetzen:

  • Embryonenschutzgesetz (ESchG): Regelt seit 1990 Rahmenbedingungen der künstlichen Befruchtung und die Zulässigkeit medizinischer Maßnahmen mit menschlichen Keimzellen.
  • Personenstandsgesetz (PStG): Bestimmt u. a. die Eintragung von Abstammungsverhältnissen im Geburtenregister.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Stellt die zivilrechtlichen Regelungen zu Abstammung, Unterhalt und Kindeswohl bereit.
  • Samenspenderregistergesetz (SaRegG): Seit 2018 sorgt dieses Gesetz für die gesetzliche Dokumentation der Samenspende und die Rechte des daraus hervorgegangenen Kindes auf Kenntnis der Abstammung.
  • Transplantationsgesetz: Findet Anwendung auf Samenbanken, unterliegt aber nicht den rigorosen Auflagen wie etwa Organspenden.
  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): Regelt den Umgang mit personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit der Spende.

Zulässigkeit der Samenspende

Die Samenspende zur künstlichen Befruchtung (heterologe Insemination) ist grundsätzlich erlaubt, sofern die Vorgaben des ESchG eingehalten werden. Die Samenspende darf ausschließlich zur Herbeiführung einer Schwangerschaft bei einer Frau erfolgen, die in die medizinische Behandlung eingewilligt hat. Eine kommerzielle Samenspende zu anderen Zwecken (z. B. zum reinen Verkauf von Samen) ist nicht zulässig.

Rechte und Pflichten nach der Samenspende

Rechte des Samenspenders

  • Anonymität: Bis zur Einführung des SaRegG im Jahr 2018 war die Spende meist anonym. Seitdem besteht eine Dokumentations- und Auskunftspflicht über die Spende und den Spender.
  • Informationsrechte: Der Spender hat ein Recht auf Auskunft über die Verwendung seiner Samenzellen.
  • Ausschluss elterlicher Rechte und Pflichten: Rechtswirksam wird in der Regel ausgeschlossen, dass der Spender wie ein rechtlicher Vater für das Kind Unterhalt zahlen oder Sorge- und Umgangsrechte geltend machen kann. Dies wird meist durch eine entsprechende, dokumentierte Einwilligung erklärt.

Rechte des Kindes

  • Recht auf Kenntnis der Abstammung: Das SaRegG gewährt Kindern aus Samenspenden ab dem 16. Lebensjahr ein Recht auf Auskunft über die Identität des Spenders.
  • Keine vererblichen Ansprüche: Samenspender werden nicht mit einem leiblichen Vater gleichgestellt und das aus der Spende hervorgehende Kind erhält keine Erbansprüche gegenüber dem Spender.

Rechte der Empfängerin und ihres Partners

  • Elternstellung: Der rechtliche Vater des Kindes ist – bei bestehender Ehe oder bei zustimmender Elternschaftsanerkennung durch einen Mann – der Partner der Empfängerin, nicht der Samenspender.
  • Unterhaltsrechtliche Absicherung: Der Partner der Empfängerin ist zur Unterhaltsleistung verpflichtet, sobald er seine Zustimmung zur künstlichen Befruchtung mit fremdem Samen gegeben hat.
  • Zustimmungs- und Einwilligungserfordernis: Die Spende erfordert eine schriftliche Einwilligung aller Beteiligten.

Haftungsfragen rund um die Samenspende

Arzthaftung und Haftung der Samenbank

Samenbanken und medizinische Einrichtungen, die Samenspenden anbieten, unterliegen umfassenden Aufklärungs-, Dokumentations- und Sorgfaltspflichten. Es müssen medizinische Untersuchungen des Spenders auf Infektionskrankheiten und Erbkrankheiten erfolgen. Kommt es zu Behandlungsfehlern oder mangelhafter Aufklärung, können Schadensersatzansprüche entstehen.

