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Krankenpflege


Begriff und rechtliche Grundlagen der Krankenpflege

Die Krankenpflege bildet einen wesentlichen Bestandteil des Gesundheitssystems und umfasst sowohl pflegerische als auch medizinisch unterstützende Maßnahmen zur Versorgung erkrankter oder pflegebedürftiger Personen. Neben der direkten Patientenversorgung ist die Krankenpflege ein eigenständiger Berufsbereich, der auf einer Vielzahl gesetzlicher Regelungen basiert, die Rechte und Pflichten der Pflegekräfte sowie Qualität und Umfang der zu erbringenden Leistungen klar definieren. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Aspekte des Begriffs Krankenpflege im deutschen Recht umfassend.


Definition und Abgrenzung der Krankenpflege

Rechtliche Definition

Krankenpflege wird im deutschen Recht primär durch das Pflegeberufegesetz (PflBG) geregelt. Sie bezeichnet die eigenverantwortliche Pflege, Betreuung und Beobachtung von Menschen aller Altersgruppen, die Unterstützung bei Erkrankung, im Genesungsprozess sowie in der Rehabilitation benötigen. Gemäß § 4 PflBG umfasst die Krankenpflege insbesondere Maßnahmen der Gesundheits- und Krankenpflege, einschließlich der Gesundheitsförderung, Prävention, Therapieassistenz sowie der Dokumentation pflegerischer Leistungen.

Abgrenzung zu anderen Pflegeformen

Abzugrenzen ist die Krankenpflege insbesondere von der Altenpflege und der Kinderkrankenpflege, welche jeweils eigene rechtliche Grundlagen und Berufsabschlüsse besitzen. Die Krankenpflege konzentriert sich auf die pflegerische Versorgung von Personen mit akuten oder chronischen Erkrankungen unabhängig vom Lebensalter, während die Altenpflege speziell auf die Versorgung älterer Menschen ausgerichtet ist.


Gesetzliche Grundlagen

Pflegeberufegesetz (PflBG)

Das Pflegeberufegesetz stellt die zentrale gesetzliche Regelung für die Ausübung, Ausbildung und Anerkennung der Krankenpflege in Deutschland dar. Es regelt:

  • Ausbildungsanforderungen: Festlegung der Voraussetzungen für den Zugang zur Ausbildung im Bereich der Pflege, Struktur und Inhalte der Ausbildung sowie Zulassungsvoraussetzungen zur staatlichen Prüfung (vgl. §§ 10-16 PflBG).
  • Berufsrechtliche Regelungen: Beschreibung der Tätigkeitsfelder, Befugnisse und Verantwortung von Pflegekräften (vgl. § 4 PflBG).
  • Verhältnis zur eigenständigen Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten: Abgrenzung zu ärztlichen Aufgaben sowie die Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen (§ 9 PflBG).

Weitere relevante Gesetzesvorschriften

Weitere zentrale Gesetze, Verordnungen und Richtlinien, die für die Krankenpflege rechtliche Bedeutung besitzen, umfassen:

  • Sozialgesetzbuch (SGB), insbesondere SGB V und SGB XI: Regelungen zur Leistungserbringung im Rahmen der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.
  • Heilberufe-Kammergesetze der Länder: Regelung beruflicher Pflichten, Fortbildungsanforderungen und Berufsausübungspraxis auf Landesebene.
  • Arbeitsrechtliche Vorschriften: Regelungen zu Arbeitszeit, Haftung und Verantwortlichkeiten.

Pflichten und Rechte der Pflegekräfte

Allgemeine Berufspflichten

Pflegekräfte unterliegen umfangreichen Berufspflichten, zu denen insbesondere gehören:

  • Pflicht zur ordnungsgemäßen Pflege und Dokumentation: Pflegehandlungen sind sachgemäß, nach aktuellem Stand der Wissenschaft und unter Beachtung der Berufsethik auszuführen (§ 6 PflBG).
  • Verschwiegenheitspflicht: Nach § 203 StGB sind Pflegekräfte zur Wahrung der Schweigepflicht über Patienteninformationen verpflichtet.
  • Fortbildungspflicht: Pflegekräfte müssen ihre Fachkenntnisse durch regelmäßige Fortbildungen auf dem aktuellen Stand halten.

