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Jagdwilderei

Begriff und Einordnung der Jagdwilderei

Jagdwilderei bezeichnet das unbefugte Nachstellen, Fangen, Erlegen oder Sich-Zueignen von Wild unter Verletzung des Jagdrechts oder Jagdausübungsrechts einer anderen Person. Es handelt sich um eine Straftat, die das ausschließliche Recht auf die Nutzung des Wildbestandes sowie die geordnete Jagdausübung schützt. Maßgeblich ist nicht, ob eine Schusswaffe verwendet wird oder ob Jagdzeiten eingehalten werden, sondern ob ohne Berechtigung in fremdem Jagdgebiet auf Wild zugegriffen wird.

Abgrenzung zur erlaubten Jagdausübung

Erlaubte Jagd setzt eine wirksame Berechtigung voraus (etwa als Inhaber eines Jagdreviers oder als Gastjäger mit gültiger Erlaubnis) sowie die Beachtung jagd- und naturschutzrechtlicher Vorgaben. Fehlt diese Berechtigung oder wird in einen fremden Jagdbezirk eingegriffen, liegt rechtlich keine erlaubte Jagd mehr vor, sondern eine strafbare Handlung, sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.

Rechtsgut und Schutzbereich

Geschützte Interessen

Geschützt werden das ausschließliche Jagdausübungsrecht, die rechtlich geordnete Bewirtschaftung des Wildes und daran anknüpfende vermögensrechtliche Positionen des Berechtigten. Daneben berührt Jagdwilderei regelmäßig auch Belange des Tier- und Naturschutzes sowie die Sicherheit beim Umgang mit Jagdmitteln.

Erfasste Tierarten

Der Begriff „Wild“ umfasst die dem Jagdrecht unterliegenden Arten. Welche Arten darunterfallen, ergibt sich aus jagdrechtlichen Bestimmungen. Erfasst sind insbesondere bestimmte frei lebende Säugetiere und Vögel. Auf Arten, die nicht dem Jagdrecht unterliegen, findet die Jagdwilderei im engeren Sinn keine Anwendung; andere Straf- oder Ordnungswidrigkeitstatbestände können jedoch einschlägig sein.

Tatbestandsmerkmale

Tatobjekt

Vorausgesetzt ist Wild im jagdrechtlichen Sinn. Ob Schonzeit besteht oder eine bestimmte Jagdmethode verwendet wird, ist für die Einordnung als Jagdwilderei nicht entscheidend, kann aber zusätzlich andere Rechtsverstöße begründen.

Tathandlungen

Als Tathandlungen gelten insbesondere:
– Nachstellen: zielgerichtetes Verfolgen oder Auflauern des Wildes zur Erbeutung,
– Fangen: etwa durch Fallen, Netze oder andere Mittel,
– Erlegen: Töten des Wildes,
– Sich-Zueignen: Aneignung eines erlegten oder tot aufgefundenen Stückes (Fallwild), wenn dies dem Berechtigten zusteht.

Unbefugter Eingriff in fremdes Jagdrecht

Die Handlung muss das Jagd- oder Jagdausübungsrecht einer anderen Person verletzen. Das ist typischerweise der Fall, wenn im fremden Revier ohne Erlaubnis gehandelt wird. Auch die Aneignung von Wildkörpern, die dem Berechtigten zustehen, kann darunter fallen.

Innere Seite (Vorsatz, Zueignung)

Erforderlich ist in der Regel ein vorsätzliches Handeln. Bei Aneignungshandlungen kommt es darauf an, dass das Wild oder der Wildkörper sich selbst oder einem Dritten dauerhaft zugeordnet werden soll. Ein bloßes Versehen ohne entsprechende innere Haltung erfüllt die Anforderungen regelmäßig nicht.

Örtlicher und zeitlicher Bezug

Die Tat bezieht sich auf einen Jagdbezirk, in dem der Täter nicht jagdberechtigt ist. Regelverstöße wie die Jagd während der Schonzeit oder unter Nutzung verbotener Mittel berühren die Frage der Jagdwilderei nicht zwingend, können jedoch zusätzlich ordnungs- oder strafrechtliche Folgen auslösen.

Abgrenzungen und typische Konstellationen

Unerlaubtes Jagen ohne Erlaubnis

Wer ohne jagdrechtliche Berechtigung jagdliche Handlungen vornimmt, kann bereits wegen Jagdwilderei strafbar sein. Daneben kommen weitere Verstöße in Betracht, etwa wenn sonstige jagdrechtliche Voraussetzungen fehlen. Die Abgrenzung erfolgt nach dem konkreten Geschehen und dem Ort (fremder Jagdbezirk) sowie der Zielrichtung der Handlung.

Fund von Fallwild

Fallwild steht nicht herrenlos zur freien Verfügung. Dessen eigenmächtige Aneignung kann als Jagdwilderei eingeordnet werden, wenn die rechtliche Zuordnung zum Jagdausübungsberechtigten besteht und ohne dessen Zustimmung zugegriffen wird.

Verhältnis zu Eigentumsdelikten

Jagdwilderei ist ein eigenständiger Straftatbestand, der an jagdrechtliche Zuordnungen anknüpft. Sie tritt nicht notwendig hinter allgemeine Vermögensdelikte zurück, kann aber mit solchen zusammentreffen, wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind.

