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Konventionalstrafe


Begriff und Wesen der Konventionalstrafe

Die Konventionalstrafe ist ein im Schuldrecht verankerter Begriff und bezeichnet eine vertraglich vereinbarte Geldzahlung, die eine Partei an die andere leisten muss, sofern eine bestimmte Pflicht aus einem Schuldverhältnis verletzt wird. Diese besondere Vereinbarung dient der Absicherung von Leistungsversprechen, indem sie unmittelbaren Druck auf die Einhaltung der Verpflichtung ausübt. Ihr primärer Zweck ist es, den Gläubiger im Falle der Pflichtverletzung schadlos zu halten beziehungsweise dem Schuldner eine pauschalierte Verpflichtung zur Zahlung aufzuerlegen, ohne dadurch Schadensnachweise erbringen zu müssen.

In Deutschland findet sich die gesetzliche Grundlage für die Konventionalstrafe insbesondere in den §§ 339 bis 345 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Weitere nationale sowie internationale Regelungen zur Vertragsstrafe können unter anderem im Handelsrecht oder im internationalen Privatrecht auftreten.


Rechtliche Grundlagen der Konventionalstrafe

Gesetzliche Verankerung und Systematik

Die Konventionalstrafe ist in Deutschland vorrangig in den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 339 – 345 BGB) normiert. Nach § 339 BGB entsteht bei Nicht- oder Schlechterfüllung einer vertraglichen Pflicht unmittelbar der Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Konventionalstrafe.

Die zentralen Grundsätze sind:

  • Akzessorietät: Das Bestehen der Konventionalstrafe ist grundsätzlich von der Gültigkeit des gesicherten Hauptanspruchs abhängig.
  • Pauschalierung: Es handelt sich um eine pauschalierte Form des Schadensersatzes, die unabhängig davon fällig wird, ob ein tatsächlicher Schaden entstanden ist und ohne Nachweiserfordernis.
  • Unabhängigkeit vom Schadensnachweis: Der Gläubiger muss keinen konkreten Schaden belegen, um die Leistung der Strafe fordern zu können.

Vertragsgestaltung und Wirksamkeitsvoraussetzungen

Für die wirksame Entstehung einer Konventionalstrafe sind folgende Voraussetzungen zu beachten:

  • Vertragliche Vereinbarung: Die Konventionalstrafe muss ausdrücklich im Vertrag festgelegt sein. Es reicht nicht aus, wenn sie lediglich im Raum steht.
  • Bestimmtheit: Die Höhe oder die Methode zur Berechnung der Strafe sollte im Vertrag eindeutig bestimmt oder zumindest bestimmbar sein.
  • Gesicherte Pflicht: Es muss klar benannt sein, welche Hauptpflicht durch die Vertragsstrafe abgesichert wird.

Funktion und Zielsetzung der Konventionalstrafe

Sicherungs- und Druckmittel

Die Konventionalstrafe dient primär als Druckmittel, um die Erfüllung vertraglicher Pflichten sicherzustellen. Durch die mögliche finanzielle Sanktionierung der Pflichtverletzung wird die Vertragstreue gefördert. Der bloße Verweis auf eine strafbewehrte Regelung erhöht die Wahrscheinlichkeit der Vertragserfüllung um ein Vielfaches.

Schadenersatzfunktion

Neben der Sanktionswirkung stellt die Konventionalstrafe eine pauschale Form des Schadenersatzes dar. Sie erleichtert dem Gläubiger die Durchsetzung seiner Ansprüche, da dieser nicht gezwungen ist, die Höhe eines tatsächlich entstandenen Schadens zu ermitteln oder zu beweisen.


Anwendungsbereiche der Konventionalstrafe

Die Konventionalstrafe findet in einer Vielzahl von Vertragstypen Anwendung, unter anderem:

  • Bauverträge: Zum Beispiel als Sicherung gegen Verzögerungen bei der Fertigstellung von Bauarbeiten.
  • Lieferverträge: Zum Schutz gegen verspätete oder mangelhafte Lieferung von Waren.
  • Arbeitsverträge: Häufig als Absicherung vor Wettbewerbsverstößen oder Geheimnisverrat.
  • Lizenz- und Know-how-Verträge: Als Schutz gegen die unautorisierte Nutzung geschützter Inhalte.

Rechtsfolgen der Verwirkung der Konventionalstrafe

Fälligkeit und Durchsetzbarkeit

Wird die vertraglich geschützte Hauptpflicht verletzt, steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Zahlung der Strafsumme zu, unabhängig von einem nachweisbaren Schaden. Die Strafe wird mit der Pflichtverletzung fällig und kann sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich geltend gemacht werden.

Modifikation durch das Gericht (§ 343 BGB)

Das Gesetz sieht unter bestimmten Umständen eine Herabsetzung der Konventionalstrafe vor. Gemäß § 343 BGB kann eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe auf Antrag des Schuldners durch das zuständige Gericht auf einen angemessenen Betrag reduziert werden. Hierbei sind insbesondere das Maß des Verschuldens sowie die Bedeutung der gesicherten Verpflichtung zu berücksichtigen.


