Begriff und Einordnung des Jugendarrests
Der Jugendarrest ist eine besondere freiheitsentziehende Maßnahme im deutschen Jugendstrafrecht. Er stellt keine Strafe im klassischen Sinne dar, sondern eine „Erziehungsmaßnahme mit repressivem Charakter“. Jugendarrest wird als Reaktion auf Straftaten und Ordnungswidrigkeiten junger Menschen verhängt und ist im Jugendgerichtsgesetz (JGG) geregelt. Er dient primär der Disziplinierung und „Warnung“ minderjähriger und heranwachsender Täter, wenn andere, weniger einschneidende Sanktionen nicht ausreichend erscheinen.
Rechtliche Grundlagen des Jugendarrests
Gesetzliche Regelung
Die gesetzlichen Grundlagen des Jugendarrests finden sich im Jugendgerichtsgesetz (JGG), insbesondere in den §§ 13 bis 16 JGG. Der Gesetzgeber differenziert zwischen verschiedenen Arten des Arrests und legt genaue Voraussetzungen und Modalitäten für die Anordnung, Anrechnung und Durchführung fest.
Formen des Jugendarrests
Das Gesetz unterscheidet folgende Formen:
1. Freizeit-Arrest (§ 16 Abs. 2 JGG)
Bei dieser Form des Arrests wird der Verurteilte an Wochenenden oder zu anderen, gemeinsam mit der Schule oder Ausbildung abgestimmten Zeiten für jeweils 48 Stunden freiheitsentziehend untergebracht.
2. Kurz-Arrest (§ 16 Abs. 3 JGG)
Der Kurz-Arrest dauert lediglich zwei bis vier Tage. Er soll eine besonders schnelle, unmittelbare Reaktion auf das Fehlverhalten ermöglichen (zum Beispiel bei Schulschwänzen oder Bagatelldelikten).
3. Dauerarrest (§ 16 Abs. 1 JGG)
Der Dauerarrest kann zwischen einer und vier Wochen angesetzt werden. Er bildet die intensivste Form des Jugendarrests und wird meist bei wiederholtem oder besonders gravierendem Fehlverhalten ausgesprochen.
Voraussetzungen und Grenzen der Anordnung
Voraussetzungen für den Jugendarrest (§ 13 JGG)
Jugendarrest ist zulässig, wenn der junge Täter beim oder nach dem Delikt zwischen 14 und 17 Jahre alt war (Jugendlicher) oder im Einzelfall bis einschließlich 20 Jahre alt war (Heranwachsender) und Jugendstrafrecht angewendet wird. Die Maßnahme kommt insbesondere dann in Betracht, wenn Zuchtmittel erforderlich sind, aber noch keine Jugendstrafe geboten ist.
Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität
Der Jugendarrest ist stets nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz anzuwenden. Er soll andere, mildere Maßnahmen wie Verwarnung, die Auflage zur Schadenswiedergutmachung oder gemeinnützige Arbeit lediglich ergänzen oder ersetzen, wenn sie nicht ausreichen. Die Anordnung darf nur nach sorgfältiger Prüfung erfolgen und muss im Einzelfall begründet sein.
Keine Anordnung bei Vorliegen von Jugendstrafe
Ist aufgrund der Schwere der Schuld eine Jugendstrafe erforderlich, ist ein Arrest ausgeschlossen. Ebenso darf Arrest nicht unbegründet mehrfach hintereinander verhängt werden.
Vollstreckungsvoraussetzungen
Die Anordnung des Arrests erfolgt durch ein Jugendgericht. Maßgeblich ist dabei eine rechtskräftige Entscheidung. Die Vollstreckung obliegt der Staatsanwaltschaft, die auch für den Erlass eines Haftbefehls bei Nichterscheinen zuständig ist.
Durchführung des Jugendarrests
Arrestanstalten
Die Durchführung des Jugendarrests erfolgt in speziellen Jugendarrestanstalten oder in besonders abgetrennten Bereichen von Justizvollzugsanstalten (JVA). Dort bestehen besondere Anforderungen an Betreuung, Versorgung und Unterbringung, die auf Minderjährige ausgerichtet sind.
Rechte und Pflichten der Arrestierten
Jugendarrestierte unterliegen während der Dauer ihrer Unterbringung strikten Regeln, haben jedoch gewisse Rechte, darunter
- Recht auf menschenwürdige Behandlung
- Recht auf Versorgung mit Lebensmitteln
- Recht auf medizinische Versorgung
- Möglichkeit zum Kontakt mit sorgeberechtigten Personen
Erzieherischer Ansatz
Der Jugendarrest ist geprägt von einem erzieherischen Ansatz. Ziel ist die Förderung eigenverantwortlichen Verhaltens. Dementsprechend gibt es häufig gruppenpädagogische Angebote, arbeitsbezogene Aufgaben und Gespräche mit psychologisch geschultem Personal.
