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Kapitalversicherung


Begriff und rechtliche Grundlagen der Kapitalversicherung

Die Kapitalversicherung stellt eine besondere Form der Lebensversicherung dar, bei der die Zahlung einer bestimmten Versicherungssumme nach Ablauf einer vertraglich vereinbarten Frist (Ablaufleistung) oder beim Tod der versicherten Person erfolgt. Sie verbindet einen Sparprozess mit einem biometrischen Risiko, sodass im Versicherungsfall eine vertraglich festgelegte Kapitalauszahlung geleistet wird. Rechtlich handelt es sich um ein privatrechtliches Vertragsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsunternehmen.

Definition und Abgrenzung

Die Kapitalversicherung ist durch das Zusammentreffen von Ansparvorgang und Versicherungsschutz charakterisiert. Im Gegensatz zur reinen Risikolebensversicherung, bei der ausschließlich Hinterbliebene im Todesfall entschädigt werden, kombiniert die Kapitalversicherung den Todesfallschutz mit einer Auszahlungsleistung an den Versicherungsnehmer bei Erleben des Vertragsendes. Ihrer rechtlichen Ausgestaltung nach gehört sie daher zu den gemischten Lebensversicherungen.

Vertragsschluss und Vertragsparteien

Der Abschluss einer Kapitalversicherung erfolgt durch einen Versicherungsvertrag gemäß §§ 1 ff. Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Die Vertragsparteien sind typischerweise das Versicherungsunternehmen und der Versicherungsnehmer.

Antrag und Annahme

Die Kapitalversicherung kommt durch übereinstimmende Willenserklärung, also durch Antrag und Annahme, zustande (§§ 145 ff. BGB). Häufig werden Risikoprüfungen, insbesondere zur Feststellung etwaiger Gesundheitsrisiken, durchgeführt.

Versicherungsnehmer, versicherte Person und Bezugsberechtigter

Zu unterscheiden ist zwischen Versicherungsnehmer (Vertragspartner des Unternehmens), versicherter Person (auf deren Leben die Versicherung abgeschlossen wird) und Bezugsberechtigtem (Empfänger der Versicherungsleistung im Versicherungsfall). Diese Rollen können in einer oder mehreren Personen verkörpert sein.

Leistungen und Leistungszeitpunkt

Der Versicherer ist bei der Kapitalversicherung verpflichtet, im Erlebensfall (Ablauf der Versicherungsdauer) oder im Todesfall die vereinbarte Kapitalleistung an die bezugsberechtigte Person auszuzahlen. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich im VVG.

Kapitalauszahlung

Nach Ablauf der vereinbarten Versicherungsdauer und Eintritt des Erlebensfalles wird dem Versicherungsnehmer die Summe einschließlich Überschussbeteiligungen ausgezahlt, sofern vertraglich vereinbart (§ 153 VVG).

Tod der versicherten Person

Verstirbt die versicherte Person während der Vertragslaufzeit, wird die Versicherungssumme an den bezugsberechtigten Dritten ausgezahlt (§ 159 VVG). Die Auszahlung ist nicht vom Eintritt des Erbfalls abhängig, sondern erfolgt aufgrund des Versicherungsvertrags.

Rechte und Pflichten der Parteien

Hauptpflichten

  • Versicherer: Auszahlung der Versicherungssumme im festgelegten Versicherungsfall
  • Versicherungsnehmer: Zahlung der laufenden Prämien gemäß Versicherungsvertrag

Nebenpflichten

  • Anzeigepflichten: Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, bei Vertragsabschluss alle gefahrerheblichen Umstände korrekt anzugeben (§ 19 VVG).
  • Mitwirkungspflichten: Der Versicherungsnehmer muss Änderungen seiner Umstände (wie Adressänderung) mitteilen.

Prämienzahlung und Beitragsfreistellung

Die Prämienzahlung ist Hauptleistungspflicht des Versicherungsnehmers. Bei Zahlungsunfähigkeit kann der Vertrag in eine beitragsfreie Versicherung umgewandelt werden (§ 174 VVG), wobei sich die Versicherungssumme herabsetzt.