Verhältnis zum Schadensersatz

Kumulation und Anrechnung

Die Geltendmachung einer Konventionalstrafe schließt einen weitergehenden Schadenersatzanspruch grundsätzlich nicht aus. Nach § 340 Abs. 2 BGB oder entsprechender vertraglicher Regelungen kann der Gläubiger neben der Vertragsstrafe auch Ersatz für einen übersteigenden Schaden verlangen. Allerdings wird die gezahlte Vertragsstrafe dann auf den Gesamtschadenersatzanspruch angerechnet.


Besonderheiten bei Dauerschuldverhältnissen und Zwangsvollstreckung

Dauerverpflichtungen

In wiederkehrenden oder dauerhaften Vertragsverhältnissen (zum Beispiel Miet- oder Dienstverträgen) kann für jede einzelne Pflichtverletzung eine gesonderte Konventionalstrafe vereinbart werden, sofern keine unzulässige Kumulierung vorliegt.

Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung

Die Konventionalstrafe ist ein selbstständiger Zahlungsanspruch und als solcher titel- und vollstreckungsfähig, sodass sie im Streitfall per Gericht durchgesetzt werden kann.


Internationales Vertragsrecht und Konventionalstrafe

Internationale Verträge enthalten häufig spezielle Regelungen zur Vertragsstrafe. Anders als im deutschen Recht kann der Anspruch auf eine Konventionalstrafe in anderen Rechtssystemen (zum Beispiel im anglo-amerikanischen Recht als „liquidated damages“) teilweise Beschränkungen durch Grundsätze wie die Sittenwidrigkeit („penalty rule“) unterliegen. Daher ist bei grenzüberschreitenden Verträgen auf die genaue Rechtswahl und Ausgestaltung der Vertragsstrafe zu achten.


Grenzen und Unwirksamkeit der Konventionalstrafe

AGB-Kontrolle

Die Konventionalstrafe unterliegt insbesondere im unternehmerischen Verkehr und zwischen Unternehmen und Verbraucher der Inhaltskontrolle nach den Vorgaben zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB). Unangemessen hohe Vertragsstrafen können dort als unwirksam eingestuft oder reduziert werden.

Sittenwidrigkeit und Treu und Glauben

Eine unverhältnismäßig hohe oder sittenwidrige Vertragsstrafe kann nach § 138 BGB nichtig oder nach § 242 BGB zumindest anpassungsbedürftig sein. Gerichte nehmen hier regelmäßig eine Interessenabwägung vor.


Fazit

Die Konventionalstrafe ist ein wichtiges und effektives Mittel zur Sicherung vertraglicher Pflichten und bietet sowohl Gläubigern als auch Schuldnern einen klar umrissenen Umgang mit Leistungsstörungen. Bei der Vereinbarung, Gestaltung und Durchsetzung einer Konventionalstrafe sind zahlreiche rechtliche Anforderungen zu berücksichtigen, um deren Wirksamkeit sicherzustellen und Streitigkeiten vorzubeugen. Besonders im internationalen Kontext und im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist eine sorgfältige Formulierung unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist eine Vereinbarung über eine Konventionalstrafe rechtlich wirksam?

Eine Vereinbarung über eine Konventionalstrafe ist grundsätzlich wirksam, wenn sie zwischen den Parteien vertraglich festgelegt wurde und keine gesetzlichen Verbote oder Sittenwidrigkeit entgegenstehen. Voraussetzung ist ein Hauptschuldverhältnis, auf dessen Verletzung sich die Strafe bezieht. Die Vereinbarung muss als Vertragsbestandteil erkennbar sein und Bestimmtheit hinsichtlich der verletzten Pflicht sowie der Strafhöhe aufweisen. Gemäß § 339 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist die Konventionalstrafe unabhängig vom tatsächlichen Schaden geschuldet, es sei denn, es wurde etwas anderes vereinbart. Zu beachten ist, dass in bestimmten Konstellationen, etwa im Verbraucherschutz oder im Rahmen von AGB-Kontrollen (§§ 305 ff. BGB), eine unangemessen hohe Konventionalstrafe unwirksam sein kann (§ 307 BGB). Außerdem können branchen- oder sachbezogene Spezialnormen ergänzende Anforderungen oder Beschränkungen für Konventionalstrafen vorsehen, etwa im Arbeitsrecht oder im internationalen Handelsrecht.

Wann kann die Höhe einer Konventionalstrafe durch das Gericht herabgesetzt werden?

