Legal Lexikon

Realkredit


Begriff und rechtliche Grundlagen des Realkredits

Der Realkredit ist eine besondere Form der Kreditsicherung, bei der ein Kredit durch die Bestellung dinglicher Sicherheiten auf einem unbeweglichen Vermögensgegenstand, in der Regel einer Immobilie, abgesichert wird. Der Realkredit nimmt eine zentrale Rolle im Kreditrecht sowie im Grundstücksrecht ein und ist insbesondere bei der Immobilienfinanzierung, aber auch bei gewerblichen Finanzierungen weit verbreitet. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Realkredit werden maßgeblich durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und bankaufsichtsrechtliche Bestimmungen geprägt.

Definition und Charakteristika

Begriffliche Abgrenzung

Der Realkredit ist ein Kredit, dessen Absicherung ausschließlich oder überwiegend durch Grundpfandrechte an einem Grundstück erfolgt. Zu den typischen Formen der Grundpfandrechte zählen

  • die Grundschuld (§§ 1191 ff. BGB),
  • die Hypothek (§§ 1113 ff. BGB) und
  • die Rentenschuld (§§ 1199 ff. BGB, allerdings kaum von praktischer Relevanz).

Im Gegensatz zum Personalkredit, bei dem die persönliche Kreditwürdigkeit im Vordergrund steht, beruht der Realkredit auf dem Wert der zu belastenden Immobilie.

Kreditvolumen und Beleihungswert

Ein zentrales Prinzip des Realkredits ist die Orientierung des Kreditvolumens am sogenannten Beleihungswert (§ 16 PfandBG). Dieser beschreibt den nachhaltigen Wert einer Immobilie, der durch eine vorsichtige Bewertung und unter Berücksichtigung der langfristigen Verwertbarkeit bestimmt wird. Der Beleihungsauslauf bezeichnet das Verhältnis der Darlehenssumme zum Beleihungswert und bildet die Grundlage für die Sicherstellung des Kreditrisikos.

Rechtsverhältnisse und Funktion

Sicherungsmittel: Grundpfandrechte

Die Bestellung eines Grundpfandrechts erfolgt durch Einigung (Auflassung) und Eintragung in das Grundbuch (§ 873 Abs. 1 BGB). Mit der Eintragung entsteht das Grundpfandrecht, das dem Gläubiger ein dingliches Sicherungsrecht an dem belasteten Grundstück verschafft.

Arten der Grundpfandrechte:

  • Hypothek: Die Hypothek ist akzessorisch, das heißt, sie besteht nur in Zusammenhang mit einer bestimmten Forderung.
  • Grundschuld: Die Grundschuld ist nicht akzessorisch und kann auch unabhängig von einer Forderung bestellt werden. Sie spielt in der Praxis des Realkredits die herausragende Rolle.
  • Brief- und Buchgrundpfandrechte: Grundpfandrechte können als Brief- oder Buchrechte bestellt werden (§§ 1116, 1192 BGB). Die Ausstellung eines Grundschuldbriefes ist heute eher selten und wird meist bei besonderen Sicherungsverhältnissen verlangt.

Forderung und Rückzahlung

Der Realkredit ist regelmäßig als Darlehen im Sinne der §§ 488 ff. BGB ausgestaltet. Die Besicherung erfolgt zumeist in Form einer grundpfandrechtlich gesicherten Forderung, deren Rückzahlung durch Zins- und Tilgungsleistungen des Darlehensnehmers erfolgt. Bei Nichterfüllung der Verpflichtungen kann der Kreditgeber das Grundpfandrecht verwerten, d. h. in der Regel das Grundstück versteigern lassen (§§ 1147, 1192 BGB).

Rechtsfolgen bei Zahlungsstörung

Kommt es zu einer Zahlungsstörung, hat der Grundpfandrechtsgläubiger einen Anspruch auf Befriedigung aus dem Grundstück. Dies erfolgt durch die Zwangsversteigerung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG). Die Rangordnung im Grundbuch ist hierbei maßgeblich für die Befriedigung der Gläubiger.

Rechtliche Besonderheiten

Verbraucherschutz und Durchführungspflichten

Bei Realkrediten an Verbraucher sind besondere verbraucherschützende Vorschriften einzuhalten. Das betrifft insbesondere Informationspflichten nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 491a BGB) sowie nach der Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Auch das Widerrufsrecht (§§ 355, 495 BGB) kommt zur Anwendung.

Bedeutung in der Bankenaufsicht

Im Bankaufsichtsrecht ist der Realkredit aufgrund seines regelmäßig als risikoarm angesehenen Charakters besonders behandelt. Das Kreditwesengesetz (KWG) und die jeweiligen Solvabilitätsverordnungen sehen für durch Grundpfandrechte gesicherte Kredite die Möglichkeit einer bevorzugten Eigenkapitalunterlegung vor. Die Pfandbriefbanken unterliegen zudem speziellen Vorschriften nach dem Pfandbriefgesetz (PfandBG), die die Anforderungen an die Werthaltigkeit der Sicherheiten und das Beleihungswertverfahren kodifizieren.