Schutz- und Gestaltungsrechte

Widerrufsrecht

Laut § 8 VVG steht dem Versicherungsnehmer ein Widerrufsrecht von 14 Tagen ab Zugang der Annahmeerklärung zu.

Rückkauf und Kündigung

Die Kapitalversicherung kann während der Laufzeit gegen Auszahlung des Rückkaufswertes vom Versicherungsnehmer gekündigt werden (§ 169 VVG). Der Rückkaufswert ist gesetzlich geregelt und umfasst den gebildeten Sparanteil abzüglich vereinbarter Abschluss- und Verwaltungskosten.

Beleihung und Abtretung

Die Versicherungsansprüche können abgetreten oder beliehen werden (§§ 398 ff. BGB), sofern dies im Vertrag nicht ausgeschlossen ist. Eine Pfändung im Rahmen der Zwangsvollstreckung ist grundsätzlich möglich.

Steuerliche und erbrechtliche Aspekte

Steuerrechtliche Behandlung

Erträge aus Kapitalversicherungen unterliegen bei Auszahlung der Besteuerung, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Erträge werden grundsätzlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) behandelt. Die Steuerbefreiung greift bei Verträgen, welche bestimmte Laufzeiten (mindestens 12 Jahre) und Einmalzahlungen nach Ablauf der Versicherung vorsehen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, bis zum 31.12.2004 noch nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 a.F. EStG).

Erbrechtliche Einordnung

Die Versicherungsleistung im Todesfall fällt grundsätzlich nicht in den Nachlass, sondern steht dem Bezugsberechtigten unmittelbar zu (§ 328 BGB, Vertrag zugunsten Dritter). Für die Erbschaftsteuer kann allerdings eine Anrechnung erfolgen, wenn der Bezugsberechtigte mit dem Erblasser verwandt war (§§ 3 Abs. 1 Nr. 4, 10 Abs. 1 ErbStG).

Verbraucherschutz und Aufklärungspflichten

Das VVG und flankierende Verordnungen verpflichten Versicherungsunternehmen zu umfassender Information und Transparenz gegenüber dem Versicherungsnehmer. Insbesondere die Informationspflichten gemäß VVG-InfoV und EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) gewährleisten die sachgerechte Unterrichtung über Risiken, Kosten und Vertragsinhalte.

Internationale Bezüge

Kapitalversicherungen mit grenzüberschreitendem Bezug unterliegen sowohl nationalem Rechtrahmen als auch den Vorgaben aus EU-Richtlinien (bspw. Solvency II). Bedeutend ist das Kollisionsrecht nach Rom I-VO, das die Bestimmung des auf grenzüberschreitende Verträge anwendbaren Rechts regelt.


Zusammenfassung

Die Kapitalversicherung vereint als Lebensversicherungsvertrag Elemente der Risikoabsicherung mit einer kapitalbildenden Komponente. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind vielschichtig und regeln Abschluss, Durchführung, Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien, steuerliche Behandlung sowie erb- und pfändungsrechtliche Aspekte. Eine klare vertragliche Ausgestaltung sowie die Beachtung gesetzlicher Vorgaben sind wesentliche Voraussetzungen für den wirksamen und rechtssicheren Abschluss sowie die Verwaltung dieses Vertragsinstituts.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für Kapitalversicherungsverträge in Deutschland?

Kapitalversicherungsverträge unterliegen in Deutschland vielfältigen gesetzlichen Regelungen, insbesondere im Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Das VVG regelt unter anderem den Vertragsschluss, die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, Informationspflichten des Versicherers und die Gestaltung von Versicherungsbedingungen. Außerdem finden Vorschriften aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), beispielsweise zu Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), Anwendung. Weiterhin gelten europarechtliche Vorgaben wie die Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD). Kapitallebensversicherungen werden zudem steuerrechtlich geregelt, beispielsweise hinsichtlich der Begünstigung bestimmter Auszahlungsbedingungen gemäß Einkommensteuergesetz (§ 20, § 10 EStG). Datenschutzrechtliche Anforderungen nach DSGVO sind für die Handhabung der Kundendaten zu beachten. Außerdem überwacht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Anbieter auf Einhaltung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen, insbesondere im Hinblick auf Solvabilität und Anlegerschutz.

