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Mittelbare Stellvertretung


Begriff und Einordnung der mittelbaren Stellvertretung

Die mittelbare Stellvertretung ist ein bedeutsames Konzept im Zivilrecht, das eine spezifische Ausgestaltung der rechtsgeschäftlichen Vertretung darstellt. Sie kennzeichnet sich dadurch, dass der Vertreter im eigenen Namen, jedoch im Interesse und auf Rechnung eines anderen, des sogenannten Geschäftsherrn, agiert. Im Gegensatz zur unmittelbaren Stellvertretung, bei welcher das Handeln des Vertreters unmittelbar Rechtswirkungen für und gegen den Vertretenen entfaltet, tritt beim mittelbaren Vertreter die Rechtsfolge ursprünglich zunächst beim Vertreter selbst ein. Die Übertragung der Rechte und Pflichten auf den Geschäftsherrn erfolgt nach Maßgabe gesonderter Vereinbarungen und gesetzlicher Regelungen.

Abgrenzung zur unmittelbaren Stellvertretung

Voraussetzungen der Stellvertretung

Im deutschen Zivilrecht ist die Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Stellvertretung maßgeblich von den Regelungen der §§ 164 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geprägt. Während die unmittelbare Stellvertretung voraussetzt, dass der Vertreter im Namen des Vertretenen auftritt (Offenkundigkeitsprinzip) und die Rechtsfolgen unmittelbar beim Vertretenen entstehen, handelt der mittelbare Stellvertreter im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung. Damit gestaltet sich die Außenwirkung seines Handelns grundlegend anders.

Rechtliche Struktur

Bei der mittelbaren Stellvertretung existieren stets zwei Schuldverhältnisse: das „Innenverhältnis“ zwischen Geschäftsherrn und Vertreter, Band bildet hier regelmäßig der Geschäftsbesorgungs- oder Kommissionsvertrag, sowie das „Außenverhältnis“ zwischen Vertreter und dem Dritten. Die Leistungspflichten und Rechte entstehen dabei zunächst zwischen dem Vertreter und dem Geschäftspartner. Eine Übertragung der aus dem Rechtsgeschäft resultierenden Forderungen und Verbindlichkeiten auf den Geschäftsherrn erfordert gesonderte Aktionsformen, etwa Abtretungen oder Herausgabeansprüche.

Typische Erscheinungsformen der mittelbaren Stellvertretung

Kommissionsgeschäft

Eine der häufigsten Erscheinungsformen mittelbarer Stellvertretung ist das Kommissionsgeschäft nach §§ 383 ff. HGB (Handelsgesetzbuch). Der Kommissionär verpflichtet sich, im eigenen Namen, aber für Rechnung des Kommittenten, Waren oder Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen. Die rechtlichen Beziehungen sind dabei dreigeteilt: Zwischen Kommittent und Kommissionär besteht ein Geschäftsverhältnis, zwischen Kommissionär und Drittem kommt der Vertrag zustande, während zwischen Kommittent und Drittem kein unmittelbares Rechtsverhältnis begründet wird.

Treuhandverhältnisse

Eine weitere typische Anwendung der mittelbaren Stellvertretung stellt das Treuhandverhältnis dar. Der Treuhänder erwirbt Rechte im eigenen Namen, verpflichtet sich jedoch im Innenverhältnis, diese im Interesse des Treugebers wahrzunehmen und gegebenenfalls herauszugeben.

Vermittlungsgeschäfte

Auch Vermittlungsgeschäfte können die Struktur der mittelbaren Stellvertretung aufweisen, insbesondere wenn der Vermittler im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt. Hier stehen die besonderen Herausgabe- und Abwicklungsvereinbarungen im Fokus, um die Interessenlage zu dem Geschäftsherrn abzubilden.

Rechtsfolgen der mittelbaren Stellvertretung

Vertragsabschluss und Verpflichtungen

Durch das Auftreten des mittelbaren Vertreters im eigenen Namen wird dieser alleiniger Vertragspartner des Dritten. Die Pflichten und Ansprüche aus dem geschlossenen Rechtsgeschäft bestehen zunächst ausschließlich zwischen dem mittelbaren Vertreter und dem Geschäftspartner. Im Anschluss daran ist der Vertreter im Innenverhältnis verpflichtet, das Erlangte an den Geschäftsherrn herauszugeben (§ 667 BGB „Herausgabepflicht“), sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde.