Haftung des Samenspenders

Der Samenspender haftet grundsätzlich nicht für die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem durch die Spende gezeugten Kind, sofern die Spende über eine Samenbank und mit nachweisbarer Zustimmung des Partners der Empfängerin erfolgt. Bei Samenspenden außerhalb von Institutionen oder ohne vertragliche Regelung (sog. private Samenspende) besteht ein höheres rechtliches Risiko bezüglich Unterhaltsansprüchen.

Datenschutzbestimmungen bei der Samenspende

Speicherung und Weitergabe von Daten

Das SaRegG verlangt die Dokumentation der Spenderdaten für die Dauer von mindestens 110 Jahren in einem bundesweiten Register. Die Daten dürfen ausschließlich an das aus der Spende hervorgegangene Kind, medizinische Institutionen oder aus zwingenden rechtlichen Gründen (wie Gerichtsbeschlüssen) weitergegeben werden.

Rechte auf Löschung und Berichtigung

Samenspender können verlangen, dass unrichtige oder unvollständige Daten korrigiert werden. Das Recht auf Löschung ist jedoch eingeschränkt, da eine langfristige Dokumentation im Interesse der Kindeswohl und der medizinischen Nachverfolgbarkeit erforderlich ist.

Internationale Aspekte der Samenspende

Grenzüberschreitende Samenspende

Rechtliche Probleme können auftreten, wenn Samenspender oder Empfänger im Ausland ansässig sind oder beabsichtigen, den Samen ins Ausland zu überführen. Viele Länder gehen unterschiedlich mit der Zulässigkeit und Anonymitätsfragen um. Ein Abgleich der jeweiligen landesspezifischen Regelungen ist in solchen Fällen unerlässlich.

Anerkennung der rechtlichen Elternschaft im Ausland

Die durch Samenspende in Deutschland begründete rechtliche Elternschaft wird nicht in allen Staaten anerkannt. Insbesondere bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren oder unverheirateten Paaren kann dies zu Unsicherheiten führen.

Fazit

Die Samenspende ist in Deutschland rechtlich umfassend geregelt, insbesondere im Hinblick auf die Absicherung der Rechte des Kindes, des Spenders und der Wunscheltern. Kernelemente der rechtlichen Gestaltung sind die sorgfältige Dokumentation, die Einhaltung der gesetzlichen Aufklärungs- und Einwilligungserfordernisse sowie der nachhaltige Schutz personenbezogener Daten. Für alle Beteiligten empfiehlt sich eine ausführliche Beratung und vertragliche Regelung, um die rechtlichen Rahmenbedingungen und Haftungsfragen verbindlich zu klären.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich als Vater eines durch Samenspende gezeugten Kindes anzusehen?

Bei einer Samenspende ist nach deutschem Recht nicht der Samenspender, sondern in aller Regel der Ehemann oder der Lebenspartner der Mutter als rechtlicher Vater des Kindes anzusehen, sofern dieser der Behandlung ausdrücklich zugestimmt hat (§ 1600d Abs. 4 BGB). Die Zustimmungserklärung muss vor oder während der künstlichen Befruchtung erfolgen und ist unwiderruflich. Gibt es keinen Ehemann oder Lebenspartner, wird mit Geburt des Kindes automatisch die Mutter dessen gesetzlicher Elternteil, jedoch entsteht durch die Samenspende keine rechtliche Vaterschaft des Spenders. Das bedeutet, der Samenspender hat keine Rechte oder Pflichten gegenüber dem Kind, insbesondere bestehen keine Unterhaltspflichten oder Erbrechte – und umgekehrt besteht für das Kind keine Unterhaltsberechtigung gegenüber dem Spender. Die Vaterschaft kann in diesen Fällen seitens des Spenders auch nicht eingeklagt werden. Dies dient sowohl dem Schutz der Spender als auch der rechtlichen Klarheit für die Familien.

Besteht ein Anrecht auf Kenntnis der Identität des Samenspenders?

Nach § 1600e Abs. 3 BGB sowie entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) haben Kinder, die durch eine Samenspende gezeugt wurden, das Recht, ab dem 16. Lebensjahr, in Ausnahmefällen auch früher, die Identität des Samenspenders zu erfahren. Die Informationen müssen von der Entnahmeeinrichtung (Kinderwunschklinik, Samenbank) für mindestens 110 Jahre archiviert werden (§ 21 Abs. 2 SaRegG). Ein Anspruch auf ein Kennenlernen oder Kontakt besteht jedoch nicht kraft Gesetzes, sondern nur auf Offenlegung der personenbezogenen Daten (Name, Geburtsdatum, Adresse zum Zeitpunkt der Spende). Das Recht auf Kenntnis der Abstammung kann nur von dem Kind selbst und nicht von den Eltern geltend gemacht werden.

Kann die rechtliche Elternschaft des sozialen Vaters nachträglich angefochten werden?

Eine Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft durch Mutter, Kind oder Ehemann ist laut § 1600d Abs. 4 BGB in den Fällen der Einwilligung zur Samenspende rechtlich ausgeschlossen. Dies dient der Rechtssicherheit für alle Beteiligten, sodass die einmal begründete rechtliche Vater-Kind-Beziehung Bestand hat. Lediglich bei Täuschung oder fehlender, unwirksamer Einwilligung wäre in Ausnahmefällen eine Anfechtung möglich. Für den Samenspender selbst besteht ebenfalls keine Möglichkeit, die Vaterschaft zu beanspruchen.

Welche Rechte und Pflichten hat der Samenspender gegenüber dem Kind?

Der Samenspender hat nach deutschem Recht (sowohl gemäß BGB als auch nach dem Samenspenderregistergesetz, SaRegG) keine Rechte oder Pflichten gegenüber dem durch seine Spende gezeugten Kind. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Umgang oder Sorgerecht. Ebenso ist er von allen unterhaltsrechtlichen und erbrechtlichen Verpflichtungen entbunden, solange die Samenspende im Rahmen einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung und mit korrekt dokumentierter Einwilligung erfolgt ist. Bei einer privaten Samenspende hingegen können diese Regelungen abweichen, insbesondere wenn es keine vertraglichen Vereinbarungen gibt.

Wie ist die rechtliche Lage bei privater Samenspende ohne ärztliche Begleitung?

Bei einer privaten Samenspende, also einer Samenspende ohne Vermittlung einer anerkannten Einrichtung und ohne schriftliche Vereinbarungen, gilt grundsätzlich das gesetzliche Abstammungsrecht des BGB. Das bedeutet, der leibliche Vater kann seine Vaterschaft anerkennen lassen und ist dann rechtlich als Vater anzusehen, mit allen dazugehörigen Rechten und Pflichten. Wird keine anderweitige Regelung getroffen (beispielsweise mittels notarieller Vereinbarung), haftet er unter Umständen für Unterhaltsansprüche und erhält im Gegenzug auch Sorgerechte und Erbansprüche. Die Sondervorschriften für ärztlich unterstützte Samenspenden entfallen hier.

Bestehen Melde- und Dokumentationspflichten bei Samenspende?

Ja, nach dem Samenspenderregistergesetz (SaRegG) sind alle Samenbanken, Entnahmeeinrichtungen und behandelnden Ärzt*innen verpflichtet, sämtliche relevanten Daten zum Samenspender, Empfängerin und durch die Spende gezeugtem Kind zu dokumentieren und dem bundesweiten Samenspenderregister zu melden. Diese Dokumentationspflicht gilt für mindestens 110 Jahre. Bei Missachtung dieser Pflichten drohen empfindliche Bußgelder.

Wie lange kann ein Kind seine Abstammung über das Samenspenderregister erfragen?

Das Auskunftsrecht über das Samenspenderregister kann grundsätzlich bis 110 Jahre nach der Samenspende ausgeübt werden – solange werden die Daten gespeichert. Das Recht auf Auskunft erlischt mit dem Tod des Samenspenders, berührt jedoch nicht das grundsätzliche Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Die Auskunft kann persönlich beim Samenspenderregister beantragt werden, wobei nachgewiesen werden muss, dass die anfragende Person durch Samenspende gezeugt wurde.