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Investmentaktiengesellschaft


Begriff und Definition der Investmentaktiengesellschaft

Die Investmentaktiengesellschaft ist eine besondere Form der Kapitalanlagegesellschaft nach deutschem Recht, die zur Verwaltung von Investmentvermögen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) tätig ist. Sie kombiniert gesellschaftsrechtliche Strukturen der Publikums-AG mit spezialgesetzlichen Anforderungen des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB). Investmentaktiengesellschaften dienen der Verwaltung und Verwaltung von Vermögenswerten im Rahmen des Investmentrechts und erlauben dabei die kollektive Vermögensanlage nach den Vorgaben des Gesetzgebers.

Rechtliche Grundlagen

Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)

Das KAGB enthält die maßgeblichen Regelungen für Investmentaktiengesellschaften in Deutschland. Maßgebliche Abschnitte finden sich in den §§ 108 ff. KAGB. Die Vorschriften sind darauf ausgerichtet, Anleger zu schützen, Marktfunktionen zu sichern und die Integrität des Finanzsystems zu erhalten. Die rechtliche Einordnung der Investmentaktiengesellschaft erfolgt als Sonderform der Kapitalverwaltungsgesellschaft.

Gesellschaftsrechtliche Struktur

Investmentaktiengesellschaften sind nach den Vorgaben des Aktiengesetzes (AktG) strukturiert, bieten jedoch Anpassungen gemäß den spezifischen Anforderungen des Investmentrechts. Insbesondere die Regelungen zu Gründung, Organe, Kapital, Aktionärsrechten und Rechnungslegung sind ergänzend zu den gesellschaftsrechtlichen Normen anzuwenden.

Wesentliche Merkmale der Investmentaktiengesellschaft

Gründung und Zulassung

Die Gründung einer Investmentaktiengesellschaft kann als offene oder geschlossene Gesellschaft erfolgen, wobei offene Investmentaktiengesellschaften gemäß § 115 KAGB den Handel von Anteilen an organisierten Märkten ermöglichen. Eine Zulassung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist zwingend erforderlich. Voraussetzung für die Zulassung sind eine Mindestkapitaleinlage sowie der Nachweis einer zuverlässigen Geschäftsführung und angemessener organisatorischer Strukturen.

Gesellschaftsorgane

Vorstand und Aufsichtsrat

Die gesetzlichen Organe entsprechen denen einer klassischen Aktiengesellschaft. Der Vorstand leitet die Gesellschaft eigenverantwortlich, während der Aufsichtsrat die Geschäftsführung überwacht. Die Aufgaben werden darüber hinaus durch die anlage- und aufsichtsrechtlichen Anforderungen geprägt, die insbesondere aufsichtsbehördliche Berichtspflichten, Risikomanagement und Kontrollmechanismen umfassen.

Hauptversammlung

Die Hauptversammlung hat – abhängig von der Struktur der Investmentaktiengesellschaft – einen deutlich eingeschränkten Aufgabenbereich und kann in gewissen Konstellationen, insbesondere bei Investmentaktiengesellschaften mit variablem Kapital und mehreren Teilgesellschaftsvermögen, entfallen.

Eigenkapital und Aktien

Das Mindestgrundkapital einer Investmentaktiengesellschaft beträgt gemäß § 108 Abs. 1 KAGB 1,25 Millionen Euro. Das Grundkapital kann in Aktien zerlegt werden, wobei die Ausgabe und Rücknahme von Aktien sowie deren Handel den Regelungen des Investmentrechts unterliegen. Es kann sich um variable Grundkapitalbeträge handeln, insbesondere bei Investmentaktiengesellschaften mit variablem Kapital (SICAV).

Investmentfondsrechtliche Charakteristika

Verwaltung mehrerer Teilgesellschaftsvermögen

Investmentaktiengesellschaften können nach § 115 KAGB mehrere rechtlich voneinander getrennte Teilgesellschaftsvermögen errichten und verwalten, die jeweils einem spezifischen Investmentfonds entsprechen. Jedes Teilgesellschaftsvermögen haftet nur für die eigenen Verbindlichkeiten (Segregation des Vermögens).

