Legal Lexikon

Kiesgruben


Begriff und rechtliche Einordnung von Kiesgruben

Kiesgruben bezeichnen Abbaustätten für Kies, Sand und andere Lockergesteine, die als wichtige Rohstoffe in der Bau- und Baustoffindustrie Verwendung finden. Die rechtliche Bewertung und die zulässige Nutzung solcher Abbaustätten sind vielschichtig und werden in Deutschland durch zahlreiche Gesetze und Vorschriften geregelt.

Definition und Abgrenzung: Kiesgrube

Eine Kiesgrube ist eine im Tagebau betriebene Anlage, in der mineralische Rohstoffe wie Kies, Sand oder Schotter abgebaut werden. Die Abgrenzung zu anderen Bergbauformen, wie Steinbrüchen oder Tongruben, erfolgt dabei überwiegend anhand der geförderten Materialien und der jeweiligen technischen Abbaumethoden.

Rechtliche Grundlagen für die Errichtung und den Betrieb von Kiesgruben

Die Nutzung, Errichtung und der Betrieb von Kiesgruben erfordern umfassende behördliche Genehmigungen und unterliegen zahlreichen Rechtsvorschriften. Zu berücksichtigen sind insbesondere das Bergrecht, Umweltrecht, Naturschutzrecht, Raumordnungsrecht und das Wasserrecht.

Bergrechtliche Einordnung

Bundesberggesetz (BBergG)

Der Abbau von Kies und Sand unterliegt grundsätzlich dem Bundesberggesetz (BBergG), sofern es sich um genehmigungsbedürftige bergfreie und grundeigene Bodenschätze handelt. Kies zählt jedoch zu den sogenannten grundeigenen Bodenschätzen, sodass der Grundstückseigentümer in der Regel über die Abbauberechtigung verfügt. Für die Aufnahme des Betriebs ist eine Betriebsplanzulassung nach § 51 ff. BBergG erforderlich, sofern nicht durch andere gesetzliche Regelungen (z. B. Ausnahme für landwirtschaftliche Zwecke gemäß BBergG) eine Genehmigungsfreiheit besteht.

Genehmigungsverfahren und behördliche Zuständigkeit

Die Errichtung und der Betrieb einer Kiesgrube bedürfen in der Regel einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sowie einer Planfeststellung oder Plangenehmigung nach den Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und Landeswassergesetzen, sofern wasserrechtliche Belange betroffen sind.

Dazu kann auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) erforderlich werden. Die zuständigen Genehmigungsbehörden sind in der Regel die Oberen oder Unteren Bergbehörden sowie Wasser- und Umweltbehörden der Länder.

Aspekte des Naturschutzrechts

Der Rohstoffabbau in Kiesgruben kann erhebliche Auswirkungen auf Natur und Landschaft haben. Deshalb sind die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) und der jeweiligen Landesnaturschutzgesetze zu beachten. Insbesondere müssen:

  • Eingriffe in Natur und Landschaft (§§ 13-15 BNatSchG) kompensiert werden (Eingriffs-Ausgleichsregelung).
  • Schutzgebiete wie FFH-Gebiete oder Landschaftsschutzgebiete gesondert berücksichtigt werden.
  • Artenschutzrechtliche Vorgaben eingehalten werden, insbesondere beim Vorkommen seltener oder geschützter Arten.

Raumordnungs- und Bauplanungsrechtliche Fragestellungen

Die Zulässigkeit von Kiesgruben im Außenbereich richtet sich maßgeblich nach § 35 Baugesetzbuch (BauGB). Kiesabbau zählt zu den privilegierten Vorhaben bei gegebener Raumordnung, sofern keine öffentlichen Belange entgegenstehen. Häufig erfolgt eine Beteiligung der Regional- und Landesplanung im Rahmen von Raumordnungsverfahren, um mögliche Konflikte zu vermeiden und eine ausgewogene Flächennutzung sicherzustellen.