Dauer und Ablauf
Die Dauer richtet sich strikt nach der richterlichen Entscheidung, eine vorzeitige Entlassung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Verlängerungen sind ausgeschlossen. Der Arrest muss grundsätzlich an aufeinanderfolgenden Tagen erfolgen, Ausnahmen sind begründet möglich (etwa bei Schul- und Ausbildungsbelangen).
Abgrenzung zu anderen Sanktionen im Jugendstrafrecht
Verhältnis zu anderen Zuchtmitteln und Jugendstrafe
Der Jugendarrest ist intensiver als eine bloße Verwarnung oder die Erteilung von Auflagen und Weisungen, aber weniger einschneidend als die Verhängung einer Jugendstrafe. Arrest kann nicht mit Jugendstrafe kombiniert werden, wohl aber mit anderen Zuchtmitteln.
Verhältnis zum Erwachsenenstrafrecht
Im Erwachsenenstrafrecht gibt es keine dem Jugendarrest entsprechende Maßnahme. Freiheitsentziehende Sanktionen bei Erwachsenen sind grundsätzlich mit einer Verurteilung zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe verbunden.
Rechtsschutz und Beschwerdemöglichkeiten
Rechtsmittel gegen den Jugendarrest
Gegen den Beschluss auf Anordnung eines Jugendarrests steht das Rechtsmittel der Beschwerde offen. Wird er vollstreckt, kann in Ausnahmefällen um Vollstreckungsaufschub ersucht werden.
Überprüfung der Haftbedingungen
Die Einhaltung von Jugendarrestbedingungen kann auf dem Verwaltungs- oder Zivilrechtsweg überprüft werden. Auch hier gelten vorrangig Schutzmechanismen aus dem Grundgesetz und internationalen Menschenrechtsabkommen.
Zweck und Zielrichtung des Jugendarrests
Präventiv- und Erziehungsfunktion
Der Jugendarrest verfolgt ausdrücklich einen spezialpräventiven Ansatz. Er richtet sich insbesondere an junge Menschen, bei denen die Gefahr künftigen Fehlverhaltens besteht, um durch die kurze, intensive Einschränkung der Freiheitsrechte ein Umdenken zu bewirken.
Keine Stigmatisierung
Der Arrest soll eine rasche Rückkehr in den Alltag ermöglichen, ohne die Betroffenen mit langfristigen sozialen Nachteilen zu belasten. Er gilt nicht als Vorstrafe im engeren Sinne, sondern ist eine spezifische Maßnahme zur Verhinderung künftiger Straftaten.
Zusammenfassend ist der Jugendarrest eine klar und streng gesetzlich geregelte Maßnahme des Jugendstrafrechts, die nur unter engen Voraussetzungen und stets mit pädagogischer Zielrichtung angewandt wird. Sie stellt ein wichtiges, jedoch immer subsidiär zu betrachtendes Element im Sanktionssystem des Jugendgerichtsgesetzes dar.
Häufig gestellte Fragen
Wie lange darf ein Jugendarrest maximal andauern?
Beim Jugendarrest unterscheidet das deutsche Jugendgerichtsgesetz (JGG) grundsätzlich zwischen Freizeitarrest, Kurzarrest und Dauerarrest. Die maximal zulässige Dauer hängt von der Art des Arrests ab: Der Freizeitarrest kann bis zu zwei Wochenenden (Freitagnachmittag bis Sonntagabend) dauern, der Kurzarrest höchstens vier Tage und der Dauerarrest darf zwischen einer und vier Wochen liegen (§ 16a JGG, § 15 JGG). Die Festlegung der Arrestdauer wird durch das Jugendgericht bestimmt, dabei muss der verhängte Zeitraum dem pädagogischen Zweck angemessen und verhältnismäßig sein, um erzieherisch zu wirken und nicht als reine Bestrafung angesehen zu werden. Auch die Gesamtdauer von Maßnahmen darf eine Arrestzeit von vier Wochen nicht überschreiten, selbst bei mehreren Verurteilungen. Zudem ist die Anrechnung bereits vollzogener Untersuchungshaft oder Sicherungsmaßnahmen möglich, sodass Doppelbestrafungen vermieden werden.
Unter welchen Voraussetzungen kann Jugendarrest angeordnet werden?
Jugendarrest darf gemäß § 16 JGG nur verhängt werden, wenn mildere Maßnahmen wie Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel (wie etwa Arbeitsauflagen oder Verwarnungen) nicht ausreichen und eine erzieherische Einflussnahme erforderlich erscheint. Die Anordnung erfolgt, wenn die Schuld des Jugendlichen nicht so schwer wie im Falle einer Jugendstrafe wiegt, die Tat aber dennoch eine intensivere Sanktion als bloße Erziehungsmaßregeln erforderlich macht. Das Jugendgericht prüft bei der Entscheidungsfindung speziell das Alter, die Entwicklung und die Lebensumstände des Jugendlichen sowie die Schwere und die Umstände der Tat. Wichtig ist, dass der Arrest stets erzieherisch begründet sein muss; eine reine Strafandrohung ist im Jugendstrafrecht unzulässig.
Kann Jugendarrest in eine andere Maßnahme umgewandelt werden?
Eine Umwandlung von Jugendarrest in andere Sanktionen ist rechtlich nur unter bestimmten Umständen möglich. Wird später festgestellt, dass eine andere erzieherische Maßnahme zweckdienlicher erscheint (z. B. Sozialstunden statt Arrest), kann das Gericht entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Anpassungen vornehmen. Im Nachhinein kann nur durch gerichtliche Entscheidung der Arrest aufgehoben werden, wenn nachträglich neue Umstände bekannt werden, die eine andere Reaktion rechtfertigen. Ein Austausch des Arrests durch Arbeitsleistungen kann von Gerichts wegen angeordnet werden, allerdings ist dies eine Ausnahmeregelung. Weigert sich ein Jugendlicher hingegen, auferlegte Arbeitsleistungen zu erbringen, so kann im Gegenzug Jugendarrest verhängt werden.
In welchen Einrichtungen wird Jugendarrest vollzogen?
Der Vollzug von Jugendarrest findet in speziellen Jugendarrestanstalten oder in eigens abgetrennten Abteilungen regulärer Justizvollzugsanstalten statt, welche für Jugendliche und Heranwachsende ausgelegt sind und besonderen pädagogischen Anforderungen sowie Sicherheitsstandards entsprechen müssen. Diese Einrichtungen unterscheiden sich in ihrer Organisation und Betreuung deutlich vom Erwachsenenvollzug; sie bieten Betreuungs- und Förderprogramme, schulische bzw. berufliche Maßnahmen sowie sozialpädagogische Begleitung. Der Aufenthalt in Untersuchungshaft darf nicht im selben Bereich wie der Arrestvollzug stattfinden, um Stigmatisierung und negative Einflüsse zu vermeiden (Trennungsgrundsatz). Die Wahl der Einrichtung richtet sich dabei nach dem Wohnort, Alter und Geschlecht des Jugendlichen sowie nach den Kapazitäten der jeweiligen Einrichtungen.
Welche Rechte haben Jugendliche im Jugendarrest?
Jugendliche im Jugendarrest genießen zahlreiche rechtliche Schutzrechte. Dazu zählt das Recht auf menschenwürdige Behandlung, angemessene Unterbringung und Ernährung sowie medizinische Versorgung. Sie haben das Recht auf regelmäßigen Kontakt zu ihrer Familie, beispielsweise durch Besuche und Telefongespräche, sofern dies den Arrestzweck nicht gefährdet. Daneben existiert ein Anspruch auf schulische und berufliche Förderung, sowie Hilfestellung durch Sozialarbeiter oder Pädagogen. Der gesetzliche Vertreter und ein Rechtsanwalt dürfen grundsätzlich mit dem Jugendlichen in Kontakt treten. Beschwerden über den Vollzug, Missstände oder ungerechtfertigte Maßnahmen dürfen eingelegt werden; diese Beschwerden sind an die Anstaltsleitung oder das Gericht zu richten. Datenschutz und der Schutz personenbezogener Daten müssen ebenso gewährleistet sein.
Kann gegen die Anordnung von Jugendarrest Rechtsmittel eingelegt werden?
Gegen die Anordnung von Jugendarrest können Rechtsmittel eingelegt werden. Besonders das Rechtsmittel der Berufung nach §§ 55, 59 JGG ist im Jugendstrafverfahren vorgesehen. Auch eine Beschwerde ist möglich, etwa gegen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Vollstreckung (z.B. gegen die Art und Weise des Arrestvollzugs oder gegen unangemessene Maßnahmen im Arrest). Die jeweils zuständige Instanz (beispielsweise das nächsthöhere Jugendgericht oder ein Oberlandesgericht) prüft dann die Rechtmäßigkeit der Anordnung. Mit Einlegung der Rechtsmittel wird häufig die Vollstreckung des Arrests zumindest bis zu einer Entscheidung des Gerichts ausgesetzt (aufschiebende Wirkung), es sei denn, das Gericht ordnet ausdrücklich etwas anderes an.
Was geschieht, wenn ein Jugendlicher sich dem Jugendarrest entzieht?
Entzieht sich ein Jugendlicher dem vollstreckten Jugendarrest, indem er unentschuldigt nicht antritt oder flieht, kann das Gericht die zwangsweise Vorführung durch die Polizei anordnen (§ 16b JGG). In besonders schweren Fällen, etwa bei wiederholtem Entzug, kann dies strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn beispielsweise weitere Straftaten oder gravierende Verstöße im Zuge der Flucht begangen werden. Die Verjährungsfrist für die Vollstreckung des Jugendarrests beträgt zwei Jahre ab der Rechtskraft der Entscheidung (§ 79 II JGG). Auch ein Haftbefehl zur Sicherstellung des Arrestantritts ist möglich. Parents und Erziehungsberechtigte werden hierüber informiert, und begleitende Maßnahmen durch das Jugendamt können angeschlossen werden, um Rückfälle zu vermeiden.