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Justizverwaltungsakte


Begriff und Definition des Justizverwaltungsaktes

Der Begriff Justizverwaltungsakt bezeichnet im deutschen Recht einen Verwaltungsakt, der im Rahmen der Justizverwaltung erlassen wird. Solche Akte sind von normalen gerichtlichen Entscheidungen (Urteilen, Beschlüssen) abzugrenzen und betreffen nicht die Streitentscheidung in einem gerichtlichen Verfahren, sondern verwaltungsbezogene Maßnahmen, die sich auf die Organisation und Verwaltung der Justiz im weiteren Sinne beziehen. Justizverwaltungsakte regeln insbesondere interne Angelegenheiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften sowie dienstliche Belange der in der Justiz tätigen Personen.

Typischerweise handelt es sich um hoheitliche, konkrete und individuelle Anordnungen oder Maßnahmen einer Justizbehörde, die auf dem Gebiet der Justizverwaltung erfolgen und außerhalb gerichtlicher Verfahren stehen. Die rechtlichen Grundlagen für Justizverwaltungsakte finden sich in verschiedenen Justizgesetzen der Länder und im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).

Abgrenzung zu anderen Verwaltungsakten und gerichtlichen Entscheidungen

Abgrenzung zum Verwaltungsakt im Verwaltungsrecht

Justizverwaltungsakte sind speziell auf den Bereich der Justizbehörden beschränkt und unterscheiden sich von Verwaltungsakten anderer Behörden im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Sie betreffen ausschließlich die interne Organisation der Justiz beziehungsweise Maßnahmen mit Bezug zum Justizbetrieb und gelten nicht für materielle Entscheidungen über zivil- oder strafrechtliche Ansprüche.

Unterscheidung zu gerichtlichen Entscheidungen

Während gerichtliche Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse) in einem förmlichen Verfahren zwischen streitenden Parteien getroffen werden, handelt es sich beim Justizverwaltungsakt um Maßnahmen, die der Behördenleitung im Rahmen der organisatorischen und administrativen Aufgabenstellung obliegen. Justizverwaltungsakte lösen daher keine materiellrechtliche Rechtskraft aus und sind auch nicht der Rechtskraftwirkung des § 322 ZPO oder § 705 ZPO unterworfen.

Rechtsgrundlagen und Anwendungsbereich

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtlichen Vorgaben für Justizverwaltungsakte ergeben sich überwiegend aus folgenden Normen und Regelwerken:

  • Gerichtsverfassungsgesetz (GVG): Regelt Aufbau und Organisation der Gerichte, Aufsicht und Verwaltung, etwa in den §§ 21a, 21e GVG.
  • Landesspezifische Justizgesetze: Länderspezifische Ausführungsregelungen, z. B. zur Dienstaufsicht, Geschäftsverteilungsplänen, Einzelweisung.
  • Dienstrechtliche Vorschriften: Beamtenrechtliche Vorschriften bei dienstlichen Weisungen oder Personalangelegenheiten.

Typische Anwendungsfälle

Zu den wichtigsten Anwendungsfeldern eines Justizverwaltungsaktes zählen:

  • Anordnungen zur Geschäftsverteilung innerhalb eines Gerichts oder einer Staatsanwaltschaft (z. B. Zuweisung eines Verfahrens an eine Kammer)
  • Ernennung, Versetzung oder Entlassung von Justizbediensteten
  • Disziplinarische Maßnahmen (z. B. Rüge, Versetzung)
  • Bewilligung oder Versagung von Akteneinsicht außerhalb laufender Verfahren
  • Maßnahmen im Rahmen der Gerichtsorganisation und Verwaltung (z. B. Raumzuweisung, technische Ausstattung)

Rechtsschutz gegen Justizverwaltungsakte

Statthaftigkeit der Beschwerde

Gegen Justizverwaltungsakte ist grundsätzlich die sogenannte Dienstaufsichtsbeschwerde das primäre Rechtsmittel. Diese richtet sich an die nächsthöhere Justizaufsichtsbehörde und ist formlos zulässig; sie eröffnet jedoch keinen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Entscheidung, sondern lediglich auf eine sachliche Überprüfung.

In bestimmten gesetzlich geregelten Ausnahmefällen ist auch die Erinnerung oder – seltener – der Antrag auf gerichtliche Entscheidung statthaft (vgl. §§ 23, 25 EGGVG).

Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG

Nach §§ 23 ff. Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG) ist in bestimmten Fällen die Überprüfung durch ein Gericht möglich, wenn der Bürger durch einen Justizverwaltungsakt in eigenen Rechten betroffen ist. Dies gilt insbesondere bei Eingriffen, die über das bloß innerdienstliche oder organisatorische Maß hinausgehen, beispielsweise bei der Versagung von Akteneinsicht.