Wasserrechtliche Anforderungen

Der Kiesabbau berührt regelmäßig das Grundwasser. Nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ist die Entnahme, Ableitung oder Beeinflussung von Grundwasser genehmigungspflichtig (§§ 8, 9 WHG). Die Behörden prüfen insbesondere Rückwirkungen auf Trinkwassergewinnung, Hochwasserschutz und Wasserökologie.

Pflichten und Verantwortlichkeiten des Betreibers

Pflichten während des Betriebes

Im laufenden Betrieb einer Kiesgrube sind Vorschriften aus den technischen Regelwerken, Arbeitsschutz, Betriebssicherheit sowie des Bundes-Immissionsschutzgesetzes einzuhalten. Der Betreiber haftet für Schäden aus dem Betrieb im Rahmen der Gefährdungshaftung.

Rekultivierung und Wiedernutzbarmachung

Nach Beendigung des Abbaus besteht gemäß Bundesberggesetz und den naturschutzrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Wiedernutzbarmachung der Fläche. Die Verpflichtung zur Rekultivierung dient der Anpassung an die vorgesehene Nachnutzung, etwa landwirtschaftliche Nutzung, Renaturierung oder als Naherholungsgebiet.

Praxistaugliche Rekultivierungspläne sind mit der zuständigen Genehmigungsbehörde abzustimmen und häufig mit Auflagen wie Baumpflanzungen, Schaffung von Biotopen oder Maßnahmen zur Bodensanierung verbunden. Die Einhaltung wird regelmäßig überprüft.

Haftung und Umweltschadensrecht

Gemäß Umweltschadensgesetz (USchadG) besteht eine verschärfte Haftung gegenüber Dritten und der Allgemeinheit im Fall von Umweltschäden durch nicht ordnungsgemäßen Betrieb der Kiesgrube. Die Betreiber sind verpflichtet, angemessene Vorsorgemaßnahmen zu treffen und im Schadensfall unverzüglich zu handeln.

Rückbau, Stilllegung und Nachnutzung

Nach Abschluss der Nutzung erfolgen Stilllegung und Rückbau aller tagebautypischen Anlagen. Die gesetzlich geforderte Nachsorge stellt sicher, dass von der Grube keine Gefahren für Mensch, Natur oder das Grundwasser ausgehen. Die geplante Nachnutzung ist im Rahmen der Rekultivierung und durch die zuständigen Behörden zu genehmigen.

Steuerrechtliche Aspekte

Die Veräußerung und der Abbau von Kies unterliegen der Umsatzbesteuerung nach Umsatzsteuergesetz (UStG). Zudem sind die aus dem Abbaubetrieb resultierenden Gewinne einkommensteuerpflichtig. Kommunalabgaben oder spezielle Förderabgaben können auf Länderebene zusätzlich erhoben werden.

Zusammenfassung

Kiesgruben stellen nicht nur eine wesentliche Quelle für mineralische Rohstoffe dar, sondern sind auch Gegenstand umfangreicher regulatorischer Anforderungen. Neben der erforderlichen Genehmigung und behördlichen Kontrolle sind Betreibende zur umfassenden Einhaltung von Umwelt-, Natur- und Wasserschutz verpflichtet. Die rechtssichere Errichtung, Betrieb und Rekultivierung von Kiesgruben sind wesentlich für eine nachhaltige Rohstoffgewinnung und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Genehmigungen sind für den Betrieb einer Kiesgrube erforderlich?

