Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Steuerrecht»Mitunternehmerschaften

Mitunternehmerschaften


Begriff und rechtliche Einordnung der Mitunternehmerschaften

Mitunternehmerschaften zählen zu den bedeutendsten Rechtsformen im deutschen Steuer- und Gesellschaftsrecht. Sie nehmen insbesondere im Bereich der Einkommensteuer und der betrieblichen Gewinnermittlung eine zentrale Rolle ein, da zahlreiche Personengesellschaften sowie atypisch still beteiligte Gesellschafter steuerlich als Mitunternehmerschaft behandelt werden. Das Konzept der Mitunternehmerschaft ist ein steuerrechtlicher Begriff und steht nicht unmittelbar im bürgerlichen Recht.

Definition und Grundlagen

Begriff der Mitunternehmerschaft

Die Mitunternehmerschaft beschreibt nach herrschender Auffassung eine einkommensteuerrechtliche Kategorie, die gegeben ist, wenn mindestens zwei Personen gemeinschaftlich unternehmerisch tätig sind, am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt sind und Mitunternehmerinitiative sowie Mitunternehmerrisiko tragen. Maßgeblich wird der Begriff durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) geprägt. Die Mitunternehmerschaft ist keine eigene Rechtsform, sondern eine steuerrechtliche Konstruktion, die unterschiedliche Gesellschaftsformen umfassen kann.

Typische Erscheinungsformen

Zu den häufigsten Ausprägungen der Mitunternehmerschaft zählen insbesondere:

  • Offene Handelsgesellschaft (OHG)
  • Kommanditgesellschaft (KG)
  • Partnerschaftsgesellschaft (PartG)
  • Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), soweit sie unternehmerisch tätig ist
  • Atypisch stille Gesellschaft

Sowohl Gesellschaften nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) als auch bestimmte Mischformen (wie die GmbH & Co. KG) werden steuerlich typisiert als Mitunternehmerschaft behandelt.

Merkmale einer Mitunternehmerschaft

Mitunternehmerinitiative

Mitunternehmerinitiative ist gegeben, wenn der Gesellschafter maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft nehmen kann. Dies zeigt sich typischerweise im Stimmrecht sowie beim Recht auf Mitwirkung an grundlegenden Unternehmensentscheidungen. Auch Kommanditisten können Mitunternehmerinitiative entfalten, sofern ihnen nach Gesellschaftsvertrag erhebliche Kontroll- oder Mitwirkungsrechte zustehen.

Mitunternehmerrisiko

Das Mitunternehmerrisiko umfasst die Beteiligung des Gesellschafters am laufenden Gewinn und Verlust, typischerweise aber auch an den stillen Reserven und gegebenenfalls am Firmenwert. Der Umfang des Mitunternehmerrisikos richtet sich nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen, wobei das wirtschaftliche Risiko maßgeblich ist.

Abgrenzung zu anderen Beteiligungsformen

Nicht jeder an einer Personengesellschaft Beteiligte ist automatisch Mitunternehmer im steuerlichen Sinne. Werden die vorgenannten Merkmale nicht erfüllt, kann es sich stattdessen um eine reine Darlehensbeziehung oder eine sonstige Einkunftsart handeln.

Steuerliche Behandlung

Transparenzprinzip

Die Mitunternehmerschaft ist steuerlich ein „Transparenzgebilde“: Die Einkünfte der Gesellschaft werden – unter Aufdeckung von Sonderbetriebsvermögen – ihren Gesellschaftern anteilig zugerechnet, als hätten sie diese selbst erzielt (§§ 15, 15a EStG). Es erfolgt keine Besteuerung auf Ebene der Gesellschaft, sondern unmittelbar auf Ebene der Beteiligten als Mitunternehmer.

Sonderbetriebsvermögen

Zur umfassenden steuerlichen Erfassung werden dem Mitunternehmer neben seinem Anteil am Gesellschaftsvermögen auch Wirtschaftsgüter als sogenanntes Sonderbetriebsvermögen zugeordnet, sofern diese der Gesellschaft dienen und im Eigentum des Mitunternehmers stehen (beispielsweise betrieblich genutzte Grundstücke oder Darlehensforderungen).