Hierbei handelt es sich um ein besonderes gerichtliches Verfahren, das sich in Abgrenzung zu verwaltungsgerichtlichen Verfahren oder solchen nach der Strafprozessordnung abspielt. Die Antragsfrist beträgt gemäß § 26 EGGVG zwei Wochen nach Kenntniserlangung vom Justizverwaltungsakt.

Rechtsweg und Zuständigkeit

Über Justizverwaltungsakte entscheidet gemäß §§ 23-27 EGGVG ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, zumeist eine Kammer für Justizverwaltungssachen beim Landgericht oder Oberlandesgericht.

Verwaltungsgerichte haben für die Überprüfung echter Justizverwaltungsakte grundsätzlich keine Zuständigkeit (BVerwG NJW 1969, 2031).

Prüfungsumfang und Grenzen richterlicher Kontrolle

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung überprüft die Recht- und Zweckmäßigkeit des Justizverwaltungsaktes. Die gerichtliche Kontrolle erstreckt sich auf die Einhaltung von Gesetz und Recht. Allerdings besteht in der Regel ein Beurteilungsspielraum der Justizverwaltung, etwa bei Organisation und Geschäftsverteilung.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

Nicht justizverwaltungsrechtliche Akte

Handlungen, die sich unmittelbar auf die Rechtsprechung und streitentscheidende Tätigkeit beziehen (z. B. richterliche Unterschriftenregelungen, Beweisbeschlüsse), stellen keinen Justizverwaltungsakt dar, sondern zählen zu den eigentlichen gerichtlichen Entscheidungen oder Einrichtung des gerichtlichen Verfahrens.

Unterschieden werden muss ebenso von der gerichtsinternen Praxis, die nicht nach außen wirkt und daher keinen Verwaltungsaktcharakter besitzt.

Bedeutung und praktische Relevanz

Justizverwaltungsakte sind für die Organisation und Funktionsfähigkeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften von zentraler Bedeutung. Sie gewährleisten eine effiziente Geschäftsverteilung, die Regelung personeller Angelegenheiten sowie die Wahrung des Dienstbetriebs. Für betroffene Personen bieten sie einen klar geregelten Rechtsschutzmechanismus, der eine Überprüfung wesentlicher Eingriffe sicherstellt.

Die genaue Kenntnis von Art, Inhalt und Rechtsschutzmöglichkeiten bei Justizverwaltungsakten ist insbesondere für alle Personen, die mit der Justizverwaltung in Berührung kommen, von elementarer Bedeutung im rechtsstaatlichen Gefüge.


Quellen: Gerichtsverfassungsgesetz, Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz, einschlägige Literatur und Rechtsprechung.

Häufig gestellte Fragen

Wie kann gegen einen Justizverwaltungsakt Rechtsmittel eingelegt werden?

Gegen einen Justizverwaltungsakt steht dem Betroffenen regelmäßig der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG (Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz) zur Verfügung. Dieser Antrag ist bei dem Gericht einzureichen, dessen Justizverwaltungsakt angefochten wird. Der Antrag muss innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Justizverwaltungsaktes gestellt werden. Im Antrag sind der Justizverwaltungsakt genau zu bezeichnen und die Gründe darzulegen, aus denen sich dessen Rechtswidrigkeit oder Unangemessenheit ergeben soll. Das Verfahren nach § 23 EGGVG ist ein besonderes gerichtliches Verfahren, das ausdrücklich für Akte der Justizverwaltung konzipiert wurde und regelmäßig ausgeschlossen ist, wenn es sich bei dem angefochtenen Akt um eine richterliche Entscheidung oder eine Maßnahme im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens handelt. Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsmittels ist, dass weder die Zivilprozessordnung (ZPO) noch andere gesetzliche Regelungen eine spezielle Rechtsbehelfsregelung vorsehen; ansonsten gehen diese speziellen Vorschriften vor.

In welchen Bereichen des Justizwesens spielen Justizverwaltungsakte eine Rolle?

Justizverwaltungsakte finden sich im gesamten Bereich der Gerichtsverwaltung und in Angelegenheiten, die nicht unmittelbar der richterlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beispiele sind die Entscheidungen über die Gewährung von Akteneinsicht außerhalb eines konkreten Gerichtsverfahrens, die Anordnung oder Versagung der Besichtigung von Gerichtsakten, die Entscheidung über Hausverbote im Gerichtsgebäude sowie personalrechtliche Maßnahmen gegenüber Justizbediensteten. Auch Entscheidungen zu Protokollführung, Raumverteilung, Sicherheitsanordnungen und die Ablehnung von dritter Seite gestellter Anträge, z.B. auf Informationszugang, fallen unter Justizverwaltungsakte. Nicht dazu zählen Entscheidungen eines Gerichts innerhalb eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens.