Für den Betrieb einer Kiesgrube sind in Deutschland verschiedene Genehmigungen nach dem Bundes- und Landesrecht zwingend einzuholen. Zunächst ist eine bergrechtliche Genehmigung gemäß Bundesberggesetz (BBergG) erforderlich, da der Abbau von Kies als bergbauliche Tätigkeit gilt. Hierzu muss ein Betriebsplan bei der zuständigen Bergbehörde eingereicht und genehmigt werden. Zusätzlich sind zahlreiche Umweltgenehmigungen notwendig, darunter eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung (§ 4 BImSchG), wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden. Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist ebenfalls regelmäßig vorzusehen, insbesondere wenn die zu bearbeitende Fläche oder das jährliche Abbauvolumen bestimmte Größen übersteigt. Erforderlich ist weiterhin eine wasserrechtliche Erlaubnis gemäß Wasserhaushaltsgesetz (WHG), falls Grundwasser beeinflusst oder Oberflächenwasser umgeleitet wird. Baurechtliche Genehmigungen nach dem jeweiligen Landesbauordnungsrecht sind ebenfalls zu berücksichtigen. Häufig sind zudem artenschutzrechtliche Prüfungen sowie Bodenschutzauflagen einzuhalten. Im Einzelfall können naturschutzrechtliche Befreiungen oder Ausgleichsmaßnahmen für die betroffene Flora und Fauna verlangt werden, etwa bei Flächen in Landschaftsschutz- oder Natura-2000-Gebieten.

Welche Pflichten zur Wiederherstellung und Rekultivierung bestehen nach der Stilllegung einer Kiesgrube?

Nach Abschluss der Abbautätigkeit sind Betreiber gesetzlich verpflichtet, die genutzten Flächen nach den Vorgaben des Bundesberggesetzes (BBergG) sowie nach Naturschutz- und Bodenschutzrecht zu rekultivieren beziehungsweise einer neuen zulässigen Nutzung zuzuführen. Bereits im Rahmen des Betriebsplans muss ein Abschlussbetriebsplan vorgelegt werden, der detaillierte Angaben zur Wiederherstellungsmaßnahme enthält. Dieser wird von der Bergbehörde geprüft und genehmigt. Die Rekultivierungspflicht umfasst üblicherweise die Sicherung und Geländeanpassung, insbesondere das Abflachen steiler Böschungen, Verfüllungen, Oberbodenauftrag sowie die Herstellung landschaftlicher Strukturen. Die Zielnutzung kann von landwirtschaftlicher Nutzung bis hin zur Entwicklung naturnaher Lebensräume (z.B. Feuchtbiotope, Seen) reichen. Die zuständigen Behörden überwachen den Rekultivierungserfolg und können Nachbesserungen verlangen. Bei Nichterfüllung der Auflagen drohen Zwangsmaßnahmen einschließlich Ersatzvornahmen auf Kosten des Betreibers.

Welche Haftungsrisiken und Verkehrssicherungspflichten bestehen für Kiesgrubenbetreiber?

Kiesgrubenbetreiber tragen sowohl während des Betriebs als auch nach der Stilllegung ein umfangreiches Haftungsrisiko. Während des Betriebs sind sie verpflichtet, die Grube so zu sichern, dass keine Gefahren für Dritte ausgehen. Dazu zählen Umzäunungen, Warnschilder und technische Absperrungen. Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich auf alle Gefahren, die mit dem Betrieb oder dem Zustand der Grube verbunden sind, wie Absturzgefahr, Wasserflächen oder rutschende Böschungen. Kommt der Betreiber diesen Pflichten nicht nach, haftet er zivilrechtlich gegenüber Geschädigten nach § 823 BGB sowie öffentlich-rechtlich gegenüber der Allgemeinheit. Nach der endgültigen Stilllegung bleiben diese Pflichten mindestens bis zur ordnungsgemäßen Rekultivierung bestehen. In besonderen Fällen sind auch nach der Rekultivierung über Jahre Nachsorgepflichten möglich, etwa wenn Gewässer wiederhergestellt wurden oder sich gefährliche Setzungen abzeichnen.

Können Anwohner oder Gemeinden gegen Kiesabbau rechtlich vorgehen?