Ergebnisverteilung und Ergebniszurechnung

Die steuerliche Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft erfolgt zunächst einheitlich. Anschließend werden die erzielten Ergebnisse entsprechend der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Beteiligungsquoten aufgeteilt und den Gesellschaftern persönlich, nach den Grundsätzen der Individualbesteuerung, zugerechnet.

Verlustzuweisungsbeschränkung (§ 15a EStG)

Im Rahmen der Mitunternehmerschaft gelten spezifische Verlustzuweisungsbeschränkungen. Verluste können nur bis zur Höhe des haftenden Kapitalkontos steuermindernd angesetzt werden. Sog. „negative Kapitalkonten“ bewirken eine Verlagerung nicht verrechenbarer Verluste in spätere Jahre.

Gewerbesteuerliche Behandlung

Mitunternehmerschaften sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG selbständige Steuersubjekte für die Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer wird auf Ebene der Gesellschaft festgesetzt; auf der Ebene der Mitunternehmer findet unter bestimmten Voraussetzungen eine teilweise Anrechnung auf die Einkommensteuerschuld statt.

Gesellschaftsrechtliche Aspekte

Verhältnis zu den gesellschaftsrechtlichen Regelungen

Mitunternehmerschaften gründen sich regelmäßig auf der Basis einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft, GbR) oder einer Handelsgesellschaft nach HGB, also als OHG oder KG. Das zivilrechtliche Gesellschaftsrecht bleibt davon unberührt; das Steuerrecht setzt für die Anerkennung der Mitunternehmerschaft lediglich zusätzliche, teils eigenständige Maßstäbe.

Mitunternehmerschaft bei der GmbH & Co. KG

Die GmbH & Co. KG ist eine besondere Form der Kommanditgesellschaft, bei der eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) die Funktion des persönlich haftenden Gesellschafters übernimmt. Diese Rechtspersönlichkeit bleibt für die steuerliche Mitunternehmerstellung bedeutungslos; steuerlich gelten weiterhin die Mitunternehmerregeln für die Kommanditisten.

Atypisch stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft

Eine „atypisch stille Gesellschaft“ entsteht, wenn dem stillen Gesellschafter – anders als bei der typischen stillen Gesellschaft – eine vergleichsweise starke Mitunternehmerinitiative und ein verstärktes Mitunternehmerrisiko eingeräumt werden, sodass er wirtschaftlich einem Mitgesellschafter gleichgestellt ist.

Umwandlungen und Nachfolgeregelungen

Mitunternehmerschaften sind Gegenstand zahlreicher Umwandlungen, Einbringungen und gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen. Nach Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) sind bei Einbringung von Mitunternehmeranteilen, bei Verschmelzungen, Aufspaltungen oder Realteilungen bestimmte steuerliche Folgen und Begünstigungen zu beachten.

Im Rahmen der Nachfolgeplanung (z. B. im Erbfall oder bei Schenkung von Gesellschaftsanteilen) sind die Auswirkungen auf das Betriebsvermögen, die Sonderbetriebsvermögen sowie auf die ertragsteuerliche Mitunternehmerstellung zu beachten.

Beendigung und Auflösung der Mitunternehmerschaft

Mitunternehmerschaften lösen sich durch Kündigung, Tod eines Gesellschafters (sofern keine Fortsetzungsklausel vereinbart wurde) oder gesellschaftsvertragliche Auflösung auf. Steuerlich führt die Auflösung regelmäßig zur Aufgabe des Mitunternehmeranteils und löst ggf. die Aufdeckung stiller Reserven und Besteuerung aus.

Internationales Steuerrecht

Bei grenzüberschreitender Tätigkeit von Mitunternehmerschaften oder der Beteiligung ausländischer Gesellschafter sind die Regelungen der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sowie die Vorschriften des Außensteuergesetzes (AStG) relevant. Insbesondere bei Beteiligung von ausländischen Gesellschaftern an deutschen Mitunternehmerschaften bestehen steuerliche Anzeigepflichten und möglicherweise Quellensteuern oder Steuerfreistellungen.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • Umwandlungssteuergesetz (UmwStG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Kommentarliteratur zum Steuerrecht und Gesellschaftsrecht

Hinweis: Die dargestellten Inhalte dienen der allgemeinen Information zum Begriff „Mitunternehmerschaft“ aus rechtlicher Sicht und beleuchten steuerrechtliche sowie gesellschaftsrechtliche Aspekte nach deutschem Recht. Für die Beurteilung von Einzelfällen empfiehlt sich stets eine individuelle Begutachtung unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände sowie aktueller Gesetzes- und Rechtsprechungslage.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für das Bestehen einer Mitunternehmerschaft erfüllt sein?