Abgrenzung zur Fischwilderei

Die unerlaubte Entnahme von Fischen oder anderen Wassertieren unter Verletzung fremder Berechtigungen wird gesondert erfasst. Ob Jagd- oder Fischwilderei vorliegt, richtet sich nach dem betroffenen Tier und der jeweiligen Rechtsordnung.

Rechtsfolgen

Strafrahmen

Jagdwilderei ist eine Straftat. Die Höhe der Strafe richtet sich nach Schwere und Umständen der Tat. Erschwerende Faktoren können insbesondere ein geplanter, arbeitsteiliger oder gewerbsmäßiger Zugriff, die Verwendung verbotener Mittel, erhebliche Wildschäden oder Gefährdungen für Personen sein.

Nebenfolgen

In Betracht kommen die Einziehung von Tatmitteln und Taterträgen (beispielsweise Waffen, Fallen, Nachtsichttechnik, Fahrzeuge) sowie waffenrechtliche Konsequenzen. Auch jagdrechtliche Maßnahmen wie der Widerruf von Berechtigungen sind möglich, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Jagd- und naturschutzrechtliche Konsequenzen

Unabhängig von der strafrechtlichen Bewertung können weitere öffentlich-rechtliche Maßnahmen folgen, etwa Bußgelder bei Verstößen gegen Jagd- oder Naturschutzbestimmungen oder Auflagen zur Sicherung der Ordnung im Revier.

Zivilrechtliche Ansprüche

Der Jagdausübungsberechtigte kann Ersatz für entstandene Schäden verlangen. Erfasst sein können unter anderem der Wert des Wildes, Folgeschäden im Revier sowie Kosten der Schadensermittlung, soweit sie zurechenbar sind.

Strafverfolgung und Verfahren

Ermittlungsaspekte

Ermittelt wird regelmäßig aufgrund von Beobachtungen, Spuren im Revier, Sicherstellung von Tatmitteln und Äußerungen Beteiligter. Die Koordination erfolgt zwischen Strafverfolgungsbehörden und zuständigen Jagd- bzw. Forstbehörden. Zuständig ist die allgemeine Strafgerichtsbarkeit.

Besondere Erscheinungsformen

Organisierte oder gewerbsmäßige Begehung

Werden Abläufe arbeitsteilig organisiert oder auf fortlaufende Einnahmen angelegt, kann dies zu einer strengeren Bewertung führen. Gleiches gilt bei Begehung in einer Gruppe mit entsprechender Planung.

Methode und Mittel

Jagdwilderei ist nicht auf Schusswaffen beschränkt. Auch Fallen, Netze, Nachtsichttechnik, Köder oder Fahrzeuge können eine Rolle spielen. Der Einsatz verbotener Mittel kann zusätzliche Verstöße begründen und die Bewertung verschärfen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) aus rechtlicher Sicht

Was gilt rechtlich als Jagdwilderei?

Jagdwilderei liegt vor, wenn jemand unter Verletzung fremden Jagdrechts oder Jagdausübungsrechts Wild nachstellt, es fängt, erlegt oder sich aneignet. Maßgeblich ist der unbefugte Zugriff im fremden Jagdbezirk oder auf dem fremden Recht, nicht die Frage, ob Jagdzeiten eingehalten wurden.

Reicht bereits das Nachstellen, um strafbar zu sein?

Ja. Das gezielte Nachstellen zählt bereits zu den erfassten Tathandlungen. Es bedarf nicht zwingend des tatsächlichen Fangens oder Erlegens, wenn das Verhalten auf die Erbeutung ausgerichtet ist und ohne Berechtigung erfolgt.

Ist Jagdwilderei nur mit Schusswaffe möglich?

Nein. Die Verwendung einer Schusswaffe ist nicht erforderlich. Auch Fallen, Netze, andere Geräte oder die bloße Aneignung von Wildkörpern können die Tat erfüllen, sofern die weiteren Voraussetzungen gegeben sind.

Welche Tiere fallen unter Jagdwilderei?

Erfasst ist Wild im jagdrechtlichen Sinn, insbesondere bestimmte frei lebende Säugetiere und Vögel. Arten, die nicht dem Jagdrecht unterliegen, werden von diesem Straftatbestand nicht abgedeckt; andere Vorschriften können einschlägig sein.

Worin besteht der Unterschied zu „Jagen ohne Jagdschein“?

„Jagen ohne Jagdschein“ beschreibt das Fehlen einer persönlichen Erlaubnis und kann ordnungs- oder strafrechtlich bedeutsam sein. Jagdwilderei setzt darüber hinaus voraus, dass in ein fremdes Jagd- oder Jagdausübungsrecht eingegriffen wird. Beide Konstellationen können zusammentreffen.

Welche Folgen drohen neben einer Strafe?

In Betracht kommen die Einziehung von Tatmitteln und Erlösen, waffen- und jagdrechtliche Maßnahmen sowie zivilrechtliche Ersatzansprüche des Berechtigten. Zusätzlich sind Bußgelder oder Auflagen möglich, wenn weitere Regelverstöße vorliegen.

Darf Fallwild behalten werden?

Nein, eine eigenmächtige Aneignung ist rechtlich problematisch. Fallwild ist regelmäßig dem Jagdausübungsberechtigten zugeordnet; die unbefugte Aneignung kann als Jagdwilderei eingeordnet werden, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen.