Legal Lexikon

Revisionsgericht


Begriff und Funktion des Revisionsgerichts

Ein Revisionsgericht ist ein Gericht, das im Rahmen eines Instanzenzuges mit der Überprüfung von gerichtlichen Entscheidungen auf Rechtsfehler befasst ist. Die Revision stellt hierbei ein Rechtsmittel dar, welches gegen Urteile unterer Instanzen eingelegt werden kann. Im Unterschied zur Berufung beschränkt sich die Revision grundsätzlich auf die Kontrolle der Anwendung materiellen und prozessualen Rechts – nicht auf die Tatsachenfeststellung. Revisionsgerichte sind in den verschiedenen Gerichtsbarkeiten (Ordentliche Gerichtsbarkeit, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Arbeitsgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit und Finanzgerichtsbarkeit) Teil der oberen Instanz, häufig als Oberster Gerichtshof bezeichnet.


Rechtsgrundlagen und Stellung im Instanzenzug

Nationale Regelungen

Die rechtlichen Grundlagen der Revision und des Revisionsgerichts ergeben sich aus unterschiedlichen Gesetzen, abhängig von der jeweiligen Gerichtsbarkeit. So finden sich etwa für das Straf- und Zivilverfahren Regelungen in der Strafprozessordnung (StPO) und der Zivilprozessordnung (ZPO). In der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind das Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und in der Finanzgerichtsbarkeit die Finanzgerichtsordnung (FGO) maßgeblich.

Das Revisionsgericht steht im Instanzenzug in der Regel an dritter Stelle nach dem Eingangsgericht und der Berufungsinstanz:

  1. Eingangsinstanz (z.B. Amtsgericht, Verwaltungsgericht)
  2. Berufungsinstanz (z.B. Landgericht, Oberverwaltungsgericht)
  3. Revisionsinstanz (z.B. Bundesgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht)

Funktion im Rechtssystem

Das Revisionsgericht dient dem Ziel, eine einheitliche Rechtsprechung zu sichern und die richtige Anwendung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine Korrektur der tatsächlichen Feststellungen ist nur ausnahmsweise möglich, etwa wenn die Tatsachenfeststellung verfahrensfehlerhaft war. Damit ist das Revisionsgericht maßgeblich für die Fortbildung des Rechts und die Sicherung der Einheit der Rechtsprechung verantwortlich.


Verfahrensablauf in der Revision

Gegenstand der Prüfung

Das Revisionsgericht prüft in der Regel, ob das angefochtene Urteil auf einer Verletzung von Bundesrecht (2003 BGHSt 48, 340) beruht und das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde. Es wird also ausschließlich kontrolliert, ob das Sachgericht die einschlägigen Vorschriften richtig angewendet hat.

Beschränkung auf Rechtsfragen

Kernmerkmal eines Revisionsverfahrens ist die Beschränkung auf grds. reine Rechtsfragen (§ 545 ZPO; § 137 VwGO; § 117 FGO). Eine erneute Beweisaufnahme oder eine eigene Sachverhaltswürdigung finden nicht statt. Die Revisionsinstanz analysiert insbesondere:

  • Rechtsanwendung
  • Auslegung von Gesetzen
  • Verfahrensfehler

Mögliche Entscheidungsbefugnisse

Das Revisionsgericht hat abhängig vom festgestellten Fehler verschiedene Optionen:

  • Aufhebung und Zurückverweisung an die Vorinstanz
  • Endentscheidung in der Sache (nur ausnahmsweise, wenn keine weiteren Feststellungen erforderlich sind)
  • Abweisung der Revision (bei Unbegründetheit)
  • Vollständige oder teilweise Bestätigung des Urteils

Revisionsgerichte in den verschiedenen Gerichtsbarkeiten

Ordentliche Gerichtsbarkeit

Im Zivilrecht ist der Bundesgerichtshof (BGH) als Revisionsgericht tätig. Für Strafsachen mit Revisionen aus dem Landgericht ist entweder ein Oberlandesgericht oder ebenfalls der BGH zuständig, abhängig von der Art und Schwere der Sache.

Zivilrechtliche Revision (§§ 542 ff. ZPO)

Im Zivilprozess ist die Revision auf materiell-rechtliche Fehler begrenzt, während Berufungen auch Tatsachenfehler überprüfen. Die Revision zum Bundesgerichtshof ist grundsätzlich nur bei Zulassung (§ 543 ZPO) möglich.

Strafrechtliche Revision (§§ 333 ff. StPO)

Im Strafprozess prüft das Revisionsgericht neben materiellem Strafrecht auch erhebliche Verfahrensfehler. Die Revision steht dem Angeklagten und der Staatsanwaltschaft offen.

