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Originator


Begriff und Definition des Originator

Der Begriff „Originator“ bezeichnet im rechtlichen Kontext die natürliche oder juristische Person, die eine Forderung, einen Vermögenswert oder ein Recht originär schafft, erwirbt oder erstmals etabliert. Originators sind insbesondere im Rahmen von strukturierten Finanzierungen, der Verbriefung (Securitisation) und der Übertragung von Forderungen oder Rechten von zentraler Bedeutung. Im europäischen und internationalen Recht wird der Terminus oftmals synonym mit „Begründer“ oder „Ursprungsinhaber“ verwendet.

Rechtliche Einordnung des Originator

Originator im Kontext der Verbriefung

Im Bereich der Verbriefung (Securitisation) ist der Originator die Partei, die einen Pool von Vermögenswerten – zumeist Forderungen – generiert und diese zum Zweck der Kapitalbeschaffung an eine Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, kurz: SPV) verkauft. Die Zweckgesellschaft emittiert daraufhin Wertpapiere, die durch die zukünftigen Zahlungsströme der erworbenen Vermögenswerte gedeckt sind. Der Originator ist somit der Ausgangspunkt der Forderungskette.

Beispiel: Kreditverbriefung

Bei einer Kreditverbriefung, etwa von Hypothekendarlehen, ist die ursprüngliche Bank als Originator anzusehen, sofern sie die Kredite vergibt und diese anschließend gebündelt an eine Zweckgesellschaft verkauft.

Originator in anderen rechtlichen Zusammenhängen

Neben der Verbriefung kann der Originator auch in anderen Rechtsmaterien eine Rolle spielen, etwa bei folgenden Konstellationen:

  • Factoring: Das Unternehmen, das seine Forderungen verkauft, fungiert als Originator.
  • Forderungsabtretung (Zession): Der Zedent, der erstmals eine Forderung gegen einen Schuldner etabliert, ist rechtlich als Originator zu klassifizieren.
  • Urheberrecht: Im weiteren Sinn kann der Originator als Schöpfer eines geistigen Werkes verstanden werden, sofern dies im jeweiligen Rechtsrahmen vorgesehen ist.

Originator und Rechtspersönlichkeit

Der Originator kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person sein. Zu den häufigen Originatoren zählen Banken, Unternehmen, Versicherungen, Leasinggesellschaften und öffentliche Institutionen. Die Rechtsstellung des Originator unterscheidet sich je nach zugrunde liegendem Rechtsgeschäft und zugeschriebener Funktion.

Pflichten und Rechte des Originator

Der Originator ist regelmäßig verpflichtet, bei der Übertragung der Vermögenswerte die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu beachten. Dies betrifft unter anderem:

  • Gewährleistung und Garantie: Im Rahmen von Verbriefungstransaktionen kann der Originator bestimmte Zusagen hinsichtlich Bonität, Werthaltigkeit oder rechtlicher Durchsetzbarkeit der übertragenen Forderungen machen.
  • Informationspflichten: Im Zuge des Verkaufs bestehen umfangreiche Offenlegungs- und Informationspflichten, insbesondere im Verhältnis zur Zweckgesellschaft und zu Investoren.
  • Haftungsfragen: Bei fehlerhafter Übertragung, Verstößen gegen Vertragsbedingungen oder fahrlässigem Verhalten können Haftungsansprüche gegen den Originator entstehen.

Originator nach geltendem Recht

Europäische Rechtslage

Gemäß der Verbriefungsverordnung (Verordnung (EU) 2017/2402) ist der Begriff des Originator wie folgt definiert: „Originator“ ist eine Partei, die entweder (a) ein Risikoelement auf eigenen Namen und eigene Rechnung vergibt oder erwirbt und dieses sodann verbrieft, oder (b) eine derartige Übertragung für eigene Rechnung veranlasst.

Die Verordnung regelt ferner, dass bestimmte Anforderungen an Offenlegung, Transparenz, Risikoselbstbehalt (Risk Retention) und Kontrolle zu erfüllen sind. Besonders hervorzuheben ist, dass der Originator in der Regel einen Teil des wirtschaftlichen Interesses (in der Höhe von mindestens 5 %) an dem verbrieften Portfolio behalten muss, um Interessenkonflikte zu vermeiden.

Deutsches Recht

Im deutschen Recht findet der Originator-Begriff insbesondere im Kontext der Forderungsabtretung und Verbriefung Beachtung. Die maßgeblichen Vorschriften ergeben sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zur Forderungsabtretung (§§ 398 ff. BGB), ergänzt durch kapitalmarktrechtliche Vorschriften, insbesondere Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), Kreditwesengesetz (KWG) und Datenschutzgesetze, die im Kontext der Datenweitergabe bei Forderungsübertragungen relevant werden können.

Insolvenzsicherung und True Sale

Ein zentrales Thema im Zusammenhang mit dem Originator ist die insolvenzrechtliche Absicherung bei Forderungsübertragungen. Nur wenn die Übertragung der Forderungen als „True Sale“ qualifiziert, also ein rechtlich wirksamer Verkauf der Vermögenswerte vom Originator an die Zweckgesellschaft stattgefunden hat, sind die übernommenen Forderungen im Insolvenzfall des Originators dem Zugriff seiner Gläubiger entzogen.

Steuerrechtliche und aufsichtsrechtliche Aspekte zum Originator

Originatoren unterliegen bei der Übertragung von Vermögenswerten regelmäßig steuerlichen Vorschriften (wie Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer oder Erlösbesteuerung) und müssen aufsichtsrechtliche Vorgaben erfüllen. Übertragungen müssen meldepflichtig sein, und es ist sicherzustellen, dass alle relevanten Bestimmungen zum Datenschutz, zum Verbraucherschutz und zu Geldwäscheprävention eingehalten werden.

Internationaler Kontext und Standardisierung

Im angelsächsischen Wirtschaftsraum ist der Begriff „Originator“ ebenfalls gebräuchlich und in internationalen Standards und Musterverträgen beschrieben. Zu den maßgeblichen Dokumenten zählen die European Securitisation Regulation, US Securities Act sowie verschiedene Branchenstandards, etwa der International Capital Market Association (ICMA).

Zusammenfassung

Der Originator ist im weit gefassten Sinn der rechtliche Begründer, Urheber oder erste Inhaber eines Rechts, einer Forderung oder eines Vermögenswertes, der diesen originär geschaffen oder erstmals erworben und diesen anschließend zum Zwecke der weiteren Verwendung (zumeist zur Finanzierung) an eine andere Partei übertragen kann. Die rechtliche Einordnung, die Anforderungen und die spezifischen Pflichten hängen stark vom jeweiligen Geschäftsmodell und vom anwendbaren Recht ab. Originatoren sind für die ordnungsgemäße Strukturierung, Dokumentation und Offenlegung einer Vielzahl von gesetzlichen Verpflichtungen verantwortlich, insbesondere im Kontext von Verbriefungen und strukturierten Finanzierungen.

Eine präzise Definition des Begriffs und eine sorgfältige Beachtung sämtlicher rechtlicher Rahmenbedingungen sind zentrale Bestandteile jeder rechtssicheren und risikoadäquaten Gestaltung von Übertragungs- und Verbriefungstransaktionen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist im rechtlichen Sinne als Originator zu qualifizieren, wenn mehrere Parteien an der Kreditvergabe beteiligt sind?

Im rechtlichen Kontext ist die Qualifikation als Originator maßgeblich davon abhängig, wer den rechtlichen Anspruch auf die Forderung originär erzeugt. Dies ist in der Regel die Partei, die den Kreditvertrag mit dem Kreditnehmer schließt und somit die ursprüngliche Forderung gegenüber dem Kreditnehmer begründet. Komplexitäten ergeben sich häufig im Rahmen syndizierter Kredite, bei denen mehrere Kreditgeber als Konsortium auftreten: In diesen Fällen gilt jeder einzelne an der Kreditvergabe beteiligte Kreditgeber im Umfang seiner Beteiligung als Originator einer eigenen Teilforderung, sofern er eigenständig eine Kreditbeziehung zum Schuldner unterhält. Weiterhin ist zu beachten, dass auch bei der Zwischenschaltung von Vermittlern, Agenten oder Dienstleistern rechtlich ausschließlich die Partei als Originator angesehen wird, die das wirtschaftliche und rechtliche Risiko der Ursprungstransaktion trägt und deren Namen im entsprechenden Vertragswerk oder Abtretungsregister erscheint. Maßgebliche rechtliche Grundlagen sind dabei nationale Kreditvergaberegelungen, zivilrechtliche Vorschriften über Forderungsentstehung und -übertragung sowie, insbesondere bei Verbriefungen, spezifische aufsichtsrechtliche Definitionen, beispielsweise gemäß der EU-Verbriefungsverordnung (2017/2402).

Welche rechtlichen Pflichten obliegen dem Originator bei Verbriefungstransaktionen?

Im Rahmen von Verbriefungstransaktionen ist der Originator, also die Partei, welche die originären Forderungen einbringt, an umfangreiche rechtliche Pflichten gebunden. Zu den zentralen Pflichten zählen zunächst Transparenz- und Informationspflichten gegenüber Investoren, Emittenten und Aufsichtsbehörden. Der Originator muss detaillierte Angaben zu den kreditunterliegenden Vermögenswerten, zur Risikoübernahme (Retentionspflicht gemäß Artikel 6 der EU-Verbriefungsverordnung), zur Historie der Kreditvergabe und zu potenziellen Interessenkonflikten machen. Ergänzend bestehen umfangreiche Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten, insbesondere im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit der Forderungsentstehung und eventuelle „True Sale“-Abtretungen. Ferner obliegt dem Originator die Verantwortung für die Einhaltung von Datenschutzgesetzen in Bezug auf Kundendaten sowie steuerliche Meldepflichten, sollte es zu grenzüberschreitenden Transaktionen kommen. Verstoßen Originatoren gegen diese Pflichten, drohen erhebliche zivilrechtliche Haftungsrisiken sowie aufsichts- und strafrechtliche Sanktionen.

Wie unterscheidet sich der Originator vom Assignor im Rahmen von Forderungsabtretungen?

Rechtlich gesehen ist der Originator die Partei, die eine Forderung originär (also ursprünglich) begründet, typischerweise durch das Eingehen eines Vertrags (z.B. Kreditvertrag). Der Assignor hingegen ist die Partei, die eine existierende Forderung abtritt, dabei kann es sich um den Originator selbst oder um einen Zwischenzessionar handeln, der die Forderung zuvor erworben hat. Wesen und Umfang der Abtretungsrechte sowie der Übertragungspflichten bestimmen sich nach den jeweiligen nationalen zivilrechtlichen Vorschriften, insbesondere nach den Regelungen zum Forderungsübergang (etwa §§ 398 ff. BGB in Deutschland). Wichtig ist: Nur der Originator kann die rechtliche Qualität der Ursprungsforderung auf Basis des ersten Vertrags vollumfänglich garantieren. Ggf. nachgelagerte Assignoren haften im Rahmen der Abtretung regelmäßig nur für den Bestand, nicht für die Durchsetzbarkeit der Forderung.

Welche Rolle spielt der Originator in Bezug auf Geldwäsche- und Sorgfaltspflichten?

Dem Originator obliegen strenge rechtliche Pflichten zur Identitätsprüfung und Überwachung potenzieller Geldwäschehandlungen im Rahmen der jeweiligen nationalen und ggf. unionsrechtlichen Geldwäschebestimmungen (insbesondere der EU-Geldwäsche-Richtlinien bzw. des Geldwäschegesetzes). Als Vertragspartei bei der Schaffung neuer Forderungen ist der Originator verpflichtet, seine Kunden im Sinne des Know Your Customer-Prinzips zu identifizieren, Transaktionsprofile zu erstellen und etwaige Verdachtsmomente umgehend an die zuständigen Behörden zu melden. Verstöße gegen diese Pflichten können zu schwerwiegenden aufsichts- und strafrechtlichen Folgen führen, einschließlich Geldbußen, Lizenzentzug und persönlicher Haftung der verantwortlichen Führungspersonen.

Müssen Originatoren bestimmte aufsichtsrechtliche Zulassungsvoraussetzungen erfüllen?

Die Zulassungspflichten für Originatoren hängen vom jeweiligen Marktsegment sowie vom Rechts- und Geschäftsmodell ab. So ist derjenige, der als Originator im Bereich der Kreditvergabe oder der Emission verbriefter Finanzinstrumente auftritt, in den meisten Jurisdiktionen verpflichtet, entweder als Finanzinstitut, Bank oder ein entsprechend reguliertes Unternehmen zu agieren. Die aufsichtliche Erlaubnis umfasst in der Regel Kapitalanforderungen, Compliance-Standards, Regelungen zur Trennung der Kundengelder sowie besondere Anforderungen an die Corporate Governance. Im Rahmen öffentlich platzierter Verbriefungstransaktionen gelten zusätzlich die Vorschriften der Kapitalmarktaufsicht, wie etwa die EU-Verbriefungsverordnung mit Dokumentations-, Melde- und Risikoretentionspflichten. Ein Verstoß gegen Zulassungs- oder Registrierungspflichten kann zur Nichtigkeit der Transaktion oder zu Bußgeldern und zivilrechtlichen Schadensersatzforderungen führen.

Welche Haftungsrisiken bestehen für den Originator im Fall von fehlerhafter Forderungsübertragung?

Im Falle einer fehlerhaften Forderungsübertragung – etwa weil rechtliche Voraussetzungen für einen wirksamen „True Sale“ nicht erfüllt sind oder es an der ordnungsgemäßen Übertragungseinwilligung des Schuldners fehlt – kann der Originator sowohl gegenüber Erwerbern (z.B. dem Special Purpose Vehicle bei Verbriefung) als auch gegenüber Endinvestoren haftbar gemacht werden. Die Haftungsrisiken erstrecken sich von Schadensersatzforderungen wegen Nichterfüllung über Rückabwicklungs- und Rückzahlungspflichten bis hin zu strafrechtlichen Sanktionen bei vorsätzlich falschen Angaben im Transaktionsdokumentationsprozess. Um diese Risiken zu minimieren, sind sorgfältige rechtliche Prüfungen und geeignete Vertragsgestaltungen (u.a. umfassende Garantien und Freistellungsklauseln) zwingend erforderlich.