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Karenzentschädigung

Begriff und Funktion der Karenzentschädigung

Die Karenzentschädigung ist eine Zahlung des früheren Arbeitgebers an eine ausgeschiedene beschäftigte Person für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, in der diese vertraglich zugesichert hat, keine Konkurrenztätigkeit auszuüben. Sie dient als Ausgleich dafür, dass die berufliche Bewegungsfreiheit zeitlich, räumlich und inhaltlich eingeschränkt wird. Grundlage ist eine vorher vereinbarte Abrede über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das nur wirksam ist, wenn eine angemessene Entschädigung zugesichert ist.

Voraussetzungen für wirksame Wettbewerbsverbote und den Anspruch auf Karenzentschädigung

Schutzwürdiges Interesse und Angemessenheit

Ein Wettbewerbsverbot ist nur zulässig, wenn ein berechtigtes geschäftliches Interesse besteht, etwa der Schutz von Kundenbeziehungen, vertraulichen Informationen oder betriebsspezifischem Know-how. Es muss so gestaltet sein, dass es die berufliche Tätigkeit nicht weiter einschränkt als erforderlich. Unangemessen weit gefasste Verbote sind unwirksam oder unverbindlich.

Schriftform und Übergabe

Die Vereinbarung muss schriftlich fixiert und der beschäftigten Person ausgehändigt werden. Mündliche Absprachen oder bloße Hinweise in internen Regelwerken reichen nicht aus.

Zeitliche Höchstdauer

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot darf höchstens zwei Jahre ab dem Ende des Arbeitsverhältnisses dauern. Längere Bindungen sind regelmäßig unwirksam.

Inhaltliche und räumliche Begrenzung

Das Verbot muss sachlich (Tätigkeiten/Branche), räumlich (Region/Märkte) und gegenständlich (Produkte/Dienstleistungen) klar begrenzt sein. Nur Tätigkeiten, die tatsächlich mit den schutzwürdigen Interessen kollidieren können, dürfen erfasst werden.

Mindestentgelt und Unverbindlichkeit

Ohne zugesicherte Karenzentschädigung oder bei einer Unterschreitung der gesetzlich geforderten Mindesthöhe gilt das Wettbewerbsverbot regelmäßig als unverbindlich. Die beschäftigte Person kann dann wählen, ob sie sich an das Verbot hält und die Entschädigung in mindestens gesetzlicher Höhe verlangt oder das Verbot unbeachtet lässt.

Berechnung und Zahlung der Karenzentschädigung

Bemessungsgrundlage

Maßstab ist das zuletzt bezogene vertragliche Entgelt. Dazu zählen regelmäßig das feste Gehalt sowie vertraglich geschuldete variable Bestandteile wie Provisionen, Boni oder regelmäßige Zulagen, soweit sie die Vergütung typischerweise prägen. Einmalige, nicht geschuldete Sonderzuwendungen werden in der Regel nicht berücksichtigt.

Sachbezüge

Geldwerte Vorteile, etwa die Privatnutzung eines Dienstwagens oder Zuschüsse zu Unterkunft, werden berücksichtigt, sofern sie vertraglich vereinbart oder regelmäßig gewährt wurden. Sie werden für die Berechnung in einen Geldwert umgerechnet.

Höhe der Karenzentschädigung

Die Entschädigung muss mindestens die Hälfte des maßgeblichen letzten vertraglichen Entgelts erreichen. Höhere vertragliche Zusagen sind möglich.

Zahlungsweise und Fälligkeit

Die Karenzentschädigung wird für die Dauer des Wettbewerbsverbots laufend gezahlt, typischerweise monatlich nachträglich. Sie ist für jeden Monat der wirksamen Bindung geschuldet.

Anrechnung anderweitigen Erwerbs und Einkommensgrenzen

Zur Vermeidung einer Überkompensation können Einkommen aus zulässiger Tätigkeit angerechnet werden. In der Praxis gilt häufig die 110%-Grenze: Karenzentschädigung und anderweitiger Erwerb zusammen sollen das frühere vertragliche Entgelt um nicht mehr als 10% übersteigen; der übersteigende Teil wird auf die Entschädigung angerechnet, sodass sich die Zahlung entsprechend reduziert.

Vertragliche Gestaltung und typische Klauseln

Vertragsstrafe

Viele Vereinbarungen enthalten eine Vertragsstrafe für den Fall des Verstoßes. Sie soll eine schnelle Bezifferung der Rechtsfolgen ermöglichen. Zusätzlich kann ein Anspruch auf Schadenersatz bestehen, wenn ein konkreter Schaden nachgewiesen wird.

Verzichts- und Rücktrittsregelungen des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber kann vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Wettbewerbsverbot verzichten. In diesem Fall entfällt die Bindung nach dem Ausscheiden; die Zahlungspflicht für die Karenzentschädigung endet jedoch erst nach Ablauf eines Jahres seit der Verzichtserklärung. Erfolgt der Verzicht erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses, bleibt das Wettbewerbsverbot in der Regel wirksam und die Zahlungspflicht besteht fort.

