Legal Lexikon

Realkredit

Realkredit: Begriff und rechtliche Einordnung

Ein Realkredit ist ein Darlehen, das vorrangig durch ein dingliches Recht an einem Grundstück oder grundstücksgleichen Recht gesichert wird. Der Schwerpunkt der Sicherung liegt also auf einem Vermögensgegenstand (der „Sache“) und nicht auf der persönlichen Bonität allein. Üblicherweise wird als Sicherheit ein Grundpfandrecht bestellt, das in das Grundbuch eingetragen wird. Realkredite sind die gängige Form der Immobilienfinanzierung für Wohn- und Gewerbeobjekte.

Definition und Abgrenzung

Im Gegensatz zum Personalkredit, bei dem die Rückzahlung im Wesentlichen durch das persönliche Versprechen des Schuldners abgesichert ist, stützt sich der Realkredit auf die Werthaltigkeit der Immobilie. Die persönliche Haftung des Darlehensnehmers bleibt regelmäßig zusätzlich bestehen, die dingliche Absicherung am Grundstück bildet jedoch das zentrale Sicherungsmittel.

Beteiligte Parteien

Typische Beteiligte sind der Darlehensnehmer (z. B. Käufer, Bauherr, Eigentümer), der Darlehensgeber (z. B. Bank, Bausparkasse, Pfandbriefbank) sowie der Eigentümer des belasteten Grundstücks, der mit dem Darlehensnehmer personenidentisch sein kann. Notar und Grundbuchamt wirken bei der Bestellung und Eintragung der Sicherheiten mit.

Zweck und typische Einsatzfelder

Realkredite werden insbesondere zur Finanzierung von Erwerb, Bau, Modernisierung oder Umschuldung von Immobilien eingesetzt. Auch gewerbliche Investitionen, die durch Immobilien abgesichert werden, fallen in diesen Bereich.

Dingliche Sicherheiten und Grundbuch

Grundpfandrechte: Hypothek und Grundschuld

Die dingliche Absicherung des Realkredits erfolgt in der Praxis überwiegend durch eine Grundschuld, seltener durch eine Hypothek. Beide Rechte gewähren dem Gläubiger die Möglichkeit, sich im Sicherungsfall aus dem belasteten Grundstück zu befriedigen.

Vergleich und Praxisrelevanz

Die Hypothek ist grundsätzlich akzessorisch, das heißt eng an die Darlehensforderung gebunden. Die Grundschuld ist demgegenüber nicht von einer konkreten Forderung abhängig und wird über eine gesonderte Sicherungsabrede (Sicherungszweckerklärung) mit dem Darlehen verknüpft. Wegen ihrer Flexibilität und leichteren Übertragbarkeit dominiert die Grundschuld die Praxis.

Bestellung und Rang im Grundbuch

Die Bestellung eines Grundpfandrechts erfordert eine notarielle Beurkundung und die Eintragung im Grundbuch. Für die Durchsetzbarkeit gegenüber Dritten ist die Eintragung maßgeblich. Der Rang bestimmt die Reihenfolge, in der Gläubiger im Verwertungsfall aus dem Erlös bedient werden. Rangverhältnisse können vertraglich gestaltet, getauscht oder nachträglich verändert werden, sofern die betroffenen Gläubiger zustimmen.

Eintragung, Rang und Abtretung

Mit der Eintragung entsteht das Grundpfandrecht mit einem bestimmten Rang. Dieser Rang hat erhebliche Bedeutung für das Risiko des Kreditgebers und die Konditionen. Grundschulden können abgetreten werden; die Abtretung wird im Grundbuch verlautbart, um Rechtsklarheit zu schaffen.

Sicherungsabrede (Sicherungszweckerklärung)

Die Sicherungszweckerklärung regelt die Bindung der Grundschuld an bestimmte Forderungen, etwa das konkrete Darlehen und ggf. weitere, genau umschriebene Ansprüche. Sie legt den Sicherungszweck, den Umfang der gesicherten Forderungen und die Voraussetzungen fest, unter denen die Sicherheit verwertet werden darf. Sie wirkt schuldrechtlich zwischen den Vertragsparteien und ergänzt das sachenrechtliche Grundpfandrecht.

Kreditvertragliche Grundlagen

Vertragsinhalt

Der Realkreditvertrag legt Darlehenssumme, Zins, Tilgung, Auszahlungsvoraussetzungen, Laufzeit, Fälligkeiten, Sicherheiten, Informations- und Mitwirkungspflichten sowie Kündigungsrechte fest. Häufig sind Nebenabreden zu Bereitstellungszinsen, Sondertilgungen, Auszahlung nach Baufortschritt und Nachweis der Mittelverwendung vorgesehen.

Zinsbindung und variable Verzinsung

Üblich sind Zinsbindungsfristen, innerhalb derer der Sollzins fest vereinbart ist. Möglich sind auch variable Zinsen mit Anpassung an einen Referenzwert nach vertraglichen Mechanismen. Zinsänderungsklauseln müssen transparent und nachvollziehbar ausgestaltet sein.

Auszahlungs- und Verwendungsvoraussetzungen

Vorausgesetzt werden regelmäßig die wirksame Bestellung und Eintragung der Grundschuld, das Vorliegen von Ausführungs- und Bewertungsunterlagen sowie Versicherungsnachweise. Bei Bauvorhaben kann die Auszahlung abschnittsweise gegen Nachweis des Baufortschritts erfolgen.

Nebenkosten und weitere Sicherheiten

Vertraglich können Kosten für Notar, Grundbuch, Wertermittlung und Schätzungen sowie Bereitstellungszinsen und Schätzkosten anfallen. Zusätzlich zur Grundschuld sind oft Abtretungen von Ansprüchen aus Gebäudeversicherungen oder Mietabtretungen vorgesehen, um das Sicherungsniveau zu erhöhen.

Beleihung und Bewertung

Beleihungswert, Verkehrswert, Beleihungsauslauf

Für die Kreditentscheidung wird der Immobilienwert ermittelt. Unterschieden werden üblicherweise Verkehrswert und ein vorsichtig festgelegter Beleihungswert. Der Beleihungsauslauf setzt Darlehensbetrag in Relation zum maßgeblichen Wert und beeinflusst Konditionen, Rangwahl und Sicherungsumfang.

Gutachten und Dokumentation

Die Wertermittlung erfolgt anhand definierter Verfahren mit nachvollziehbarer Dokumentation. Art, Umfang und Aktualität der Bewertung richten sich nach dem Kreditinstitut und dem Finanzierungszweck.

Pfandbrieffähigkeit

Realkredite können Grundlage für gedeckte Anleihen sein. Dafür gelten besondere Anforderungen an Auswahl, Bewertung und laufende Überwachung der Deckungswerte. Das erhöht die Anforderungen an Transparenz und Werthaltigkeit der Sicherheiten.

Rechtsfolgen bei Leistungsstörungen

Verzug und Kündigung

Bei Zahlungsverzug, wesentlichen Vertragsverstößen oder Gefährdung der Rückzahlung können vertragliche und gesetzliche Kündigungsrechte bestehen. Vor einer Verwertung der Sicherheit ist regelmäßig eine Fristsetzung oder qualifizierte Mahnung erforderlich, sofern nicht gravierende Ausnahmen vorliegen.

Zwangsvollstreckung in das Grundstück

Das Grundpfandrecht berechtigt zur Befriedigung aus dem Grundstück. Die typischen Wege sind Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung. Der Erlös wird nach Rang verteilt. Vereinbarungen zur sofortigen Zwangsvollstreckung können im Sicherungsvertrag in Verbindung mit notariellen Unterlagen vorgesehen sein, um die Durchsetzung zu erleichtern.

Dingliche Durchsetzung und Erlösverteilung

Im Versteigerungsverfahren werden vorrangige Rechte zuerst bedient. Nachrangige Gläubiger erhalten Zahlungen nur, wenn nach Bedienung der vorrangigen Rechte ein Überschuss verbleibt. Nicht gedeckte Beträge können aus der persönlichen Haftung verfolgt werden, soweit eine solche besteht.

Persönliche Haftung

Neben der dinglichen Haftung des Grundstücks bleibt die persönliche Rückzahlungsverpflichtung des Darlehensnehmers grundsätzlich bestehen. Reicht der Verwertungserlös nicht aus, kann der offene Restbetrag gegen den Darlehensnehmer geltend gemacht werden, sofern vertraglich nichts Abweichendes vereinbart wurde.

Rechteübertragung und Gläubigerwechsel

Abtretung von Forderungen und Grundschulden

Darlehensforderungen und die dazugehörigen Sicherheiten können abgetreten werden. Bei der Grundschuld erfolgt die Übertragung durch schriftliche Abtretung und grundbuchliche Verlautbarung. Transparenz über den Gläubigerwechsel ist für Zahlungen und Erklärungen wesentlich.

Verbriefung und Deckungsstock

Realkredite können in gedeckte Refinanzierungsinstrumente einfließen. Dabei werden die gesicherten Forderungen und Sicherheiten in einem Deckungsstock geführt, der besonderen Anforderungen an Werthaltigkeit und Dokumentation unterliegt.

Verbraucherschutz und Transparenz

Vorvertragliche Informationen und Widerruf

Bei Realkrediten an Verbraucher gelten Informationspflichten über wesentliche Vertragsmerkmale, Risiken, Kosten und Laufzeiten. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht ein Widerrufsrecht, das form- und fristgebunden ist. Die Widerrufsbelehrung muss klar und verständlich sein.

Kopplungsgeschäfte und Beratung

Die Kombination eines Realkredits mit weiteren Produkten ist nur unter Beachtung von Transparenz- und Kopplungsanforderungen zulässig. Dokumentations- und Informationspflichten dienen der Nachvollziehbarkeit der Vertragsentscheidung.

Anschlussfinanzierung und Umschuldung

Nach Ablauf der Zinsbindung kann eine neue Zinsvereinbarung getroffen oder eine Umschuldung vorgenommen werden. Dabei sind bestehende Sicherheiten, Rangverhältnisse und etwaige Vorfälligkeitsregelungen rechtlich zu berücksichtigen.

Besondere Konstellationen

Baufinanzierung und Auszahlung nach Baufortschritt

Bei Neubau und Sanierung erfolgt die Auszahlung oft in Raten gemäß Baufortschritt. Voraussetzung sind meist Nachweise über die Mittelverwendung und der Schutz gegen Bauabbruchrisiken, etwa durch Versicherungskonzepte und vertragliche Sicherungen.

Erwerbermodell und Wohnungseigentum

Beim Erwerb von Wohnungseigentum können neben der Grundschuld Besonderheiten der Gemeinschaftsordnung, Teilungserklärung und Instandhaltungsrücklagen eine Rolle spielen. Diese Unterlagen sind für Bewertung, Risiko und Sicherungsabrede relevant.

Nachrangdarlehen

Realkredite können nachrangig besichert werden. Der Nachrang erhöht das Ausfallrisiko, da im Verwertungsfall vorrangige Rechte zuerst bedient werden. Vertragsklauseln zu Rangrücktritten und Rangänderungen beeinflussen die Durchsetzbarkeit.

Gewerbliche Realkredite

In der gewerblichen Finanzierung sind zusätzliche Sicherheiten, Covenants, Informations- und Berichterstattungspflichten verbreitet. Die Bewertung stützt sich stärker auf Ertragswerte und Vermietungsstrukturen.

Beendigung und Löschung

Rückzahlung und Löschungsbewilligung

Nach vollständiger Rückzahlung erteilt der Gläubiger üblicherweise eine Löschungsbewilligung. Die Löschung der Grundschuld erfolgt durch notarielle Mitwirkung und Grundbucheintragung. Alternativ kann eine bestehen bleibende Grundschuld für spätere Finanzierungen verwendet oder an den Eigentümer zurückübertragen werden.

Teilfreigaben und Teillöschungen

Bei Grundstücksteilungen oder Teilrückzahlungen sind Teilfreigaben und Teillöschungen möglich. Die Anpassung des Sicherungsumfangs an den offenen Darlehensbetrag wird grundbuchlich nachvollzogen.

Häufig gestellte Fragen

Ist ein Realkredit dasselbe wie ein Hypothekendarlehen?

Der Begriff Hypothekendarlehen wird umgangssprachlich häufig für Realkredite verwendet. Rechtlich wird die Sicherheit in der Praxis zumeist durch eine Grundschuld gestellt, nicht durch eine Hypothek. Beide sichern das Darlehen am Grundstück ab; die Grundschuld ist jedoch flexibler und daher verbreiteter.

Kann ein Realkredit ohne Eintragung im Grundbuch bestehen?

Die typische Ausgestaltung des Realkredits setzt eine dingliche Sicherheit am Grundstück voraus, die erst mit der Eintragung im Grundbuch entsteht. Ohne diese Eintragung liegt keine grundbuchlich gesicherte Realsicherheit vor, und es handelt sich nicht um einen Realkredit im engeren Sinne.

Welche Bedeutung hat der Rang der Grundschuld?

Der Rang bestimmt die Reihenfolge, in der Gläubiger im Verwertungsfall aus dem Versteigerungserlös bedient werden. Ein vorrangiger Eintrag erhält vor einem nachrangigen Eintrag Zahlung. Der Rang wirkt sich auf Risiko und Konditionen des Darlehens aus.

Welche Maßnahmen sind bei Zahlungsverzug möglich?

Bei fortbestehendem Verzug kommen Kündigung des Darlehens und die Verwertung der Sicherheit in Betracht. Die Durchsetzung erfolgt regelmäßig über Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung. Voraussetzungen und Abläufe ergeben sich aus Vertrag und allgemeinen Regeln des Vollstreckungsrechts.

Ist eine Vorfälligkeitsentschädigung zulässig?

Bei vorzeitiger Rückzahlung während einer Zinsbindungsfrist kann eine Entschädigung vereinbart sein. Ihre Zulässigkeit und Berechnung orientieren sich an transparenten vertraglichen Grundlagen und anerkannten Berechnungsprinzipien.

Kann eine Grundschuld auf einen neuen Gläubiger übertragen werden?

Ja. Grundschulden sind übertragbar. Die Abtretung wird schriftlich vereinbart und im Grundbuch verlautbart. Für den Darlehensnehmer ist der neue Gläubiger maßgeblich, sobald der Wechsel wirksam geworden ist und angezeigt wurde.

Welche Folgen hat eine Insolvenz des Darlehensnehmers?

Der gesicherte Gläubiger kann sich aus der Immobilie befriedigen, da die Grundschuld eine Absonderungsberechtigung vermittelt. Reicht der Verwertungserlös nicht aus, bleibt die persönliche Haftung für den verbleibenden Anspruch nach den allgemeinen Regeln bestehen, soweit keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden.