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Inkassogebühren, -provision


Inkassogebühren und Inkassoprovision: Definition, rechtliche Grundlagen und praktische Relevanz

Inkassogebühren und Inkassoprovisionen spielen im Forderungsmanagement eine zentrale Rolle, insbesondere bei der Beitreibung offener Geldforderungen im außergerichtlichen Bereich. Die gesetzlichen Regelungen und deren Auslegung bilden eine wichtige Grundlage für Gläubiger, Schuldner und Inkassodienstleister.

Begriffserklärung Inkassogebühren und Inkassoprovision

Inkassogebühren

Inkassogebühren sind Entgelte, die Inkassodienstleister oder Inkassounternehmen für die außergerichtliche Tätigkeit zur Beitreibung offener Forderungen gegenüber Schuldnern berechnen. Sie entstehen typischerweise durch schriftliche Mahnungen, telefonische Kontaktversuche, Zahlungsvereinbarungen sowie sonstige Maßnahmen im Rahmen des außergerichtlichen Forderungseinzugs. Inkassogebühren fallen an, sobald der Auftrag zur Einziehung einer Forderung erteilt und die Dienstleistung erbracht wird.

Inkassoprovision

Die Inkassoprovision bezeichnet die Vergütung für den Erfolg einer Forderungsbeitreibung, häufig als prozentualer Anteil am realisierten Forderungsbetrag oder als Teil der Gebührenstruktur des Inkassounternehmens. Provisionen werden zwischen Gläubiger und Inkassodienstleister vereinbart; sie fallen nur an, wenn eine Forderung ganz oder teilweise eingetrieben wird.

Rechtlicher Rahmen

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen für Inkassogebühren finden sich in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen:

  • Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG): Regelt die Tätigkeit der Inkassodienstleister und stellt Anforderungen an deren Zulassung.
  • Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Bestimmungen zur Fälligkeit und zum Verzug (§ 286 BGB) sowie zur Ersatzpflicht von Verzugsschäden (§ 280, § 286 BGB).
  • Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG): Dient als Maßstab für die Angemessenheit von Inkassogebühren, da die Höhe der Inkassogebühr an der Geschäftsgebühr für Rechtsanwälte orientiert wird.

Erstattungsfähigkeit von Inkassogebühren

Gläubiger können Inkassokosten als Verzugsschaden geltend machen, wenn sich der Schuldner in Zahlungsverzug befindet (§ 286 BGB). Allerdings sind Inkassokosten nur erstattungsfähig, wenn deren Beauftragung erforderlich und zweckmäßig war. Die Rechtsprechung legt fest, dass Inkassogebühren in der Regel bis zur Höhe einer 1,0-Geschäftsgebühr nach VV RVG (Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) als erforderlich gelten.

Eine Erstattung ist in folgenden Situationen eingeschränkt oder ausgeschlossen:

  • Bei einfachen Forderungen, bei denen die Beauftragung eines Inkassodienstleisters erkennbar nicht zweckmäßig war.
  • Für doppelte Kosten (z. B. Inkasso gefolgt von anwaltlichem Mahnschreiben), da ein Gläubiger den Schuldner nicht mit mehr Kosten belasten darf, als bei direkter Einschaltung einer Rechtsvertretung.

Angemessenheit der Inkassogebühren

Die Angemessenheit richtet sich typischerweise nach den Regelungen des RVG. Die Inkassogebühren orientieren sich meist an der Höhe der Forderung (Streitwert) und betragen zwischen 0,5 und 1,3 der Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG. Hinzu kommen gegebenenfalls Auslagen und Mehrwertsteuer.

Gerichte und Verbraucherschutzorganisationen sehen Gebühren, die erheblich über der anwaltlichen Geschäftsgebühr liegen, als nicht erstattungsfähig an.

Inkassoprovision: Vertragsgestaltung und rechtliche Kontrolle

Die Inkassoprovision wird im Innenverhältnis zwischen Gläubiger und Inkassounternehmen vertraglich vereinbart. Ein üblicher Provisionssatz liegt meist zwischen 5 % und 30 % des realisierten Betrags, abhängig vom Aufwand, Schwierigkeitsgrad und Alter der Forderung. Grundsätzlich darf die Provision die erzielbaren Beträge nicht unangemessen schmälern und muss sich an den gesetzlichen Vorgaben für Schadensersatz orientieren.

Gesetzliche Kontrolle der Inkassoprovision

Das Verbot unangemessener Benachteiligung, insbesondere nach §§ 305 ff. BGB (AGB-Recht), gilt auch für Inkassoverträge. Inkassoprovisionen dürfen nicht dazu führen, dass Gläubiger unzulässig schlechter gestellt werden. Zudem muss eine doppelte Belastung durch Gebühren und Provisionen ausgeschlossen sein.

Besonderheiten bei Verbraucherschulden und Massengeschäften

Verbraucherschutz und Transparenz

Mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht wurden zum 1.10.2021 Informations- und Transparenzpflichten für Inkassodienstleister eingeführt. Schuldner müssen verständlich und nachvollziehbar über die Zusammensetzung sowie die Höhe der Gebühren informiert werden. Zudem gelten nun reduzierte Gebührensätze für die erste Mahnung bei Verbraucherforderungen.

Sanktionen bei überhöhten Gebühren

Unzulässig hohe Inkassogebühren oder -provisionen können zu Beschwerden bei der Aufsichtsbehörde (insbesondere dem Bundesamt für Justiz) führen. Verstöße werden zudem wettbewerbsrechtlich geahndet und können zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Praktische Beispiele und aktuelle Rechtsprechung

Beispielrechnung Inkassogebühren

Bei einer Hauptforderung von 500 Euro beträgt die Inkassogebühr typischerweise 58,50 Euro (1,0 Geschäftsgebühr, Stand 2024), zuzüglich maximal 11,70 Euro für Auslagen sowie 13,37 Euro Mehrwertsteuer. Eine Inkassoprovision fällt in diesem Fall nur an, wenn diese im Inkassoauftrag gesondert vereinbart wurde.

Wichtige Urteile

  • BGH, Urteil vom 22.10.2015, Az. IX ZR 290/14: Die einschlägigen Gebührensätze aus dem RVG sind auch bei Inkassodienstleistungen anzuwenden.
  • BGH, Urteil vom 28.10.2020, Az. VIII ZR 313/18: Mehrfache Kosten für die Beauftragung verschiedener Dienstleister oder mehrfache Abmahnungen sind nicht erstattungsfähig.

Fazit

Inkassogebühren und Inkassoprovisionen sind gesetzlich geregelte Entgelte für die Forderungseinziehung im außergerichtlichen Bereich. Ihre Höhe, Erstattungsfähigkeit und Zulässigkeit richten sich nach den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs, des RVG und den flankierenden verbraucherschützenden Normen. Überhöhte oder intransparente Gebühren sind unzulässig und können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Für alle Beteiligten ist die genaue Kenntnis der jeweils einschlägigen Regeln entscheidend, um berechtigte Ansprüche korrekt durchzusetzen oder abzuwehren.

Häufig gestellte Fragen

Sind Inkassogebühren gegenüber Verbrauchern in voller Höhe erstattungsfähig?

Inkassogebühren, die ein Gläubiger aufgrund der Beauftragung eines Inkassounternehmens zur Geltendmachung einer Forderung ansetzt, sind gegenüber Verbrauchern rechtlich nur in dem Umfang erstattungsfähig, wie sie auch bei Beauftragung eines Rechtsanwalts erstattet werden müssten. Grundlage dafür bildet § 4 Abs. 5 RDGEG in Verbindung mit §§ 280, 286 BGB. Danach sind dem Schuldner grundsätzlich nur die Kosten zu ersetzen, die als erforderlicher Verzugsschaden angesehen werden können. Für Standard-Mahnungen sind meist nur Geschäftsgebühren in Höhe von 0,5 bis 1,3 nach Nr. 2300 VV RVG zzgl. Auslagen und USt anzusetzen. Überhöhte oder mehrfach gestaffelte Inkassogebühren, wie sie von manchen Inkassobüros aufgelistet werden, sind vom Verbraucher regelmäßig nicht zu tragen. Bei der Prüfung, ob eine Gebühr fällig und ihre Höhe zulässig ist, sind stets die Erforderlichkeit und die Üblichkeit maßgeblich, wobei der Ersatz über die gesetzliche Anwaltsgebühr hinaus von den Gerichten fast immer abgelehnt wird.

Können neben den Inkassogebühren auch zusätzliche Provisionen oder Erfolgsprämien verlangt werden?

Die Erstattungsfähigkeit zusätzlicher Inkassoprovisionen oder Erfolgsprämien ist rechtlich strikt begrenzt. Provisionen, die Inkassounternehmen eigenmächtig als weiteren Kostenfaktor ausweisen, sind gegenüber dem Schuldner nicht erstattungsfähig, da sie bereits durch die Inkassogebühr abgedeckt sein sollen. Das Gesetz gewährt dem Gläubiger nur Ersatz für solche Kosten, die zweckmäßig und notwendig für die Rechtsverfolgung sind. Alles, was über die übliche Vergütung (maximal analog Anwaltsgebühr) hinausgeht, insbesondere reine Erfolgsprämien, Provisionen oder Staffelvergütungen, müssen vom Schuldner grundsätzlich nicht übernommen werden. Derartige Kosten können allenfalls im Verhältnis zwischen Gläubiger und Inkassounternehmen vertraglich vereinbart werden, binden aber nicht den Schuldner.