Beendigungsarten und Auswirkungen

Ob die Beendigung auf Kündigung, Befristungsablauf oder Aufhebungsvereinbarung beruht, ändert grundsätzlich nichts daran, dass ein wirksam vereinbartes Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigung fortgelten. Besondere Umstände des Einzelfalls können die Wirksamkeit beeinflussen, etwa wenn die Begrenzungen unangemessen sind.

Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot

Ansprüche der beschäftigten Person

Besteht ein wirksames Wettbewerbsverbot, kann die beschäftigte Person die vereinbarte oder mindestens gesetzlich geschuldete Karenzentschädigung verlangen. Hält sie sich nicht an das Verbot, entfällt für die Dauer des Verstoßes regelmäßig der Anspruch auf Entschädigung; bereits Gezahltes kann anteilig zurückgefordert werden.

Ansprüche des Arbeitgebers

Bei Verstößen kommen eine vereinbarte Vertragsstrafe, die Geltendmachung von Schadenersatz sowie in geeigneten Fällen Unterlassungsansprüche in Betracht. Ohne wirksame Vereinbarung sind Ansprüche eingeschränkt.

Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung

Lohnsteuer

Die Karenzentschädigung ist steuerpflichtiges Arbeitsentgelt und unterliegt dem Lohnsteuerabzug durch den ehemaligen Arbeitgeber. Sie wird im Zuflusszeitpunkt besteuert.

Sozialversicherung

Die Entschädigung gilt als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt. Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung können anfallen, soweit Versicherungspflicht besteht und die maßgeblichen Grenzen erreicht werden.

Auswirkungen auf Leistungen der Arbeitsförderung

Die Entschädigung kann Einfluss auf Ansprüche gegenüber Sozialleistungsträgern haben, etwa durch Anrechnung oder Ruhenstatbestände. Maßgeblich sind die jeweils geltenden Regelungen und die konkrete Ausgestaltung der Zahlungen.

Besondere Konstellationen und Abgrenzungen

Auszubildende

Nach dem Ende einer Berufsausbildung sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote weitgehend unzulässig. Eine Karenzentschädigung ist in diesem Bereich daher regelmäßig nicht einschlägig.

Leitende Angestellte

Für leitende Angestellte gelten dieselben Grundprinzipien: Schriftform, Höchstdauer, Angemessenheit und Mindestentgelt. Die konkrete Ausgestaltung fällt wegen der häufig erweiterten Einblicksmöglichkeiten in betriebliche Belange oft detaillierter aus.

Freie Mitarbeit und Handelsvertreter

Für selbstständig Tätige und Handelsvertreter existieren eigenständige Regelungen zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten und Entschädigungen. Inhaltlich ähneln sie dem arbeitsrechtlichen Konzept, weichen im Detail jedoch ab.

Abgrenzung zu Abfindung, Aufhebungszahlung und Ruhegeld

Die Karenzentschädigung ist keine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, keine Gegenleistung für eine Beendigungserklärung und kein Ruhegeld. Sie ist zweckgebunden: Sie vergütet ausschließlich die vertraglich vereinbarte Unterlassung von Konkurrenztätigkeit nach dem Ausscheiden.

Häufig gestellte Fragen zur Karenzentschädigung

Was ist eine Karenzentschädigung?

Die Karenzentschädigung ist eine Zahlung des früheren Arbeitgebers für die Zeit, in der eine ausgeschiedene Person aufgrund eines wirksamen Wettbewerbsverbots keine Konkurrenztätigkeit ausübt. Sie kompensiert die Einschränkung der beruflichen Freiheit.

Wann entsteht ein Anspruch auf Karenzentschädigung?

Ein Anspruch entsteht, wenn ein wirksames, schriftlich vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot besteht, das zeitlich, räumlich und inhaltlich angemessen begrenzt ist und eine Entschädigung vorsieht.

Wie hoch ist die Karenzentschädigung und woraus wird sie berechnet?

Sie beträgt mindestens die Hälfte des zuletzt bezogenen vertraglichen Entgelts einschließlich regelmäßig geschuldeter variabler Bestandteile und geldwerter Vorteile. Eine höhere vertragliche Zusage ist möglich.

Kann der Arbeitgeber das Wettbewerbsverbot einseitig aufheben?

Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber auf das Verbot verzichten. Die Bindung entfällt dann nach dem Ausscheiden, die Zahlungspflicht für die Entschädigung endet allerdings erst ein Jahr nach der Verzichtserklärung.

Was passiert bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot?

Bei Verstößen entfällt die Karenzentschädigung regelmäßig für die Dauer des Verstoßes. Zusätzlich können eine vereinbarte Vertragsstrafe, Schadenersatzforderungen und Unterlassungsansprüche in Betracht kommen.

Wird anderes Einkommen während der Karenz angerechnet?

Anderweitiger Erwerb kann angerechnet werden, um eine Überkompensation zu vermeiden. Üblich ist, dass das Gesamteinkommen aus Entschädigung und zusätzlichem Erwerb das frühere Entgelt nicht deutlich überschreitet; der übersteigende Teil wird angerechnet.

Wie wird die Karenzentschädigung steuerlich und sozialversicherungsrechtlich behandelt?

Sie ist lohnsteuerpflichtiges Arbeitsentgelt und kann der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Die Zahlungen sind daher steuerlich und beitragsrechtlich wie Arbeitsentgelt zu behandeln.