Begriff und Bedeutung der Öffentlichen Beurkundung
Die öffentliche Beurkundung ist ein rechtlich normiertes Verfahren, durch das bestimmte Rechtsgeschäfte, Willenserklärungen oder Tatsachen durch eine besonders legitimierte Urkundsperson, wie etwa einen Notar oder einen Beamten, in einer gesetzlich vorgeschriebenen Form festgehalten werden. Ziel der öffentlichen Beurkundung ist es, den Parteien Rechtssicherheit zu gewährleisten, vor Rechtsfolgen unbedachter Handlungen zu schützen und dem Rechtsverkehr Authentizität sowie Beweiskraft zu verleihen. Sie stellt eine der strengsten Formvorschriften im Zivilrecht dar und ist in zahlreichen Rechtsordnungen essentieller Bestandteil des Rechtssystems.
Rechtsgrundlagen und Gesetzliche Grundlagen
Deutschland
In Deutschland ist die öffentliche Beurkundung insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), der Beurkundungsverordnung (BeurkG) sowie im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) geregelt. Zentrale Normen finden sich insbesondere in:
- § 128 BGB (Form der Beurkundung)
- § 311b BGB (Beurkundungsbedürftigkeit von Grundstücksgeschäften)
- §§ 6 ff. BeurkG (Verfahren und Wirksamkeit der Beurkundung)
Für gewisse Rechtsgeschäfte, beispielsweise Grundstückskaufverträge, Eheverträge oder Gesellschaftsgründungen, schreibt das Gesetz zwingend die öffentliche Beurkundung vor.
Schweiz
In der Schweiz regelt das Zivilgesetzbuch (ZGB) sowie das Obligationenrecht (OR) für verschiedene Verträge die Beurkundungspflicht. Das Bundesgesetz über die öffentliche Beurkundung (Beurkundungsgesetz, BGöB) legt Einzelheiten zu Form, Ablauf und Wirkung fest.
Österreich
Auch in Österreich ist die öffentliche Beurkundung in verschiedenen Gesetzen, etwa im Notariatsaktsgesetz (NO) und im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB), verbindlich vorgeschrieben.
Verfahrensablauf und Beteiligte
Urkundspersonen und Zuständigkeiten
Der Vorgang der öffentlichen Beurkundung darf nur von hierfür autorisierten Urkundspersonen durchgeführt werden. In Deutschland sind dies Notare (§ 1 BNotO), in der Schweiz notarielle oder gerichtliche Behörden und in Österreich Notare oder andere dazu bestellte Amtspersonen.
Ablauf der Beurkundung
Der Ablauf der öffentlichen Beurkundung ist gesetzlich bestimmt und umfasst folgende Schritte:
- Aufnahme des Rechtsgeschäfts: Die Urkundsperson klärt die Identität der Beteiligten und deren Geschäftsfähigkeit.
- Niederschrift: Der Inhalt des Rechtsgeschäfts wird vollständig niedergeschrieben.
- Vorlesen und Erklären: Die Urkunde wird den Beteiligten vorgelesen und erläutert.
- Genehmigungserklärung und Unterzeichnung: Die Beteiligten erklären, dass der Inhalt richtig und von ihrem Willen gedeckt ist. Danach wird die Urkunde von allen unterschrieben.
- Beurkundungsvermerk: Die Urkundsperson versieht die Urkunde mit Beurkundungsvermerk und Siegel.
Rechtswirkungen der Öffentlichen Beurkundung
Formerfordernis und Wirksamkeit
Wird die öffentliche Beurkundung für ein Geschäft gesetzlich vorgeschrieben, so ist deren Missachtung grundsätzlich mit Nichtigkeit (§ 125 BGB) verbunden. Die Beurkundung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für das betreffende Rechtsgeschäft.
Beweiskraft und Vollstreckbarkeit
Die öffentliche Urkunde genießt im Zivilprozess eine besonders hohe Beweiskraft. Nach § 415 ZPO gilt die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit hinsichtlich der beurkundeten Tatsachen und Erklärungen. In gewissen Fällen kann die Urkunde sogar einen Vollstreckungstitel nach § 794 ZPO darstellen, insbesondere im Schuldanerkenntnis.
Anwendungsbereiche und Beispiele
Grundstücksgeschäfte
Der Kauf oder die Übertragung von Immobilien bedarf gemäß § 311b BGB der öffentlichen Beurkundung. Ohne diese ist etwa ein Grundstückskaufvertrag nichtig.
