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Salvatorische Klausel


Definition und Begriffserklärung der Salvatorischen Klausel

Die salvatorische Klausel ist eine allgemein verbreitete Vertragsbestimmung, die insbesondere im deutschen, aber auch im internationalen Vertragsrecht Anwendung findet. Sie regelt die Rechtsfolgen für den Fall, dass einzelne Bestimmungen eines Vertrages unwirksam, undurchführbar oder nichtig sind. Ziel der salvatorischen Klausel ist es, den Fortbestand des übrigen Vertrages trotz der (teilweisen) Unwirksamkeit zu sichern und zugleich eine sinnvolle, dem ursprünglichen Parteiwillen möglichst nahekommende Regelung herbeizuführen.

Historische Entwicklung und Rechtsgrundlagen

Die Ursprünge der salvatorischen Klausel lassen sich im römischen Recht finden, doch ihre heutige Ausprägung hat sie vor allem durch die Entwicklung des modernen Vertragsrechts erhalten. Im deutschen Recht findet die salvatorische Klausel insbesondere durch die gefestigte Rechtsprechung und durch §§ 139, 306 und 313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sowie durch arbeits- und gesellschaftsrechtliche Normen Anwendung. International sind vergleichbare Regelungen beispielsweise in Art. 6:102 des Principles of European Contract Law und Art. 7.1.6 der UNIDROIT Principles zu finden.

Gesetzliche Grundlagen in Deutschland

  • § 139 BGB (Teilnichtigkeit): Regelt die Folgen, wenn einzelne Teile eines Rechtsgeschäfts nichtig sind.
  • § 306 BGB (Unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen): Betrifft insbesondere Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).
  • § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage): Kann ergänzend herangezogen werden, wenn eine Anpassung des Vertrags erforderlich wird.

Aufbau und Inhalt einer Salvatorischen Klausel

Typische Formulierung

Die klassische Formulierung einer salvatorischen Klausel lautet beispielhaft:

„Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam oder undurchführbar sein oder nach Vertragsschluss unwirksam oder undurchführbar werden, bleibt die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen unberührt. Anstelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung gilt diejenige wirksame und durchführbare Regelung als vereinbart, deren Wirkungen der Zielsetzung der Vertragsparteien am nächsten kommen.“

Mindestanforderungen und Gestaltungsspielräume

Der Gesetzgeber stellt keine zwingenden Anforderungen an die salvatorische Klausel. Sie sollte jedoch:

  • klar und eindeutig formuliert sein,
  • den Fortbestand des Vertrages sichern,
  • eine angemessene Regelung für den Ersatz der unwirksamen Bestimmung vorsehen (sogenannte Umdeutung oder ergänzende Regelung).

Funktion und Zweck der Salvatorischen Klausel

Die salvatorische Klausel dient hauptsächlich dazu, die Rechts- und Vertragssicherheit zu erhöhen und zu verhindern, dass der gesamte Vertrag aufgrund einzelner unwirksamer Bestimmungen nichtig wird. Sie sichert damit die Kontinuität des Vertragsverhältnisses und dient dem Willen der Parteien, den Vertrag auch bei Schwierigkeiten aufrechtzuerhalten.

Vorteile

  • Sicherung des Vertragszwecks: Durch Erhalt des Gesamtvertrags.
  • Reduzierung rechtlicher Risiken: Begrenzung negativer Auswirkungen unwirksamer Einzelklauseln.
  • Vermeidung von Vertragsaufhebung: Reduzierung des Risikos vollständiger Nichtigkeit.

Grenzen

Trotz ihrer Verbreitung hat die salvatorische Klausel rechtliche Grenzen. Insbesondere kann sie § 139 BGB nicht beliebig abbedingen und schützt nicht vor einer Gesamtnichtigkeit, wenn der Vertrag ohne die unwirksame Klausel nicht fortbestehen soll.

Anwendung im Zivilrecht und weiteren Rechtsgebieten

Allgemeines Zivilrecht und Vertragsgestaltung

Salvatorische Klauseln finden sich häufig in Kauf-, Miet-, Dienst-, Werkverträgen und in Gesellschaftsverträgen. Insbesondere bei Verträgen mit internationalen Bezug werden sie zur Erhöhung der Rechtssicherheit oft in mehreren Sprachversionen aufgenommen.

Arbeitsrecht

Im Arbeitsrecht sind salvatorische Klauseln regelmäßig Bestandteil von Arbeitsverträgen und Tarifverträgen. Die Rechtsprechung fordert, dass sie keine einschränkenden Wirkungen zu Lasten der Arbeitnehmer entfalten und keine unzulässige Umgehung arbeitsrechtlicher Schutznormen begründen.

Gesellschaftsrecht

Auch im Gesellschaftsrecht – beispielsweise in Gesellschaftsverträgen von GmbHs, Aktiengesellschaften oder Personengesellschaften – wird die salvatorische Klausel verwendet, um die Fortführung der Gesellschaft trotz möglicher Teilunwirksamkeit einzelner vertraglicher Regelungen zu ermöglichen.

AGB-Recht

Im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen salvatorische Klauseln den besonderen Anforderungen der AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB). Insbesondere sogenannte „Ersetzungsautomatik-Klauseln“, die im Vorhinein eine bestimmte Ersatzregelung verbindlich vorgeben, können nach § 307 BGB wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam sein.

Rechtsprechung zur Salvatorischen Klausel

Die Rechtsprechung hat salvatorische Klauseln vielfach thematisiert und dabei insbesondere auf die Auslegungsregel des § 139 BGB abgestellt:

  • Teilnichtigkeit: Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine salvatorische Klausel in der Regel als Indiz dafür zu werten, dass die Parteien den Fortbestand des Vertrages auch im Falle der Teilunwirksamkeit einzelner Klauseln wünschen.
  • Einschränkung der automatischen Anpassung: Gerichte betonen, dass eine automatische Anpassung des Vertrages – also ein Ersatz der unwirksamen durch eine wirksame Regelung – nur möglich ist, soweit dies dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht. Auch mit salvatorischer Klausel ist eine richterliche Vertragsauslegung oder -anpassung erforderlich.

Internationale Bezüge und Rechtsvergleich

In vielen europäischen und internationalen Vertragswerken finden sich vergleichbare Bestimmungen. Im Common Law-Raum (zum Beispiel England und Wales) wird häufig auf sogenannte „severability clauses“ zurückgegriffen. Die Wirkung und Durchsetzbarkeit richtet sich allerdings nach jeweils geltendem Kollisionsrecht sowie der spezifischen Ausgestaltung im nationalen Vertragsrecht.

Kritik und praktische Hinweise zur Verwendung

Kritikpunkte

  • Rechtssicherheit: Trotz weitverbreiteter Verwendung kann eine salvatorische Klausel nicht alle rechtlichen Unwägbarkeiten beseitigen.
  • Scheinsicherheit: Manche Klauseln vermitteln den Parteien ein trügerisches Gefühl umfassender Sicherheit.

Empfehlungen für die Praxis

  • Klare und präzise Formulierung; Vermeidung von Formulierungen, die „automatische“ Ersatzregelungen beinhalten.
  • Die Klausel sollte ausschließlich den Fortbestand des Vertrages sicherstellen und die konkrete Regelung einer eventuellen Ersatzbestimmung der gesetzlich vorgesehenen Auslegung überlassen.

Zusammenfassung

Die salvatorische Klausel ist ein wesentliches Instrument der modernen Vertragsgestaltung, das darauf abzielt, die Gesamtnichtigkeit eines Vertrages bei Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen zu verhindern. Sie sollte jedoch sorgfältig und den gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechend formuliert werden. Der tatsächliche Umfang des Schutzes, den eine salvatorische Klausel bietet, hängt maßgeblich von der jeweiligen gesetzlichen Lage, der Ausgestaltung der Klausel und der Rechtsprechung ab. Die Verwendung der salvatorischen Klausel trägt wesentlich zur Stabilität und Beständigkeit von Vertragsverhältnissen bei, kann jedoch nicht als allumfassende „Heilungsklausel“ missverstanden werden.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist eine salvatorische Klausel in Verträgen rechtlich sinnvoll?

Die Aufnahme einer salvatorischen Klausel in Verträge ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Parteien das Ziel verfolgen, die Wirksamkeit des Vertrags auch für den Fall zu sichern, dass einzelne Bestimmungen unwirksam, nichtig oder undurchführbar sind. Nach deutschem Recht (§ 139 BGB: Teilnichtigkeit) besteht grundsätzlich das Risiko, dass die Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestandteile zur Gesamtnichtigkeit führen kann, sofern nicht anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne die unwirksame Klausel geschlossen worden wäre. Salvatorische Klauseln dienen dem Zweck, im Falle einer Teilunwirksamkeit die Fortgeltung des übrigen Vertrages sicherzustellen und so einen vollständigen Vertragserhalt – im Sinne des Parteiwillens – zu gewährleisten. Dies trägt erheblich zu Rechtssicherheit und Vertragsbeständigkeit bei, insbesondere bei umfangreichen Verträgen mit komplexer Regelungsmaterie.

Können salvatorische Klauseln beliebig formuliert werden?

Die Formulierung salvatorischer Klauseln unterliegt bestimmten rechtlichen Grenzen. Zwar besteht grundsätzlich Gestaltungsfreiheit bei der Vertragsformulierung, jedoch dürfen salvatorische Klauseln nicht dazu verwendet werden, zwingende gesetzliche Vorschriften zu umgehen oder unangemessene Benachteiligungen bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 307 BGB herbeizuführen. Zudem verlangen Gerichte, dass die Klausel klar gefasst ist und nicht den Eindruck erweckt, rechtsunwirksame Bestimmungen rückwirkend zu legitimieren. Moderne Rechtsprechung favorisiert die sog. modifizierte salvatorische Klausel, welche vorsieht, dass im Falle der Unwirksamkeit eine wirtschaftlich möglichst gleichwertige, gesetzeskonforme Bestimmung an deren Stelle treten soll (sog. „geltungserhaltende Reduktion“). Pauschale salvatorische Klauseln ohne Regelungsersatz werden u. U. als unwirksam angesehen.