Was ist der Unterschied zwischen einem Justizverwaltungsakt und einer richterlichen Entscheidung?

Ein Justizverwaltungsakt ist eine behördliche Maßnahme der Gerichtsverwaltung, die nicht mit der eigentlichen rechtsprechenden Funktion eines Gerichts zusammenhängt. Er betrifft organisatorische, verwaltungsinterne oder dienstliche Handlungen, die außerhalb eines Gerichtsverfahrens getroffen werden. Demgegenüber steht die richterliche Entscheidung, die im Rahmen eines anhängigen Verfahrens ergeht und sich auf den Streitgegenstand zwischen den Parteien bezieht. Die Abgrenzung ist deshalb wesentlich, weil gegen Justizverwaltungsakte andere Rechtsmittel zur Verfügung stehen als gegen richterliche Entscheidungen; insbesondere ist der Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG nur gegen Justizverwaltungsakte, nicht aber gegen prozessuale Entscheidungen zulässig.

Unterliegen Justizverwaltungsakte der Begründungspflicht?

Ja, Justizverwaltungsakte unterliegen gemäß den allgemeinen Verwaltungsgrundsätzen der Begründungspflicht. Dies ergibt sich sowohl aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Transparenz und Nachvollziehbarkeit hoheitlichen Handelns als auch aus § 39 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz), welches für den Regelfall den Erlass schriftlicher oder elektronischer begründeter Verwaltungsakte vorsieht. Da Justizverwaltungsakte nicht Teil richterlicher Kernaufgaben sind, haben Betroffene ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Entscheidungsgründe, um gegebenenfalls wirksam Rechtsmittel einlegen zu können. Die Begründung ist insbesondere bei Eingriffsakten erforderlich; sie darf nur in Ausnahmefällen, etwa bei Gefahr im Verzug oder aus Geheimhaltungsinteressen, unterbleiben.

Gibt es eine Möglichkeit der Anfechtung von Justizverwaltungsakten durch Dritte?

Die Möglichkeit der Anfechtung hängt davon ab, ob der Dritte durch den Justizverwaltungsakt in eigenen Rechten betroffen ist und somit beschwerdebefugt ist. Grundsätzlich können nur unmittelbare Adressaten eines Justizverwaltungsaktes, also Personen, denen gegenüber dieser erlassen wurde, Rechtsmittel ergreifen. In bestimmten Fällen ist jedoch auch eine mittelbare Betroffenheit ausreichend, etwa wenn ein Dritter durch eine Maßnahme im Rahmen eines Justizverwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt wird, z.B. durch die Verweigerung der Akteneinsicht. Die Prüfungsbefugnis des Gerichts im EGGVG-Verfahren bleibt jedoch auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Justizverwaltungsaktes beschränkt.

Welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen bei rechtswidrigen Justizverwaltungsakten?

Rechtswidrige Justizverwaltungsakte können auf Antrag gemäß §§ 23 ff. EGGVG von einem übergeordneten Gericht überprüft und im Falle der Rechtswidrigkeit aufgehoben werden. Das Gericht prüft sowohl die Einhaltung formeller Voraussetzungen (Zuständigkeit, Verfahren, Form) als auch materielle Aspekte der Entscheidung (Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, Verhältnismäßigkeit, Willkürverbot). Stellt das Gericht fest, dass der Justizverwaltungsakt rechtswidrig ist, kann es diesen aufheben oder zur erneuten Entscheidung an die Ausgangsbehörde zurückverweisen. Darüber hinaus bestehen, soweit besondere Grundrechtseingriffe betroffen sind, unter bestimmten Bedingungen auch Verfassungsbeschwerden zum Bundesverfassungsgericht.

Inwieweit ist für Justizverwaltungsakte das Verwaltungsverfahrensgesetz anwendbar?

Das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) ist grundsätzlich nur auf die Verwaltungstätigkeit von Behörden im Sinne des Verwaltungsrechts anwendbar und findet auf die Justizverwaltung nur nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 VwVfG Anwendung, der ausdrücklich die Tätigkeit der Gerichte ausnimmt. Allerdings gelten die allgemeinen Verwaltungsgrundsätze, insbesondere die Beachtung formeller und materieller Rechtmäßigkeit, sinngemäß auch für Justizverwaltungsakte, soweit keine spezialgesetzlichen Vorschriften bestehen. Vielmehr werden Verfahrensregelungen für die Justizverwaltung überwiegend aus spezialgesetzlichen Vorschriften (z.B. EGGVG, GVG) und richterrechtlicher Auslegung abgeleitet.