Begriff und Definition von Parol
Der Begriff Parol entstammt dem französischen und lateinischen Sprachraum (französisch: parole, lateinisch parabola = Gespräch, Wort, Ausspruch) und besitzt im Rechtswesen verschiedene, kontextspezifische Bedeutungen. Grundsätzlich beschreibt Parol eine mündliche Äußerung oder Absprache im Gegensatz zur schriftlichen Niederlegung. Im deutschen Recht findet der Begriff als feststehender Terminus nur selten unmittelbare Anwendung, hingegen ist er im angloamerikanischen Rechtskreis, insbesondere im Common Law, von erheblicher rechtlicher Relevanz.
Nachfolgend werden die unterschiedlichen rechtlichen Ausprägungen und Anwendungsbereiche des Begriffs Parol sowohl im deutschen als auch im internationalen Recht aufgeführt und erläutert.
Parol im deutschen Recht
Allgemeine Bedeutung
Im deutschen Recht wird mit Parol in erster Linie die mündliche Willenserklärung, das heißt das gesprochene Wort, bezeichnet. Hierbei handelt es sich um rechtlich relevante Erklärungen, die nicht schriftlich fixiert, sondern durch verbale Kommunikation oder konkludentes Handeln zum Ausdruck gebracht werden.
Relevanz mündlicher Absprachen
Das deutsche Vertragsrecht folgt grundsätzlich dem Grundsatz der Formfreiheit (§ 125 BGB), wonach Verträge und sonstige Willenserklärungen formfrei – demnach auch mündlich – geschlossen werden können, sofern nicht gesetzlich eine bestimmte Form (z.B. Schriftform, notarielle Beurkundung) vorgeschrieben ist. Mündliche Abreden (Parol) sind demnach grundsätzlich rechtsverbindlich; sie können Beweisprobleme mit sich bringen, da im Streitfall der Nachweis der getroffenen Vereinbarungen erschwert ist. In bestimmten Bereichen (z.B. Grundstücksgeschäften, Bürgschaften) erfordert das Gesetz jedoch ausdrücklich Schriftform oder notarielle Beurkundung, sodass Parol-Erklärungen in solchen Fällen keine Rechtswirksamkeit entfalten oder lediglich eine sog. Naturalobligation begründen.
Parol als Gegenbegriff zur Urkunde
Im Beweisrecht steht Parol als Antonym zur Urkunde. Kommt es zu Beweisaufnahmen, sind Parol-Aussagen regelmäßig durch Zeugenbeweis zu erbringen, während schriftliche Vereinbarungen durch Urkundsvorlage belegt werden. In der Praxis hat dies insbesondere im Zusammenhang mit dem sogenannten „Vier-Augen-Prinzip“ sowie dem Urkundsbeweis Bedeutung.
Parol im angloamerikanischen Rechtskreis (Common Law)
Die Bedeutung von Parol im Common Law
Im Common Law, insbesondere im englischen und US-amerikanischen Recht, findet der Parol-Begriff spezielle Anwendung. Er beschreibt einerseits mündliche Vereinbarungen, die neben oder außerhalb eines schriftlichen Vertrags stehen, und andererseits die dazugehörige Parol Evidence Rule.
Parol Evidence Rule
Die Parol Evidence Rule ist eine bedeutende Beweisregel des Common Law. Nach dieser Regel dürfen bei der Auslegung eines schriftlichen Vertrags grundsätzlich keine außerhalb des Schriftstücks getroffenen mündlichen oder früheren schriftlichen Nebenabreden (Parol Evidence) zum Nachweis des Inhalts des Vertrags herangezogen werden. Ziel dieser Regel ist die Rechtssicherheit und -klarheit, indem der Inhalt eines schriftlichen Vertrags als abschließend verbindlich festgelegt wird.
Ausnahmen von der Parol Evidence Rule
Es existieren zahlreiche Ausnahmen von der Parol Evidence Rule. Parol Evidence ist zulässig, wenn:
- der schriftliche Vertrag lückenhaft oder unvollständig ist (partial integration),
- nachträgliche Abreden (subsequent agreements) getroffen wurden,
- Vorliegen von Fehlern, Täuschung oder Irrtum belegt werden sollen,
- die Vertragsparteien unterschiedlichen Bindungswillen bezüglich bestimmter Klauseln hatten,
- ein Nachweis erbracht werden soll, dass der Vertrag schwebend unwirksam ist.
Diese Ausnahmen dienen dazu, einerseits den Schutz der Vertragstreue zu gewährleisten, andererseits aber auch der materiellen Gerechtigkeit Rechnung zu tragen.
Parol Contract
Als Parol Contract wird im angloamerikanischen Rechtsraum jeder Vertrag bezeichnet, der nicht schriftlich abgeschlossen, sondern ausschließlich mündlich oder durch schlüssiges Handeln (konkludent) zustande gekommen ist. Solche Verträge sind, mit Ausnahme bestimmter formbedürftiger Geschäfte (z.B. Grundstückskauf), voll wirksam, können jedoch im Streitfall beweisrechtliche Schwierigkeiten bergen.
Rechtsvergleich – Parol im internationalen Kontext
Deutsche und angloamerikanische Rechtsordnung im Vergleich
Während der Begriff Parol im deutschen Recht eher die Ausnahme darstellt – zugunsten des umfassenden Begriffs der Willenserklärung – besitzt er im angloamerikanischen Rechtskreis zentrale Bedeutung für die Abgrenzung und den Beweis von Vertragsinhalten. Die Parol Evidence Rule ist ein wichtiger Bestandteil der Vertragsauslegung und verfolgt das Ziel, Rechtssicherheit durch Schriftform zu gewährleisten und vor unbefugter Ausdehnung von Verträgen zu schützen.
Im Gegensatz hierzu steht im deutschen Recht die Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB, wonach auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände durch Auslegung Berücksichtigung finden können, sofern kein Schriftformerfordernis besteht.
Bedeutung für grenzüberschreitende Vertragsverhältnisse
In internationalen Vertragsverhältnissen, insbesondere bei Verträgen zwischen Parteien aus dem deutschen und angloamerikanischen Rechtsraum, kommt der Beachtung der unterschiedlichen Regelungskonzepte besondere Bedeutung zu. Die jeweilige Geltung und Verständlichkeit von Parol Evidence und Parol Contracts sollte in internationalen Verträgen ausdrücklich geregelt werden, um Auslegungskonflikte und Beweisprobleme zu vermeiden.
Zusammenfassung und praktische Relevanz
Der Begriff Parol bezeichnet im Recht allgemein das gesprochene, nicht schriftlich niedergelegte Wort. Während Parol im deutschen Recht vor allem als Synonym für mündliche Erklärungen und Absprachen verstanden wird, bildet er im Common Law einen wichtigen Fachbegriff im Zusammenhang mit der Parol Evidence Rule und Parol Contracts. Die unterschiedlichen rechtsdogmatischen Herangehensweisen verlangen insbesondere im internationalen Geschäftsverkehr erhöhte Sorgfalt bei der Vertragsgestaltung und -auslegung. Entscheidend ist, dass mündliche Abreden (Parol) grundsätzlich rechtsverbindlich sein können, jedoch unter Beweisproblemen, Formvorschriften und geprüften Ausnahmen stehen.
Siehe auch:
- Schriftform
- Vertragsrecht
- Beweisrecht
- Auslegung von Verträgen
Literatur:
- Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, aktuelle Auflage.
- Trimble, A., The Parol Evidence Rule, Oxford 2019.
- Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 19. Auflage.
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Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Parol im deutschen Recht zulässig ist?
Im deutschen Recht ist die Parol, also die vorzeitige Haftentlassung auf Bewährung, an enge gesetzliche Voraussetzungen geknüpft. Maßgeblich geregelt ist sie im Strafgesetzbuch (StGB), insbesondere in den §§ 57 ff. Demnach kann ein Strafgefangener auf Antrag nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung entlassen werden; bei Vorliegen besonderer Umstände kann eine Entlassung sogar bereits nach der Hälfte der Strafzeit erfolgen. Diese vorzeitige Entlassung ist jedoch nur möglich, wenn das Gericht nach umfassender Prüfung davon überzeugt ist, dass keine Gefahr besteht, dass der Verurteilte erneut Straftaten begehen wird (sog. Legalprognose). Es müssen zudem die Persönlichkeit des Gefangenen, sein Verhalten im Strafvollzug, seine Lebensverhältnisse sowie das Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Straftatenbekämpfung berücksichtigt werden. Eine Entlassung zur Bewährung ist auch ausgeschlossen, wenn zwingende gesetzliche Ausschlussgründe, wie etwa eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne weitere gerichtliche Feststellung der besonderen Schwere der Schuld oder Maßnahmen nach dem Jugendstrafrecht, vorliegen.
Welche Rolle spielt die Bewährungszeit bei der Parol, und wie wird sie festgelegt?
Die Bewährungszeit ist der Zeitraum, für den die vorzeitig auf Bewährung entlassene Person ihre Freiheit unter behördlicher Kontrolle, jedoch außerhalb des Vollzugs der Freiheitsstrafe, verbringen darf. Das Gericht setzt die Dauer der Bewährungszeit im Rahmen der Parol fest, wobei diese mindestens zwei und höchstens fünf Jahre betragen muss (§ 57a Abs. 2 StGB). Innerhalb dieses Zeitrahmens wird die Länge individuell an den Verurteilten und die Besonderheiten des Einzelfalls angepasst. Während der Bewährungszeit muss der Entlassene bestimmte Auflagen und Weisungen befolgen, die das Gericht ebenfalls individuell, unter Berücksichtigung etwaiger Gefahren und Reintegrationschancen, anordnet. Kommt es in dieser Zeit zu einem Bewährungsverstoß, kann die Bewährung widerrufen und die restliche Strafe vollstreckt werden.
