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Rechtsanwaltsvertrag

Begriff und Einordnung

Der Rechtsanwaltsvertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag über die rechtliche Beratung und Vertretung einer Person oder eines Unternehmens durch einen Rechtsanwalt. Er begründet ein Vertrauensverhältnis, in dem der Rechtsanwalt eigenverantwortlich Dienstleistungen erbringt, die auf die Wahrnehmung und Durchsetzung der Interessen des Mandanten gerichtet sind. Der Vertragsinhalt reicht von der außergerichtlichen Begleitung bis zur Vertretung vor Gerichten und Behörden.

Zustandekommen des Rechtsanwaltsvertrags

Vertragsschluss und Form

Der Vertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Dies kann ausdrücklich, konkludent (durch schlüssiges Verhalten) oder durch Annahme eines Angebots geschehen. Eine besondere Form ist in der Regel nicht vorgeschrieben; der Vertrag kann mündlich, schriftlich oder elektronisch geschlossen werden. Aus Gründen der Klarheit wird der Mandatsgegenstand häufig in Textform festgehalten.

Umfang des Mandats und Mandatsgegenstand

Der Mandatsgegenstand beschreibt, welche Angelegenheit übernommen wird und in welchem Umfang. Dazu zählen etwa die Prüfung einer Rechtslage, die Erstellung von Schreiben, Verhandlungen mit Dritten oder die Vertretung in gerichtlichen Verfahren. Der Umfang kann eng (Einzelfrage) oder weit (fortlaufende Betreuung) definiert sein. Änderungen und Erweiterungen bedürfen einer entsprechenden Verständigung.

Vollmacht und Vertretung

Für die Vertretung gegenüber Gerichten, Behörden und Dritten ist regelmäßig eine Vollmacht erforderlich. Sie konkretisiert, in welchem Rahmen der Rechtsanwalt Erklärungen abgeben und entgegennehmen darf. In Verfahren existieren teils besondere Vollmachtserfordernisse. Die Vollmacht ist vom Mandatsvertrag zu unterscheiden: Der Vertrag regelt das Innenverhältnis, die Vollmacht das Außenverhältnis.

Rechte und Pflichten der Parteien

Pflichten des Rechtsanwalts

Sorgfalt, Information und Aufklärung

Der Rechtsanwalt schuldet eine sorgfältige, an den Zielen des Mandanten ausgerichtete Bearbeitung. Dazu gehört die Information über den Sachstand, Chancen und Risiken sowie über wesentliche Schritte. Er berücksichtigt die maßgebliche Rechtslage und die tatsächlichen Umstände der Angelegenheit.

Verschwiegenheit und Interessenkonflikte

Verschwiegenheit ist Kernpflicht. Alle erlangten Informationen unterliegen Geheimhaltung, soweit keine gesetzlich anerkannten Rechtfertigungen bestehen. Interessenkonflikte sind zu vermeiden; eine gleichzeitige Tätigkeit für widerstreitende Interessen ist unzulässig.

Dokumentation und Aktenführung

Die wesentlichen Vorgänge der Mandatsbearbeitung werden dokumentiert. Unterlagen werden geordnet geführt und für einen angemessenen Zeitraum aufbewahrt. Auf Anfrage kann Einsicht in die Mandatsunterlagen gewährt werden, soweit dem keine schutzwürdigen Belange entgegenstehen.

Pflichten des Mandanten

Mitwirkung und Information

Der Mandant stellt die für die Bearbeitung erforderlichen Informationen und Unterlagen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung und informiert über Änderungen der Sachlage. Er erteilt erforderliche Vollmachten und trifft notwendige Entscheidungen.

Vergütung und Vorschüsse

Der Mandant ist zur Zahlung der vereinbarten oder gesetzlichen Vergütung verpflichtet. Auslagen (z. B. Gerichts- und Zustellkosten, Reisekosten) werden ersetzt. Üblich sind angemessene Vorschüsse auf Gebühren und Auslagen.