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Kündigung einer Kapitalversicherung erfüllt sein?

Die Kündigung einer Kapitalversicherung ist grundsätzlich jederzeit möglich, jedoch greifen dabei die Kündigungsbedingungen des jeweiligen Versicherungsvertrages sowie die einschlägigen Vorschriften des VVG. Nach § 168 VVG kann der Versicherungsnehmer eine Kapitalversicherung jederzeit mit sofortiger Wirkung oder zum Ende der laufenden Versicherungsperiode kündigen. Im Vertrag können jedoch Mindestvertragslaufzeiten und Fristen für die Kündigung vereinbart sein, die bindend sind, sofern sie nicht den gesetzlichen Regelungen widersprechen. Bei vorzeitiger Kündigung hat der Versicherungsnehmer grundsätzlich Anspruch auf den Rückkaufswert, der in § 169 VVG geregelt ist. Eine Besonderheit stellt das Widerrufsrecht gemäß § 8 VVG dar, wonach dem Versicherungsnehmer unter bestimmten Bedingungen ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen zusteht; bei lebenslangen Versicherungen (wie der Kapitallebensversicherung) gilt eine Frist von 30 Tagen. Geschäftsführer, die für Unternehmen Versicherungen kündigen, müssen beachten, dass sie dazu im Rahmen ihrer Vertretungsmacht ausdrücklich berechtigt sind.

Welche rechtlichen Folgen hat die vorzeitige Beitragsfreistellung einer Kapitalversicherung?

Die vorzeitige Beitragsfreistellung, also das Aussetzen weiterer Prämienzahlungen, ist eine rechtlich relevante Vertragsänderung. Der Versicherungsnehmer hat gemäß § 165 VVG das Recht, seine Versicherung durch schriftliche Erklärung in eine prämienfreie Versicherung umzuwandeln, sofern eine Mindestversicherungszeit erfüllt ist und ein ausreichend hoher Rückkaufswert besteht. Der Versicherungsschutz bleibt in Form einer beitragsfreien Versicherung erhalten, allerdings verringert sich die Versicherungsleistung entsprechend. Die Rechte des Versicherungsnehmers aus dem Vertrag (z. B. Rückkaufswert, Bezugsrechte) bleiben bestehen, aber in eingeschränkter Höhe. Der Versicherer ist verpflichtet, die Auswirkungen der Freistellung, insbesondere die Höhe der zukünftigen Leistung, transparent und nachvollziehbar darzulegen und auf eventuelle Nachteile hinzuweisen. Gegebenenfalls kann eine separate Vereinbarung über Modalitäten und mögliche Gebühren der Freistellung erforderlich sein.

Welche Rechte haben Bezugsberechtigte im Rechtsverhältnis einer Kapitalversicherung?

Bezugsberechtigte sind Dritte, die im Versicherungsvertrag ausdrücklich genannt oder später benannt werden; ihnen stehen im Erlebens- oder Todesfall die Versicherungsleistungen zu. Rechtlich ergeben sich ihre Ansprüche aus dem Versicherungsvertragsverhältnis gemäß § 159 VVG. Das Bezugsrecht kann widerruflich oder unwiderruflich ausgestaltet werden. Im Falle eines widerruflichen Bezugsrechts kann der Versicherungsnehmer die Begünstigten jederzeit ändern. Ein unwiderrufliches Bezugsrecht entfaltet dagegen absolute Wirkungen: Ist es einmal erteilt, kann es nur mit Zustimmung des Bezugsberechtigten widerrufen werden. Der Bezugsberechtigte wird beim Eintritt des Versicherungsfalls unmittelbar Gläubiger des Auszahlungsanspruchs gegen den Versicherer. Im Erbfall ist insbesondere relevant, ob das Bezugsrecht in den Nachlass fällt oder als Vertrag zugunsten Dritter außerhalb des Nachlasses wirksam wird (§ 331 BGB).