Ansprüche des Geschäftsherrn

Der Geschäftsherr kann Ansprüche auf Übertragung von Rechten geltend machen, insbesondere gegenüber dem Vertreter aus dem jeweiligen zugrunde liegenden Vertragsverhältnis. Gegenüber dem Dritten besitzt der Geschäftsherr grundsätzlich keine unmittelbaren Ansprüche – Ausnahmen können sich lediglich im Rahmen der Vertragsübernahme oder im Fall einer Abtretung ergeben.

Haftungsfragen

Die Haftung für Leistungsstörungen oder Pflichtverletzungen gegenüber dem Dritten trifft grundsätzlich den mittelbaren Vertreter. Im Innenverhältnis haftet dieser dem Geschäftsherrn jedoch dafür, dass er das Geschäft ordnungsgemäß abwickelt und etwaige Vorteile korrekt herausgibt.

Gesetzliche Grundlagen und Regelungen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Im BGB gibt es keine ausdrücklichen Regelungen zur mittelbaren Stellvertretung. Die Praxis ergibt sich aus der systematischen Anwendung der Vorschriften über das Schuldrecht, insbesondere §§ 164 ff. BGB (Vertretung) sowie § 667 BGB (Herausgabepflicht).

Handelsgesetzbuch (HGB)

Das HGB enthält speziellere Regelungen, insbesondere mit den Normen zum Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff. HGB) und zum Spediteurgeschäft (§§ 453 ff. HGB). Diese Vorschriften konkretisieren, wie Rechte und Pflichten auf den Geschäftsherrn zu übertragen sind und welche Handlungen im Innenverhältnis notwendig sind.

Praktische Bedeutung der mittelbaren Stellvertretung

Die mittelbare Stellvertretung ermöglicht, dass der Geschäftsherr anonym bleibt, etwa aus Gründen der Diskretion oder Taktik. Sie gestattet ferner flexible Vertragsgestaltungen, beispielsweise im Agenturwesen, im Rahmen von Treuhandmodellen oder im internationalen Geschäftsverkehr, wenn unmittelbare Stellvertretung aufgrund rechtlicher Restriktionen oder Besonderheiten nicht möglich oder zweckmäßig ist.

Abgrenzung zu ähnlichen Konstruktionen

Botenschaft

Im Gegensatz zum Boten, der lediglich Willenserklärungen übermittelt und keinerlei eigenen rechtlichen Bindungen eingeht, tritt der mittelbare Stellvertreter aktiv als Vertragspartner auf. Die Abgrenzung zum Boten ist daher entscheidend, insbesondere im Hinblick auf die Insolvenz des Stellvertreters oder im Rahmen von Haftungsfragen.

Fiduziarische und Treuhändische Sicherungsmodelle

Mittelbare Stellvertretung ist strikt von reinen Fiduziar- oder Sicherungsgeschäften abzugrenzen, bei denen Rechte zwar im eigenen Namen, aber lediglich zu Sicherungszwecken übertragen werden, ohne auf eine umfassend fremdnützige Verpflichtung hinzuwirken.

Zusammenfassung

Die mittelbare Stellvertretung verfügt im deutschen Zivilrecht über eine eigenständige Bedeutung und ist ein nicht wegzudenkendes Instrument in der zivilrechtlichen Vertragsgestaltung. Sie zeichnet sich durch die Trennung zwischen dem Innen- und Außenverhältnis aus, wobei der mittelbare Vertreter Rechtsgeschäfte im eigenen Namen, jedoch im fremden Interesse und auf fremde Rechnung abschließt. Rechtsfolgen, Rechte und Pflichten gestalten sich nach den speziellen Regelungen des BGB und HGB sowie nach vertraglichen Vereinbarungen. Die Abgrenzung zu unmittelbarer Stellvertretung, Botenschaft und Treuhand ist für die korrekte rechtliche Behandlung unerlässlich. Insbesondere im Handels- und Wirtschaftsleben nimmt die mittelbare Stellvertretung einen hohen Stellenwert ein, da sie flexible und diskrete Vertragsabwicklungen ermöglicht.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen der mittelbaren und der unmittelbaren Stellvertretung?