Pflichten und Rechte der Beteiligten

Rechte des Grundpfandrechtsgläubigers

Dem Gläubiger steht das Recht zu, bei Nichtleistung des Schuldners die Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück zu betreiben (§ 1147 BGB). Darüber hinaus steht ihm der Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung nach § 1192 Abs. 1 BGB zu.

Pflichten des Sicherungsgebers

Der Eigentümer des belasteten Grundstücks – häufig die Kreditnehmerseite – ist verpflichtet, das Grundstück werterhaltend zu behandeln und etwaige Veränderungsmaßnahmen des Sicherungsobjekts dem Kreditgeber anzuzeigen. Verletzt der Sicherungsgeber diese Pflichten, kann dies zur vorzeitigen Kündigung des Realkredits berechtigen.

Beendigung und Rückabwicklung

Mit vollständiger Tilgung des gesicherten Darlehens erlischt das Sicherungsinteresse an der Grundschuld. Der Grundstückseigentümer kann die Löschung des Grundpfandrechts im Grundbuch verlangen (§ 1192 Abs. 1 i. V. m. § 1183 BGB).

Bei der Rückabwicklung sind die Vorschriften über die Rückgewähransprüche zu beachten. Die Kosten der Löschung trägt in der Regel der Darlehensnehmer als Sicherungsgeber.

Zusammenfassung

Der Realkredit stellt eine gesonderte Form der Kreditvergabe dar, die sich durch die Besicherung mittels dinglicher Rechte an Grundbesitz auszeichnet. Er unterliegt komplexen zivil- und aufsichtsrechtlichen Regelungen und erfüllt eine tragende Rolle in der Immobilien- und Unternehmensfinanzierung. Rechtliche Besonderheiten ergeben sich insbesondere aus dem Zusammenspiel von Darlehensvertrag und Grundpfandrecht, aus der Bedeutung des Beleihungswerts sowie aus der strengen gesetzlichen Kontrolle durch verbraucherschützende und bankenaufsichtsrechtliche Vorgaben.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist zur Eintragung des Realkredits im Grundbuch berechtigt, und welche Formerfordernisse sind dabei zu beachten?

Die Eintragung eines Realkredits im Grundbuch erfolgt regelmäßig durch einen Notar, der die hierzu erforderlichen Anträge und Erklärungen entgegennimmt und beim Grundbuchamt einreicht. Rechtlich maßgeblich ist, dass der Kreditnehmer als Eigentümer des belasteten Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist; als dinglich Berechtigter kann grundsätzlich nur der Eigentümer einen Realkredit (z.B. in Form einer Hypothek oder Grundschuld) bestellen. Die Eintragung bedarf stets der notariellen Beurkundung (§ 873, § 1115 BGB) beziehungsweise – genauer – der notariellen Beglaubigung bei der Bewilligung der Eintragung. Außerdem muss die Eintragungsbewilligung des Eigentümers vorliegen. Im Rahmen der Eintragung sind sowohl die Grundbuchordnung (GBO) als auch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu beachten; insbesondere ist auf die richtige Bezeichnung der Beteiligten und des zu belastenden Grundstücks Wert zu legen. Die endgültige Erwirkung des Vollzugs obliegt dem zuständigen Grundbuchamt nach formeller und materieller Prüfung aller Unterlagen.

Welche Sicherungsrechte zählen zum klassischen Realkredit, und inwiefern unterscheiden sie sich rechtlich voneinander?

Im Rahmen des Realkredits werden in der bundesdeutschen Rechtspraxis hauptsächlich die Hypothek (§§ 1113 ff. BGB), die Grundschuld (§§ 1191 ff. BGB) und – weniger verbreitet – die Rentenschuld (§§ 1199 ff. BGB) als dingliche Sicherungsrechte eingesetzt. Rechtlich unterscheiden sie sich insbesondere hinsichtlich des Sicherungscharakters: Die Hypothek ist akzessorisch, das heißt, ihre rechtliche Existenz hängt unmittelbar von dem zu sichernden Anspruch ab und erlischt automatisch, wenn die gesicherte Forderung erlischt. Die Grundschuld hingegen ist nicht akzessorisch und somit abstrakt, kann aber durch eine Sicherungsabrede an eine Forderung gekoppelt werden. Für die Rentenschuld gilt ebenfalls die Akzessorietätslosigkeit, sie ist rechtlich jedoch weniger relevant in der heutigen Praxis. Übertragbarkeit, Geltendmachung und Löschung der einzelnen Rechte sind im BGB detailliert geregelt und in der täglichen Praxis zwingend zu beachten.

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Wirksamkeit eines Realkreditvertrages erfüllt sein?

Ein Realkredit setzt die Einigung zwischen Darlehensgeber und -nehmer über die Bestellung eines entsprechenden Sicherungsrechts voraus. Das Rechtsgeschäft besteht in der Regel aus zwei Komponenten: dem schuldrechtlichen Kreditvertrag (häufig als Darlehensvertrag nach § 488 BGB) und der dinglichen Bestellung des Sicherungsrechts (z.B. Grundschuldbestellungsurkunde), wobei Letztere stets notariell beurkundet werden muss. Erforderlich ist weiterhin die Zustimmung aller im Grundbuch eingetragenen Berechtigten (z.B. weitere Eigentümer, eingetragene Rechte Dritter), sofern deren Rechte durch die Eintragung beeinträchtigt werden könnten. Üblicherweise besteht ein Sicherungsvertrag (Sicherungsabrede), welcher das Nutzungs- und Verwertungsrecht der Bank regelt; dieser ist nach ständiger Rechtsprechung und Literatur erforderlich, um den rechtmäßigen Zugriff auf die Sicherheit sicherzustellen und die Interessen des Kreditnehmers zu wahren.

In welchen Fällen kann ein Realkredit vorzeitig gekündigt oder vorzeitig getilgt werden, und welche rechtlichen Bestimmungen gelten hierbei?

Die rechtlichen Bedingungen einer vorzeitigen Kündigung oder Tilgung von Realkrediten richten sich maßgeblich nach den Vorschriften des BGB sowie den individuellen Vertragsbedingungen. Nach § 489 BGB steht dem Darlehensnehmer bei Festzinsdarlehen grundsätzlich nach Ablauf von zehn Jahren ein gesetzliches Kündigungsrecht mit einer Frist von sechs Monaten zu. Im Falle von berechtigten Interessen (beispielsweise Verkauf der Immobilie) besteht zudem häufig die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung nach § 490 BGB, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Banken können in diesen Fällen eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen, deren rechtliche Grundlagen in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (insbesondere Urteil XI ZR 285/03) definiert und begrenzt sind. Die Wirksamkeit der Kündigung unterliegt bestimmten Formerfordernissen, meist der Schriftform.

Welche Rangfolge gilt bei mehreren im Grundbuch eingetragenen Realkrediten, und wie wird diese rechtlich festgelegt?

Gemäß § 879 BGB richtet sich die Rangfolge der im Grundbuch eingetragenen Sicherungsrechte grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Eintragung (Prioritätsprinzip: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“). Es ist jedoch rechtlich möglich, einen anderen Rang durch eine sogenannte Rangbestimmung oder Rangrücktritt nach § 881 BGB zu vereinbaren. Eine solche Abrede muss notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. Die Rangfolge ist im Insolvenzfall oder bei der Zwangsversteigerung von erheblicher Bedeutung, da sie bestimmt, in welcher Reihenfolge die Gläubiger aus dem Verwertungserlös bedient werden. Änderungen in der Rangfolge bedürfen stets der Mitwirkung aller betroffenen Berechtigten und unterliegen strengen Formvorschriften.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat die nicht ordnungsgemäße Löschung eines Realkredits im Grundbuch?

Die Löschung eines Realkredits (wie etwa der Grundschuld) erfordert neben der Löschungsbewilligung des Berechtigten (meist der kreditgebenden Bank) die ordnungsgemäße Grundbuchanmeldung einschließlich aller Dokumente, welche die Rechtserledigung beweisen (§ 27 GBO). Erfolgt die Löschung nicht ordnungsgemäß – etwa wegen fehlender Zustimmung, unvollständiger Unterlagen oder formeller Mängel – bleibt das dingliche Recht bestehen, was wiederum die Verwertbarkeit und Belastbarkeit des Grundstücks für den Eigentümer erheblich einschränken kann. Rechtlich kann dies dazu führen, dass spätere Eigentümer den Realkredit „übernehmen“ müssen, bis eine wirksame Löschung erfolgt. Dies kann auch Haftungsansprüche gegen die Beteiligten begründen, etwa gegen Notare oder Banken, falls diese ihre Sorgfaltspflichten verletzen.

Inwieweit ist die Übertragung eines Realkredits auf einen anderen Gläubiger rechtlich zulässig, und welche Formerfordernisse bestehen dabei?

Der Realkredit ist – je nach Art des Sicherungsrechts – grundsätzlich übertragbar. Die Hypothek kann nach §§ 1153 ff. BGB durch Abtretung der Forderung mitsamt dem Recht an einen neuen Gläubiger übertragen werden, was zur Eintragung einer Abtretungsbescheinigung im Grundbuch führt. Bei der Grundschuld erfolgt die Übertragung durch Abtretung nach § 1154 BGB, auch hier ist eine notarielle Beglaubigung der Abtretungserklärung und Mitwirkung des Grundbuchamts erforderlich. Die Übertragung setzt voraus, dass keine abweichenden vertraglichen oder gesetzlichen Beschränkungen bestehen. Die Eintragung im Grundbuch ist für die dingliche Wirkung zwingend erforderlich; ohne diese ist die Übertragung im Außenverhältnis unwirksam, wenngleich im Innenverhältnis (zwischen den Parteien) bereits Rechte und Pflichten übergehen können.