Anlegerrechte

Die Anleger erwerben mit dem Erwerb von Anteilen Beteiligungsrechte an der Investmentaktiengesellschaft. Ihre Rechte ergeben sich aus den aktienrechtlichen Vorschriften sowie durch die ergänzenden Bestimmungen des KAGB. Dazu zählen Rechte auf Dividenden, Stimmrechte (sofern nicht ausgeschlossen) sowie Rückgaberechte der Anteile gemäß den gesellschaftsrechtlichen und investmentrechtlichen Vorgaben.

Aufsicht und aufsichtsrechtliche Anforderungen

Zuständigkeiten und Befugnisse der BaFin

Die BaFin überwacht die Geschäftstätigkeit der Investmentaktiengesellschaft und achtet auf Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Zu den Überwachungsmaßnahmen gehören Genehmigungs-, Melde- und Berichtspflichten, zum Beispiel in Bezug auf die Risikosteuerung, das Liquiditätsmanagement, die Bewertung der Vermögensgegenstände sowie die Einhaltung von Transparenzpflichten gegenüber Anlegern.

Organisationspflichten

Zu den zentralen Organisationspflichten zählen die Errichtung einer unabhängigen Risikocontrollingfunktion, die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation, die Implementierung von Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten sowie die Bestellung unabhängiger Verwahrstellen, soweit die Investmentaktiengesellschaft nicht ausschließlich das eigene Vermögen verwaltet.

Rechnungslegung und Offenlegung

Investmentaktiengesellschaften sind zu einer speziellen Rechnungslegung verpflichtet. Neben den aktienrechtlichen Bilanzierungs- und Veröffentlichungspflichten verlangt das KAGB die Erstellung und Publikation jährlicher und halbjährlicher Berichte, umfassender Angaben zur Struktur des Portfolios, zur Risikosteuerung sowie zu wesentlichen Ereignissen für die Anleger. Die Berichte sind zusätzlich der BaFin vorzulegen.

Formen und Varianten der Investmentaktiengesellschaft

Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital

Hierbei handelt es sich um eine klassische Aktiengesellschaft nach deutschem Recht, die als Investmentgesellschaft strukturiert ist. Die Anzahl der Aktien ist fest, und ein Ein- bzw. Ausstieg der Anleger ist grundsätzlich börsentäglich am Sekundärmarkt möglich.

Investmentaktiengesellschaft mit variablem Kapital (SICAV)

Diese Form lehnt sich an internationale Vorbilder, insbesondere im Luxemburger Recht, an. Es besteht die Möglichkeit, das Grundkapital durch Ausgaben und Rücknahmen variabel zu gestalten. Auch die Errichtung von Teilgesellschaftsvermögen (Subfonds) ist möglich.

Steuerliche Behandlung

Die steuerliche Behandlung von Investmentaktiengesellschaften ist im Investmentsteuergesetz geregelt. Sie gelten als Investmentfonds im Sinne des § 1 InvStG, was zur Anwendung der speziellen Besteuerungsregeln für Erträgnisse aus Investmentvermögen führt. Unter anderem sind bestimmte Erträge beim Anleger je nach Fondsstruktur und Anlagemodell steuerpflichtig; zugleich bestehen umfangreiche Berichtspflichten gegenüber den Finanzbehörden.

Abgrenzung zu anderen Investmentvehikeln

Die Investmentaktiengesellschaft unterscheidet sich maßgeblich von anderen Formen der kollektiven Vermögensanlage, wie dem Investmentfonds in vertraglicher Form (Sondervermögen) oder dem Investmentkommanditgesellschaft, durch die Aktiengesellschaft als Trägergesellschaft und die Möglichkeit der Emission von börsennotierten Aktien als Anteilsscheinen. Im Vergleich zur Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG), die Investmentvermögen für Rechnung der Anleger verwaltet, bietet die Investmentaktiengesellschaft eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung.

Zusammenfassung und Bedeutung

Die Investmentaktiengesellschaft ist eine flexible, aufsichtsrechtlich eng regulierte Rechtsform zur kollektiven Vermögensanlage in Deutschland. Sie verbindet die gesellschaftsrechtlichen Vorteile der Aktiengesellschaft mit den Anforderungen des Investmentrechts nach dem KAGB. Ihr Einsatz ist insbesondere im professionellen und institutionellen Anlagesegment verbreitet, da sie grenzüberschreitende Strukturierungsmöglichkeiten sowie effiziente Rechts- und Steuermöglichkeiten eröffnet und zugleich einen hohen Anlegerschutz gewährleistet.


Siehe auch:

  • [Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)]
  • [Investmentsteuergesetz (InvStG)]
  • [Aktiengesetz (AktG)]
  • [Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG)]
  • [Investmentfonds]

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Gründung einer Investmentaktiengesellschaft erfüllt sein?

Für die Gründung einer Investmentaktiengesellschaft (InvAG) in Deutschland gelten strenge rechtliche Vorgaben gemäß dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und dem Aktiengesetz (AktG). Zunächst ist die InvAG als juristische Person in Form einer Aktiengesellschaft zu errichten, wofür das im AktG vorgesehene Gründungsprozedere zwingend einzuhalten ist. Die Gesellschaft bedarf einer Satzung, die Bestimmungen zu Geschäftsführung, Kapitalausstattung, Aktionärsrechten und zur Verwaltung des Gesellschaftsvermögens enthalten muss. Neben diesen aktienrechtlichen Anforderungen kommt hinzu, dass die InvAG nach § 140 KAGB ausschließlich den Zweck der kollektiven Vermögensverwaltung verfolgen darf. Zur Gründung ist ein Mindestgrundkapital von 1.250.000 Euro notwendig (§ 141 Abs. 1 KAGB), das vollständig einzuzahlen ist. Weiterhin ist die Genehmigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unerlässlich. Hierzu müssen umfangreiche Unterlagen, darunter Anlagebedingungen, Geschäftspläne, organisatorische Strukturen und Nachweise über die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Geschäftsleiter, eingereicht werden. Sowohl die Gründung als auch der Geschäftsbetrieb dürfen erst nach ausdrücklicher Zulassung durch die BaFin aufgenommen werden.

In welchem Umfang unterliegt eine Investmentaktiengesellschaft der aufsichtsrechtlichen Kontrolle?

Eine Investmentaktiengesellschaft unterliegt in Deutschland einer umfassenden aufsichtsrechtlichen Kontrolle durch die BaFin. Gemäß KAGB muss sie fortlaufend diverse regulatorische Anforderungen erfüllen, etwa hinsichtlich Risikomanagement, Liquidität, Eigenmittel, Organisation und Informationspflichten. Dazu zählen insbesondere Pflichten zur unabhängigen Verwahrung der Vermögensgegenstände durch eine Depotbank, zur regelmäßigen Berichterstattung an die BaFin und zur Veröffentlichung von Jahres- sowie Halbjahresberichten. Darüber hinaus ist eine InvAG verpflichtet, jederzeit die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Anlagegrenzen zu gewährleisten und nachzuweisen. Die BaFin kann im Rahmen ihrer Aufsicht Prüfungen anordnen, Zugang zu allen Unterlagen verlangen sowie bei Verstößen Anordnungen treffen, Geschäftsleiter absetzen und im Extremfall sogar die Erlaubnis entziehen. Ergänzt wird diese Regulierung durch Vorgaben zur Geldwäscheprävention, zur Integrität der Geschäftsführung und durch Mitteilungspflichten bei wesentlichen Änderungen der Gesellschaftsstruktur.

Welche Restriktionen bestehen hinsichtlich der Vermögensanlage einer Investmentaktiengesellschaft?

Die Anlagepolitik und Vermögensverwaltung einer Investmentaktiengesellschaft sind durch umfangreiche gesetzliche Vorgaben beschränkt. Grundsätzlich sind InvAGen verpflichtet, das Gesellschaftsvermögen ausschließlich im Interesse der Aktionäre nach dem Grundsatz der Risikomischung anzulegen (§ 212 KAGB). Sie dürfen nur in Asset-Klassen investieren, die in den von der BaFin genehmigten Anlagebedingungen explizit genannt sind. Hierzu gehören meist Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Bankguthaben oder Derivate. Insbesondere für sogenannte OGAW-Investmentaktiengesellschaften gelten strikte Anlagegrenzen bezüglich der Emittenten-, Branchen- und Länderrisiken. Die InvAG muss zudem stets das Prinzip der Liquidität und Transparenz wahren; spekulative Investments und Anlagen ohne Streuung sind unzulässig. Überschreitungen von Anlagegrenzen sind unverzüglich zu korrigieren und mit der BaFin abzustimmen. Bei Verstößen drohen aufsichtsrechtliche Sanktionen und zivilrechtliche Haftung gegenüber den Aktionären.