Verwaltungsgerichtsbarkeit

Beim Bundesverwaltungsgericht wird die Revision gemäß §§ 132 ff. VwGO durchgeführt. Zulassungsgründe sind:

  • grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache,
  • Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung,
  • Verfahrensmängel.

Sozialgerichtsbarkeit

Das Bundessozialgericht fungiert als Revisionsgericht. Die Revision ist in den §§ 162 ff. SGG geregelt. Eine Zulassung erfolgt meist bei grundsätzlicher Bedeutung oder Verfahrensfehlern.

Arbeitsgerichtsbarkeit

Hier ist das Bundesarbeitsgericht zuständiges Revisionsgericht. Die Vorschriften finden sich in § 72 ArbGG. Wiederum gibt es Zulassungserfordernisse.

Finanzgerichtsbarkeit

Das Bundesfinanzhof ist Revisionsgericht für finanzrechtliche Streitigkeiten (§§ 115, 116 FGO). Die Revision ist auch hier an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.


Bedeutung der Revision im deutschen Rechtssystem

Die Revision und das Revisionsgericht sind zentrale Elemente für die Rechtskontrolle und Rechtseinheit in der Bundesrepublik Deutschland. Sie schließen die richterliche Rechtskontrolle ab und besitzen großen Einfluss auf die Fortbildung des Rechts. Da ihre Prüfung auf Rechtsfehler beschränkt ist, sind die Anforderungen an die Begründung einer Revision hoch.


Unterschied zu anderen Instanzen

Berufung vs. Revision

  • Berufung: Überprüfung von Tatsachen und Rechtsfragen, erneute Beweisaufnahme möglich.
  • Revision: Prüfung ausschließlich auf Rechtsfragen, keine Beweisaufnahme.

Beschwerde

Neben Revision und Berufung ist die Beschwerde ein weiteres Rechtsmittel, das in bestimmten Konstellationen zum Zuge kommt, sich jedoch auf eine unmittelbare Überprüfung bestimmter ergangener Entscheidungen bezieht.


Internationale Perspektiven auf das Revisionsgericht

Auch außerhalb Deutschlands gibt es vergleichbare Einrichtungen, etwa den Supreme Court in Großbritannien und den Cour de Cassation in Frankreich. Sie alle üben vornehmlich eine Rechtskontrolle des Instanzenzuges aus.


Literatur und weiterführende Informationen

  • Zivilprozessordnung (ZPO)
  • Strafprozessordnung (StPO)
  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
  • Finanzgerichtsordnung (FGO)
  • Sozialgerichtsgesetz (SGG)
  • Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)
  • Lehrbücher zur deutschen Gerichtsverfassung

Ein Revisionsgericht ist somit ein zentrales Element des deutschen Prozessrechts, das auf die Sicherung der Rechtsanwendung und die Vereinheitlichung der Rechtsprechung abzielt. Seine Befugnisse sind streng auf die Rechtsprüfung und Verfahrenskontrolle beschränkt und stellen sicher, dass unterinstanzliche Entscheidungen dem geltenden Recht entsprechen.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann vor einem Revisionsgericht Revision einlegen?

Die Revision kann grundsätzlich von den am vorangegangenen Verfahren beteiligten Parteien eingelegt werden. Dazu zählen in Zivilsachen insbesondere Kläger und Beklagter, in Strafverfahren sind es Angeklagte, Staatsanwaltschaft oder Nebenkläger. Anders als im Berufungsverfahren, das im Einzelfall auch ein erneutes Tatsachenverfahren eröffnet, prüft das Revisionsgericht ausschließlich Rechtsfragen. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision sind gesetzlich festgelegt – beispielsweise wird im Zivilprozess die Revision nur gegen Urteile des Berufungsgerichts zugelassen, wenn dies das Berufungsgericht oder auf Beschwerde das Revisionsgericht entscheidet (§ 543 ZPO). Auch im Strafprozess steht die Revision nur gegen bestimmte Entscheidungen offen (§ 333 StPO). Eine Revision wird oft durch ein beim Revisionsgericht zugelassenes Rechtsmittelverfahren eingeleitet, das besondere formale und inhaltliche Anforderungen – wie Fristen und Begründungspflichten – kennt.

Welche Aufgaben hat das Revisionsgericht konkret?

Das Revisionsgericht ist ausschließlich dazu berufen, die rechtliche Überprüfung der Urteile oder Beschlüsse der Vorinstanzen vorzunehmen. Es prüft, ob das angefochtene Urteil auf einer Verletzung des Rechts – also auf materiellen oder prozessualen Rechtsfehlern – beruht. Tatsachenfeststellungen werden grundsätzlich nicht eigenständig überprüft, vielmehr wird nur darauf geachtet, ob die Vorinstanz das Recht korrekt angewandt und das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt hat. In der Praxis bewertet das Revisionsgericht typischerweise, ob materiell-rechtliche Vorschriften falsch ausgelegt oder angewandt wurden, und ob der Prozessverlauf den Vorgaben der jeweiligen Verfahrensordnung genügte. Kommt das Revisionsgericht zum Ergebnis, dass ein Rechtsfehler vorliegt, kann es das Urteil aufheben und entweder selbst entscheiden oder zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Ausgangsgericht zurückverweisen.