Vergütung und Kosten

Gesetzliche Gebühren und Honorarvereinbarungen

Die Vergütung kann nach gesetzlichen Gebühren oder aufgrund einer Honorarvereinbarung abgerechnet werden. Gesetzliche Gebühren sind typisiert und knüpfen häufig an den wirtschaftlichen Wert der Sache und die Art der Tätigkeit an. Honorarvereinbarungen regeln eine abweichende Vergütung, etwa als Stundenhonorar oder pauschale Vergütung. Sie bedürfen klarer, transparenter Absprachen.

Abrechnung, Auslagen und Kostenvorschüsse

Die Abrechnung weist Gebühren, Auslagen und Steuern aus. Zu den Auslagen zählen etwa Schreib- und Kopierkosten, Reisekosten und Gerichtskosten. Vorschüsse dienen der Deckung absehbarer Gebühren und Auslagen.

Erfolgshonorare und Drittfinanzierung

Erfolgshonorare sind nur in engen gesetzlich zugelassenen Fällen möglich und unterliegen strikten Anforderungen. Drittfinanzierungen, etwa durch Prozesskostenfinanzierer, beruhen auf gesonderten Vereinbarungen zwischen Mandant und Finanzierungspartner.

Rechtsschutzversicherung und Kostenerstattung

Bei bestehender Rechtsschutzversicherung kann eine Deckungsanfrage gestellt werden. Unabhängig davon bleibt das Vergütungsverhältnis grundsätzlich zwischen Rechtsanwalt und Mandant bestehen. In gerichtlichen Verfahren kann es je nach Ausgang zu Kostenerstattungen durch die Gegenseite kommen; Art und Umfang richten sich nach den maßgeblichen Kostenregeln des Verfahrens.

Haftung und Haftungsbegrenzung

Haftungsmaßstab

Haftung besteht bei schuldhafter Pflichtverletzung, die zu einem ersatzfähigen Schaden führt. Maßstab ist die Sorgfalt eines sorgfältig tätigen Rechtsanwalts unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls.

Haftungsbegrenzung und Versicherung

Haftungsbegrenzungen können vertraglich vereinbart werden, soweit und in der Form, wie es rechtlich zulässig ist. Für die berufliche Tätigkeit ist eine Berufshaftpflichtversicherung vorgesehen, die das Risiko aus Vermögensschäden abdeckt.

Laufzeit, Beendigung und Mandatsniederlegung

Erfüllung und Kündigung

Der Vertrag endet mit Erledigung des Mandatsgegenstands oder durch Kündigung. Der Mandant kann grundsätzlich jederzeit kündigen. Der Rechtsanwalt kann kündigen, wenn hierfür ein wichtiger Grund besteht. Nach Beendigung erfolgt die Abrechnung der bis dahin erbrachten Tätigkeiten.

Herausgabe- und Informationsrechte bei Beendigung

Nach Ende des Mandats werden die herausgabefähigen Unterlagen an den Mandanten oder einen neuen Vertreter herausgegeben. Über den Bearbeitungsstand wird informiert, damit eine geordnete Fortführung möglich ist.

Datenschutz und Vertraulichkeit

Verarbeitung personenbezogener Daten

Im Mandat werden personenbezogene Daten verarbeitet, soweit dies zur Bearbeitung der Angelegenheit und zur Erfüllung vertraglicher und gesetzlicher Pflichten erforderlich ist. Dazu zählen Kommunikationsdaten, Sachverhaltsangaben, Dokumente und Korrespondenzen.

Aufbewahrung und Akteneinsicht

Mandatsunterlagen werden für einen bestimmten Zeitraum aufbewahrt. Der Mandant kann Einsicht in die für ihn geführten Akten verlangen, soweit nicht berechtigte Interessen Dritter oder gesetzliche Gründe entgegenstehen.

Besondere Konstellationen

Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträge

Wird der Vertrag ausschließlich über Fernkommunikationsmittel oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen, können besondere Informations- und Widerrufsrechte bestehen. Umfang und Fristen richten sich nach den verbraucherschutzrechtlichen Vorgaben.

Mehrere Mandanten und Interessenkollisionen

Bei mehreren Mandanten in derselben Angelegenheit ist zu prüfen, ob ihre Interessen gleichgerichtet sind. Bei entgegenstehenden Interessen ist eine gemeinsame Vertretung unzulässig.

Grenzüberschreitende Mandate

In grenzüberschreitenden Angelegenheiten können Fragen internationalen Verfahrens, anwendbarer Rechtsordnungen, Zuständigkeiten und Mehrsprachigkeit eine Rolle spielen. Der Mandatsvertrag kann hierzu besondere Regelungen vorsehen.

Abgrenzung zu anderen Vertragsarten

Der Rechtsanwaltsvertrag ist auf eine sachgerechte rechtliche Dienstleistung gerichtet. Anders als beim Werkvertrag wird kein bestimmter Erfolg geschuldet, sondern eine fachgerechte Tätigkeit. Gegenüber allgemeinen Beratungsverträgen ist er berufsrechtlich geprägt, insbesondere durch Verschwiegenheit, Unabhängigkeit und besondere Sorgfaltsanforderungen. Von der reinen Geschäftsbesorgung grenzt er sich durch den Fokus auf die rechtliche Bewertung und Vertretung ab.

Häufig gestellte Fragen zum Rechtsanwaltsvertrag

Was ist ein Rechtsanwaltsvertrag?

Es handelt sich um einen Vertrag, durch den ein Rechtsanwalt mit der rechtlichen Beratung und Vertretung eines Mandanten beauftragt wird. Er regelt Inhalt, Umfang, Vergütung und die beiderseitigen Pflichten.

Wie kommt ein Rechtsanwaltsvertrag zustande?

Durch Angebot und Annahme, ausdrücklich oder konkludent. Bereits die Übernahme einer konkreten Angelegenheit und die Aufnahme der Bearbeitung können den Vertragsschluss begründen.

Muss der Rechtsanwaltsvertrag schriftlich geschlossen werden?

Eine bestimmte Form ist grundsätzlich nicht vorgeschrieben. Aus Gründen der Klarheit wird der Mandatsgegenstand häufig in Textform festgehalten und eine Vollmacht schriftlich erteilt.

Welche Kosten fallen typischerweise an und wie werden sie berechnet?

Die Vergütung richtet sich entweder nach gesetzlichen Gebühren oder nach einer Honorarvereinbarung (z. B. Stunden- oder Pauschalhonorar). Hinzu kommen Auslagen und Steuern. Der wirtschaftliche Wert der Sache und die Art der Tätigkeit können die Höhe beeinflussen.

Kann der Mandant den Vertrag kündigen?

Der Mandant kann in der Regel jederzeit kündigen. Der Rechtsanwalt kann kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Nach der Beendigung erfolgt die Abrechnung der bis dahin erbrachten Leistungen.

Wofür haftet der Rechtsanwalt?

Für schuldhafte Pflichtverletzungen, die zu einem Vermögensschaden führen. Maßgeblich ist die Sorgfalt, die bei ordnungsgemäßer Bearbeitung der Mandatsangelegenheit zu beachten ist.

Welche Rolle spielt die Vollmacht?

Die Vollmacht ermächtigt den Rechtsanwalt, den Mandanten gegenüber Gerichten, Behörden und Dritten zu vertreten. Sie ergänzt den Mandatsvertrag und regelt das Außenverhältnis.

Gibt es ein Widerrufsrecht?

Bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen oder ausschließlich über Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, können verbraucherschutzrechtliche Widerrufsrechte bestehen. Deren Voraussetzungen und Fristen hängen von der konkreten Konstellation ab.