Welche Besonderheiten gelten hinsichtlich der Verwaltung und Geschäftsführung einer Investmentaktiengesellschaft?

Die Geschäftsführung einer Investmentaktiengesellschaft erfolgt grundsätzlich durch den Vorstand, überwacht vom Aufsichtsrat, wie es das AktG vorsieht. Allerdings unterliegt die Geschäftsführung spezialgesetzlichen Einschränkungen nach KAGB. Die Mitglieder des Vorstands müssen fachlich geeignet und zuverlässig sein, was gegenüber der BaFin nachzuweisen ist. Gewisse Verwaltungshandlungen, insbesondere solche bezüglich der Vermögensanlage und Risikosteuerung, dürfen ausschließlich unter Beachtung der regulatorischen Vorgaben erfolgen. Externe Verwaltung durch eine Kapitalverwaltungsgesellschaft ist insbesondere bei SICAV-ähnlichen Modellen möglich, wenn die Satzung dies vorsieht. Außerdem ist die Gesellschaft verpflichtet, ein internes Kontrollsystem aufzubauen, das insbesondere das Risikomanagement, die Compliance und die interne Revision umfasst. Geschäftsleiter und Aufsichtsratsmitglieder haften bei Pflichtverstößen persönlich für Schäden der Gesellschaft oder der Anleger. Die Gesellschaft muss zudem jährliche Prüfungen durch unabhängige Wirtschaftsprüfer veranlassen und den Aktionären eine transparente Berichterstattung bieten.

Welche Rechte und Pflichten haben die Aktionäre einer Investmentaktiengesellschaft aus rechtlicher Sicht?

Aktionäre einer Investmentaktiengesellschaft besitzen die im AktG verbrieften Rechte wie Teilnahme- und Stimmrecht in der Hauptversammlung, Anspruch auf Dividende sowie auf Auskunft und Einsicht. Darüber hinaus stehen ihnen Sonderrechte nach dem KAGB zu. Sie können regelmäßig die Rücknahme ihrer Aktien gegen Auszahlung des jeweiligen Rücknahmepreises verlangen, sofern die Aktien nicht börsennotiert sind und die Satzung keine anderweitigen Maßnahmen vorsieht (§ 191 KAGB). Die Investmentaktiengesellschaft ihrerseits ist verpflichtet, eine Anteilrücknahme zu organisieren und die Liquidität hierfür sicherzustellen. Ferner besitzen die Aktionäre weitgehende Informationsrechte, insbesondere hinsichtlich der Anlagebedingungen, Gebührenstruktur, Wertentwicklung und Anlagepolitik des Fonds. Umgekehrt haben die Aktionäre Pflichten zur Leistung ihrer Einlagen und müssen bei wesentlichen Veränderungen des Gesellschaftskapitals oder der Anlagepolitik Mitteilungen erhalten und gegebenenfalls Mitwirkungen ausüben, etwa bei Satzungsänderungen.

Welche Veröffentlichungspflichten treffen eine Investmentaktiengesellschaft nach KAGB?

Die Investmentaktiengesellschaft ist zu einer Vielzahl von Veröffentlichungspflichten verpflichtet, die der Transparenz für den Anleger dienen. Neben der regelmäßigen Veröffentlichung von Jahres- und Halbjahresberichten sind insbesondere die Veröffentlichung des Verkaufsprospekts, der Anlagebedingungen, der wesentlichen Anlegerinformationen (KIID – Key Investor Information Document) sowie von Informationen über die Zusammensetzung des Portfolios und die Bewertung desselben zwingend vorgeschrieben. Wesentliche Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur, Änderungen der Anlagepolitik oder Gebührenerhöhungen sind den Aktionären und der BaFin unverzüglich mitzuteilen und in geeigneter Weise zu publizieren. Bestimmte Informationen, wie Anteilswert, Ausgabe- und Rücknahmepreise, müssen tagesaktuell veröffentlicht werden, typischerweise auf der Website der InvAG oder in geeigneten Publikationsorganen. Darüber hinaus unterliegt die InvAG Meldepflichten im Hinblick auf Großanleger und in besonderen Fällen auch Veröffentlichungspflichten an die Öffentlichkeit, etwa bei Erreichen oder Überschreiten bestimmter Schwellenwerte.