Die Herabsetzung einer vereinbarten Konventionalstrafe ist insbesondere durch § 343 BGB möglich. Das Gericht kann die Strafe auf Antrag des Verpflichteten herabsetzen, wenn sie unverhältnismäßig hoch ist. Maßgeblich hierfür ist eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen im Einzelfall, wobei Ausgangspunkt die Vertragsfreiheit ist, der Schutz des Schuldners jedoch gebietet, unbillige Belastungen zu verhindern. Zu berücksichtigen sind unter anderem das Ausmaß und die Schwere der Pflichtverletzung, das Verschulden des Vertragspartners, der Wert des Vertragsgegenstandes sowie die Funktion der Strafe als Druckmittel zur Vertragserfüllung. Die Herabsetzung ist auf den „gerechten Betrag“ zu begrenzen, wobei das Gericht nicht unter null herabsetzen darf. Nicht in allen Rechtsgebieten erlaubt das Gesetz eine Herabsetzung, beispielsweise ist sie im internationalen Warenkauf nach dem UN-Kaufrecht (CISG) anerkannt, im Arbeitsrecht jedoch teils eingeschränkt oder ausgeschlossen.

Unterliegt die Konventionalstrafe der Umsatzsteuer?

Ja, ob eine Konventionalstrafe der Umsatzsteuer unterliegt, hängt davon ab, ob sie im Zusammenhang mit einem steuerbaren Leistungsaustausch steht. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der Auslegung der Finanzverwaltung wird eine Konventionalstrafe, die als Sanktion für das Ausbleiben einer vereinbarten Leistung oder die verspätete Erbringung gezahlt wird, in der Regel nicht als Entgelt im umsatzsteuerlichen Sinne angesehen. Sie gilt vielmehr als echter Schadenersatz und ist daher nicht umsatzsteuerpflichtig. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Zahlung nicht auf eine (ersatzweise) Leistung, sondern auf eine Pflichtverletzung gerichtet ist. Ausnahmen können bestehen, wenn mit der Vereinbarung tatsächlich eine (ersatzweise) entgeltliche Leistungserbringung verbunden ist oder die Vertragsstrafe verschleierte Preisbestandteile enthält.

Inwiefern kann eine Konventionalstrafe neben Schadensersatzansprüchen geltend gemacht werden?

Die Konventionalstrafe wird grundsätzlich unabhängig vom Eintritt und Nachweis eines Schadens geschuldet. Dennoch kann neben der Vertragsstrafe auch ein Schadensersatzanspruch bestehen. Nach § 340 Abs. 2 BGB kann der Gläubiger sogar über die Konventionalstrafe hinaus Schadensersatz verlangen, sofern dies vereinbart wurde oder gesetzlich zugelassen ist. Allerdings ist häufig vertraglich geregelt, dass die Strafe „anstelle“ des Schadensersatzes erhoben wird („exklusiver Charakter“). Existiert keine derartige Ausschlussklausel, kann der Gläubiger nach allgemeiner Regelung die Differenz zwischen tatsächlichem Schaden und gezahlter Konventionalstrafe fordern. Die Doppelbeanspruchung (Strafe und voller Schadenersatz) ist jedoch ausgeschlossen, sofern sie zu einer Überkompensation führt.

Was passiert mit der Konventionalstrafe bei Unwirksamkeit des Hauptvertrags?

Wird der Hauptvertrag, dem die Konventionalstrafenregelung zugrunde liegt, als unwirksam befunden, entfällt in der Regel auch der Anspruch auf die vereinbarte Konventionalstrafe. Das Akzessorietätsprinzip besagt, dass das Schicksal der Klausel von der Wirksamkeit des zu sichernden Hauptgeschäfts abhängt. Hiervon bestehen Ausnahmen, etwa wenn die Vertragsstrafenvereinbarung separat rechtsgeschäftlich Bestand haben soll oder der Vertrag nur teilweise für unwirksam erklärt wird (§ 139 BGB – Teilnichtigkeit). In bestimmten Fällen kann sich ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) ergeben, wenn die Konventionalstrafe bereits geleistet wurde.

Welche Besonderheiten gelten im internationalen Kontext für Konventionalstrafen?

Im internationalen Kontext sind bei der Vereinbarung und Durchsetzung einer Konventionalstrafe die jeweils anwendbaren rechtlichen Bestimmungen entscheidend. Nach UN-Kaufrecht (CISG) sind Vertragsstrafenklauseln unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, allerdings müssen im Streitfall meist die nationalen Umsetzungsgesetze geprüft werden. In vielen Ländern gelten für die Angemessenheit, Herabsetzung oder Durchsetzbarkeit andere Grundsätze als im deutschen Recht. Die Vereinbarung einer Gerichtsstands- oder Schiedsklausel ist ratsam, um Rechtssicherheit zu schaffen. Ferner beeinflussen internationale Abkommen, wie das Haager Übereinkommen, oder die Rom-I-Verordnung die Anerkennung und Durchsetzung von Konventionalstrafen in grenzüberschreitenden Fällen. Besondere Vorsicht ist geboten bei der Durchsetzbarkeit beispielsweise in angloamerikanischen Rechtsordnungen, in denen punitive damages und penalty clauses weitgehend ausgeschlossen sind.