Welche Auflagen und Weisungen kann das Gericht im Rahmen der Parol anordnen?
Im Rahmen der Parol hat das Gericht die Möglichkeit, dem Verurteilten entsprechende Weisungen und Auflagen zu erteilen, die eine erfolgreiche Resozialisierung und den Schutz der Allgemeinheit gewährleisten sollen. Nach § 56c und § 56d Abs. 2 StGB können solche Anordnungen beispielweise das Verbot des Aufenthalts an bestimmten Orten, die Verpflichtung zur Aufnahme einer Arbeit, die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz oder Schmerzensgeld oder das Gebot regelmäßiger Meldungen bei einem Bewährungshelfer umfassen. Häufig werden auch die Teilnahme an therapeutischen Maßnahmen oder an Suchtberatungsprogrammen angeordnet. Die Weisungen müssen geeignet sein, dem Zweck der Bewährung zu dienen, und dürfen den Verurteilten nicht unzumutbar belasten. Die Einhaltung der Auflagen und Weisungen wird durch die Bewährungshilfe überwacht.
Welche Folgen hat ein Verstoß gegen Auflagen oder Weisungen während der Parol?
Verstößt der auf Bewährung entlassene Straftäter gegen die ihm auferlegten Auflagen oder Weisungen, kann dies erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. Zunächst prüft das Gericht das Ausmaß und die Schwere des Verstoßes sowie die etwaigen Hintergründe. Bei geringfügigen oder erstmaligen Verstößen genügt es oft, eine Verwarnung auszusprechen oder neue bzw. verschärfte Auflagen zu erteilen. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Zuwiderhandlungen kann jedoch die Bewährung widerrufen werden (§ 56f StGB). In diesem Fall wird die Reststrafe wieder vollstreckt und der oder die Verurteilte muss die verbleibende Zeit der ursprünglich verhängten Freiheitsstrafe im Strafvollzug verbringen. Ein Bewährungswiderruf kommt insbesondere auch dann in Betracht, wenn der Entlassene während der Bewährungszeit erneut eine Straftat begeht.
Welche Bedeutung hat die Legalprognose für die Entscheidung über die Parol?
Die Legalprognose ist ein zentrales Kriterium für die Entscheidung über die Gewährung der Parol und stellt die gerichtliche Einschätzung dar, ob bei dem Verurteilten künftig mit weiteren Straftaten zu rechnen ist. Das Gericht stützt diese Prognose auf eine Vielzahl von Faktoren: die bisherige Straffälligkeit, das Verhalten während der Haft, eingetretene positive Veränderungen, Reue, Schuldeinsicht, soziale Bindungen sowie Perspektiven nach der Entlassung. Die Legalprognose wird regelmäßig auch durch Stellungnahmen von Sachverständigen, dem Vollzugsleiter oder dem Bewährungshelfer unterstützt. Fällt die Prognose negativ aus, ist eine Haftentlassung auf Bewährung nicht möglich, da der Schutz der Allgemeinheit Vorrang hat. Eine positive Prognose hingegen ist zwingende Voraussetzung und muss hinreichend begründet werden, um die vorzeitige Haftentlassung zu ermöglichen.
Welche Rechtsmittel stehen gegen die Entscheidung über Parol zur Verfügung?
Die Entscheidung des Gerichts über die Gewährung oder Versagung der Parol ist ein Beschluss, gegen den sowohl der Verurteilte als auch die Staatsanwaltschaft binnen einer Woche nach Bekanntgabe sofortige Beschwerde einlegen können (§ 463 StPO). Mit diesem Rechtsmittel kann die Überprüfung des Beschlusses durch eine höhere Instanz, in der Regel das Landgericht oder Oberlandesgericht, beantragt werden. Im Beschwerdeverfahren werden sowohl Verfahrensfehler als auch die Sachentscheidung selbst überprüft. Gegen die Entscheidung im Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kein weiteres Rechtsmittel zulässig. Lediglich in Ausnahmefällen kann eine weitere Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht erfolgen, wenn z. B. Grundrechte verletzt sein sollten.
Was geschieht, wenn Parol erneut beantragt wird, nachdem sie beim ersten Mal abgelehnt wurde?
Wird ein Antrag auf Parol abgelehnt, kann der Verurteilte nach Ablauf von sechs Monaten erneut einen Antrag stellen (§ 57 Abs. 5 StGB). Bei offensichtlichen Änderungen der maßgeblichen Umstände, wie z. B. bei nachhaltigen Verhaltensänderungen des Gefangenen oder bei Vorliegen neuer Entlassungsvoraussetzungen, kann bereits vor Ablauf dieser Frist ein erneuter Antrag möglich sein. Das Gericht prüft dann erneut, ob die Voraussetzungen der vorzeitigen Haftentlassung nunmehr vorliegen. Jeder wiederholte Antrag wird dabei eigenständig geprüft, wobei das Gericht insbesondere darauf achtet, ob zwischenzeitlich relevante Entwicklungen eingetreten sind, die eine erneute Entscheidung rechtfertigen.