Legal Lexikon

Wiki»Kauf auf Probe

Kauf auf Probe


Begriff und Grundlagen des Kauf auf Probe

Der Begriff Kauf auf Probe beschreibt eine besondere Form des Kaufvertrags, bei dem der Käufer die Möglichkeit erhält, die Ware vor einer endgültigen Bindung an den Vertrag zu erproben und zu begutachten. Dies gibt dem Käufer die Gelegenheit, die Eigenschaften und die Eignung der Kaufsache für einen bestimmten Zweck festzustellen. Die rechtliche Grundlage dieser Vertragsform ist insbesondere im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt.

Definition und Abgrenzung

Der Kauf auf Probe (§ 454 BGB) stellt einen sogenannten bedingten Kaufvertrag dar. Der wesentliche Unterschied zu anderen Kaufarten, wie etwa dem Kauf zur Probe oder dem Kauf nach Probe, besteht darin, dass der endgültige Vertragsschluss erst mit der Billigung durch den Käufer erfolgt. Der Käufer kann die Ware nach der Lieferung innerhalb einer vereinbarten oder angemessenen Frist prüfen und entscheiden, ob er an dem Vertrag festhält.

Gesetzliche Grundlagen

Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch

Gemäß § 454 Abs. 1 BGB gilt:
„Beim Kauf auf Probe erfolgt der Vertrag unter der Bedingung, dass der Käufer die Ware billigt.“
Dieses Billigungsrecht ist das zentrale Merkmal des Kauf auf Probe. Der Vertrag bleibt schwebend unwirksam, bis der Käufer die Ware ausdrücklich oder stillschweigend billigt. Hat der Käufer die Ware gebilligt, so wird der Kaufvertrag rückwirkend wirksam.

Unterschied zu ähnlichen Vertragsformen

Kauf zur Probe

Der Kauf zur Probe ist zu unterscheiden vom Kauf auf Probe. Beim Kauf zur Probe handelt es sich um einen verbindlichen Kaufvertrag über eine kleine Menge einer Ware, welche dem Käufer als Muster dient. Auf dessen Basis können weitere Verträge abgeschlossen werden. Im Gegensatz dazu löst der Kauf auf Probe zunächst lediglich ein Prüfungsrecht aus.

Kauf nach Probe (Musterkauf)

Beim Kauf nach Probe verpflichtet sich der Verkäufer, Waren zu liefern, die einer bestimmten Probe in Beschaffenheit und Qualität entsprechen. Der Vertrag ist mit Abschluss verbindlich und unterscheidet sich damit grundlegend vom Kauf auf Probe.

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Rechte des Käufers

Der Käufer hat das Recht, die gelieferte Ware innerhalb eines bestimmten Zeitraums auf Herz und Nieren zu prüfen. Diese Erprobung kann sowohl durch einfache Sicht- und Funktionsprüfungen als auch durch tatsächlichen Gebrauch erfolgen, soweit dies zur Beurteilung der Kaufsache notwendig ist.

Der Käufer ist berechtigt, die Ware im Rahmen der Vereinbarung und unter Berücksichtigung des gewöhnlichen Nutzungsumfangs zu testen. Überschreitet die Nutzung das übliche Maß und kommt es dadurch zu Schäden, trägt der Käufer die Verantwortung.

Pflichten des Käufers

Der Käufer hat die Pflicht, dem Verkäufer die Billigung oder Ablehnung der Kaufsache mitzuteilen. Bleibt diese Erklärung aus, kommen die Wirkungen des § 455 BGB zum Tragen.

Billigung der Ware

Die Billigung der Ware kann ausdrücklich, beispielsweise durch eine schriftliche Erklärung, oder stillschweigend, etwa durch Weiterverkauf oder Gebrauch über die übliche Testdauer hinaus, erfolgen.

Ablehnung

Erklärt der Käufer, dass die Ware nicht seinen Erwartungen entspricht, gilt der Kaufvertrag als nicht zustande gekommen. Der Käufer muss die Ware zurückgeben, sofern nicht anders vereinbart.

Folgen der unterlassenen Erklärung

Reagiert der Käufer auf eine entsprechende Aufforderung durch den Verkäufer nicht innerhalb der angemessenen Frist, so wird die Ware gemäß § 455 BGB als gebilligt betrachtet. Dies gilt nicht, wenn eine ausdrückliche Ablehnung erfolgt.

Pflichten des Verkäufers

Der Verkäufer ist verpflichtet, die Kaufsache mangelfrei und vertragsgemäß zu liefern. Er trägt bis zur Billigung die Gefahr des Untergangs oder der Verschlechterung der Sache.

Rechtsfolgen und Wirkung des Kaufs auf Probe

Zustandekommen und Wirksamkeit des Kaufvertrags

Der Kauf auf Probe ist zunächst ein schwebend unwirksamer Vertrag. Erst mit der Billigung durch den Käufer tritt Wirksamkeit ein, wobei diese Wirkung rückwirkend zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsschlusses eintritt (ex tunc).

Rücktritt und Widerruf

Vor der Billigung der Ware kann der Käufer den Kaufvertrag grundsätzlich jederzeit ablehnen. Ein besonderes Rücktrittsrecht oder Widerrufsrecht bedarf keiner Vereinbarung, da die Bindung an den Kaufvertrag erst mit der Billigung eintritt.

Eine Ablehnung ist formlos möglich, jedoch sollte aus Beweisgründen eine schriftliche Mitteilung erfolgen.

Gefahrübergang und Eigentumserwerb

So lange keine Billigung erfolgt ist, verbleibt das Eigentum an der Kaufsache in der Regel beim Verkäufer. Auch der Gefahrübergang – der Übergang der Sachgefahr auf den Käufer – erfolgt regelmäßig erst mit der Billigung der Kaufsache, sofern nichts anderes vereinbart wurde.

Besonderheiten im Handelsrecht

Im Handelskauf gelten teilweise abweichende Regelungen. Insbesondere im Rahmen des Handelsgesetzbuchs (HGB) kann die Möglichkeit und Ausgestaltung des Kauf auf Probe durch die Geschäftspraxis individualvertraglich ausgestaltet sein.

Form und Fristen

Im Warenhandel sind die Fristen zur Prüfung und zur Billigung in der Praxis häufig kürzer als im Verbrauchsgüterbereich. Die Ausgestaltung ist jedoch immer unabhängig zu prüfen und individuell vertraglich zu regeln.

Abgrenzung zum Widerrufsrecht im Verbraucherschutz

Der Kauf auf Probe darf nicht mit dem gesetzlichen Widerrufsrecht im Fernabsatz gemäß §§ 355 ff. BGB verwechselt werden. Während der Kauf auf Probe eine individuell vereinbarte oder gesetzlich ausgestaltete Form des Kaufvertrags ist, beruht das Widerrufsrecht auf zwingenden verbraucherschützenden Vorschriften im Online- und Haustürgeschäft.

Praktische Bedeutung und Anwendungsbereiche

Der Kauf auf Probe findet in der Praxis überwiegend bei hochwertigen oder beratungsintensiven Gütern Anwendung, bei denen eine Prüfung durch den Käufer elementar ist. Typische Beispiele sind Maschinen, größere technische Geräte oder Fahrzeuge. Auch im Einzelhandel oder Onlinehandel kann die Vereinbarung eines Kaufs auf Probe zur Risikominderung beitragen – sowohl für Käufer als auch für Verkäufer.

Zusammenfassung

Der Kauf auf Probe ist ein flexibles Instrument zur Erprobung und Auswahl von Kaufgegenständen. Seine Besonderheit liegt in der schwebenden Unverbindlichkeit sowie in den maßgeblichen Mitwirkungsrechten und -pflichten des Käufers. Eine sorgfältige vertragliche Gestaltung ist in der Praxis empfehlenswert, um die Rechte und Pflichten beider Parteien eindeutig zu klären. Die differenzierte gesetzliche Regelung im BGB gibt hierzu einen belastbaren Rahmen und bietet einen hohen Grad an Rechtssicherheit.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen wirksamen Kauf auf Probe erfüllt sein?

Für einen wirksamen Kauf auf Probe im Sinne der §§ 454 ff. BGB müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen gegeben sein. Zunächst setzen die Parteien ausdrücklich oder konkludent voraus, dass der endgültige Vertragsschluss unter der Bedingung der Billigung durch den Käufer steht. Dies bedeutet, dass ein „Kauf auf Probe“ noch kein endgültiger Kaufvertrag ist, sondern erst mit der Billigung durch den Käufer – also dessen Zustimmung nach Prüfung der Ware – wirksam zustande kommt. Vertragspartner müssen daher eine entsprechende Abrede treffen, die erkennbar auf die Probe und spätere Erklärung der Billigung oder Zurückweisung abstellt. Darüber hinaus muss das Proberecht im Zweifel sofort oder innerhalb einer vereinbarten Frist ausgeübt werden. Formvorschriften bestehen grundsätzlich nicht, allerdings empfiehlt sich aus Beweisgründen eine schriftliche Fixierung. Sowohl das Überlassen der Ware als auch die Bedingungen für deren Rücknahme bei Nichtgefallen sollten klar geregelt sein. Der Verkäufer ist während der Probephase gebunden, kann die Ware aber im Einvernehmen mit dem Käufer bis zur Billigung zurückverlangen, wenn besonderes Interesse an einer schnellen Entscheidung besteht.

Welche Fristen gelten bei einem Kauf auf Probe für die Ausübung des Billigungsrechts?

Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 455 BGB) sieht keine starre Frist für die Billigung oder Ablehnung der Kaufsache im Rahmen des Kaufes auf Probe vor, es sei denn, eine Frist wurde individuell vereinbart. Fehlt eine ausdrückliche Fristabrede, muss die Billigung innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen, die nach den Umständen des Einzelfalls, wie Art und Umfang der zu prüfenden Ware, zu bemessen ist. In der Praxis wird dabei auf die Verkehrsauffassung und das berechtigte Interesse des Verkäufers an einer zeitnahen Entscheidung abgestellt. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Billigung oder wird die Ware nicht ausdrücklich zurückgewiesen, kann nach § 455 BGB angenommen werden, dass Billigung stillschweigend erfolgt ist, sofern der Käufer die Ware vorbehaltlos behält.

Welche Rechte und Pflichten haben Käufer und Verkäufer während der Probephase?

Während der Probephase schuldet der Verkäufer weiterhin die Eigentumsverschaffung an der Kaufsache, überträgt das Eigentum aber regelmäßig erst nach erfolgter Billigung. Bis dahin verbleibt das Risiko grundsätzlich beim Verkäufer, es sei denn, die Parteien haben eine abweichende Vereinbarung getroffen. Der Käufer ist während der Probe zur sorgfältigen Behandlung der Kaufsache verpflichtet und haftet im Schadensfall nach den Grundsätzen des Schuldverhältnisses, insbesondere für Vorsatz und Fahrlässigkeit. Zudem hat der Käufer das Recht, die Kaufsache sachgemäß zu prüfen, jedoch nicht zu verbrauchen oder über sie zu verfügen, als wäre sie bereits endgültig erworben. Bei Ablehnung der Ware ist der Käufer zur Rückgabe verpflichtet, wobei er die Rücksendekosten nur dann trägt, wenn dies vertraglich vereinbart wurde oder sich aus allgemeinen gesetzlichen Regelungen ergibt.

Was passiert, wenn der Käufer die Billigung stillschweigend erklärt oder die Frist verstreichen lässt?

Wird keine ausdrückliche Erklärung abgegeben und gibt der Käufer die Sache nicht fristgerecht zurück, gilt die Billigung gemäß § 455 BGB als erfolgt, es sei denn, dass nach den Umständen anzunehmen ist, dass der Käufer die Sache nicht billigen will. Typischerweise nimmt die Rechtsprechung eine stillschweigende Billigung an, wenn der Käufer die Sache weiter nutzt, sie verändert oder Anzeichen setzt, dass er das Geschäft endgültig anerkennt. In diesem Fall kommt der Kaufvertrag verbindlich zustande und es gelten sämtliche gesetzlichen Rechte und Pflichten, wie zum Beispiel die Zahlungspflicht und die Übertragung des Eigentums an der Kaufsache.

Wie ist die Rückabwicklung geregelt, wenn die Ware nicht gebilligt wird?

Lehnt der Käufer die Ware form- und fristgerecht ab, kommt kein endgültiger Kaufvertrag zustande. Nach § 355 Abs. 2 BGB schuldet er dem Verkäufer die Rückgabe der Kaufsache im Originalzustand. Er ist verpflichtet, sämtliche empfangene Leistungen zurückzugewähren, etwaige Nutzungen (etwa gezogene Gebrauchsvorteile) herauszugeben oder Wertersatz zu leisten, wenn die Rückgabe aus Gründen, die der Käufer zu vertreten hat, nicht oder nicht vollständig möglich ist. Der Verkäufer kann gegebenenfalls Ansprüche wegen Wertverlust oder Beschädigungen geltend machen, sofern diese auf unsachgemäße Behandlung durch den Käufer während der Probezeit zurückzuführen sind.

Gibt es Unterschiede zum Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen?

Das Kauf auf Probe-Modell unterscheidet sich rechtlich grundlegend vom Widerrufsrecht im Fernabsatz gemäß §§ 355 ff. BGB. Während beim Kauf auf Probe der Kaufvertrag erst mit der Billigung zustande kommt, entsteht beim Fernabsatzgeschäft der Vertrag unmittelbar mit Bestellung. Das Widerrufsrecht ist ein gesetzliches Rücktrittsrecht, das unabhängig von einer Warenprüfung gewährt wird und zu einer Rückabwicklung führt. Die Probephase beim Kauf auf Probe ist hingegen Vertragsbestandteil und räumt dem Käufer von vornherein das Recht ein, die Bindung an das Geschäft von seiner Zustimmung abhängig zu machen.

Können beim Kauf auf Probe Gewährleistungsrechte geltend gemacht werden?

Zeigen sich während der Probezeit Mängel an der Kaufsache, kann der Käufer die Billigung verweigern, ohne dass hierfür weitere Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Lehnt er auf Grund eines Mangels ab, ist ein Kaufvertrag nie zustande gekommen, es greifen also die klassischen kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche nicht. Kommt es hingegen nach Billigung zum endgültigen Kaufvertrag und treten danach Mängel auf, stehen dem Käufer selbstverständlich die allgemeinen Gewährleistungsrechte nach §§ 434 ff. BGB (Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt, Schadensersatz) zu.