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Rechnung, Übersendung der –


Begriff und rechtliche Bedeutung der Rechnungsübersendung

Die Übersendung einer Rechnung stellt ein zentrales Element im kaufmännischen und allgemeinen Zivilrecht dar. Sie ist die Mitteilung der Forderung für eine Lieferung oder Leistung an den Rechnungsempfänger und hat weitreichende rechtliche Konsequenzen, insbesondere hinsichtlich Fälligkeit, Leistungsverweigerungsrechten, steuerlichen Pflichten sowie Fristbeginn bei Reklamations- und Zahlungszeitpunkten. Die Ausgestaltung der Übersendungsform, des Zeitpunkts und der Modalitäten ist in zahlreichen Rechtsgebieten – vom Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) über Handelsgesetzbuch (HGB) bis hin zum Umsatzsteuergesetz (UStG) und weiteren Spezialregelungen – präsent und bedeutsam.


Voraussetzungen für die Übersendung einer Rechnung

Rechtsgrundlage der Rechnungsstellung

Die gesetzliche Pflicht zur Übersendung einer Rechnung ergibt sich im Wesentlichen aus dem Umsatzsteuergesetz (§ 14 UStG), aber auch aus speziellen Vereinbarungen innerhalb von Verträgen und den allgemeinen Regeln über Schuldverhältnisse im BGB. Grundsätzlich gilt: Nach Ausführung einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung muss der Leistende dem Leistungsempfänger eine Rechnung ausstellen und auf dessen Verlangen übersenden. Bestimmte Regelungen, insbesondere im B2B-Bereich, verpflichten dazu sogar ohne ausdrückliches Verlangen.

Formerfordernisse und Übermittlungsarten

Form: Während die Rechnung selbst insbesondere für steuerliche Zwecke bestimmten Formvorschriften genügen muss (z. B. Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG), ist die Art der Übersendung grundsätzlich nicht gesetzlich festgelegt. Die Übersendung kann postalisch (Papierrechnung), elektronisch (E-Mail, E-Rechnung, Online-Portal) oder per Telefax erfolgen, sofern die Übermittlungsart individuell vereinbart ist oder dem handelsüblichen Standard entspricht.

Elektronische Übersendung: Für die elektronische Übermittlung von Rechnungen ist seit 2011 keine elektronische Signatur mehr verpflichtend (§ 14 Abs. 1 UStG). Allerdings muss die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sein. Die Einwilligung des Empfängers in die elektronische Übersendung ist erforderlich, wobei auch konkludentes Handeln (zum Beispiel Zahlung auf eine elektronisch übersandte Rechnung) ausreichen kann.


Rechtsfolgen der Übersendung einer Rechnung

Fälligkeit der Forderung

Die Übersendung der Rechnung ist regelmäßig Voraussetzung für den Beginn der Zahlungsfrist. Wird im Vertrag die Zahlung „nach Rechnungserhalt“ vereinbart, beginnt die Zahlungsfrist erst mit Zugang der Rechnung beim Empfänger. Diese Fälligkeitsregelung gilt insbesondere für Werkverträge, Dienstleistungen und im kaufmännischen Verkehr.

Beginn etwaiger Reklamationsfristen

In vielen Vertragsgestaltungen beginnt mit dem Zugang der Rechnung die Frist, innerhalb derer der Empfänger Beanstandungen hinsichtlich Inhalt oder Formalien der Rechnung (z. B. Abrechnungsfehler, fehlende Leistungsangaben) geltend machen kann. Dies ist besonders bei Dauerschuldverhältnissen, im Mietrecht und bei Bauvorhaben von Bedeutung.

Verzug und Mahnwesen

Gerät der Rechnungsempfänger mit der Zahlung in Rückstand, kann die Verzugsregelung nach § 286 BGB an den Zugang der Rechnung anknüpfen. Bei fehlender Fälligkeitsvereinbarung im Vertrag kommt der Schuldner nach spätestens 30 Tagen nach Zugang der Rechnung und Fälligkeit der Forderung in Verzug, sofern er auf diese Rechtsfolge in der Rechnung ausdrücklich hingewiesen wurde.


Steuerrechtliche Besonderheiten der Rechnungsübersendung

Bedeutung der Rechnung im Umsatzsteuerrecht

Die Rechnung ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG. Der Leistungsempfänger kann seinen Vorsteuerabzug erst vornehmen, wenn die ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung in seinem Besitz ist. Das tatsächliche Übersenden und Zugänglichmachen der Rechnung sind dafür essenziell.

Elektronische Rechnungsübermittlung an öffentliche Auftraggeber

Für Lieferanten der öffentlichen Hand ist die Übermittlung elektronischer Rechnungen in spezifischen Formaten (XRechnung, ZUGFeRD) gesetzlich vorgeschrieben. Regelungen auf Bundes- und Länderebene sehen hierfür bestimmte technische und inhaltliche Standards vor.

Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht

Rechnungen – gleich ob in Papierform oder elektronisch – sind für zehn Jahre aufzubewahren (§ 14b UStG). Die Aufbewahrung muss so erfolgen, dass eine vollständige, geordnete und jederzeit zugängliche Archivierung gewährleistet ist.


Zustellungsnachweis und Beweislast

Zugang der Rechnung

Für viele rechtliche Wirkungstatbestände ist der tatsächliche Zugang der Rechnung beim Empfänger maßgeblich. Im Streitfall obliegt dem Rechnungssteller der Nachweis des Zugangs. Dies kann etwa durch Einschreiben mit Rückschein, Fax-Sendebericht, Bestätigung des E-Mail-Empfangs oder im elektronischen Geschäftsverkehr durch Protokollierungsfunktionen erfolgen.

Folgen des fehlenden Rechnungserhalts

Geht eine Rechnung dem Empfänger nicht oder verspätet zu, können Ansprüche wie Verzug oder Mahnkosten nicht durchgesetzt werden, bevor der Rechnungsempfänger Kenntnis von der Forderung hat. Im umgekehrten Fall kann eine verzögerte Übersendung zu Liquiditäts- und Steuerplanungsschwierigkeiten führen.


Sonderfragen der Rechnungsübersendung

Übersendung an Dritte

In bestimmten Fällen kann die Übersendung der Rechnung an einen Stellvertreter, Bevollmächtigten oder an eine spezifizierte Abrechnungsstelle erfolgen (z. B. Steuerberatungs- oder Buchhaltungsservice). Auch im Rahmen des Zentralregulierungsverfahrens (insbesondere in Einkaufskooperationen) wird die Rechnung regelmäßig an eine zentrale Abrechnungsstelle übersandt.

Internationale Rechnungsübersendung

Innerhalb der Europäischen Union und im Drittstaatenverkehr sind besondere Vorschriften zu beachten, insbesondere im Hinblick auf unterschiedliche nationale Regelungen zur Rechnungstellung, Fremdwährung, Sprachfassungen und steuerrechtliche Anforderungen.

Datenschutzrechtliche Anforderungen

Bei der Übersendung personenbezogener Rechnungen sind die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu beachten. Dies gilt insbesondere bei sensitiven Rechnungsdaten, die etwa im Gesundheitswesen, Rechtsdienstleistung oder Versicherungsbereich betroffen sind.


Zusammenfassung

Die Übersendung der Rechnung ist ein rechtlich komplexer Vorgang, der sowohl im Zivil-, Handels- als auch im Steuerrecht erheblich wirkt. Sie bestimmt den Beginn von Zahlungs-, Reklamations- und Verjährungsfristen, ist Voraussetzung für steuerliche Ansprüche und beeinflusst die Anwendung zahlreicher untergesetzlicher Regelungen. Die Einhaltung von Formvorschriften, Übermittlungsmodalitäten und Nachweisregeln ist für die rechtssichere und wirtschaftlich effiziente Geschäftsabwicklung unerlässlich. Bei Unsicherheiten empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung der einschlägigen gesetzlichen Vorgaben und individuellen Vertragsbedingungen.

Häufig gestellte Fragen

In welcher Form darf eine Rechnung rechtlich übermittelt werden?

Grundsätzlich lässt das deutsche Recht verschiedene Formen der Übermittlung von Rechnungen zu. Nach § 14 UStG ist neben der klassischen Papierrechnung auch die elektronische Rechnung ausdrücklich anerkannt, sofern der Empfänger damit einverstanden ist. Eine elektronische Rechnung kann per E-Mail, EDI-System (Electronic Data Interchange), Web-Download oder über spezielle Portale übermittelt werden. Die Übermittlung per Fax wird ebenfalls akzeptiert, wobei im Original-Faxfall die gleiche Beweiskraft wie bei einer Papierrechnung vorliegt. Rechtlich entscheidend ist immer, dass die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sind. Technische Verfahren wie qualifizierte elektronische Signaturen oder der Einsatz von EDI-Systemen können die Echtheit und Unversehrtheit zusätzlich absichern, sind jedoch nicht zwingend vorgeschrieben, wenn andere innerbetriebliche Kontrollverfahren einen Prüfpfad gewährleisten. Eine Verpflichtung zur ausschließlichen Übersendung in Papierform besteht im Geschäftsverkehr grundsätzlich nicht mehr.

Gibt es Fristen für die Übersendung einer Rechnung?

Das deutsche Recht sieht keine allgemeingültige Frist für die Übersendung einer Rechnung an Privatpersonen vor, wohl aber im B2B-Bereich. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG ist ein Unternehmer verpflichtet, spätestens sechs Monate nach Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung eine Rechnung auszustellen, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist. Diese Frist dient insbesondere der Sicherstellung des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger. Für den Übersendungsvorgang selbst gilt: Die Rechnung muss so zeitnah zugestellt werden, dass der Empfänger seinen steuerlichen Pflichten nachkommen kann. In Einzelfällen, wie etwa bei Bauleistungen § 14b UStG oder bei Leistungen an die öffentliche Hand, können abweichende oder spezifischere Fristen bestehen.

Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Wirksamkeit der Übersendung per E-Mail?

Für die Übersendung per E-Mail sieht § 14 Abs. 1 UStG ausdrücklich die Gleichstellung der E-Mail mit der Papierrechnung vor, solange der Empfänger zustimmt. Rechtlich erforderlich ist, dass die Rechnung als Anhang oder direkt im Text versendet wird und unverändert lesbar bleibt. Der Absender muss sicherstellen, dass die Datei nicht verändert wurde und keine Manipulationsmöglichkeiten bestehen. Die Aufbewahrungspflicht nach § 147 AO und § 14b UStG schreibt zudem vor, dass die elektronische Rechnung im Originalformat (z.B. PDF) revisionssicher archiviert werden muss. Die E-Mail selbst muss jedoch nicht zwingend archiviert werden, wohl aber die eigentliche Rechnung im Anhang. Seit 2023 gilt: Die vorherige Zustimmung des Rechnungsempfängers zur elektronischen Übermittlung kann auch durch konkludentes Verhalten erfolgen, etwa durch widerspruchslose Annahme.

Was passiert, wenn der Empfänger die Übersendung der Rechnung ablehnt oder widerspricht?

Lehnt der Empfänger die Übersendung einer elektronischen Rechnung ausdrücklich ab, kann diese Form der Zustellung nicht rechtswirksam verwendet werden. Der Leistende ist dann verpflichtet, eine Papierrechnung zu übermitteln. Ein fehlender Widerspruch bedeutet nicht zwangsläufig die Zustimmung, jedoch kann diese konkludent erfolgen. Im Streitfall sollte der Rechnungsaussteller zur Dokumentationszwecken beweisen können, wann und wie die Rechnung zugestellt wurde, auch aus Gründen der Verjährung und Nachweisbarkeit. Im B2B-Bereich sollte dieses Thema bereits im Rahmen des Vertragsschlusses geklärt werden, um spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Welche Folgen hat eine verspätete Übersendung der Rechnung?

Insbesondere im unternehmerischen Bereich können verspätete, nicht rechtzeitig zugestellte Rechnungen zu gravierenden Konsequenzen führen. Der Leistende kann seinen Anspruch auf Bezahlung oder Verzugszinsen verlieren, wenn der Rechnungsempfänger mangels Rechnung keine Fälligstellung vorliegen hat. Steuerlich relevant ist zudem, dass der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers erst mit Vorliegen einer ordnungsmäßigen Rechnung ausgeübt werden kann. Wird die Sechsmonatsfrist aus § 14 UStG überschritten, kann dies bußgeldbewehrt sein (§ 26a UStG). Im Vertragsverhältnis können zudem Schadenersatzansprüche entstehen, etwa bei verzögerter Rechnungsstellung und daraus resultierenden Nachteilen für den Leistungsempfänger.

Welche Nachweise muss der Leistende über die Übersendung der Rechnung führen?

Der Leistende ist nachweispflichtig für den Zugang der Rechnung beim Empfänger, insbesondere im Falle von Rechtsstreitigkeiten (z.B. zur Begründung des Verzuges). Im Falle einer Papierrechnung empfiehlt sich der Versand per Einschreiben oder sonstiger nachverfolgbarer Zustellart. Bei elektronischer Übersendung sollte der Zustellungsnachweis mittels Lesebestätigung, Protokollen von E-Mail-Servern oder Logfiles erfolgen. Die bloße Absende-Bestätigung reicht rechtlich nicht aus, da der Zugang beim Empfänger maßgeblich ist. Bei automatisierten Rechnungsportalen sollten entsprechende Systemprotokolle über den Rechnungsabruf aufbewahrt werden.

Welche rechtlichen Besonderheiten gelten für die Übersendung von Rechnungen ins Ausland?

Bei der Übersendung von Rechnungen ins Ausland sind neben dem nationalen deutschen Recht auch die Anforderungen des Empfängerlandes zu beachten. Das Umsatzsteuerrecht der EU gibt zwar einen gewissen Rahmen vor, dennoch variieren Anforderungen an Form, Sprache, Pflichtangaben und Archivierungspflichten. Eine elektronische Rechnung kann zwar grundsätzlich EU-weit ausgestellt werden, es empfiehlt sich jedoch die explizite Zustimmung des Rechnungsempfängers einzuholen und sich über spezifische nationale Regelungen (z.B. in skandinavischen Ländern oder Italien) zu informieren. Werden Rechnungen in Drittstaaten versandt, können zusätzliche Dokumentations- oder Formatpflichten bestehen.