Wie ist das Verfahren vor dem Revisionsgericht ausgestaltet?

Das Revisionsverfahren ist stark formalisiert. Schon die Revisionsschrift muss bestimmten formellen Anforderungen genügen: Sie muss fristgerecht beim zuständigen Gericht eingereicht werden und eine Revisionsbegründung enthalten, in der die angeblichen Rechtsfehler exakt bezeichnet werden. In den meisten Verfahren besteht Anwaltszwang, das heißt, die Parteien müssen sich durch einen zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Das Revisionsgericht entscheidet in der Regel ohne mündliche Verhandlung (vor allem in Zivil- und Strafsachen) und prüft den Fall ausschließlich auf Rechtsfehler. Neue Tatsachen oder Beweismittel werden nicht berücksichtigt. Der Ablauf umfasst die Zulässigkeitsprüfung, die Sachprüfung auf Rechtsfehler und sodann eine Entscheidung entweder durch Bestätigung, Abänderung oder Aufhebung der angegriffenen Entscheidung.

Unter welchen Voraussetzungen wird eine Revision zugelassen?

Im deutschen Rechtssystem ist die Revision ein Rechtsmittel, das in der Regel einer besonderen Zulassung bedarf. Im Zivilprozess kann das Berufungsgericht die Revision zulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts beziehungsweise die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dies erfordert (§ 543 ZPO). In Strafsachen ist die Revision nur gegen Urteile der Landgerichte und Oberlandesgerichte sowie in bestimmten Fällen gegen Urteile des Amtsgerichts statthaft (§§ 312 ff. StPO). Ein weiteres entscheidendes Kriterium ist, dass es sich um eine abschließende Sachentscheidung handelt. Gegen bloße Zwischenentscheidungen ist die Revision in der Regel ausgeschlossen. Ein weiterer Zulassungsgrund kann darin liegen, dass das Urteil auf einer Verletzung von Verfahrensrecht beruht.

Welche Rechtsfolgen kann eine erfolgreiche Revision haben?

Ist die Revision erfolgreich, hebt das Revisionsgericht das angefochtene Urteil ganz oder teilweise auf. Es kann dann selbst in der Sache entscheiden, was allerdings selten ist, wenn weitere Sachaufklärung nötig wäre. Häufiger verweist das Revisionsgericht die Sache an das vorherige Gericht zurück, das dann unter Beachtung der vom Revisionsgericht aufgestellten Rechtsauslegungen erneut zu entscheiden hat. Die Entscheidung des Revisionsgerichts ist für das zurückverwiesene Gericht bindend (sog. Bindungswirkung), sodass bei einer erneuten Entscheidung die rechtlichen Vorgaben des Revisionsgerichts zwingend zu berücksichtigen sind. Bei Unbegründetheit der Revision wird diese verworfen und das Urteil der Vorinstanz bleibt bestehen.

Welche Arten von Fehlern prüft das Revisionsgericht?

Das Revisionsgericht überprüft ausschließlich Rechtsfragen, nicht den zugrundeliegenden Sachverhalt oder die Beweiswürdigung, sofern diese nicht auf einem Verstoß gegen Verfahrensrecht beruhen. Zu den wesentlichen Fehlerarten gehören: Fehlerhafte Auslegung oder Anwendung materiellen Rechts (z. B. Zivil- oder Strafgesetze), Verstöße gegen Verfahrensvorschriften (etwa das rechtliche Gehör, die Besetzung des Gerichts oder die Befangenheit von Richtern) sowie fehlerhafte Beweisaufnahme oder unzureichende Begründung des Urteils sofern darin ein Rechtsmangel zu erkennen ist. Entsprechend ist der Prüfungsmaßstab im Revisionsverfahren deutlich enger gefasst als im Berufungsverfahren, das auch Tatsachen überprüft.

Ist die Revision im deutschen Rechtsystem die letzte Instanz?

Die Revision ist zwar regelmäßig die letzte ordentliche Instanz im deutschen gerichtlichen Instanzenzug, etwa zum Bundesgerichtshof (BGH) in Zivil- und Strafsachen oder zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Verwaltungssachen. In besonderen Fällen kann jedoch noch eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) oder eine Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) möglich sein, wenn grundgesetzliche Rechte oder Menschenrechte verletzt erscheinen. Gleichwohl ist die Revision im klassischen Sinn die höchste Instanz hinsichtlich der gerichtsinternen Rechtsanwendung und steht für die Letztentscheidung in der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts.