Begriff und Definition: Pressevergehen
Ein Pressevergehen ist eine rechtswidrige Handlung, die unter Einsatz eines Presseorgans bzw. im Rahmen der Presseberichterstattung begangen wird und die einschlägige Straf-, Ordnungswidrigkeiten- oder zivilrechtliche Vorschriften verletzt. Sie umfassen insbesondere Verstöße gegen allgemeine Strafgesetze, presserechtliche Spezialvorschriften sowie Persönlichkeitsrechte im Zusammenhang mit der Veröffentlichung, Verbreitung oder Herstellung von Presseerzeugnissen. Dabei haben Pressevergehen eine hohe praktische Relevanz für das Verhältnis von Pressefreiheit und Persönlichkeitsschutz. Üblicherweise finden sich Vorschriften zu Pressevergehen in Pressegesetzen, dem Strafgesetzbuch (StGB) sowie weiteren spezialgesetzlichen Bestimmungen.
Rechtliche Einordnung von Pressevergehen
Allgemeiner Rahmen
Pressevergehen sind keine eigenständige Deliktskategorie, sondern beschreiben solche Tathandlungen, bei denen eine Straftat oder Rechtsverletzung mittels Presse ausgeführt wird. Die Besonderheit liegt darin, dass als Tatmittel die öffentliche Mitteilung mittels Druckwerkes, Onlinemediums oder eines anderen Presseprodukts genutzt wird.
In Deutschland bestimmt das Grundgesetz in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die Pressefreiheit als ein besonders geschütztes Grundrecht. Allerdings findet diese Freiheit ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen sowie im Recht der persönlichen Ehre und den Vorschriften zum Jugendschutz (Art. 5 Abs. 2 GG). Pressevergehen bezeichnen die Umstände, in denen die Grenze rechtmäßiger Berichterstattung überschritten wird.
Abgrenzung zu anderen Verletzungsformen
Ein Pressevergehen unterscheidet sich von einer einfachen Presserechtsverletzung dadurch, dass ein rechtsverbindlich geregeltes Unrecht vorliegt, welches von Gerichten verfolgt und sanktioniert wird. Gegenüber bloßen Ordnungswidrigkeiten kommt es im Pressebereich insbesondere auf die Schutzgüter wie individuelle Ehre, Datenschutz oder staatliche Geheimhaltung an.
Arten von Pressevergehen
Verletzung von Persönlichkeitsrechten
Pressevergehen werden häufig im Zusammenhang mit Persönlichkeitsrechtsverletzungen begangen. Hierbei stehen die folgenden Deliktformen im Vordergrund:
Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) und Verleumdung (§ 187 StGB)
Die rechtswidrige Veröffentlichung ehrverletzender Inhalte stellt eine zentrale Form des Pressevergehens dar. Werden Tatsachen oder Bewertungen in der Presse verbreitet, die den Tatbestand der Beleidigung, üblen Nachrede oder Verleumdung erfüllen, ist regelmäßig ein Pressevergehen anzunehmen.
Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs (§ 201a StGB)
Auch das öffentliche Zurschaustellen von Bildnissen, die dem höchstpersönlichen Lebensbereich zuzuordnen sind, kann ein Pressevergehen begründen. Gleiches gilt für Aufnahmen, die ohne Einwilligung Betroffener erstellt und verbreitet werden.
Verletzung des Rechts am eigenen Bild (§§ 22, 23 Kunsturhebergesetz)
Das Veröffentlichen von Fotos ohne Einwilligung der abgebildeten Person erfüllt unter Umständen ein Pressevergehen nach dem Kunsturhebergesetz (KUG), welches das Bildnisschutzrecht normiert.
Verstoß gegen das Datenschutzrecht
Durch Presseveröffentlichungen können personenbezogene Daten unrechtmäßig offengelegt werden. Hierbei sind insbesondere Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) relevant. Die Veröffentlichung sensibler oder strafrechtlich relevanter Daten ohne Rechtsgrundlage kann einen Datenschutzverstoß und somit ein Pressevergehen darstellen.
Verletzung von Urheberrechten
Die Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Werke ohne Zustimmung der Rechteinhaber verletzt das Urheberrecht. Werden beispielsweise Texte, Fotografien oder andere Werke unzulässig verbreitet, liegt ein pressebezogenes Urheberrechtsvergehen vor.
Schutz von Geschäftsgeheimnissen und Staatsgeheimnissen
Das Strafgesetzbuch sieht mit § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) und §§ 93 ff. StGB (Landesverrat, Gefährdung von Staatsgeheimnissen) besonders geschützte Geheimhaltungsinteressen vor. Werden solche Geheimnisse unberechtigt über die Presse publik gemacht, kann zusätzlich zu anderen Rechtsverstößen ein Pressevergehen vorliegen.
Jugendschutz und Mediengesetzgebung
Pressevergehen erfassen zudem die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (§ 184 StGB) und Inhalte, die gegen das Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) oder Strafvorschriften des Gesetzes zum Schutz vor jugendgefährdenden Medien verstoßen.
Straf- und Bußgeldvorschriften für Pressevergehen
Strafrechtliche Folgen
Im Strafrecht unterliegen Pressevergehen in der Regel den allgemeinen Strafvorschriften, die im Zusammenhang mit einem Presseprodukt umgesetzt werden. Dabei gelten die Grundsätze der Täter- und Teilnehmerhaftung entsprechend. Zuständig für die Verfolgung ist regelmäßig die Staatsanwaltschaft. Vorschriften über presserechtliche Mitverantwortlichkeit, wie sie in den Landespressegesetzen zu finden sind, können die Verantwortlichkeit von Herausgebern, Redakteuren oder Druckern erweitern.
Ordnungswidrigkeiten und zivilrechtliche Ansprüche
Neben strafrechtlichen Folgen kommen auch Bußgelder oder Unterlassungsansprüche in Betracht. Durch Pressevergehen verletzte Personen können zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz oder Widerruf der falschen Information geltend machen.
Verantwortlichkeit nach den Landespressegesetzen
Die Landespressegesetze der deutschen Bundesländer bestimmen, wer im Falle eines Pressevergehens haftungsrechtlich und strafrechtlich belangt wird. Üblicherweise sind dies:
- Der Verfasser des Beitrags
- Der verantwortliche Redakteur gemäß Impressumspflicht
- Der Herausgeber und/oder Verleger
- Im Einzelfall der Drucker
Die konkreten Haftungstatbestände richten sich nach dem jeweiligen Landesrecht.
Besonderheiten im Presserechtlichen Strafverfahren
Bei der strafrechtlichen Verfolgung von Pressevergehen finden teils besondere Regeln Anwendung:
- Das Beschlagnahmeverbot von Druckwerken gemäß § 97 StPO schützt die Pressefreiheit in besonderem Maße.
- Die Pressetätigkeit wird im Rahmen der Ermittlungen durch den grundsätzlichen Quellenschutz und Zeugnisverweigerungsrechte privilegiert, siehe § 53 StPO.
Abgrenzung zu anderen Kommunikationsdelikten
Nicht jeder Verstoß im Bereich der Medienkommunikation stellt automatisch ein Pressevergehen dar. So gelten für reine Online-Kommunikation, Rundfunk, Film oder soziale Netzwerke teils andere Regelungen, beispielsweise aus dem Telemediengesetz (TMG), dem Medienstaatsvertrag oder spezialgesetzlichen Vorschriften außerhalb des Presserechts.
Entwicklungsgeschichte und aktuelle Herausforderungen
Durch die Digitalisierung und die Verlagerung der Presseberichterstattung ins Internet sind die rechtlichen Maßstäbe für Pressevergehen zunehmend komplexer geworden. Fragen der Verantwortlichkeit, Haftung und Rechtsdurchsetzung stellen sich insbesondere bei grenzüberschreitender Berichterstattung und Online-Publikationen mit internationalem Bezug.
Zusammenfassung
Pressevergehen bezeichnen rechtswidrige Tathandlungen im Zusammenhang mit Veröffentlichungen in der Presse und unterliegen einem ausdifferenzierten Zusammenspiel von Grundrechten, Strafgesetzen und zivilrechtlichen Normen. Sie bilden den Schnittbereich zwischen Pressefreiheit und ihren rechtlichen Schranken. Die genaue rechtliche Bewertung hängt von Tatbestand, Medium, Individualinteresse und den besonderen Vorschriften im deutschen Presserecht ab. Die fortschreitende Digitalisierung und globalisierte Verbreitung von Presseerzeugnissen stellen die Rechtsanwendung bei Pressevergehen vor neue Herausforderungen.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei einem Pressevergehen?
Ein Pressevergehen kann nach deutschem Recht unterschiedliche strafrechtliche oder zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen, abhängig von der Schwere und Art der Tat. Handelt es sich etwa um eine Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB) durch die Presse, drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen, wobei insbesondere der § 193 StGB den privilegierten Schutz journalistischer Kritik regelt. Zusätzlich kann das Strafgesetzbuch (StGB) bei Veröffentlichungen staatsgefährdender Inhalte (z. B. § 94 ff. StGB – Landesverrat) einschlägig sein. Im Zivilrecht stehen insbesondere Unterlassungsansprüche, Anspruch auf Widerruf, Gegendarstellung und Schadensersatz im Raum. Verstoßen Publikationen gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) oder verletzen das Urheberrecht (UrhG), können Geschädigte zivilrechtliche Schritte einleiten, etwa mittels einstweiliger Verfügungen. Außerdem greift das Presserecht diverser Bundesländer, das Verfahrensregeln und besondere Auskunftsrechte regelt.
Wer haftet rechtlich für Pressevergehen – Autoren, Herausgeber oder das Medium?
Die Haftung für Pressevergehen verteilt sich je nach Einzelfall und Delikt auf mehrere Akteure. Grundsätzlich haften zunächst die unmittelbaren Verfasser der rechtswidrigen Inhalte, also die Autoren oder verantwortlichen Redakteure. Nach § 7 des Landespressegesetzes (vgl. etwa das Landespressegesetz NRW) ist darüber hinaus die sog. „Verantwortliche Person“ (meist Chefredakteur oder Herausgeber) zur Rechenschaft zu ziehen, sofern die Veröffentlichung im Rahmen ihrer Tätigkeit erfolgt. Juristische Personen oder Unternehmen, also die Medien selbst (z. B. Zeitungsverlag), haften daneben als Störer im Zivilrecht (§ 1004 BGB analog) und als Betreiber der Veröffentlichung. Im Internetbereich kommt bei Telemedien zusätzlich die Anwendung des Telemediengesetzes (TMG) infrage, das besondere Verantwortlichkeiten für Betreiber und Host-Provider kennt.
Welche Verjährungsfristen gelten bei Pressevergehen?
Pressevergehen unterliegen je nach Anspruch unterschiedlichen Verjährungsfristen. Strafrechtlich gelten allgemeine Fristen gemäß § 78 StGB – nach der Höhe der drohenden Strafe richtet sich die Verjährung, z. B. bei Beleidigung nach drei Jahren. Im Zivilrecht greifen im Regelfall die §§ 195, 199 BGB: Schadensersatzansprüche und Unterlassungsansprüche verjähren in drei Jahren ab Kenntnis von Anspruch und Schuldner. Presserechtliche Ansprüche wie Gegendarstellung und Widerruf unterliegen jedoch oft viel kürzeren Ausschlussfristen, die in den Landespressegesetzen geregelt sind und meist bei nur wenigen Wochen nach Veröffentlichung beziehungsweise Kenntnis liegen.
Wie wird ein Pressevergehen rechtlich verfolgt?
Die Verfolgung von Pressevergehen kann sowohl durch Privatpersonen (Privatklage oder Zivilklage) als auch von Amts wegen durch staatliche Ermittlungsbehörden erfolgen, abhängig von der Art der Verletzung. Für strafrechtliche Tatbestände ist i.d.R. eine Strafanzeige des Geschädigten notwendig, es sei denn, es handelt sich um Offizialdelikte. Die Staatsanwaltschaft prüft den Anfangsverdacht, leitet Ermittlungen ein und entscheidet über Anklage. Zivilrechtliche Ansprüche werden im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten durchgesetzt. Oft wird zunächst außergerichtlich eine Abmahnung, Löschung oder Unterlassung des Beitrags gefordert. In Eilfällen kann eine einstweilige Verfügung beantragt werden.
Gibt es Ausnahmen vom strafrechtlichen Schutz, beispielsweise durch die Pressefreiheit?
Die Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG stellt ein hohes Gut dar und findet im Bereich des Presserechts Anwendung als Schranke für die Anwendung allgemeiner Gesetze. Allerdings ist die Pressefreiheit nicht absolut. Sie findet ihre Grenzen dort, wo sie mit anderen Rechtsgütern – wie dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, dem Schutz der Jugend oder der öffentlichen Sicherheit – kollidiert. Grundsätzlich besteht bei berechtigtem öffentlichen Informationsinteresse ein erhöhter Schutz für Presseprodukte, was sich z. B. in der privilegierten Stellung des § 193 StGB bei Werturteilen zeigt. Dennoch unterliegen Journalisten und Medienanbieter den allgemeinen Gesetzen und können bei Überschreitung der rechtlich zugelassenen Grenzen für Pressevergehen belangt werden.
Welche Rolle spielen Gegendarstellung und Widerruf bei Pressevergehen?
Bei pressebezogenen Rechtsverstößen spielen Gegendarstellung und Widerruf entscheidende Rollen, insbesondere im Persönlichkeitsrechtsschutz. Die Gegendarstellung ist im Presserecht der Bundesländer geregelt und gewährt Betroffenen das Recht, in derselben Publikation eine Entgegnung veröffentlichen zu lassen, falls durch Tatsachenbehauptungen ihre Rechte verletzt wurden. Der Anspruch auf Gegendarstellung ist unabhängig von der Wahrheit der Ursprungsbehauptung und an strenge Fristen sowie Formvorschriften gebunden. Der Widerruf hingegen setzt voraus, dass die ursprünglichen Angaben nachweislich unwahr waren und ein erhebliches Rehabilitationsinteresse des Betroffenen besteht. Beide Instrumente dienen der nachträglichen Korrektur und Minderung immaterieller Schäden, stehen neben – nicht anstatt – weiteren Ansprüchen wie Schadensersatz und Unterlassung.
Kann ein Pressevergehen im Internet anders behandelt werden als in Printmedien?
Rechtlich werden Veröffentlichungen im Internet grundsätzlich wie jene in Printmedien behandelt, was Straftatbestände oder zivilrechtliche Ansprüche angeht; doch gibt es Besonderheiten im Telemedienrecht (TMG) und beim internationalen Presserecht. Haftungsfragen können sich differenzierter gestalten, insbesondere bezüglich Host- und Content-Provider (siehe TMG §§ 7 ff.). Aufgrund der leichten Abrufbarkeit weltweit können zudem internationale Zuständigkeiten und Rechtsordnungen tangiert sein. Löschungsansprüche („Recht auf Vergessenwerden“) und gerichtliche Verfügungen können im Netz zudem weniger effektiv durchgesetzt werden als im klassischen Printbereich.
Was ist bei der Berichterstattung über Straftaten und Verdächtige besonders zu beachten?
Wenn die Presse über Straftaten oder Verdächtige berichtet, müssen strenge rechtliche Vorgaben zum Schutz der Persönlichkeitsrechte, der Unschuldsvermutung und ggf. der Rechte von Opfern beachtet werden. Die Namensnennung von Verdächtigen oder deren bildliche Darstellung ist in der Regel nur ausnahmsweise und bei überwiegendem öffentlichen Interesse zulässig. Maßgeblich sind § 12 StGB (Unschuldsvermutung), Art. 1 und 2 GG (Menschenwürde, Persönlichkeitsrecht) sowie die presserechtliche Berichterstattungspflicht zur wahrheitsgemäßen und sorgfältigen Recherche. Fehlerhafte, vorverurteilende oder stigmatisierende Darstellungen können gravierende Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche auslösen. Journalisten sind zur Einhaltung der publizistischen Sorgfalt (Pressekodex) verpflichtet und müssen auch nach Einstellung von Ermittlungsverfahren für eine Korrektur oder Entfernung sorgen.