Bei der mittelbaren Stellvertretung handelt der sogenannte Vertreter im eigenen Namen, aber im wirtschaftlichen Interesse oder zumindest nach Weisung eines anderen (dem sog. Geschäftsherrn oder Hintermann), während bei der unmittelbaren Stellvertretung der Vertreter ausdrücklich im Namen des Vertretenen auftritt und die Willenserklärung unmittelbar für und gegen den Vertretenen wirkt (§ 164 Abs. 1 BGB). Der maßgebliche Unterschied liegt also darin, wer aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet wird: Bei unmittelbarer Stellvertretung ist es stets der Vertretene selbst, während bei mittelbarer Stellvertretung der Handelnde (Stellvertreter) die Rechte und Pflichten zunächst selbst erwirbt und diese dann erst durch ein weiteres Rechtsverhältnis – typischerweise im Rahmen eines Vertrages zwischen Vertreter und Hintermann, wie etwa eines Kommissions-, Treuhand- oder Geschäftsbesorgungsvertrages – an den Geschäftsherrn weitergeben oder abrechnen muss. Rechtsdogmatisch handelt es sich also bei mittelbarer Stellvertretung nicht um ein Fall der Stellvertretung im engeren Sinne, sondern um ein Zusammenspiel von zwei selbstständigen Schuldverhältnissen: dem Außenverhältnis (zwischen sog. Vertreter und Drittem) und dem Innenverhältnis (zwischen Vertreter und Hintermann).

Welche gesetzlichen Regelungen betreffen die mittelbare Stellvertretung?

Das deutsche Zivilrecht enthält keine speziellen Regelungen, die die mittelbare Stellvertretung ausdrücklich normieren. Die damit verbundenen Problemstellungen werden daher insbesondere unter Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften über Schuldverhältnisse (§§ 241 ff., §§ 662 ff. BGB beim Auftrag, §§ 675 ff. BGB bei Geschäftsbesorgung, §§ 383 ff. HGB beim Kommissionsgeschäft) sowie über das Treuhandverhältnis abgewickelt. Die mittelbare Stellvertretung stellt dabei keine eigene gesetzliche Figur dar, sondern wird über die Kombination der rechtlichen Beziehungen „Vertreter-Dritter“ (aus schuldrechtlichen Verpflichtungen) und „Vertreter-Geschäftsherr“ behandelt. Die Übertragung und Zurechnung der Rechte und Pflichten muss daher jeweils speziell durch schuldrechtliche Abrede oder aufgrund gesetzlicher Bestimmungen (z.B. § 401 BGB Forderungsabtretung) erfolgen.

Welche typischen Fallkonstellationen finden sich für die mittelbare Stellvertretung?

Mittelbare Stellvertretung tritt typischerweise in Treuhandverhältnissen auf (z.B. wenn ein Treuhänder ein Grundstück für einen Treugeber erwirbt), im Rahmen des Kommissionsgeschäfts (§§ 383 ff. HGB, Kommissionär handelt im eigenen Namen, für fremde Rechnung), beim Inkasso von Forderungen durch einen Beauftragten, sowie bei bestimmten Kreditvermittlungen. Auch der sog. Strohmanngeschäft wird häufig im Zusammenhang mit mittelbarer Stellvertretung diskutiert, wenn eine Person lediglich dazu eingeschaltet wird, ein Geschäft unter eigenem Namen, jedoch auf fremde Rechnung abzuwickeln. Im Ergebnis stehen stets zwei Rechtsverhältnisse im Raum: Das Außenverhältnis zu Dritten und das Innenverhältnis zum Geschäftsherrn.

Welche rechtlichen Risiken bestehen für die Beteiligten bei der mittelbaren Stellvertretung?