Haftung und Sorgfaltspflichten

Im Rahmen ihrer Tätigkeit unterliegen Pflegekräfte zivil- und strafrechtlichen Haftungsregelungen. Sie haften für schuldhaft verursachte Schäden, die durch eine Pflichtverletzung, etwa durch unsachgemäße Behandlung, entstehen können. Die Sorgfaltspflicht umfasst darüber hinaus die Pflicht zur gewissenhaften Beobachtung sowie zur rechtzeitigen Information ärztlichen Personals bei Komplikationen.

Verantwortung im interdisziplinären Team

Die Krankenpflege agiert im Zusammenspiel mit Ärzteschaft und weiteren Gesundheitsfachberufen. Die Delegation ärztlicher Maßnahmen an Pflegekräfte ist rechtlich zulässig, sofern diese fachlich qualifiziert sind und die übertragenen Aufgaben nicht die alleinärztliche Kompetenz betreffen.


Besonderheiten der beruflichen Ausübung

Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung

Die Führung der Berufsbezeichnung „Pflegefachfrau“ oder „Pflegefachmann“ (früher „Gesundheits- und Krankenpfleger/in“) setzt eine abgeschlossene Ausbildung gemäß PflBG sowie das Bestehen einer staatlichen Prüfung voraus. Die unbefugte Berufsbezeichnung ist strafbar (§ 25 PflBG).

Tätigkeitsumfang und Grenzen

Krankenpflege umfasst originäre und delegierte Aufgaben. Originär sind Tätigkeiten wie eigenständige Pflegeplanung, Durchführung pflegerischer Maßnahmen, Beratung und Anleitung. Delegierte Aufgaben, z. B. Verabreichung von Medikamenten nach ärztlicher Anordnung, bewegen sich innerhalb klarer rechtlicher Rahmenbedingungen. Grenzen bilden heilkundliche Tätigkeiten, die nicht delegiert werden dürfen, sofern sie einen ärztlichen Heileingriff darstellen.


Schutz der Patientenrechte

Aufklärung und Einwilligung

Pflegekräfte haben eine Mitverantwortung für die Einhaltung von Patientenrechten. Vor Durchführung wesentlicher pflegerischer Maßnahmen ist die informierte Einwilligung des Patienten sicherzustellen. Darüber hinaus besteht eine Pflicht zur respektvollen und diskriminierungsfreien Betreuung.

Datenschutz

Die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Krankenpflege unterliegt den strengen Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie spezialgesetzlichen Regelungen zum Schutz von Patientendaten.


Arbeitsrechtliche Besonderheiten in der Krankenpflege

Arbeitszeit und Dienstplangestaltung

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), ergänzt durch spezifische Tarifverträge, regelt Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten, Schichtarbeit und Bereitschaftsdienst. Die besonderen Belastungen in der Akut- und Langzeitpflege erfordern differenzierte Regelungen in der Dienstplangestaltung.

Mitbestimmungsrechte

Mitglieder von Pflegeberufen profitieren von kollektiven Mitbestimmungsrechten, insbesondere durch Betriebsräte und Personalvertretungen, welche die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften im Arbeitsverhältnis überwachen.


Internationale Aspekte

Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse

Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse in der Krankenpflege erfolgt gemäß dem Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit beruflicher Qualifikationen (Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz, BQFG) sowie europäischen Richtlinien, die den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt regeln.

Mobilität im europäischen Raum

Das Recht auf Mobilität innerhalb der Europäischen Union wird durch Richtlinien zur Anerkennung von Berufsqualifikationen (RL 2005/36/EG) gewährleistet. Voraussetzungen und Anerkennungsverfahren sind hierbei gesetzlich festgelegt.


Weiterführende Entwicklungen und Reformen

Pflegeberufereformgesetz

Mit Inkrafttreten des Pflegeberufereformgesetzes 2020 wurden die bisher getrennten Ausbildungswege der Gesundheits- und Krankenpflege, der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie der Altenpflege in eine generalistische Pflegeausbildung überführt. Ziel ist die Flexibilisierung des Berufsbildes sowie die Anpassung an zukünftige Anforderungen des Gesundheitssystems.

Digitalisierung und Telemedizin

Die fortschreitende Digitalisierung erfordert eine Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen, etwa hinsichtlich Dokumentation, Telepflege und Datenschutz. Gesetze wie das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) regeln den digitalen Wandel im Gesundheitswesen und haben unmittelbaren Einfluss auch auf die Krankenpflege.


Literatur und Weblinks


Zusammenfassung:
Krankenpflege ist im deutschen Recht ein klar umrissener Begriff, dessen rechtliche Rahmenbedingungen insbesondere durch das Pflegeberufegesetz und weiterführende Gesetze geregelt werden. Mitarbeitende in der Krankenpflege stehen im Zentrum gesundheitlicher Versorgung und agieren im Spannungsfeld zwischen eigenverantwortlicher Berufsausübung, interdisziplinärer Zusammenarbeit und weitreichenden gesetzlichen Vorgaben. Die zunehmende Komplexität und die fortlaufende Reform des Berufsbildes stellen alle Akteure vor neue rechtliche und praktische Herausforderungen.

Häufig gestellte Fragen

Wer darf in Deutschland die Krankenpflege rechtlich ausüben?

In Deutschland ist die Ausübung der Krankenpflege streng rechtlich geregelt. Nach dem Pflegeberufegesetz (PflBG) dürfen die berufsmäßige Ausübung der Krankenpflege sowie die selbständige Durchführung pflegerischer Tätigkeiten ausschließlich Personen mit entsprechender staatlicher Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Pflegefachfrau“ oder „Pflegefachmann“ (früher als Gesundheits- und Krankenpfleger/in bezeichnet) ausüben. Diese Erlaubnis wird nur nach erfolgreichem Abschluss einer dafür anerkannten Ausbildung und dem Bestehen der staatlichen Prüfung erteilt. Auch die Durchführung heilkundlicher Tätigkeiten (wie z.B. das Verabreichen von Medikamenten nach ärztlicher Anordnung) ist rechtlich dem examinierten Pflegepersonal vorbehalten. Nicht examiniertes Personal, wie Pflegehelfer oder Angehörige, dürfen nur unterstützende Tätigkeiten ausführen, sofern keine medizinische Gefährdung besteht und sie ordnungsgemäß eingewiesen wurden. Verstöße gegen diese Bestimmungen können arbeitsrechtliche, strafrechtliche und haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Unter welchen Bedingungen dürfen Pflegekräfte delegierte ärztliche Tätigkeiten übernehmen?

Pflegefachpersonen dürfen bestimmte ärztliche Tätigkeiten im Rahmen der Delegation ausführen, sofern diese ärztlich angeordnet und zur Durchführung eigenverantwortlich übertragen wurden. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet unter anderem das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit spezifischen Regelungen der Berufsordnungen und dem Pflegeberufegesetz. Ärztliche Tätigkeiten dürfen nur dann delegiert werden, wenn sie nach dem aktuellen Stand der medizinisch-pflegerischen Wissenschaft und Technik durch Pflegekräfte sicher ausführbar sind. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Delegation trägt der anordnende Arzt, während die Pflegekraft für die sachgemäße Durchführung verantwortlich ist. Im Falle von Fehlern oder Komplikationen kommen sowohl zivilrechtliche Haftung als auch ggf. strafrechtliche Konsequenzen infrage, abhängig vom jeweiligen Verschulden. Nicht delegierbar bleiben sogenannte „höchstpersönliche ärztliche Tätigkeiten“, wie die Diagnosestellung oder anspruchsvolle Interventionen.

Welche rechtlichen Pflichten haben Pflegefachpersonen bei der Dokumentation?

Die Dokumentationspflicht in der Krankenpflege ist wesentliches Element der Berufsausübung und ergibt sich aus dem Pflegeberufegesetz (§ 4 PflBG), ergänzt durch landesrechtliche Regelungen und Vorgaben der Einrichtungen. Pflegefachpersonen sind verpflichtet, alle pflegerischen Maßnahmen, Beobachtungen und Besonderheiten vollständig, wahrheitsgemäß, nachvollziehbar und zeitnah zu dokumentieren. Die Aufzeichnungen dienen zur Qualitätssicherung, Nachvollziehbarkeit der Pflegehandlungen, zur Kommunikation im Team und als Nachweis im Falle rechtlicher Auseinandersetzungen. Dokumentationsversäumnisse, -fehler oder -manipulationen können arbeits-, zivil-, straf- und berufsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen, insbesondere wenn hierdurch der Nachweis einer sachgemäßen Pflegeführung erschwert oder unmöglich gemacht wird.

Welche Rechte und Pflichten bestehen bezüglich der Schweigepflicht?

Pflegefachpersonen unterliegen nach § 203 Strafgesetzbuch (StGB) sowie nach berufsrechtlichen Vorschriften einer umfassenden Schweigepflicht. Diese umfasst sämtliche ihnen im Rahmen ihrer Berufsausübung anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse über Patienten. Verstöße gegen die Schweigepflicht sind strafbewehrt und können zusätzlich arbeitsrechtliche Konsequenzen sowie berufsrechtliche Maßnahmen wie Verlust der Berufserlaubnis nach sich ziehen. Ausnahmen von der Schweigepflicht bestehen bei ausdrücklicher, nachweisbarer Entbindung durch den Betroffenen, bei gesetzlicher Meldepflicht (z. B. Infektionsschutzgesetz) oder bei Gefahr im Verzug (Notstand, Anzeigepflichten bei schweren Straftaten).

Was bedeutet Haftungsrecht in der Krankenpflege?

Das Haftungsrecht regelt, wann und in welchem Umfang Pflegekräfte für Fehler oder Unterlassungen im Rahmen ihrer Berufsausübung rechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Grundsätzlich haften Pflegefachpersonen für schuldhafte Pflichtverletzungen, die zu einem Schaden beim Patienten führen. Dies kann die zivilrechtliche Haftung (Schadensersatz, Schmerzensgeld), die strafrechtliche Haftung (z. B. wegen Körperverletzung durch Fahrlässigkeit) sowie arbeitsrechtliche Konsequenzen umfassen. Die Haftung ergibt sich insbesondere bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht, unzureichende Dokumentation oder fehlende Information des Arztes. Im Kontext der Delegation kann zudem eine Mitverantwortung des delegierenden Arztes bestehen. Zudem empfiehlt sich für Pflegekräfte eine geeignete Berufshaftpflichtversicherung.

Wann und wie darf Zwang in der Krankenpflege rechtlich angewendet werden?

Zwangsmaßnahmen, darunter Fixierungen, freiheitsentziehende Maßnahmen oder die Gabe von Medikamenten gegen den Willen des Patienten, sind in der Pflege nur unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen erlaubt. Die rechtliche Grundlage bildet primär das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 1906 BGB n.F. für freiheitsentziehende Maßnahmen) sowie spezifische Landesgesetze. Jede Zwangsmaßnahme bedarf einer richterlichen Genehmigung, außer in akuten Notfällen. Zudem muss stets das milderes Mittel gewählt werden, und jede Maßnahme ist lückenlos zu dokumentieren. Die Missachtung dieser Vorschriften stellt einen gravierenden Rechtsverstoß dar und kann straf- sowie zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Welche arbeitsrechtlichen Regelungen sind im Schichtdienst der Krankenpflege zu beachten?

Im Schichtdienst der Krankenpflege greifen verschiedene arbeitsrechtliche Regelungen, insbesondere aus dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), dem Mutterschutzgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz sowie entsprechenden Tarifverträgen. Pflegekräfte dürfen in der Regel nicht mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten, Pausenregelungen (mindestens 30 bzw. 45 Minuten bei >9 Stunden Arbeit) und Mindestruhezeiten (11 Stunden nach Schichtende) sind zwingend einzuhalten. Zudem sind Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit gesondert geregelt und oft mit Zuschlägen versehen. Überstunden müssen grundsätzlich vom Arbeitgeber angeordnet und entsprechend vergütet oder ausgeglichen werden. Verstöße gegen diese Regelungen können sowohl von Behörden sanktioniert werden als auch zum Entstehen von Schadensersatz- und Ausgleichsansprüchen der Pflegekräfte führen.