Für das Bestehen einer Mitunternehmerschaft sind mehrere rechtliche Voraussetzungen maßgeblich: Zunächst muss eine Personengesellschaft vorliegen, bei der die Mitunternehmer – regelmäßig Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG) oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) – gemeinschaftlich einen Gewerbebetrieb unterhalten oder land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erzielen. Rechtlich entscheidend ist, dass Mitunternehmerschaften kein eigenständiger Gesellschaftstyp, sondern vor allem ein steuerlicher Begriff sind, der jedoch eng an die gesetzlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie des Handelsgesetzbuchs (HGB) anknüpft. Unverzichtbar ist das Vorliegen eines Gesellschaftsvertrags, der eine gemeinsame Vermögens- und Ergebnisbeteiligung begründet. Des Weiteren müssen die einzelnen Gesellschafter Mitunternehmerinitiative (Mitbestimmungsrechte bei wesentlichen Geschäftsführungsmaßnahmen) sowie Mitunternehmerrisiko (rechtliche und wirtschaftliche Teilhabe an Chancen und Risiken, insbesondere am Gewinn, Verlust und Gesellschaftsvermögen) tragen. Werden diese Kriterien nicht erfüllt, liegt rechtlich keine Mitunternehmerschaft vor.

Welche gesetzlichen Regelungen bestimmen die Haftung der Mitunternehmer?

Die Haftung innerhalb einer Mitunternehmerschaft richtet sich nach der gewählten Rechtsform der Gesellschaft. Bei der OHG und der GbR haften die Gesellschafter grundsätzlich persönlich, unbeschränkt und gesamtschuldnerisch mit ihrem Privatvermögen für sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wie es § 128 HGB für die OHG und § 721 BGB für die GbR vorsehen. Bei einer KG haften die Komplementäre persönlich und unbeschränkt, die Kommanditisten hingegen nur in Höhe ihrer Einlage (§ 171 HGB). Eine Besonderheit ergibt sich aus der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO, was steuerliche und wirtschaftliche Verknüpfungen zwischen Haftungs- und Gesellschaftsrecht verdeutlicht. Rechtlich ist zudem zu beachten, dass die Innenhaftung zwischen den Mitunternehmern abweichende Regelungen durch Gesellschaftsvertrag zulassen kann, an den Außenverhältnissen gegenüber Dritten ändert ein solcher Vertrag jedoch nichts.

Welche Rolle spielt der Gesellschaftsvertrag in rechtlicher Hinsicht?

Der Gesellschaftsvertrag bildet das rechtliche Fundament jeder Mitunternehmerschaft. Er regelt die Rechte und Pflichten der Gesellschafter, die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse sowie die Gewinn- und Verlustbeteiligung. In rechtlicher Hinsicht bestimmt der Vertrag sowohl das Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern als auch das Auftreten nach außen. Während das Gesetz für bestimmte Gesellschaftsformen Mindestanforderungen für den Vertrag aufstellt (z.B. Formvorschriften bei Grundstückseinlagen, Gesellschaftszweck), können viele Inhalte frei vereinbart werden. Allerdings sind die zwingenden gesetzlichen Vorschriften, insbesondere das Verbot sittenwidriger Absprachen oder Diskriminierungsverbote, zu beachten. Änderungen des Gesellschaftsvertrags bedürfen in der Regel eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses, es sei denn, der Vertrag sieht Mehrheitsentscheidungen für bestimmte Bereiche vor.

Wie werden Streitig­keiten zwischen den Mitunternehmern rechtlich beigelegt?

Streitigkeiten zwischen Mitunternehmern sind in erster Linie anhand der Vorgaben im Gesellschaftsvertrag zu lösen. Vielfach enthalten Gesellschaftsverträge Regelungen zur Schlichtung oder zur Durchführung eines Mediations- oder Schiedsverfahrens. Fehlen solche Bestimmungen, finden die gesetzlichen Regelungen der jeweiligen Gesellschaftsform Anwendung. Im Streitfall kann jeder Gesellschafter Klage beim zuständigen ordentlichen Gericht einreichen, wobei bestimmte gesellschaftsrechtliche Besonderheiten, wie die Beschlussanfechtungsklage oder die Ausschlussklage, zu beachten sind. Bei gravierenden Zerwürfnissen sieht das Gesetz unter Umständen auch die Möglichkeit der Zwangsauflösung der Gesellschaft oder die gerichtliche Ausschließung eines Gesellschafters (§§ 133, 140 HGB, § 738 BGB) vor.

Wie ist die Rechtsnachfolge bei Ausscheiden oder Tod eines Mitunternehmers geregelt?

Die Rechtsnachfolge in einer Mitunternehmerschaft hängt maßgeblich von den vertraglichen Vereinbarungen und der Gesellschaftsform ab. Bei Tod eines Gesellschafters sieht das Gesetz grundsätzlich die Auflösung der Gesellschaft vor (§ 727 BGB), sofern der Gesellschaftsvertrag keine Fortsetzungsklausel, Eintrittsklausel oder Nachfolgeklausel vorsieht. Im Falle der OHG und KG ermöglichen ausdrückliche Fortsetzungsklauseln den nahtlosen Übergang der Gesellschaft auf die verbleibenden Gesellschafter oder die Erben. Bei Ausscheiden eines Gesellschafters aufgrund Kündigung, Ausschluss oder Tod ist oft eine Abfindung zu leisten, deren Höhe und Modalitäten entweder im Vertrag geregelt oder nach gesetzlicher Vorgabe (§§ 738 bis 740 BGB) zu bestimmen sind. Die genaue Ausgestaltung der Rechtsnachfolge ist daher ein wesentlicher Bestandteil des Gesellschaftsvertrags, um Unsicherheiten oder Blockaden im Gesellschaftsverhältnis zu vermeiden.

Welche gesellschaftsrechtlichen Pflichten treffen die Mitunternehmer?

Mitunternehmer sind rechtlich verpflichtet, zum Gesellschaftszweck beizutragen, insbesondere durch Leistung ihrer vereinbarten Einlagen (§ 705 BGB) sowie durch Mitwirkung an der Geschäftsführung, sofern der Vertrag dies vorsieht. Sie unterliegen der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern, was bedeutet, dass sie die Gesellschaftsinteressen über eigene stellen und insbesondere Konkurrenzverbote zu wahren sind. Zudem besteht eine Informations- und Rechenschaftspflicht über die Geschäftsführungstätigkeiten. Gesellschaftsrechtlich sind Mitunternehmer auch verpflichtet, an Gesellschafterversammlungen teilzunehmen und Beschlüsse mitzutragen oder anzufechten. Verletzungen dieser Pflichten können Schadensersatzansprüche oder – in gravierenden Fällen – den Ausschluss aus der Gesellschaft zur Folge haben.

Wie werden Beschlüsse in einer Mitunternehmerschaft gefasst?

Beschlüsse der Mitunternehmer werden nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags getroffen. Fehlen vertragliche Regelungen, gilt bei einer GbR und OHG grundsätzlich das Prinzip der Einstimmigkeit (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 HGB), bei der KG jedoch lediglich für außergewöhnliche Geschäfte, während gewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen dem Komplementär obliegen (§ 164 HGB). Im Vertrag kann ein Mehrheitsprinzip für bestimmte Entscheidungen eingeführt werden; in solchen Fällen bestimmt entweder der Gesellschaftsvertrag das Gewicht der Stimmen (z.B. pro Kopf oder nach Kapitalanteil) oder – falls keine Regelung vorliegt – gilt das gesetzliche System. Für bestimmte Beschlüsse, wie etwa die Änderung des Gesellschaftszwecks oder den Eintritt neuer Gesellschafter, verlangt das Gesetz stets die Zustimmung aller Mitunternehmer (§ 712 BGB, § 119 HGB). Die Form der Beschlussfassung (mündlich, schriftlich, in Versammlungen) kann individuell vertraglich geregelt werden.