Ein zentrales Risiko besteht darin, dass im Außenverhältnis zunächst ausschließlich der Vertreter berechtigt und verpflichtet wird. Er trägt daher das Erfüllungs- und Insolvenzrisiko seiner Vertragspartner sowie ggf. das Haftungsrisiko gegenüber Dritten. Gegenüber dem Geschäftsherrn kann es zudem zu Pflichtverletzungen kommen (Pflicht zur Herausgabe, zur ordnungsgemäßen Abrechnung oder zur Übertragung von Rechten und Ansprüchen). Scheitert das Innenverhältnis oder verweigert der Vertreter die Herausgabe oder Abtretung der erlangten Rechte, muss der Geschäftsherr oft gesonderte Ansprüche, etwa auf Übertragung, Herausgabe oder Schadensersatz, geltend machen. Zudem ist der Vertretene bei Mittelbarkeit nicht unmittelbar vor Anfechtung, Aufrechnung oder sonstigen Rechtseinwendungen Dritter geschützt. Steuerliche und insolvenzrechtliche Nachteile sind ebenfalls typische Risiken.

Wie können Rechte und Pflichten aus dem Rechtsgeschäft vom Vertreter auf den Geschäftsherrn übertragen werden?

Die Übertragung erfolgt meistens durch schuldrechtliche Abrede zwischen Vertreter und Geschäftsherr (z.B. Abtretung von Forderungen nach §§ 398 ff. BGB oder Übertragung von Eigentum nach den §§ 929 ff. BGB), im Kommissionsrecht spezifisch nach §§ 384, 401 HGB. Im Übrigen kann eine Herausgabe- oder Übertragungspflicht auch aus allgemeinen Vorschriften, wie etwa §§ 667, 681 BGB (bei Auftrag/Geschäftsführung), resultieren. Fehlen solche Vereinbarungen, verbleiben Rechte und Pflichten beim Vertreter, was dem Geschäftsherrn zum Nachteil gereichen kann. Gute Vertragsgestaltung und möglichst klare Regelungen im Innenverhältnis sind daher unerlässlich, um die Durchsetzung von Ansprüchen abzusichern.

Welche Bedeutung hat das Innenverhältnis zwischen Vertreter und Geschäftsherr bei der mittelbaren Stellvertretung?

Das Innenverhältnis (häufig als Auftrags-, Geschäftsbesorgungs- oder Treuhandverhältnis ausgestaltet) regelt sämtliche Rechte und Pflichten zwischen Vertreter und Geschäftsherr. Es bestimmt, zu welchen Bedingungen und in welchem Umfang der Vertreter für den Geschäftsherrn tätig werden darf, welche Pflichten bezüglich Abrechnung, Information und Herausgabe bestehen und wie mit etwaigen Risiken und Kosten (z.B. Erwerb von Rechten, Zahlungspflichten) umzugehen ist. Das Innenverhältnis bildet die Rechtsgrundlage dafür, dass der Vertreter im wirtschaftlichen Interesse des Hintermanns agieren muss und diesem gegenüber zivilrechtlich haftet. Konflikte im Innenverhältnis können dazu führen, dass der Vertreter zur Herausgabe oder Übertragung verpflichtet wird oder sogar haftet, wenn er gegen Weisungen verstößt oder Pflichten verletzt. Die genaue Ausgestaltung des Innenverhältnisses ist daher von zentraler Bedeutung.

In welchen Fällen ist der Weg der mittelbaren Stellvertretung rechtlich sinnvoll oder erforderlich?

Mittelbare Stellvertretung wird häufig gewählt, wenn rechtliche, wirtschaftliche oder steuerliche Gründe eine direkte Beteiligung des Geschäftsherrn am Außenverhältnis als nachteilig oder unmöglich erscheinen lassen. Beispiele sind Vorkaufsrechte Dritter, öffentlich-rechtliche Beschränkungen, Unkenntnis der Verhältnisse beim Geschäftsherrn (etwa zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen) oder strategische Erwägungen (wie beim Strohmann-Kauf). Zudem kann sie erforderlich sein, wenn eine unmittelbare Stellvertretung rechtlich ausgeschlossen ist oder weil der Geschäftsherr keine Vertretungsmacht erteilen darf oder möchte. Die mittelbare Stellvertretung erlaubt so flexible Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Vertragsgestaltung und Transaktionsplanung, erfordert aber sorgfältige rechtliche Steuerung und Risikoabsicherung.