Anwohner und betroffene Gemeinden haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, gegen den Kiesabbau vorzugehen. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens haben sie das Recht, Einwendungen im Umfang einer förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung zu erheben. Betroffene Nachbarn können nach § 42 VwGO Anfechtungsklagen gegen die Genehmigung erheben, sofern sie in eigenen Rechten – insbesondere dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen – verletzt sind. Gemeinden können ebenfalls Klage einlegen, falls gemeindliche Belange, zum Beispiel der Flächennutzungsplan, beeinträchtigt werden. Liegen Verstöße gegen Umwelt-, Naturschutz- oder wasserrechtliche Vorgaben vor, können auch Umweltverbände im Wege der Verbandsklage gemäß Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) vorgehen. Zudem sind formlose Beschwerden und Eingaben an die zuständige Aufsichtsbehörde möglich, die eine Überprüfung der Genehmigung oder des laufenden Betriebs veranlassen können.

Was ist im Rahmen des Naturschutzes und Artenschutzes beim Betrieb einer Kiesgrube zu beachten?

Zum Schutz von Natur und Artenvielfalt formuliert insbesondere das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) rechtliche Anforderungen. Bereits im Genehmigungsverfahren sind artenschutzrechtliche Prüfungen erforderlich, um etwaige Beeinträchtigungen streng geschützter Arten (z. B. geschützte Amphibien oder seltene Pflanzen) auszuschließen oder geeignete Ausgleichsmaßnahmen zu planen. Eingriffe in Landschaftsschutz-, Naturschutz- oder FFH-Gebiete bedürfen gesonderter naturschutzrechtlicher Ausnahmen oder Befreiungen. Vorgeschrieben ist auch, dass durch Renaturierung oder Ausgleichsmaßnahmen entstandene Schäden kompensiert werden müssen. Monitoring- und Berichterstattungspflichten können zusätzlich angeordnet werden, um die Wirksamkeit von Artenschutzmaßnahmen zu überprüfen.

Welche Besonderheiten gelten für Wasserrecht und den Grundwasserschutz in Kiesgruben?

Der Abbau von Kies hat oftmals erhebliche Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. Sobald das Grundwasser berührt oder gesenkt wird, ist eine wasserrechtliche Erlaubnis nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) erforderlich. Spezielle Anforderungen betreffen die Abdichtung gegen Sickerwasser, das Anlegen von Rückhaltebecken sowie die Fortführung angrenzender Wasserläufe. Betreiber müssen im Einzelfall umfangreiche hydrogeologische Gutachten vorlegen, in denen die Auswirkungen auf Grundwasserleiter, Trinkwasserbrunnen und benachbarte Ökosysteme bewertet werden. Die Genehmigung enthält oft Auflagen zur fortlaufenden Kontrolle, beispielsweise regelmäßige Grundwassermessungen und Berichtspflichten. Verstöße gegen wasserrechtliche Vorschriften können den Entzug der Genehmigung oder hohe Ordnungsstrafen nach sich ziehen.

Welche Rolle spielt das Planungsrecht beim Kiesabbau?

Der Abbau von Kies muss sich grundsätzlich in die übergeordnete Raumplanung und Regionalplanung einfügen. Das bedeutet, dass die Fläche für den Abbau bereits im Flächennutzungsplan oder im Regionalplan als Abbaugebiet ausgewiesen sein muss. Ohne diese planerische Grundlage ist eine Genehmigung nach Fachrecht in der Regel nicht zulässig. Gemeinden können über Bebauungspläne und Änderung bestehender Planungen Einfluss nehmen und so die Entwicklung in ihrem Gebiet steuern oder beschränken. Die Einhaltung der Ziele der Raumordnung und der Schutzbereiche (z.B. Siedlungsflächen, Landschafts- und Naturschutzgebiete, Landwirtschaft) ist im Genehmigungsverfahren nachzuweisen und in Konfliktfällen im Rahmen einer Abwägung (öffentliche Belange) durch die Genehmigungsbehörde zu berücksichtigen.