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Inkassodienstleistung


Inkassodienstleistung

Begriff und Definition

Die Inkassodienstleistung bezeichnet das gewerbliche Einziehen oder das Einziehenlassen fremder oder zum Zweck des Einzugs abgetretener Forderungen im eigenen Namen oder im Namen des Auftraggebers. Der Begriff ist rechtlich im Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz, RDG), insbesondere in § 2 Abs. 2 RDG, definiert und umfasst alle mit dem Forderungseinzug verbundenen Tätigkeiten, die nicht ausschließlich durch Anwälte durchgeführt werden dürfen.

Rechtsgrundlagen der Inkassodienstleistung

Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)

Das RDG regelt die Zulässigkeit und die Voraussetzungen für das Erbringen von Inkassodienstleistungen. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG bedarf jede selbständige Inkassotätigkeit für Dritte einer behördlichen Erlaubnis. Der Begriff der Rechtsdienstleistung wird in § 2 Abs. 1 RDG weit gefasst und schließt daher auch das Inkasso als rechtliche Dienstleistung ein, sofern eine rechtliche Prüfung in Bezug auf eine fremde Forderung erforderlich ist.

Vorschriften zur Registrierung und Erlaubnis

Inkassounternehmen dürfen Inkassodienstleistungen nur anbieten, wenn sie im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen und somit nach § 10 RDG ausdrücklich zur Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen im Bereich Inkasso befugt sind. Die Erlaubnis wird von der zuständigen Behörde (i.d.R. das jeweilige Oberlandesgericht bzw. die Landesjustizverwaltung) nach Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit, der Sachkunde sowie der geordneten Vermögensverhältnisse des Antragstellers erteilt.

Abgrenzung zur Rechtsberatung und zu anderen Dienstleistungen

Inkassodienstleistungen sind von anderen Rechtsdienstleistungen begrifflich und sachlich abzugrenzen. Eine Inkassodienstleistung liegt immer dann vor, wenn Forderungen geltend gemacht, überwacht oder realisiert werden sollen. Hierzu gehört auch die Bonitätsprüfung, die Beratung über das rechtliche Vorgehen bei der Forderungsdurchsetzung und die Verhandlung mit Schuldnern. Überschreitet die Tätigkeit den Bereich der Forderungsbeitreibung, bedarf es einer weitergehenden Befugnis.

Ablauf und typische Tätigkeiten der Inkassodienstleistung

Annahme und Prüfung des Auftrags

Mit Übertragung des Inkassoauftrags prüft der Inkassodienstleister die Forderung auf ihre rechtliche Durchsetzbarkeit und die Erfolgsaussichten der Realisierung. Dies umfasst insbesondere die Prüfung von Verjährungsfristen, Fälligkeit und Rechtsgrund der Forderung.

Kontaktaufnahme mit dem Schuldner

Nach erfolgter Prüfung informiert das Inkassounternehmen den Schuldner schriftlich oder telefonisch über die geltend gemachte Forderung und fordert ihn zur Zahlung auf. Diese Aufforderung enthält regelmäßig eine Fristsetzung zur Zahlung sowie die drohenden Konsequenzen bei Fortbestand des Zahlungsverzugs.

Einleitung weiterer Maßnahmen

Bleibt die Forderung unbeglichen, kann das Inkassounternehmen weitere außergerichtliche Maßnahmen ergreifen, wie z.B. die Vereinbarung von Ratenzahlungen, die Einholung von SCHUFA-Auskünften oder die Vorbereitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens. Im gerichtlichen Verfahren wird in der Regel ein Mahnbescheid beantragt, ebenso kann nach Titulierung die Zwangsvollstreckung initiiert werden.

Abschluss oder Übergabe an Rechtsanwalt

Nach erfolgloser Ausschöpfung außergerichtlicher und gerichtlicher Inkassomaßnahmen kann die Angelegenheit an einen Rechtsanwalt übergeben werden, sofern eine Vertretung vor Gericht erforderlich wird.

Regulatorische Anforderungen und Pflichten

Sachkunde und Zuverlässigkeit

Personen oder Unternehmen, die Inkassodienstleistungen erbringen wollen, müssen nachweisen, dass sie über die erforderliche Sachkunde im Bereich Inkasso verfügen und persönlich zuverlässig sind. Der Nachweis erfolgt regelmäßig durch einschlägige Qualifikationen und Berufserfahrung.

Versicherungspflicht und Datenschutz

Erlaubnispflichtige Inkassounternehmen unterliegen gemäß RDG der Pflicht, eine angemessene Berufshaftpflichtversicherung vorzuhalten. Darüber hinaus haben sie den Datenschutz gemäß DSGVO und den einschlägigen datenschutzrechtlichen Vorschriften zu gewährleisten.

Transparenz- und Informationspflichten

Nach § 13a RDG müssen Inkassodienstleister Mandanten über alle entscheidenden Fakten aufklären und transparent über die entstehenden Kosten sowie das zu erwartende Verfahren informieren. Zudem bestehen Pflichten zur Dokumentation und zum Nachweis der ergriffenen Maßnahmen.

Kostenstruktur der Inkassodienstleistung

Vergütung und Kostenübernahme

Die Kosten für Inkassodienstleistungen richten sich nach dem jeweiligen Aufwand, den einschlägigen Vergütungsregelungen und der Vereinbarung mit dem Auftraggeber. Häufig orientieren sich die erstattungsfähigen Kosten an den Gebührensätzen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (§ 4 Abs. 5 RDG, § 4 Abs. 1 RVG).

Erstattungsfähigkeit

Im Falle des Zahlungsverzugs des Schuldners sind die Kosten der Inkassodienstleistung als Verzugsschaden grundsätzlich ersatzfähig, sofern sich die Inkassokosten innerhalb des Rahmens der notwendigen Kosten zur Rechtsverfolgung bewegen (§ 286 BGB).

Inkassodienstleitung im internationalen Kontext

Inkassodienstleistungen können grenzüberschreitend erbracht werden, insbesondere im Rahmen des europäischen Binnenmarktes. In diesem Zusammenhang gelten ergänzend die Vorschriften zur Dienstleistungsfreiheit sowie länderspezifische Besonderheiten im jeweiligen Zielstaat.

Besonderheiten bei Verbraucherschutz und Aufsicht

Verbraucherschutzmaßnahmen

Inkassodienstleistungen unterliegen besonderen verbraucherschützenden Vorschriften, um Schuldner vor unzulässigem Druck, überhöhten Kostenforderungen oder missbräuchlichen Methoden zu schützen. Dazu gehören gesetzliche Informationspflichten, Beschränkungen bei der Erhebung von Inkassogebühren und klare Regelungen zum Umgang mit sensiblen Schuldnerdaten.

Aufsichtsbehörden

Die Aufsicht über Inkassodienstleister liegt bei den Landesjustizverwaltungen, die auch Beschwerden und Streitigkeiten in Bezug auf Inkassopraktiken nachgehen.

Literatur und Quellen

  • Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 280, 286 ff. BGB
  • Rechtsdienstleistungsregister
  • Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU)
  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)

Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Inkassodienstleistungen, deren rechtliche Grundlagen und typische Abläufe. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben stellt den Schutz der Beteiligten und die Seriosität der Inkassotätigkeit sicher.

Häufig gestellte Fragen

Wer darf Inkassodienstleistungen rechtlich anbieten?

Inkassodienstleistungen dürfen in Deutschland grundsätzlich nur von registrierten Inkassodienstleistern erbracht werden. Dies regelt das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Die Registrierung erfolgt bei dem zuständigen Landgericht und ist an spezifische Voraussetzungen geknüpft: Anbieter müssen ihre persönliche Eignung, Zuverlässigkeit sowie geordnete Vermögensverhältnisse nachweisen. Weiterhin ist die fachliche Qualifikation – meist durch einen Sachkundenachweis – zu belegen. Auch Anwaltskanzleien dürfen Inkassodienstleistungen im Rahmen ihres Berufsrechts anbieten. Eine unbefugte Inkassotätigkeit stellt einen Verstoß gegen das RDG dar und ist mit Bußgeldern, im schlimmsten Fall sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen, belegt. Es ist auch untersagt, dass Privatpersonen oder Unternehmen ohne diese Registrierung Forderungen Dritter eintreiben.

Welche rechtlichen Grenzen bestehen hinsichtlich der zulässigen Inkassomethoden?

Inkassodienstleister sind bei der Durchsetzung von Forderungen an das Gesetz gebunden. Verboten sind u.a. jegliche Formen von Nötigung, Drohungen, Täuschungen oder sonstige unlautere Mittel. Die Kommunikation mit Schuldnern muss sachlich und respektvoll erfolgen, wobei insbesondere das Verbot der unzulässigen Drohung mit gerichtlichen Maßnahmen, welche tatsächlich nicht angestrebt werden, zu beachten ist. Auch das Androhen von Schufa-Einträgen ist nur unter den in § 31 Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz genannten Voraussetzungen zulässig. Einen weiteren rechtlichen Rahmen geben Verbraucherschutzvorschriften, insbesondere das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), vor. Verstöße können neben zivilrechtlichen auch aufsichtsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Wann dürfen Inkassokosten geltend gemacht werden und in welcher Höhe?

Inkassokosten dürfen vom Schuldner nur dann verlangt werden, wenn sich dieser in Verzug befindet, das heißt, wenn die Forderung fällig und gemahnt wurde. Die Höhe der erstattungsfähigen Inkassokosten regelt sich nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 5 RDG sowie nach den Vergütungsvorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Sie dürfen im Regelfall die Kosten überschreiten, die für die Beauftragung eines Rechtsanwalts für dieselbe Tätigkeit entstanden wären, nicht übersteigen (§ 13a Abs. 3 RDG). Überzogene oder pauschale Gebühren fordern ist unzulässig und kann als unlautere Geschäftspraktik geahndet werden.

Welche Informationspflichten und Auskunftspflichten bestehen gegenüber Schuldnern?

Inkassodienstleister sind gesetzlich verpflichtet, dem Schuldner bei Erstkontakt detaillierte Informationen über die Forderung zur Verfügung zu stellen (§ 2a Abs. 1 RDG, § 13a Abs. 1 RDG). Dazu zählen insbesondere Angaben über den Auftraggeber, den konkreten Forderungsgrund, die exakte Höhe der Hauptforderung, die Zusammensetzung der Gesamtsumme (inkl. Zinsen, Nebenkosten und Inkassogebühren), das Datum des Vertragsschlusses sowie Informationen zur eigenen Registrierung als Inkassodienstleister. Diese Aufklärungspflichten dienen dem Verbraucherschutz und der Transparenz. Wird die Information unterlassen oder fehlerhaft erteilt, können sich daraus Unterlassungs- und Rückforderungsansprüche ergeben.

Welche Datenschutzbestimmungen müssen bei Inkassodienstleistungen beachtet werden?

Inkassodienstleister unterliegen den strengen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nur zulässig, soweit sie zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist (§ 6 Abs. 1 lit. f DSGVO), wobei stets die Verhältnismäßigkeit zu wahren ist. Besonders relevant ist das Prinzip der Datenminimierung und Transparenz. Schuldner sind über die Datenverarbeitung zu informieren, es besteht ein Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO. Eine Übermittlung von Forderungsdaten an Auskunfteien (z.B. Schufa) ist nur erlaubt, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht und die betroffene Person zuvor informiert wurde. Datenschutzverletzungen ziehen empfindliche Bußgelder nach sich.

Wann und wie kann gegen das Vorgehen eines Inkassodienstleisters rechtlich vorgegangen werden?

Betroffene Schuldner können sich bei unzulässigem Verhalten eines Inkassobüros zunächst an die Aufsichtsbehörde wenden, das ist in den meisten Fällen die Registrierungsstelle bei dem jeweils zuständigen Landgericht (Rechtsdienstleistungsregister). Dort kann Beschwerde gegen das Fehlverhalten eingelegt werden. Daneben kommen zivilrechtliche Abwehrmaßnahmen in Betracht, etwa durch eine negative Feststellungsklage gegen unberechtigte Forderungen oder eine Unterlassungsklage bei rechtswidrigen Inkassomethoden. Im Falle von Datenschutzverstößen kann die Datenschutzbehörde angerufen werden. Verbraucherverbände und Wettbewerbsverbände sind zudem berechtigt, gegen unlautere Geschäftspraktiken Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche geltend zu machen.

Wie sieht das gerichtliche Mahnverfahren im rechtlichen Kontext aus?

Das gerichtliche Mahnverfahren ist eine zivilrechtliche Möglichkeit zur effizienten Beitreibung von Geldforderungen. Nach § 688 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Inkassodienstleister, sofern er zur Rechtsdienstleistung befugt ist, das Verfahren einleiten. Zunächst stellt das Mahngericht einen Mahnbescheid zu; erhebt der Schuldner keinen Widerspruch, kann der Vollstreckungsbescheid beantragt werden, welcher einem rechtskräftigen Titel entspricht und die Zwangsvollstreckung ermöglicht. Achtung: Strittige Forderungen gehören nicht ins Mahnverfahren. Kommt es zum Widerspruch, geht das Verfahren in den normalen Klageweg über. Inkassodienstleister dürfen in diesem Fall Mandanten vor Gericht jedoch nicht selbst vertreten, sofern sie keine Rechtsanwälte sind.