Legal Lexikon

Raiffeisenbank


Begriff und Rechtliche Einordnung der Raiffeisenbank

Die Raiffeisenbank ist eine spezifische Form der Genossenschaftsbank, die nach dem kooperativen Modell des deutschen Sozialreformers Friedrich Wilhelm Raiffeisen gegründet und betrieben wird. Sie zählt, rechtlich betrachtet, zu den Kreditinstituten und weist Besonderheiten hinsichtlich ihrer Rechtsform, Organisation, Geschäftsaktivitäten und aufsichtsrechtlichen Stellung auf. Dieser Beitrag behandelt die Terminologie, die rechtliche Struktur, die regulatorischen Anforderungen sowie die spezifischen gesetzlichen Bestimmungen, welche die Raiffeisenbanken charakterisieren.


Historische Entwicklung und Grundprinzipien

Genossenschaftlicher Ursprung

Die Raiffeisenbanken entstanden aus der von Friedrich Wilhelm Raiffeisen im 19. Jahrhundert initiierten Genossenschaftsbewegung. Das Ziel war die Förderung der wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dieses Prinzip ist bis heute in der rechtlichen Gestaltung der Raiffeisenbanken fest verankert.

Selbsthilfe, Selbstverwaltung, Selbstverantwortung

Im Zentrum steht das Dreisäulenkonzept – Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung -, das rechtlich und organisatorisch in der Satzung sowie in der täglichen Geschäftspraxis der Raiffeisenbanken umgesetzt wird.


Rechtliche Grundlagen der Raiffeisenbank

Zentrale Rechtsnormen

Genossenschaftsgesetz (GenG)

Die wichtigste Rechtsgrundlage für Raiffeisenbanken bildet das Genossenschaftsgesetz (GenG). Es definiert die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft (eG) und regelt Gründung, Organisation und Haftung.

Kreditwesengesetz (KWG)

Als Kreditinstitut unterliegt jede Raiffeisenbank zudem dem Kreditwesengesetz (KWG). Es enthält Anforderungen an die Zulassung, Eigenkapitalausstattung, Liquidität sowie an Geschäftsführung und Aufsicht.

Weitere relevante Rechtsquellen

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – insbesondere im Hinblick auf Mitgliedschaftsrechte und -pflichten
  • Handelsgesetzbuch (HGB) – Anforderungen an Buchführung und Jahresabschluss
  • Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) – bei Wertpapierdienstleistungen

Rechtsform und Organisation

Eingetragene Genossenschaft (eG)

Rechtlich firmieren Raiffeisenbanken als eingetragene Genossenschaft (eG). Die Genossenschaft ist eine juristische Person (§ 17 GenG) und wird durch ihre Organe vertreten.

Organe der Raiffeisenbank

  • Vorstand: Leitungsorgan, verantwortlich für die Geschäftsführung (§§ 27 ff. GenG)
  • Aufsichtsrat: Kontrollorgan, überwacht den Vorstand (§§ 36 ff. GenG)
  • General- oder Vertreterversammlung: Höchstes Organ, bestehend aus den Mitgliedern oder deren gewählten Vertretern (§ 43 GenG)

Haftung

Die Haftung der Mitglieder ist im Genossenschaftsgesetz geregelt. In der Regel haften die Mitglieder einer Raiffeisenbank nur mit ihrer Geschäftsanteilseinlage, nach Maßgabe der Satzung eventuell auch mit einem Nachschuss.


Zulassung und Aufsicht

BaFin und Bundesbank

Für die Geschäftstätigkeit als Bank ist eine Zulassung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erforderlich. Die fortlaufende Aufsicht erfolgt gemeinsam durch die BaFin und die Deutsche Bundesbank auf Grundlage des KWG.

Prüfungsverband

Raiffeisenbanken sind verpflichtet, Mitglied eines genossenschaftlichen Prüfungsverbandes zu sein (§ 53 GenG). Dieser führt die gesetzlich geforderten Prüfungen durch und überwacht die ordnungsgemäße Geschäftsführung und wirtschaftliche Lage.


Geschäftstätigkeit und Geschäftsarten

Bankgeschäfte

Raiffeisenbanken dürfen sämtliche nach dem KWG zulässigen Bankgeschäfte erbringen. Hierzu zählen unter anderem:

  • Einlagen- und Kreditgeschäft
  • Zahlungsverkehr
  • Wertpapierdienstleistungen
  • Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen

Regionalprinzip

Viele Raiffeisenbanken operieren nach dem Regionalprinzip, was rechtlich in der Satzung und geschäftlichen Ausrichtung Berücksichtigung findet.


Mitgliedschaft und Mitgliedsrechte

Erwerb der Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft entsteht durch Abschluss einer Beitrittserklärung und Annahme durch die Raiffeisenbank. Die rechtlichen Grundlagen hierzu finden sich in §§ 15 ff. GenG und der jeweiligen Satzung.

Rechte und Pflichten der Mitglieder

Mitglieder haben Rechte wie das Stimmrecht in der Generalversammlung, Auskunfts- und Teilhaberechte sowie Ansprüche auf Gewinnbeteiligung gemäß Satzung. Zu den Pflichten zählen insbesondere die Einzahlung der Geschäftsanteile und die Einhaltung der Satzungsbestimmungen.


Insolvenzrechtliche Besonderheiten

Im Fall einer Insolvenz gelten die besonderen Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO) sowie die Vorgaben aus dem Genossenschaftsgesetz. Im Regelfall entspricht die Haftung der Mitglieder der Beteiligung am Genossenschaftskapital; eine erweiterte Nachschusspflicht ist nur satzungsgemäß möglich.


Einlagensicherung und Institutssicherung

Gesetzliche Einlagensicherung

Raiffeisenbanken unterliegen der gesetzlichen Einlagensicherung nach dem Gesetz über die Entschädigung von Einlagen und Anlegern (EinSiG).

Institutssicherung der Genossenschaftlichen FinanzGruppe

Zudem existiert ein institutsbezogenes Sicherungssystem, das speziell für genossenschaftliche Banken wie die Raiffeisenbanken gilt und über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht.


Steuerliche Aspekte

Raiffeisenbanken sind körperschaftsteuerpflichtig. Einkünfte aus der Geschäftstätigkeit unterliegen der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und gegebenenfalls der Umsatzsteuer – jeweils nach den allgemeinen Regeln für Kreditinstitute.


Zusammenfassung

Die Raiffeisenbank ist ein genossenschaftlich organisiertes Kreditinstitut mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie unterliegt umfangreichen gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen, die sich aus dem Genossenschaftsgesetz, dem Kreditwesengesetz sowie einer Vielzahl weiterer Rechtsnormen ergeben. Die Mitgliedschaft, die Organisation in der Rechtsform der eG sowie der besondere Förderauftrag prägen die rechtliche Stellung der Raiffeisenbank im deutschen Kreditwesen maßgeblich.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Grundlagen gelten für die Organisation von Raiffeisenbanken in Deutschland?

Raiffeisenbanken unterliegen in Deutschland vorrangig dem Genossenschaftsgesetz (GenG), das die rechtlichen Rahmenbedingungen für eingetragene Genossenschaften (eG) vorgibt. Gemäß § 1 GenG sind Genossenschaften rechtsfähige Gesellschaften, die primär der Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb dienen. Darüber hinaus sind Raiffeisenbanken als Kreditinstitute auch dem Kreditwesengesetz (KWG) unterworfen, welches die Zulassung, Beaufsichtigung und laufende Kontrolle von Banken regelt. Auch gelten umfangreiche Regelungen zur Einlagensicherung gemäß dem Einlagensicherungsgesetz (EinSiG). Außerdem sind sie im Sinne des Bankwesens auch von Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), insbesondere im Hinblick auf Vertragsrecht und Haftungsfragen, betroffen. Nicht zuletzt sind Raiffeisenbanken verpflichtet, die Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung (Geldwäschegesetz – GwG) sowie europäische Vorgaben zur Regulierung des Bankensektors einzuhalten. Die Einhaltung dieser rechtlichen Grundlagen wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Deutschen Bundesbank überwacht.

Welche Besonderheiten ergeben sich für die Haftung bei Raiffeisenbanken?

Die Haftung von Raiffeisenbanken ist ihrer Rechtsform als eingetragene Genossenschaft geschuldet. Nach § 17 Abs. 2 GenG haftet die Genossenschaft für ihre Verbindlichkeiten nur mit dem Genossenschaftsvermögen. Die gesetzliche Nachschusspflicht der Mitglieder wurde bereits 1973 abgeschafft, sodass die Mitglieder der Raiffeisenbank grundsätzlich nicht mit ihrem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haften. Eine Ausnahme bildet die individuelle Satzungsregelung, die eine Nachschusspflicht wieder einführen könnte, die aber im Bankensektor praktisch bedeutungslos ist. Im Insolvenzfall sind Mitglieder also vor direkter finanzieller Inanspruchnahme geschützt. Allerdings haften Organmitglieder (Vorstand, Aufsichtsrat) im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht und gemäß § 34 GenG persönlich, wenn sie schuldhaft gegen gesetzliche oder satzungsmäßige Pflichten verstoßen und der Genossenschaft dadurch ein Schaden entsteht.

Welche Mitbestimmungsrechte haben Mitglieder einer Raiffeisenbank aus rechtlicher Sicht?

Mitglieder einer Raiffeisenbank verfügen laut Genossenschaftsgesetz über weitreichende Mitbestimmungsrechte. Gemäß § 43 GenG bilden die Mitglieder die Generalversammlung, welche das höchste Organ der Genossenschaft darstellt. Dort werden grundlegende Entscheidungen wie die Wahl des Aufsichtsrats, Satzungsänderungen, Fusionen oder die Verwendung von Jahresüberschüssen getroffen. Jedes Mitglied hat grundsätzlich eine Stimme (§ 43 Abs. 3 GenG) – unabhängig von der Höhe seiner Geschäftsanteile, um eine demokratische Willensbildung zu gewährleisten. Weitere Rechte ergeben sich aus der Satzung der jeweiligen Raiffeisenbank und können beispielsweise das Vorschlagsrecht für die Tagesordnung oder die Einberufung einer außerordentlichen Versammlung umfassen. Überwachung der Organe, Einblicks- und Auskunftsrechte sowie das Recht zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat sind weitere wesentliche Mitbestimmungsoptionen.

Wie werden Raiffeisenbanken nach deutschem Recht beaufsichtigt?

Die Beaufsichtigung von Raiffeisenbanken erfolgt nach den Vorgaben des KWG durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Deutsche Bundesbank, welche die Einhaltung bankaufsichtsrechtlicher Vorgaben wie Mindestkapitalanforderungen, Liquiditätsvorschriften und Meldepflichten kontrollieren. Überdies sind Raiffeisenbanken Mitglieder im Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), welcher mit einem eigenen Einlagensicherungssystem (BVR Institutssicherung) weitere Kontrollmechanismen etabliert hat. Die genossenschaftsrechtliche Pflichtprüfung (§ 53 GenG) findet jährlich durch einen genossenschaftlichen Prüfungsverband statt, der umfassend die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung prüft. Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorgaben können mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen wie Bußgeldern, Verwarnungen oder sogar dem Entzug der Banklizenz geahndet werden.

Welche Anforderungen gelten an die Führungskräfte von Raiffeisenbanken?

Für die Geschäftsleiter (Vorstände) von Raiffeisenbanken bestehen strenge gesetzliche Anforderungen gemäß § 25c KWG. Die Vorstände müssen zuverlässig sein und über die fachliche Eignung („Sachkunde“) verfügen, die für eine ordnungsgemäße Führung eines Kreditinstituts notwendig ist. Die Bestellung von Vorstandsmitgliedern muss der BaFin angezeigt werden, die deren Zuverlässigkeit und Fachkompetenz überprüft. Zudem fordert das Genossenschaftsgesetz, dass die Bestellung und Abberufung des Vorstandes durch den Aufsichtsrat erfolgt (§ 24 GenG) und legt explizit Pflichten für eine gewissenhafte Geschäftsführung fest (§ 34 GenG). Bei Verstößen können nicht nur arbeitsrechtliche, sondern auch zivil- und strafrechtliche Konsequenzen drohen, etwa Schadenersatzpflicht oder Freiheitsstrafe bei schweren Pflichtverletzungen.

Wie ist der Datenschutz bei Raiffeisenbanken gesetzlich geregelt?

Raiffeisenbanken müssen die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) umsetzen. Dabei sind sie verpflichtet, personenbezogene Daten ihrer Mitglieder und Kunden vertraulich zu behandeln, technisch-organisatorische Maßnahmen zum Datenschutz zu treffen und Betroffenenrechte (z.B. Auskunft, Löschung, Berichtigung) streng einzuhalten. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten ist nur erlaubt, wenn eine gesetzliche Grundlage vorliegt oder eine Einwilligung erteilt wurde. Zusätzlich bestehen spezifische bankrechtliche Regelungen zum Bankgeheimnis, das im Gegensatz zu früher nicht mehr ausdrücklich geregelt, aber über das Datenschutzrecht, das Vertragsrecht und die Geschäftsanstandsregeln fortwirkt. Bei Verstößen gegen Datenschutzbestimmungen drohen erhebliche Bußgelder und Haftungsrisiken.