Welche Wirkung hat eine salvatorische Klausel nach deutschem Recht?

Eine salvatorische Klausel bewirkt nach deutschem Recht, dass im Falle der Unwirksamkeit, Undurchführbarkeit oder Rechtswidrigkeit einzelner Vertragsbestandteile die Wirksamkeit des übrigen Vertrages grundsätzlich unberührt bleibt. Allerdings hat die Rechtsprechung – insbesondere durch das Bundesarbeitsgericht und den Bundesgerichtshof – klargestellt, dass eine salvatorische Klausel nicht die gesetzlich vorgesehene Inhaltskontrolle und Auslegung nach § 139 BGB ersetzt. Vielmehr handelt es sich um eine Auslegungsregel, die im Streitfall den mutmaßlichen Parteiwillen berücksichtigt. Die eigentliche Entscheidung über die Fortgeltung des Vertrags trifft das Gericht unter Würdigung aller Umstände; die Klausel entfaltet insofern eine Indizwirkung, ist juristisch aber nicht „allmächtig“.

Kann eine salvatorische Klausel die Notwendigkeit einer Vertragsänderung ersetzen?

Nein, eine salvatorische Klausel kann eine erforderliche Anpassung des Vertrages infolge rechtlicher oder tatsächlicher Änderungen grundsätzlich nicht ersetzen. Sie bezweckt vielmehr den Erhalt des Vertragswerks trotz einzelner Unwirksamkeiten, nicht aber die Heilung rechtswidriger Klauseln oder die automatische Anpassung an veränderte Gesetzeslagen. Ist ersichtlich, dass wesentliche Vertragspunkte betroffen sind oder grundlegende Umstände sich ändern, bedarf es einer aktiven vertraglichen Anpassung bzw. Nachverhandlung durch die Parteien. Die Klausel verhindert nicht, dass in bestimmten Fällen (z. B. bei Wegfall der Geschäftsgrundlage) neue Vereinbarungen zwingend erforderlich sind.

Welche Bedeutung hat die salvatorische Klausel im Arbeitsrecht?

Im Arbeitsrecht spielt die salvatorische Klausel eine besondere Rolle, da Arbeitsverträge häufig auf vorformulierten Vertragsmustern basieren und einzelne Klauseln im Rahmen der AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) einer strengen Überprüfung unterliegen. Sind bestimmte Regelungen wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, kann durch die salvatorische Klausel der übrige Arbeitsvertrag aufrechterhalten werden. Allerdings hat die Rechtsprechung wiederholt betont, dass die bloße Existenz einer salvatorischen Klausel nicht automatisch eine Anpassung an die gesetzlichen Vorgaben bewirkt (BAG, Urteil vom 16.05.2007, 7 AZR 424/06). Eine zu weitreichende Interpretation kann zur Unwirksamkeit der ganzen Vereinbarung führen, wenn die salvatorische Klausel selbst zu unbestimmt ist oder dem Transparenzgebot widerspricht.

Was geschieht, wenn eine salvatorische Klausel fehlt?

Fehlt in einem Vertrag eine salvatorische Klausel, kommt bei Unwirksamkeit einzelner Klauseln die gesetzliche Regelung des § 139 BGB (Teilnichtigkeit) zur Anwendung. Danach entfällt im Grundsatz der gesamte Vertrag, es sei denn, anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne die unwirksame Regelung beschlossen worden wäre. Die Gerichte prüfen dann im Einzelfall unter Berücksichtigung des hypothetischen Parteiwillens, ob und in welchem Umfang der Vertrag ohne die betreffende Regelung weiter Bestand hat. Das Fehlen einer salvatorischen Klausel erhöht somit die Unsicherheit bezüglich des Fortbestands des Vertrages bei Teilnichtigkeit und kann insbesondere bei komplexen Vereinbarungen zu erheblichen Rechtsstreitigkeiten führen.

Ab wann ist eine salvatorische Klausel unwirksam oder wirkungslos?

Eine salvatorische Klausel ist insbesondere dann unwirksam oder wirkungslos, wenn sie gegen gesetzliche Verbote verstößt, wesentliche Vertragsinhalte im Sinne einer „blauen Klausel“ zu retten versucht, ohne dass die Parteien bereit gewesen wären, den Vertrag auch ohne die betreffenden Regelungen einzugehen, oder wenn sie gegen das Transparenzgebot verstößt. Im Rahmen von AGB kann eine zu weit gefasste oder zu allgemein gehaltene salvatorische Klausel nach § 307 BGB als unangemessene Benachteiligung angesehen und daher für unwirksam erklärt werden. Ebenso entfaltet eine salvatorische Klausel keine Wirkung in Fällen, in denen die Gesamtregelung des Vertrages an der Unwirksamkeit einer Hauptleistungspflicht scheitert.