Ehe- und Erbverträge
Für Eheverträge (§ 1410 BGB), Erbverträge (§ 2276 BGB) oder sogenannte Pflichtteilsverzichte ist zwingend die Beurkundung durch eine legitime Urkundsperson vorgeschrieben.
Gesellschaftsrecht
Die Errichtung bestimmter Gesellschaften, zum Beispiel eine GmbH oder AG, bedarf gemäß §§ 2 GmbHG und 23 AktG einer notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrages.
Patent- und Markenrecht
Auch im gewerblichen Rechtsschutz kann die öffentliche Beurkundung aus Gründen der Nachweis- und Beweissicherung von Bedeutung sein, etwa bei bestimmten Lizenzverträgen.
Pflichten und Haftung der Urkundsperson
Die Urkundsperson ist zur Unparteilichkeit und zur umfassenden Belehrung der Beteiligten verpflichtet. Sie haftet im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit für Schäden, die durch die schuldhafte Verletzung ihrer Beurkundungspflicht entstehen (vgl. § 19 BNotO).
Kosten der Öffentlichen Beurkundung
Die Kosten für eine Beurkundung richten sich nach den jeweiligen Gebührenordnungen wie dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) in Deutschland. Die Höhe der Gebühr bestimmt sich meist nach dem Geschäftswert des zu beurkundenden Geschäfts.
Bedeutung, Ziele und Abgrenzung
Die öffentliche Beurkundung dient der Klarstellung, der Transparenz und der Rechtswahrung im Rechtsverkehr. Sie unterscheidet sich von der einfachen Schriftform und der notariellen Beglaubigung dadurch, dass nicht bloß die Unterschrift, sondern der gesamte Inhalt des Rechtsakts beurkundet und überprüft wird.
Zusammenfassung
Die öffentliche Beurkundung ist eine gesetzlich geregelte Formvorschrift, die für bestimmte Rechtsgeschäfte zwingende Voraussetzung ist. Sie dient dem Schutz der Erklärenden, der Erhöhung der Rechtssicherheit, der Beweisführung im Streitfall sowie der geordneten Abwicklung bedeutender Geschäfte. Als besonders strenge Form gewährleistet sie im Zivilrecht die Authentizität und Wirksamkeit zentraler Rechtsakte und verhindert Missverständnisse oder Streitigkeiten über Inhalt und Zustandekommen der beurkundeten Erklärungen.
Häufig gestellte Fragen
Welche Rechtsgeschäfte unterliegen der Pflicht zur öffentlichen Beurkundung?
Zahlreiche Rechtsgeschäfte unterliegen nach deutschem und schweizerischem Recht einer gesetzlichen Pflicht zur öffentlichen Beurkundung. Dazu zählen typischerweise Grundstücksgeschäfte (z.B. Kauf, Schenkung, Tausch von Grundstücken), Ehe- und Erbverträge sowie bestimmte Gesellschaftsverträge wie etwa die Gründung einer Aktiengesellschaft oder Vereinbarungen über die Übertragung von Geschäftsanteilen bei einer GmbH. Die öffentliche Beurkundung dient hier einem erhöhten Schutz der Beteiligten und ermöglicht eine umfassende rechtliche Kontrolle durch den Notar oder eine andere dazu staatlich befugte Amtsstelle. Diese formelle Voraussetzung soll vor Übereilung und Rechtsunsicherheit schützen und ist zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung des jeweiligen Rechtsgeschäfts. Wird das Formerfordernis nicht eingehalten, ist das betreffende Geschäft grundsätzlich nichtig.
Wer ist zur öffentlichen Beurkundung befugt?
Zur Vornahme einer öffentlichen Beurkundung sind regelmäßig nur besonders qualifizierte und staatlich bestellte Amtsträger befugt, in Deutschland sind dies insbesondere Notarinnen und Notare, zum Teil auch Gerichte, vor allem das Nachlassgericht im Rahmen bestimmter erbrechtlicher Vorgänge. In der Schweiz wird die Beurkundung entweder von öffentlichen Notaren oder von dazu ermächtigten Urkundspersonen durchgeführt, wobei die kantonalen Regelungen erhebliche Unterschiede aufweisen. Die Amtsträger sind hierbei zur Neutralität verpflichtet, müssen die Parteien über den Gegenstand und die rechtlichen Folgen aufklären sowie die ordnungsgemäße Erfassung und Dokumentation des Rechtsgeschäfts sicherstellen. Eine eigenhändige oder privatschriftliche Beurkundung durch die Parteien selbst erfüllt ausdrücklich nicht die gesetzlichen Anforderungen.
Wie läuft die öffentliche Beurkundung rechtstechnisch ab?
Die öffentliche Beurkundung erfolgt in einem Rechtakt, bei dem alle Parteien in Gegenwart der beurkundenden Amtsperson erscheinen müssen. Zunächst wird der gesamte Inhalt des Rechtsgeschäfts – z.B. ein Grundstückskaufvertrag oder ein Ehevertrag – von dem Notar oder der Urkundsperson aufgesetzt und in seiner endgültigen Fassung vorgelesen. Die Parteien müssen das Dokument vollständig verstehen, dazu werden sie rechtlich beraten und über sämtliche Konsequenzen aufgeklärt. Etwaige Rückfragen sind zu beantworten. Erst nachdem alle offenen Punkte geklärt wurden und die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben, erfolgt die Unterzeichnung der Urkunde durch die Parteien und die Amtsperson. Die Beurkundung wird im Protokoll festgehalten; das Originaldokument verbleibt bei der Amtsperson, während die Parteien beglaubigte Abschriften erhalten.
Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Nichteinhaltung der öffentlichen Beurkundung?
Kommt es bei einem Rechtsgeschäft, das der öffentlichen Beurkundungspflicht unterliegt, nicht zur ordnungsgemäßen Beurkundung, so ist dieses Geschäft in aller Regel nichtig (§ 125 BGB für Deutschland, Art. 11 OR für die Schweiz). Eine Heilung kann nur in eng umrissenen Ausnahmefällen eintreten, beispielsweise durch die nachträgliche Eintragung ins Grundbuch bei einem Grundstückskauf in der Schweiz (Art. 656 Abs. 2 ZGB). Anders als bei Formmängeln in anderen Bereichen kann ein von Anfang an formungültiges beurkundungspflichtiges Geschäft später – vorbehaltlich der Zustimmung beider Parteien – erneut ordnungsgemäß abgewickelt werden. Ferner können sich, etwa bei schuldrechtlichen Vorverträgen, Erfüllungsansprüche oder Schadenersatzpflichten ergeben, sofern eine Sittenwidrigkeit oder ein treuwidriges Verhalten vorliegt. In jedem Fall ist ohne gültige Beurkundung eine wirksame und vollziehbare Rechtslage nicht herstellbar.
Welche Kosten entstehen bei einer öffentlichen Beurkundung?
Die Kosten der öffentlichen Beurkundung ergeben sich aus gesetzlichen Gebührenordnungen. In Deutschland ist dies das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG), das die Gebühren nach dem Wert des zu beurkundenden Geschäfts staffelt. Ähnlich verhält es sich in der Schweiz, wobei die einzelnen Kantone teils unterschiedliche Gebührentabellen festlegen. Die Kosten setzen sich aus der reinen Beurkundungsgebühr, den Auslagen für beglaubigte Abschriften und gegebenenfalls weiteren Zusatzkosten (z.B. für Vorbesprechungen, Beratungstätigkeiten oder Fremdsprachenübersetzungen) zusammen. Grundsätzlich sind die Gebühren zwingend zu entrichten und im Voraus oder bei der Beurkundung fällig. In bestimmten Fällen (etwa bei Vorkaufsrechten oder im Erbrecht) kann auch eine Kostenübernahme durch Dritte oder eine befristete Stundung möglich sein.
Wer muss bei der Beurkundung anwesend sein und was gilt bei Vertretung?
An einer öffentlichen Beurkundung müssen grundsätzlich alle an dem Rechtsgeschäft beteiligten Personen persönlich anwesend sein. Die persönliche Anwesenheit ist zwingend, da nur so die ausreichende rechtliche Aufklärung und der Schutz der Parteien vor übereilten Entscheidungen garantiert werden kann. In Spezialfällen, wie etwa bei Geschäftsunfähigkeit oder aus sonstigen wichtigen Gründen, ist eine Vertretung durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter zulässig, sofern eine ordnungsgemäß beurkundete oder öffentlich beglaubigte Vollmacht vorgelegt wird. Der Umfang der Vertretungsmacht und etwaige Beschränkungen werden von der beurkundenden Amtsperson genau geprüft und festgehalten. Ein nicht ordnungsgemäß Nachweis der Vertretungsbefugnis kann zur Nichtigkeit des Geschäfts führen. Bei Minderjährigen ist zusätzlich die Genehmigung eines Gerichts oder eines Vormunds erforderlich.