Wie erfolgt die gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit von Inkassokosten?

Im Streitfall werden Inkassokosten regelmäßig gerichtlich auf ihre Angemessenheit und die Voraussetzungen ihrer Erstattung überprüft. Maßgeblich ist dabei das sogenannte Kostenerstattungsprinzip: Der Schuldner muss nur jene Kosten ersetzen, die bei verständiger Würdigung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). Gerichte orientieren sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach Inkassogebühren regelmäßig nur in Höhe der gesetzlichen Anwaltsgebühren erstattungsfähig sind (vgl. BGH, Urteil v. 7.3.2019 – IX ZR 90/18). Überschreiten die geltend gemachten Gebühren diese Grenze, wird die Forderung durch das Gericht gekürzt. Ferner prüfen Gerichte, ob das Hinzuziehen eines Inkassodienstleisters in der konkreten Situation überhaupt erforderlich war, beispielsweise wenn bereits ein Rechtsanwalt mit der Forderungseinziehung tätig war.

Können Inkassogebühren mehrfach für dieselbe Forderung verlangt werden?

Nach deutschem Recht besteht ein striktes Verbot der doppelten Begleichung von Inkassogebühren für ein und dieselbe Forderung. Wird für dieselbe Forderung mehr als einmal eine Inkassogebühr gefordert – etwa durch die nachträgliche Beauftragung eines Rechtsanwalts nach schon erfolgter Inkassotätigkeit – schuldet der Schuldner nur einmal die Erstattung der erforderlichen Verzugskosten. Hierbei dürfen sich Gebühren von Inkassobüro und späterem Rechtsanwalt nicht kumulieren; vielmehr sind bereits entstandene Inkassokosten auf die spätere anwaltliche Rechnung anzurechnen. Doppelte Kostenabrechnung ist rechtlich unzulässig und wird von Gerichten als Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit zurückgewiesen (vgl. auch § 254 BGB).

Gibt es eine gesetzliche Grundlage zur Höhe der Inkassogebühren?

Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Höhe der Inkassogebühren existiert für Inkassodienstleistungen nicht. Inkassounternehmen orientieren sich in der Praxis an den Gebührentatbeständen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG), insbesondere an der sogenannten Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG, die je nach Höhe der Hauptforderung gestaffelt ist. Diese Orientierung ist durch die Rechtsprechung bestätigt, nach der dem Gläubiger durch die Einschaltung eines Inkassodienstleisters keine überhöhten Kosten oder gar Schikane für den Schuldner entstehen sollen. Zuschläge oder Pauschalen oberhalb der RVG-Höchstgebühren werden im Rahmen der Kostenerstattung durch Schuldner nicht anerkannt.

Sind Mahnkosten und Inkassogebühren nebeneinander erstattungsfähig?

Mahnkosten und Inkassogebühren sind grundsätzlich nicht in vollem Umfang nebeneinander erstattungsfähig. Grundsätzlich kann der Gläubiger für eigene vorgerichtliche Mahnungen einen pauschalen Ersatz für Porto, Material und Arbeitsaufwand als Verzugsschaden neben den Inkassokosten verlangen, soweit diese im angemessenen Rahmen bleiben (in der Regel nicht mehr als 2,50 € pro Mahnung). Sobald jedoch ein Inkassobüro eingeschaltet wird und Kosten geltend gemacht werden, müssen sich etwaige bereits entstandene interne Mahnkosten auf die Inkassogebühren anrechnen lassen. Unangemessen hohe oder doppelte Kosten können nicht verlangt werden, da dies dem Wirtschaftlichkeitsgebot widerspräche.

Gibt es Besonderheiten bei der Erstattung von Inkassokosten im unternehmerischen Geschäftsverkehr?

Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen (B2B) gelten für die Erstattung von Inkassokosten grundsätzlich dieselben zivilrechtlichen Grundsätze. Allerdings wird bei kaufmännischen Schuldnern häufiger davon ausgegangen, dass bereits mit Verzugseintritt zusätzliche Kosten (wie eine Inkassobeauftragung) als erforderlicher Schaden gelten können. Dennoch bleibt die Höhe auch hier auf die maximal notwendigen Kosten analog der gesetzlichen Anwaltsgebühren begrenzt. Sonderregelungen z. B. zur sogenannten 40-Euro-Verzugspauschale (§ 288 Abs. 5 BGB) können hier allerdings greifen, die zusätzlich zu den Inkassokosten zu zahlen ist, sofern der Schuldner ein Unternehmer ist. Dennoch dürfen auch hier keine mehrfachen Kosten oder überhöhten Inkasso-Provisionen verlangt werden.