Welche Regelungen gelten bezüglich der Vererbung von Kapitalversicherungsverträgen?

Hinsichtlich der Vererbung ist zu unterscheiden, ob ein Bezugsberechtigter benannt wurde oder nicht. Ist der Versicherungsnehmer verstorben und kein Bezugsberechtigter benannt, fällt die Versicherungsleistung in den Nachlass und wird Teil der Erbmasse. Hat hingegen ein Dritter ein unwiderrufliches Bezugsrecht, erhält dieser unabhängig vom Erbe die Versicherungsleistung, da hier ein Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328, 331 BGB) vorliegt. Stirbt der Versicherungsnehmer, so treten die Erben in die Vertragsrechte und -pflichten ein, sofern keine abweichende Regelung besteht. Zu beachten ist das Pflichtteilsrecht nach § 2303 BGB, wonach nahen Angehörigen (z. B. Kindern) auch dann Ansprüche auf den Wert von Versicherungssummen zustehen können, wenn sie nicht bezugsberechtigt sind, falls die Versicherungssumme dem Nachlass zuzurechnen ist. Steuerlich ist zu beachten, dass Kapitalversicherungen unter Umständen der Erbschaftssteuer unterliegen können, insbesondere bei Auszahlung an Dritte.

Welche gesetzlichen Vorgaben existieren für die Information und Beratung von Versicherungsnehmern bei Abschluss einer Kapitalversicherung?

Der Abschluss einer Kapitalversicherung ist mit weitreichenden Informations- und Beratungspflichten des Versicherers verbunden. Nach dem VVG (§§ 6-7) ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer rechtzeitig und in verständlicher Form über alle wesentlichen Umstände des Versicherungsvertrages aufzuklären. Dazu zählen u. a. die Art und Umfang des Versicherungsschutzes, Prämienhöhe, Überschussbeteiligung, Rückkaufswerte, Kosten und Risiken sowie steuerliche Gesichtspunkte. Nach der europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) wird zusätzlich ein individueller Beratungsbogen gefordert, in dem der Versicherungsnehmer auf seine Bedürfnisse und Wünsche geprüft wird. Die Nichtbeachtung dieser Pflichten kann zu Schadensersatzansprüchen wegen Falschberatung führen, ebenso wie zu verlängerten Widerrufsfristen (§ 8 VVG). Die Dokumentation der Beratung ist gesetzlich vorgeschrieben und muss dem Versicherungsnehmer ausgehändigt werden.

Welche Verpflichtungen zur Meldung und Offenlegung bestehen bei Eintritt des Leistungsfalls?

Beim Eintritt des Leistungsfalls, also bei Ablauf der Versicherungsdauer oder Tod des Versicherten, ist der Versicherungsnehmer bzw. der Bezugsberechtigte verpflichtet, dem Versicherer unverzüglich Anzeige zu erstatten und alle geforderten Nachweise (z. B. Todesurkunde, Identitätsnachweis) einzureichen. Die Einzelheiten dazu regeln sowohl das VVG (§ 33 VVG), als auch die allgemeinen Versicherungsbedingungen. Fristen und Formerfordernisse müssen eingehalten werden, um die Leistungsansprüche nicht zu gefährden. Bei verspäteter Meldung kann der Versicherer unter bestimmten Bedingungen die Leistung verweigern oder kürzen, insbesondere wenn ihm dadurch Nachteile entstanden sind oder Betrugsverdacht besteht. Versicherer müssen nach Eingang aller erforderlichen Unterlagen unverzüglich über die Fälligkeit und Auszahlung der Leistungen entscheiden und auszahlen, da sie sich andernfalls im Zahlungsverzug befinden (§ 14 VVG).